Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164086/10/Sch/Ps

Linz, 07.09.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn H H, geb. am, O, H, vertreten durch H Rechtsanwälte GmbH, R, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10. März 2009, Zl. VerkR96-8330-2008, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung am 2. September 2009, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die zu Faktum 2) verhängte Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 72 Stunden, die zu Faktum 3) verhängte Geldstrafe auf 150 Euro und die Ersatzfreiheits­strafe auf 48 Stunden herabgesetzt werden.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

 

 

II.                Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 42 Euro. Bezüglich der Fakten 2) und 3) entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren, hinsichtlich Faktum 1) beträgt dieser Kostenbeitrag 14 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe).

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Straferkenntnis vom 10. März 2009, Zl. VerkR96-8330-2008, über Herrn H H wegen Verwaltungsübertretungen nach 1)  § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960, 2)  § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 3)  § 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen in der Höhe von 1)  70 Euro, 2)  250 Euro und 3)  200 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1)  30 Stunden, 2)  115 Stunden und 3)  92 Stunden, verhängt, weil er am 8. August 2008 gegen 11.00 Uhr im Gemeindegebiet Geboltskirchen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, nämlich der Geboltskirchner Straße L1074, das Kfz der Marke H mit dem Kennzeichen gelenkt habe und dabei auf Höhe von Strkm. 1,525

1)           als wartepflichtiger Lenker durch Einbiegen auf der Kreuzung, vor der sich das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" befindet, einem im Vorrang befindlichen Fahrzeug den Vorrang nicht gegeben und dieses dadurch zu unvermitteltem Ablenken genötigt habe,

2)           es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Kfz sofort anzuhalten und

3)           es unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 52 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten und mit einem Lokalaugenschein verbundenen Berufungsverhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt eingehend erörtert.

 

Hinsichtlich der Frage der Beweiswürdigung ist vorauszuschicken, dass der hiebei zeugenschaftlich einvernommene zweitbeteiligte Fahrzeuglenker T T einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und schlüssige Angaben gemacht hat. Mutmaßungen dahingehend, dass der Zeuge Schäden an seinem Fahrzeug, die bereits vor dem gegenständlichen Vorfall vorhanden waren, hier "untergeschoben" haben könnte, sind demnach nicht angebracht. Unter Bedachtnahme auf diese Zeugenaussage muss von folgendem Sachverhalt ausgegangen werden:

 

Der Zeuge T lenkte seinen Pkw zum Vorfallszeitpunkt auf der Geboltskirchner Landesstraße von Geboltskirchen kommend in Richtung Ortsgebiet "Piesing". Unmittelbar vor der rechtsseitig angebrachten Ortstafel mündet von links die Gemeindestraße "Höchststraße" in die Geboltskirchner Landesstraße ein. Die eingehaltene Fahrgeschwindigkeit betrug laut dieser Zeugenaussage etwa 80 km/h. Auf der Höchststraße, die durch das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" abgewertet ist (siehe auch die dafür zugrundeliegende Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 21.04.1984, Zl. VerkR-3000/1987-1074), näherten sich zwei Pkw, der vordere war jener des Berufungswerbers. Dieser verringerte seine Fahrgeschwindigkeit nahezu bis zum Stillstand, der Zeuge ging also vorerst davon aus, dass sein Vorrang beachtet würde. Dem war allerdings offenkundig nicht so. In der Folge, und zwar ganz unmittelbar vor Passieren des Kreuzungsbereiches durch den Zeugen, bog der Berufungswerber dann doch in die Geboltskirchner Landesstraße nach links ein. Der Berufungswerber musste eine Notbremsung einleiten, dies hätte aber nicht ausgereicht, um einen Anstoß zu vermeiden. Deshalb lenkte er sein Fahrzeug auch so weit nach rechts wie möglich, schlüssigerweise wollte er auch einen Anstoß an die erwähnte Ortstafel vermeiden. Es gelang ihm zwar, den Anstoß an das Fahrzeug des Berufungswerbers zu verhindern, allerdings touchierte er mit der rechten Fahrzeugseite den Verkehrszeichenträger der Ortstafel. Dadurch kam es zu einigen Schäden am Fahrzeug in Form von Lackschäden, einer heruntergerissenen Zierleiste und auch seitlich an der verchromten vorderen Stoßstange.

 

Dem Zeugen gelang es schließlich, das Fahrzeug unmittelbar nach dieser Ortstafel zum Stillstand zu bringen. Der Berufungswerber fuhr allerdings weiter, ohne irgendeine Reaktion zu zeigen. Der zweite schon eingangs erwähnte Fahrzeuglenker, der sich hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers befunden hatte, nahm die Verfolgung auf, diese war aber nicht erfolgreich, das heißt er konnte den Berufungswerber nicht zum Anhalten bewegen. Bei der Rückkehr an die Unfallstelle teilte er dem Zeugen das Fahrzeugkennzeichen mit, dann erfolgte die Anzeige des Verkehrsunfalls durch letzteren bei der zuständigen Polizeidienststelle.

 

Demgegenüber wird vom Berufungswerber behauptet, er habe vor dem Einbiegemanöver trotz eines Blicks nach links und nach rechts, von dort war der Zeuge gekommen, nichts von einem sich annähernden Fahrzeug gesehen. Auch von dem Abbremsmanöver, dem Touchieren des Zeugen mit seinem Fahrzeug des Verkehrszeichenträgers und den nach der Beweislage unbestreitbaren Versuchen des nachfahrenden unbeteiligten Fahrzeuglenkers, den Berufungswerber durch Lichtzeichen und Hupen auf sich aufmerksam zu machen, habe er nichts wahrgenommen.

 

Dem Berufungswerber ist allerdings entgegenzuhalten, dass man, wie der Lokalaugenschein ergeben hat, bei Annähern an die Kreuzung von der Höchststraße kommend nach rechts eine Sichtweite von über 100 m hat. Die Geboltskirchner Landesstraße führt vorerst über eine Steigung, dann verläuft sie gerade und eben in Richtung Ortsgebiet Piesing. Schon um einiges vor dem Erreichen der Kreuzung von der Höchststraße her kommend ist der Blick frei auf den Annäherungsverkehr auf der Geboltskirchner Landesstraße. Die Verteidigungslinie des Berufungswerbers, er habe von dem sich annähernden Fahrzeug des Zeugen nichts wahrgenommen, ist daher wenig überzeugend. Aber selbst wenn man ihm zugesteht, dass er nicht faktisch "sehenden Auges" diese gefährliche Situation herauf beschworen hat, muss ihm ein hohes Maß an Unaufmerksamkeit zugerechnet werden, dass er das sich annähernde Fahrzeug übersehen konnte. Lediglich bei einer Sachverhaltsvariante in der Form, dass man dem Zeugen – entgegen seiner glaubwürdigen Aussage – unterstellt, dass er mit einer Fahrgeschwindigkeit weit jenseits der 100 km/h unterwegs war, könnte er für den Berufungswerber möglicherweise trotz dessen Blicks in seine Fahrtrichtung überraschend aufgetaucht sein. Diese Variante konnte aber weder der Entscheidung noch einem weiteren Beweisverfahren zugrunde gelegt werden, da sie, abgesehen von deren hypothetischer Möglichkeit, keine Grundlage hat. Dagegen spricht auch die Tatsache, dass es dem Zeugen gelungen ist, einen Zusammenstoß mit dem anderen Fahrzeug zu verhindern und auch ein leichtes Ablenkmanöver durchzuführen, ohne die Herrschaft über das Fahrzeug zu verlieren.

 

Die exakte Feststellung der vom Zeugen vor dem Verkehrsunfall eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit, etwa durch Errechnung derselben anhand einer auf den polizeilichen Lichtbildern erkennbaren Bremsspur, konnte daher unterbleiben.

 

Der Berufungswerber hätte bei gehöriger Aufmerksamkeit vor dem Einbiegemanöver das Fahrzeug des Berufungswerbers wahrnehmen können. Somit ist ihm zumindest schuldhaftes Verhalten in Form von Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Durch sein Verhalten hat er den Zeugen zum unvermittelten Abbremsen und auch zum Ablenken des Fahrzeuges genötigt, wie § 19 Abs.7 StVO 1960 eine sogenannte "Vorrangverletzung" definiert.

 

Aber auch vom Unfall selbst hätte er ohne weiteres Kenntnis erlangen können. Es gibt hiefür die drei bekannten Möglichkeiten, nämlich visuell, akustisch oder durch Anstoßreaktion. Letztere Möglichkeit wird mangels eines Anstoßes am Fahrzeug des Berufungswerbers auszuschließen sein. Die beiden ersteren lagen aber jedenfalls vor. Ein Fahrzeug, das in unmittelbarster Nähe zum eigenen derartig stark abgebremst wird, dass Abriebspuren am Asphalt zurückbleiben, und das eine Verkehrszeichenträger touchiert, verursacht einen entsprechenden Geräuschpegel. Dieser muss von einem Fahrzeuglenker, wenn er nur halbwegs sorgfältig unterwegs ist, einfach wahrgenommen werden und dann ist eben durch Nachschau geboten, sich hievon ein näheres Bild zu machen. Im gegenständlichen Fall kommt noch dazu, dass der Zeuge, als der Berufungswerber weiterfuhr, sogleich hupte, um ihn noch im Nachhinein aufmerksam zu machen. Dasselbe versuchte auch der unbeteiligte Fahrzeuglenker im Rahmen der Nachfahrt. All dies hat der Berufungswerber mit kaum nachvollziehbarer Selbstverständlichkeit nicht auf sich bezogen, sofern man nicht ohnedies davon ausgeht, dass er die Signale sehr wohl verstanden, aber ignoriert hat.

 

Neben der erwähnten Vorrangverletzung hat der Berufungswerber durch sein ursächliches Verhalten beim Zweitbeteiligten einen Sachschaden verursacht. Da er bei gehöriger Aufmerksamkeit hievon ohne weiteres hätte Kenntnis erlangen können, muss ihm also auch ein Zuwiderhandeln gegen die Anhalte- und die Meldepflicht zugerechnet werden.

 

In formeller Hinsicht ist noch anzufügen, dass die Einwände des Berufungswerbers gegen die Uhrzeit des Tatzeitpunktes laut Spruch des Straferkenntnisses nicht gerechtfertigt sind, sie deckt sich vielmehr ausreichend mit dem relevanten Akteninhalt. Bei einem Unfallszeitpunkt spielen wenige Minuten "auf oder ab" keine Rolle, da nicht jemand an ein und der selben Örtlichkeit im Regelfall gleich mehrere Unfälle verursacht und dann allenfalls den Tatvorwurf nicht mehr auf ein ganz bestimmtes Ereignis zuordnen könnte, weshalb seine Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt sein könnten oder gar die Möglichkeit einer Doppelbestrafung bestünde (vgl. VwGH verst. Sen. 03.10.1985, Slg. 11894A).

 

Zur Strafbemessung:

Hier schließt sich die Berufungsbehörde, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, im Wesentlichen den Ausführungen der Erstbehörde im angefochtenen Straferkenntnis an. Bei der Berufungsverhandlung ist allerdings zutage getreten, dass die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers sich insofern zum schlechteren gewendet haben, als er nunmehr arbeitslos ist und lediglich über ein relativ geringes Arbeitslosengeld verfügt. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind solche Umstände bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, sodass bezüglich Fakten 2) und 3) des Straferkenntnisses eine Strafreduktion zu erfolgen hatte. Bezüglich Faktum 1) erachtet die Berufungsbehörde die festgesetzte Geldstrafe in der Höhe von 70 Euro als von vornherein sehr milde angesetzt, sodass hier keine Verminderung des Strafbetrages erfolgen konnte.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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