Linz, 07.09.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau F P, S, L, vertreten durch Herrn RA Mag. K Z, S S, H, vom 20. August 2009 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 4. August 2009, FE-412/2009, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4 und 67a AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 7, 24, 25, 26 und 29 FSG die von der BH Perg am 26. Juli 1982, VerkR031/828/182, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen und ausgeführt, der Führerschein sei unverzüglich nach Rechtskraft des Bescheides der Behörde abzuliefern.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 10. August 2009.
2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).
3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, Grund für die Entziehung sei nach Ansicht der Erstinstanz eine Geschwindigkeitsüberschreitung am 5. November 2008, 11.53 Uhr, in Seewalchen aA, A1 bei km 234.183, FR Wien, bei der sie das Kraftfahrzeug gelenkt und dabei die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 51 km/h überschritten habe. Sie habe bereits im Strafverfahren die Gründe für die Geschwindigkeitsüberschreitung dargelegt; sie habe auch die Strafe bezahlt.
Der FS-Entzug sei aber nicht gerechtfertigt, weil es sich dabei nicht um eine Strafe, sondern um eine Maßnahme handle, einen nicht verkehrszuverlässigen Verkehrsteilnehmer wieder "auf den rechten Weg zu bringen."
Sie habe seither keinen weiteren Verstoß im Straßenverkehr mehr begangen, durch den die Annahme gerechtfertigt wäre, sie sei immer noch verkehrsunzuverlässig. Es bestehe keine Veranlassung mehr für den Entzug, weil seither bereits 9 Monate vergangen seien, ohne dass sie noch einmal auffällig geworden wäre. Der Bescheid sei somit rechtswidrig.
Außerdem habe sie bereits bei der Erstinstanz ausgeführt, sie sei bereit, den Führerschein unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Interessen Mitte September der Behörde zu übergeben. Sie sei gerichtlich beeidete Dolmetscherin und erbringe großteils auf Abruf durch Behörden und Ämter ihre Leistungen. Daher seien beim langen Zeitraum des Wohlverhaltens auch persönliche Interessen zu berücksichtigen und überwiegten die betrieblichen die öffentlichen Interessen bei weitem. Diese Bereitschaft bestünde weiterhin, sofern die Behörde weiterhin Zweifel an der Verkehrzuverlässigkeit hege und der Berufung keine Folge gegeben werde. Beantragt wird ersatzlose Bescheidbehebung.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und den Strafakt der Erstinstanz.
Daraus geht hervor, dass die Bw mit Straferkenntnis der BPD Linz vom 18. März 2009, S-6047/09-3, einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs. 2c Z9 StVO 1960 schuldig erkannt und bestraft wurde, weil sie am 5. November 2008, 11.53 Uhr, in der Gemeinde Seewalchen, Baustelle A1 bei km 234.183, FR Wien, im angeführten Bereich, der außerhalb eines Ortsgebietes liege, die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 51 km/h überschritten habe; die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu ihren Gunsten abgezogen.
Die Bw hat am 21. Juli 2009 vor der Erstinstanz geltend gemacht, sie könne den Führerschein erst dann abgeben, wenn ihre Tochter ihren Führerschein gemacht habe. Diese befinde sich in Ausbildung und müsse ihre Fahrstunden absolvieren.
Sie sei als gerichtlich beeidete Dolmetscherin auf ihren Führerschein angewiesen und fahre rund 1.800 km im Monat zu sämtlichen Gerichten und Polizeiinspektionen in Oberösterreich. Im Entzugsfall benötige sie einen Fahrer, um als Selbständige ihre Einkünfte zu sichern.
Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wurde der erstinstanzliche Strafakt eingesehen und festgestellt, dass laut Anzeige und Radarfoto der Pkw laut Anzeige am 5. November 2008, 11.53 Uhr, bei km 234.183 der A1, Baustelle Seewalchen, in der 60-km/h-Beschränkung mittels geeichtem Radargerät MUVR 6FA Nr.04 (stationäres Radar) mit 117 km/h gemessen wurde. Nach Abzug von 5% oder aufgerundet 6 km/h ergab sich ein Wert von 111 km/h, dh eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 51 km/h. Der Abzug von insgesamt 5% vom Messwert über 100 km/h entspricht der Zulassung Zl. 41008/89 für Verkehrsgeschwindigkeitsmesser dieser Bauart (Amtsblatt für das Eichwesen Nr.4/1989).
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.
Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat die Entziehungsdauer im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1 oder 2 vorliegt – zwei Wochen zu betragen.
Auf der Grundlage der Anzeige samt Radarfoto ist eine Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 50 km/h außerhalb eines Ortsgebietes im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG zweifellos gegeben. Die Bw hat bereits im Einspruch gegen die Strafverfügung der BH Vöcklabruck vom 20. Jänner 2009 ihre Lenkereigenschaft ausdrücklich zugestanden, sodass davon auszugehen ist, dass sie mit der begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 51 km/h (gemäß dem rechtskräftigen Straferkenntnis der BPD Linz vom 18. März 2009, S-6047/09-3) eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG gesetzt hat.
Ein rechtskräftiger Strafbescheid erzeugt formell eine Bindungswirkung für die Führerscheinbehörde dahingehend, dass die Behörde, wenn laut Strafbescheid eine bestimmte Person als Fahrzeuglenker rechtskräftig feststeht, im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung hieran gebunden ist (vgl VwGH 8.8.2002, 2001/11/0210; 6.7.2004, 2004/11/0046; ua).
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht mehr zulässig, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen ist und der/die Betreffende in dieser Zeit nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vgl E 17.03.2005, 2005/11/0016; 24.06.2003, 2003/11/0138;.
Im ggst Fall sind von der Tatbegehung am 5. November 2008 bis zur Einleitung des Entziehungsverfahrens am 14. Juli 2009 – Ladung der Bw in Angelegenheit "Verfahren zum Entzug der Lenkberechtigung (Geschwindigkeitsüberschreitung)" – erst acht Monate vergangen, sodass das Argument in der Berufung, es bestehe keine Veranlassung mehr, die Bw "auf den rechten Weg zurückzuführen", weshalb einem Führerscheinentzug keine Berechtigung mehr zukomme, ins Leere geht.
Die Entziehungsdauer von zwei Wochen ist gesetzlich bestimmt und unterliegt keiner Disposition durch die Erstinstanz oder den Unabhängigen Verwaltungssenat. Die Rechtskraft der Entziehung tritt mit der Zustellung dieses Erkenntnisses ein, dh ab diesem Zeitpunkt ist der Führerschein unverzüglich abzugeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als 50 km/h auf der Autobahn —› 2 Wochen FS-Entzug