Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522280/4/Fra/Ps

Linz, 03.09.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn A B, G, L, vertreten durch Frau Rechtsanwältin Mag. S T-P, P, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14. April 2009, Zl. VerkR21-43-2009, betreffend Anordnung einer Nachschulung sowie Aufforderung zur Ablieferung des Führerscheines, nach Durchführung eines Lokalaugenscheines am
1. September 2009, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a Abs.1 AVG iVm § 1 Abs.1. FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid den Berufungswerber (Bw) aufgefordert, sich auf seine Kosten innerhalb von vier Monaten gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides einer Nachschulung bei einer hiezu ermächtigten Stelle zu unterziehen. Zudem wurde er aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich der Bezirkshaupt­mannschaft Freistadt zwecks Neuausstellung abzuliefern.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesene Vertreterin eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt – als nunmehr belangte Behörde – legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) nach Durchführung eines Lokalaugenscheines am 1. September 2009 wie folgt erwogen hat:

 

2.1. Unstrittig ist, dass der Bw am 4. Februar 2009 um 15.39 Uhr im Gemeindegebiet Liebenau ca. 30 m nach dem Haus G. zwischen den Häusern G und Nr. ein nicht zum Verkehr zugelassenes Kraftfahrzeug (Pkw, VW Golf) gelenkt hat, wobei der mittels Alkomat festgestellte Alkoholgehalt der Atemluft 0,12 mg/l Atemluftalkoholgehalt betrug. Dies wurde am 4. Februar 2009 um 15.56 Uhr durch Herrn RI R, Polizeiinspektion W, festgestellt.

 

2.2. Strittig ist, ob es sich bei der Vorfallsörtlichkeit um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handelt. Der Bw bringt diesbezüglich unter anderem vor, dass die Zufahrt zu den Häusern G Nr. und Nr. erst um 1990 errichtet wurde. Bis dahin sei die Zufahrt über einen weiter östlich davon gelegenen Weg, der zwischenzeitig zu einer Forststraße umfunktioniert wurde, erfolgt. Teilweise sei zum Haus G Nr. auch südwestlich der heutigen Zufahrt vom ebenfalls privaten Verbindungsweg zwischen den Güterwegen R und V zugefahren worden. Tatsächlich diene jedoch die Zufahrt nicht dem öffentlichen Verkehr und sei auch bisher von der Öffentlichkeit nicht allgemein benützt worden. Eine Benützung erfolge nur im Rahmen der familienrechtlichen Sphäre. Seitens der Gemeinde sei die heutige Zufahrt weder errichtet worden noch werden von der Gemeinde Erhaltungsmaßnahmen gesetzt. Die Durchführung eines Lokalaugenscheines hätte eindeutig gezeigt, dass die Zufahrt wegen der abgeschiedenen Lage der Örtlichkeit und des schlechten Zustandes nicht einmal irrtümlich, geschweige denn allgemein benützt werde. Rund um das Anwesen G Nr. verlaufe ein Wirtschaftsweg, der südlich der in der Natur vorhandenen Zufahrt abzweigt und nördlich des Anwesens wiederum in die Zufahrt einmünde. Tatsächlich sei er auch nicht auf der Zufahrtstraße betreten worden, sondern auf diesem rund um das Haus führenden Wirtschaftsweg, als er das Fahrzeug im dortigen Gefälle zur nunmehrigen Zufahrt zurückrollen habe lassen und unmittelbar vor der Zufahrt zum Stillstand gekommen sei. Der Bw bringt einen Lageplan vor, aus dem der Verbindungsweg zwischen dem Güterweg R und dem Güterweg V zu entnehmen ist. Die unmittelbare Zufahrt sei von der Familie B ohne öffentliche Unterstützung errichtet und vor ca. drei Jahren mit Aushubmaterial von einer damals errichteten Garage unfachmännisch überlagert worden, sodass wegen des Erhaltungszustandes nur im Rahmen der familienrechtlichen Kontakte ein Befahren erfolgen könne. Sie sei auch mit einer Fahrverbotstafel und mit einem Schranken als nicht zur allgemeinen Benützung gekennzeichnet. Weiters werde im Lageplan der ungefähre Ort der Beanstandung eingezeichnet.

 

2.3. Gemäß § 1 Abs.1 FSG gilt dieses Bundesgesetz für das Lenken von Kraftfahrzeugen und das Ziehen von Anhängern entsprechend den Begriffsbestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr. Gemäß § 1 Abs.1 KFG 1967 sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Kraftfahrzeuge und Anhänger, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs.1 StVO 1960) verwendet werden, und auf den Verkehr mit diesen Fahrzeugen auf solchen Straßen anzuwenden. Gemäß § 1 Abs.1 StVO 1960 gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter gleichen Bedingungen benützt werden können. Die Anordnung der Nachschulung ist sohin nur dann rechtmäßig, wenn der Bw den in Rede stehenden Pkw auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt bzw. zurückrollen lassen hat. Für die Qualifikation als Straße mit öffentlichem Verkehr kommt es nicht auf die Eigentums- oder Besitzverhältnisse an der Straße an, sondern nur auf die Benützung der Straße. Dabei ist nach aktueller Judikatur tatsächlich nur die Art und der Umfang der faktischen Benützung entscheidend, völlig unabhängig von der Widmung, also davon, ob die Straße dem allgemeinen Gebrauch gewidmet wurde oder nicht. Die Qualifikation als Straße mit öffentlichem Verkehr scheidet beispielsweise dann aus, wenn diese Fläche nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist, also zum Beispiel abgeschrankt oder der Schranken mit einem, diesen bestimmten Personen zur Verfügung stehenden Schlüssel aufsperrbar ist. Im gegenständlichen Fall ist festzustellen, dass – wie der Bw zutreffend vorgebracht hat – die südwestliche Zufahrt vom Verbindungsweg zwischen dem Güterweg R und V mit einer Fahrverbotstafel und einem Schranken als nicht zur allgemeinen Benützung gekennzeichnet ist. Die nordöstliche Zufahrt zum Anwesen G Nr. ist ebenfalls mit dem Verkehrszeichen "Fahrverbot" und der Aufschrift "Forststraße" und einem Holzschranken gekennzeichnet und die südöstlich vom Güterweg R in Richtung Norden theoretisch mögliche Zufahrt über das Anwesen G Nr. ebenfalls mit einer "Fahrverbotstafel" und der Aufschrift "Forstraße" gekennzeichnet. Die letztgenannte Zufahrt ist zudem mit einem Eisenschranken versehen und abgesperrt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat kommt aufgrund dieser festgestellten Fakten vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtslage zum Ergebnis, dass sich der in der Anzeige der Polizeiinspektion W vom 9. Februar 2009,
Zl. E1/841/2009, dokumentierte Vorfall auf einer Örtlichkeit ereignet hat, die nicht als Straße mit öffentlichem Verkehr zu qualifizieren ist, woraus die spruchgemäße Entscheidung resultiert.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Johann F r a g n e r

 

 

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