Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164272/2/Zo/Jo

Linz, 08.09.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn E K, geb. , vertreten durch Rechtsanwälte F, H, S, vom  03.07.2009, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 22.06.2009, Zl. VerkR96-1125-2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 08.05.2009 um 16.48 Uhr als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen  bei einer Kontrolle auf der L1560 bei km 4,100 dem Kontrollorgan weder die verwendeten Schaublätter der vorausgehenden 28 Tage noch eine Bescheinigung iSd Artikel 11 Abs.3 der Richtlinie EG 22/2006 (über Krankenstand, Zeitausgleich, Urlaub, Ausnahmen, Nichtlenken etc.) vorgelegt habe. Es hätten die Nachweise für den Zeitraum vom 10.04. bis 07.05.2009 gefehlt.

 

 

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber zusammengefasst im Wesentlichen geltend, dass die Begründung des Bescheides nicht ausreichend sei. Er habe rechtzeitig eine Stellungnahme abgegeben, welche die Behörde nicht berücksichtigt habe. Weiters sei die Verwaltungsübertretung hinsichtlich Tatzeit, Tatort und wesentlichem Inhalt des Tatgeschehens nicht ausreichend konkretisiert. Auch die Strafbemessung sei nicht ausreichend begründet. Die Behörde habe keine Feststellungen zu der konkreten Fahrt gemacht, weshalb nicht klar sei, ob diese überhaupt unter die Verordnung (EWG) 3821/85 falle. Im Übrigen dürften die Sorgfaltsanforderungen an den Beschuldigten nicht überspannt werden, dieser sei davon ausgegangen, dass er sämtliche Bestimmungen einhalte.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung trotz des ausdrücklichen Antrages nicht erforderlich ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten LKW. Bei einer Verkehrskontrolle auf der L 1560 bei km 4,100 konnte er lediglich einen Ausdruck aus dem digitalen Kontrollgerät für den 08.05.2009 vorlegen, für die vorangegangenen 28 Tage gab es weder Aufzeichnungen auf der Fahrerkarte noch konnte der Berufungswerber Schaublätter oder sonstige Bestätigungen, wonach er keine überwachungspflichtigen LKW gelenkt habe, vorlegen. Er rechtfertigte sich dahingehend, dass er nur Aushilfsfahrer sei und er in den vorangegangenen 28 Tagen nicht gefahren sei. Er habe nicht gewusst, dass er als Aushilfsfahrer für diese Zeit Bestätigungen mitführen müsse.

 


5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Artikel 15 Abs.7 lit.b der Verordnung (EWG) 3821/85 lautet: Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, dass mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang IB ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit Folgendes vorlegen können:

i)             die Fahrerkarte, falls er Inhaber einer solchen Karte ist;

ii)            alle während der laufenden Woche und der vorausgehenden 28 Tage erstellten handschriftlichen Aufzeichnungen und Ausdrucke, die gemäß der vorliegenden Verordnung und der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vorgeschrieben sind, und

iii)          die Schaublätter für den Zeitraum gemäß dem vorigen Unterabsatz, falls er in dieser Zeit ein Fahrzeug gelenkt hat, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist.

 

Die Kommission hat entsprechend der Richtlinie 2006/22/EG mit Entscheidung vom 12.04.07 ein elektronisches und druckfähiges Formblatt erstellt (L99), das verwendet werden muss, wenn sich der Fahrer innerhalb des in Artikel 15 Abs.7 Unterabsatz 1 erster Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 genannten Zeitraums in Krankheits- oder Erholungsurlaub befunden hat oder wenn der Fahrer innerhalb dieses Zeitraumes ein anderes aus dem Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 561/06 ausgenommenes Fahrzeug gelenkt hat. Dieses Formblatt ist maschinschriftlich auszufüllen und vom Unternehmen als auch vom Fahrer zu unterschreiben. Manipulationen sollen durch diese Vorgaben verhindert werden.

 

5.2. Der Berufungswerber ist nach seinen eigenen Angaben nur als Aushilfsfahrer beschäftigt. Es gibt keine Beweisergebnisse dafür, dass er in der Zeit vom 10.04. bis 07.05.2009 LKW gelenkt habe, die mit einem Kontrollgerät ausgestattet sind. Es ist auch nicht bekannt, ob er in der Zeit sonstige Arbeiten für den gleichen Arbeitgeber durchgeführt hat.

 

Artikel 15 Abs.7 der Verordnung (EWG) 3821/85 verpflichtet den Lenker dazu, dem Polizeibeamten bei der Kontrolle auf Verlangen alle handschriftlichen Aufzeichnungen vorzulegen, die in der Verordnung (EWG) 3821/85 bzw. in der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vorgeschrieben sind. Richtig ist, dass die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, gestützt auf die Richtlinie 2006/22/EG ein elektronisches Formblatt erstellt hat, welches zur Dokumentation des Erholungsurlaubes bestimmt ist. Dazu ist aber darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2006/22/EG lediglich der Kommission den Auftrag gegeben hat, ein entsprechendes Formular zu erstellen. Die Richtlinie ist jedoch an die Mitgliedstaaten gerichtet, nicht aber an die einzelnen LKW-Fahrer und kann diese daher nicht unmittelbar verpflichten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die an die Mitgliedstaaten gerichtete Richtlinie von Österreich in ein nationales Gesetz umgewandelt und darin den Lenkern die Verwendung dieses Formulars vorgeschrieben würde. Aus den beiden oben angeführten Verordnungen ergibt sich keine unmittelbare Verpflichtung der LKW-Fahrer, Urlaubsbescheinigungen mitzuführen.

 

Festzuhalten ist noch, dass der österreichische Gesetzgeber mit der 30. KFG-Novelle in § 102 Abs.1a (für schaublattpflichtige LKW) bzw. in § 102a Abs.4 (für LKW mit einem digitalen Kontrollgerät) ausdrücklich festgehalten hat, dass für fehlende einzelne Arbeitstage oder Schaublätter entsprechende Bestätigungen des Arbeitgebers mitzuführen sind und der Lenker diese Bestätigungen über lenkfreie Tage dem Polizeibeamten auszuhändigen hat. Diese Bestimmungen sind am 19.08.2009 in Kraft getreten, weshalb sie entsprechend dem in § 1 Abs.2 VStG geltenden Günstigkeitsprinzip auf das gegenständliche Verfahren nicht angewendet werden dürfen.

 

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass es keinerlei Beweisergebnisse dafür gibt, dass der Berufungswerber in dem ihm vorgeworfenen Zeitraum schaublattpflichtige LKW (bzw. LKW, die mit einem Kontrollgerät ausgerüstet sind) gelenkt hat, weshalb er auch keine entsprechenden Schaublätter bzw. Auszüge aus dem digitalen Kontrollgerät vorlegen konnte. Zur Mitführung einer Urlaubsbescheinigung oder einer sonstigen Bestätigung über lenkfreie Tage war er zum Tatzeitpunkt aufgrund der damals geltenden Rechtslage nicht verpflichtet. Es war daher seiner Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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