Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-350079/12/Lg/Ba

Linz, 02.09.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des M S, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. U H, W, P, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes von Linz-Land vom 20. April 2009, Zl. UR96-288-2009, mit welchem der Antrag des Berufungswerbers vom 8. April 2009 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wird zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs. 4, 71 Abs.1 Z 1 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit Strafverfügung vom 19.2.2009, hinterlegt und zur Abholung bereitgehalten ab 3.3.2009, wurde der Berufungswerber wegen einer Übertretung des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L), BGBl.I Nr. 115/1997 bestraft. Dagegen erhob der Berufungswerber, datiert mit 25.3.2009, Einspruch. Nach Verspätungsvorhalt vom 27.3.2009 stellte der Berufungswerber mit Schreiben vom 8.4.2009 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dieser Antrag wurde mit dem hier gegenständlichen Bescheid abgewiesen. Begründet wird die Abweisung des Antrags im Wesentlichen mit dem Argument, dass das Vorbringen des Verlegens des Schriftstückes zwar durchaus glaubhaft gemacht worden sei, die Tatsache des Verlegens eines Schriftstückes aber an sich kein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinne der verfahrensrechtlichen Bestimmungen darstelle.

 

2. In der Berufung wird abermals im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Lebensgefährtin das Poststück "versehentlich verräumt" habe, das der Berufungswerber auf einer Ablage deponiert habe, um am darauffolgenden Tag die geboten Dispositionen zu treffen. Aus diesem Grund habe der Berufungswerber die geplanten Verfügungen "vorübergehend vergessen". Es handle sich "quasi um ein Mißgeschick und keineswegs um ein als Schlamperei zu qualifizierendes Verhalten". Ein solches Missgeschick könne "wohl dem korrektesten Empfänger eines Schriftstückes passieren." Es liege weder ein Verschulden noch ein minderer Grad des Versehens im Sinne des § 71 Abs.1 AVG vor.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt u.a. die Strafverfügung der BH Linz-Land vom 19.2.2002, Zl. UR96-288-2009 (Beginn der Abholfrist laut Rückschein am 3.3.2009) sowie der Einspruch des Berufungswerbers vom 25.3.2009 (Eingangsstempel: 25.3.2009) bei. Mit Schreiben vom 27.3.2009 teilte die Behörde dem Berufungswerber mit, die Einspruchsfrist habe mit 17.3.2009 geendet, weshalb beabsichtigt sei, den Einspruch als verspätet zurückzuweisen. Der Berufungswerber werde daher "aufgefordert", sich zur Verspätung binnen zwei Wochen schriftlich "zu rechtfertigen". Mit Schriftsatz vom 8.4.2009 beantragte der Berufungswerber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und brachte vor, er habe das Poststück zu Hause gut sichtbar abgelegt, weil er vorgehabt habe, unverzüglich rechtsfreundliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Seine Lebensgefährtin M M habe im Zuge einer Putz- und Aufräumaktion das Poststück allerdings versehentlich verräumt, sodass der Einschreiter die Erledigung vorübergehend vergessen habe. In weiterer Folge habe sich der Einschreiter allerdings an die Angelegenheit erinnert und habe ihm die Lebensgefährtin das Schriftstück ausgefolgt. Der Einschreiter habe sofort die einschreitende Anwältin aufgesucht und sei der Einspruch unverzüglich verfasst und zur Post gegeben worden. Das Zustelldatum habe nicht mehr erhoben werden können.

Der Einschreiter sei durch dieses Missgeschick, das ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis darstelle, an der rechtzeitigen Einbringung des Einspruchs gehindert worden und erleide dadurch einen Rechtsnachteil, wobei die Versäumung auf kein Verschulden, allenfalls auf ein Versehen minderen Grades zurückzuführen sei. Die Fristversäumnis stelle einen Umstand dar, der trotz Einhaltung aller gebotenen Sorgfalt nicht vermeidbar gewesen sei. Beantragt wird die Behebung des Bescheides bzw. die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

Beigelegt ist die eidesstättige Erklärung der M M vom 1.4.2009. Diese hat folgenden Wortlaut:

"Hiermit erkläre ich, M M, an Eides Statt, dass mein Lebensgefährte M S die Frist zur Erhebung des Einspruchs versäumt hat, weil ich seine Post beim Aufräumen der Wohnung versehentlich weggeräumt  habe. Ich bedaure den Vorfall und stehe für eine allfällige zeugenschaftliche Befragung selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.

Von der Fristversäumnis haben wir erst am heutigen Tage durch Benachrichtigung  der Anwältin meines Lebensgefährten Kenntnis erlangt."

 

4. Mit Schreiben vom 15.7.2009 befragte der Unabhängige Verwaltungssenat die Vertreterin des Berufungswerbers, ob sie – trotz Glaubwürdigkeit des Faktenvorbringens – auf der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bestehe. Im Anruf vom 21.7.2009 bejahte sie diese Frage. Zur öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 25.8.2009 waren der Berufungswerber und die Zeugin M M geladen, sie erschienen jedoch nicht. Die Vertreterin des Berufungswerbers beschränkte sich darauf, auf ihr bisheriges Vorbringen zu verweisen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Auszugehen ist vom nicht widerlegbaren Tatsachenvorbringen des Berufungswerbers. Demnach hat der Berufungswerber das Poststück in seiner Wohnung gut sichtbar deponiert (wobei die Sichtbarkeit der Ablage Erinnerungsfunktion hatte), um "seine Dispositionen treffen" zu können. Infolge des "Verräumens" durch die Lebensgefährtin vergaß er vorübergehend auf das Poststück. Später fiel es ihm wieder ein, woraufhin er es sich von seiner Lebensgefährtin aushändigen ließ und unverzüglich seine rechtsfreundliche Vertreterin aufsuchte, die den – unbestrittenermaßen verspäteten – Einspruch verfasste.

 

Strittig ist allein die Rechtsfrage, ob das vorliegende Vergessen der bereits in Empfang genommenen Strafverfügung unter den gegenständlichen besonderen Bedingungen im Hinblick auf die Fristwahrung einen minderen Grad des Versehens darstellt.

 

Dazu ist festzuhalten, dass jede Partei in Anbetracht der Bedeutung von Rechtsmittelfristen in Bezug auf deren Einhaltung eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.12.1996, Zl. 95/11/0187). Dies hat für den Berufungswerber zur Konsequenz, dass – zumal ihm nicht nur das Vorhandensein des behördlichen Poststücks bekannt war sondern er dieses auch bereits in seinem Gewahrsam hatte – es ihm oblegen wäre, dieses zu öffnen, die Rechtsmittelbelehrung zu lesen und die Präsenthaltung der Frist im Gedächtnis zu sichern. Das bloße Deponieren des Schriftstücks in der Wohnung, wenn auch an "besonderer" Stelle, genügt diesen Voraussetzungen insbesondere dann nicht, wenn sich weitere Personen (hier: die Lebensgefährtin) in der Wohnung aufhalten, woraus das Risiko resultiert, dass diese die Lage des Poststücks verändern oder das Poststück beispielsweise durch Drauflegen eines Gegenstandes "unsichtbar" machen udgl. In ähnlichem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof zur Vermengung und Entsorgung von Post- und Werbematerial durch die Gattin ausgesprochen, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers auffallend sorglos gehandelt habe, was die Bewilligung der angestrebten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließe (Erkenntnis vom 20.4.2007, Zl. 2007/02/0102, 0103).

Da aus diesem Grund den Berufungswerber kein bloß minderer Grad des Versehens trifft (§ 71 Abs.1 AVG) war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Antrag auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war wegen Unzuständigkeit zurückzuweisen. Dieses Thema ist außerdem nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 19.11.2009, Zl.: 2009/07/0147-3

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