Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252230/2/BP/Se

Linz, 15.09.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des D O F, N, P S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 8. Mai 2009, GZ.: 0008360/2009, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als das Strafausmaß auf insgesamt 1.460,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 224 Stunden) und der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens I. Instanz auf 146,00 Euro herabgesetzt werden.

 

II.              Der Punkt III. des Spruchs des bekämpften Bescheides wird wie folgt geändert:

         Strafausmaß:

         Über Sie wird folgende Strafe verhängt:

         Geldstrafe                              Ersatzfreiheitsstrafe:

         ad 1. und 2. 730,00 Euro      112 Stunden

         Ad 3.            730,00 Euro      112  Stunden     

         Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

III.          Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 8. Mai 2009, GZ.: 0008360/2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 3.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt: 462 Stunden) verhängt, weil er als Geschäftsführer und somit als gemäß §9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Person der Firma H GmbH, H, P, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass von dieser Firma als Arbeitgeber zu den angeführten Zeiten in der Betriebsstätte F P-S, E – keine Gewerbeberechtigung vorliegend – die nachfolgenden tschechischen Staatsangehörigen als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigt worden seien, obwohl diese vom Bw nicht rechtzeitig vor Arbeitsantritt als vollbeschäftigte Personen, die nicht gemäß §6 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen gewesen seien, zumindest mit den Mindestangaben aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden seien. Da der Behörde bis zum Entscheidungszeitpunkt kein bevollmächtigter gemäß §35 ASVG bekanntgegeben worden sei, sei der Bw als Dienstgebervertreter für die entsprechende fristgerechte Meldung zur Sozialversicherung verantwortlich gewesen. Es sei von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen gewesen.

Folgende Personen seien beschäftigt gewesen:

1. Herr C P., beschäftigt von 19. 1. 2009 bis 23. 1. 2009, am 27. 1. und 28. 1. 2009 und von 3. 2. 2009 bis zumindest am 4. 2. 2009 um 14:00 Uhr, gegen ein Entgelt von 12 Euro pro Stunde im Ausmaß von 8,5 Stunden pro Tag von Montag bis Freitag,

2. Herr K P, beschäftigt von 19. 1. 2009 bis zumindest am 4. 2. 2009 um 14:00 Uhr, gegen ein Entgelt von 11 bis 12 Euro pro Stunde, im Ausmaß 8,5 Stunden pro Tag von Montag bis Freitag; außerdem seien die Kosten des Quartiers bezahlt worden und

3. Herr S K, beschäftigt von 3. 2. 2009 bis zumindest 4. 2. 2009 um 14:00 Uhr, gegen ein Entgelt von 12 Euro pro Stunde im Ausmaß von 8,5 Stunden pro Tag, Montag bis Freitag, außerdem seien die Kosten des Quartiers bezahlt worden.

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass von einem Organ des Finanzamtes L K bei einer Kontrolle am 4. Februar 2009 der im Spruch angeführte Sachverhalt festgestellt worden sei. Beigeschlossen seien der Anzeige diverse Fotos, die mehrsprachigen Personenblätter der beschäftigten Arbeiter, in denen diese übereinstimmend angegeben hätten, dass sie für die Firma H tätig seien und wie im Spruch angeführt entlohnt würden. Weiters sei der Bw als Chef angegeben worden. Außerdem sei eine Niederschrift mit dem Bw beigelegt worden, in der er angegeben habe, dass die Arbeitnehmer selbständig seien, es allerdings weder Gewerbescheine noch sonstige Nachweise dafür gäbe; Arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen seien auch nicht ausgestellt worden; die Arbeiter seien auch nicht bei der zuständigen Sozialversicherung angemeldet worden; es gäbe auch keine E101 Formulare. Werkzeug werde teils eigenes und teils zur Verfügung gestelltes verwendet. Als Arbeitszeit habe der Bw angegeben, dass diese um 7:00 beginne und etwa um 15:00Urh bis 16:00 Uhr dauere. Einer der Arbeiter - nämlich Herr C – habe außerdem einen Schlüssel, damit die Ausländer ihre Arbeiten erledigen könnten. Alles sei noch im Aufbau begriffen.

Da der Bw einer ordnungsgemäß zugestellten Aufforderung zur Rechtfertigung trotz Androhung der Rechtsfolgen des §42 Abs. 1 lit b VStG ungerechtfertigt nicht entsprochen habe, sei das Strafverfahren ohne seine Anhörung durchgeführt worden. Für die belangte Behörde sei der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage erwiesen.

 Nach Anführung der einschlägigen Rechtsgrundlagen stellt die belangte Behörde fest, dass der dem Bw zur Last gelegte Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

Zur subjektiven Tatseite führt die belangte Behörde unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 VStG aus, dass der Bw keinen Schuldentlastungsbeweis im Sinne eines Ungehorsamsdelikts habe erbringen können. Es sei der belangten Behörde kein Bevollmächtigter gemäß §35 ASVG bekannt gegeben worden, sodass der Bw die Meldungen beim Sozialversicherungsträger hätte vornehmen müssen. Indem er dies unterlassen habe, habe er zumindest fahrlässig gehandelt.

Zur Strafhöhe sei festzustellen, dass die ausgesprochene Strafe der Tat angemessen erscheine. Als strafmildernd sei kein Umstand, als straferhöhend die lange Beschäftigungsdauer zu werten gewesen. Mangels Angaben des Bw seien die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse als durchschnittlich angenommen worden.

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 29. Juli 2009 nachweislich zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung vom 11. August 2009.

Darin führt er aus, dass er zwar zum Tatzeitpunkt Geschäftsführer des in Rede stehenden Unternehmens war, allerdings eine andere Person, Herr P, als Geschäftsführer der österreichischen Niederlassung vorgesehen war der diese Funktion auch bereits teilweise ausübte. Von ihm seien auch die in Rede stehenden Personen auf der Baustelle eingesetzt worden. Die Kosten seien auch von ihm bzw. von seiner Firma übernommen worden, insbesondere auch das Quartier.

Der Bw weist weiters auf sein derzeitiges Einkommen von monatlich rund 200 Euro hin und ersucht zumindest um Herabsetzung der der Strafe, falls seinem Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses nicht stattgegeben werden sollte.

 

2.1. Mit Schreiben vom 7. September 2009 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat. Dieser erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

Nachdem im vorliegenden Fall weitgehend nur die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen war, der entscheidungsrelevante Sachverhalt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei ergibt und die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung von keiner Partei beantragt wurde, konnte gemäß §51e Abs. 3 auf eine solche verzichtet werden.

 

2.2. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter dem Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

2.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl Nr. I 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 146/2008, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß Abs. 1a leg. cit. kann der Dienstgeber die Anmeldungsverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet und zwar

1.     vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.     die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 111 Abs. 1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

3.2. "Zuständiger Krankenversicherungsträger“ i.S.d. § 33 Abs. 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretungen die O G mit Sitz in L. Somit ist der Bürgermeister der Landeshauptstadt L grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Übertretungen des § 33 Abs. 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde i.S.d. § 27 Abs. 1 VStG.

3.3. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass den Bw als Geschäftsführer des in Rede stehenden Unternehmens grundsätzlich die Anmeldepflicht zur Sozialversicherung von seinem Unternehmen beschäftigten Personen trifft, zumal auch keine Person im Sinne des § 35 ASVG namhaft gemacht worden war. Dass der vom Bw in der Berufung erwähnte Herr P als Geschäftsführer für die österreichische Niederlassung des in Rede stehenden Unternehmens eingesetzt werden sollte und diese Funktion auch zum Tatzeitpunkt bereits teilweise faktisch ausübte, ändert nichts an der Tatsache, dass der Bw aus rechtlicher sicht am 4. Februar 2009 noch der verantwortliche Geschäftsführer war. Somit traf ihn auch die Anmeldepflicht.

 

3.4. Für den vorliegenden Fall ist entscheidend, ob die in Rede stehenden Personen bei der Firma H GmbH tatsächlich als Dienstnehmer beschäftigt waren. Dass die tschechischen Arbeiter beim zuständigen Sozialversicherungsträger nicht angemeldet waren, bedarf keiner weiteren Feststellungen.

 

3.4.1. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1991, Zl. 91/08/0101, knüpft dieser die Anmeldepflicht nach § 33 ASVG an das Vorliegen der Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 ASVG und die dort angeführten Kriterien. Eine Entscheidung nach § 33 iVm § 111 leg. cit. kann demnach nur unter genauer Erörterung dieser Kriterien erfolgen.

Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, [].

3.4.2.1. Was die Merkmale persönlicher Abhängigkeit (also der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit einer Person durch ihre und während ihrer Beschäftigung) anlangt, so sind nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0152, nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung, während das Fehlen anderer im Regelfall auch vorliegender Umstände wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.

3.4.2.2. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. u.a. VwGH vom 19. März 1984, Slg. Nr. 11361/A).

Das Angewiesensein dessen, der nicht über die Produktionsmittel verfügt, auf die Ware "Arbeitskraft" erstreckt sich sowohl auf die wirtschaftliche als auch auf die persönliche Sphäre des Arbeitenden (vgl. VwGH vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0349).

3.4.2.3. Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 27. November 1990, Zl. 89/08/0178, genügt es für die Annahme persönlicher Abhängigkeit – in Übereinstimmung mit dem zu beurteilenden Gesamtbild der Beschäftigung –, wenn die konkrete – wenn auch nur in Form einer Teilzeitbeschäftigung – übernommene Verpflichtung zu einer ihrer Art nach bestimmten Arbeitsleistung den Arbeitenden während dieser Zeit so in Anspruch nimmt, sodass er über diese Zeit auf längere Sicht nicht frei verfügen kann und ihre Nichteinhaltung daher einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen darstellen würde.

3.4.2.4. Die Erteilung von Weisungen betreffend die eigentliche Arbeitsleistung kommt im Wesentlichen in zwei (von einander nicht immer scharf zu trennenden) Spielarten in Betracht: in Bezug auf das Arbeitsverfahren einerseits, das arbeitsbezogene Verhalten andererseits.

Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren können in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden, weil sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser fachlich eigener Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation und Erfahrung erweitert. Deshalb ist das Fehlen von das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungen in der Regel von geringer Aussagekraft (vgl. VwGH vom 27. Jänner 1983, Zl. 81/08/0032).

Die Erteilung von Weisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten unterbleibt in der Regel dann, wenn und sobald der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu bewegen und zu verhalten hat (vgl. VwGH vom 25. Februar 1988, Zl. 86/08/0242). In solchen Fällen lässt sich die Weisungsgebundenheit in Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten jedoch in Form "stiller Autorität des Arbeitgebers" feststellen (vgl. VwGH vom 25. Mai 1987, Zl. 83/08/0128).

3.4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs u. a. vom 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269, ist wirtschaftliche Abhängigkeit bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel.

3.4.4. Die Entgeltlichkeit ist kein bloßes Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG (vgl. u.a. VwGH vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0003). Unter dem Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG ist unter dem Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit grundsätzlich das entgeltliche (und nicht unentgeltliche) Beschäftigungsverhältnis gemeint, an das Voll- und Teilversicherungspflicht in differenzierender Weise anknüpft (vgl. VwGH vom 29. November 1984, Zl. 83/08/0083).

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst (Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst (Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Überdies ist hier wohl auch § 1152 ABGB einschlägig, wonach für den Fall, dass vertraglich kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart ist, ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt.

3.5. Im hier zu beurteilenden Fall ist zunächst das Vorliegen der Entgeltlichkeit zu bejahen.

Alleine schon die Tatsache, dass 12 Euro pro Stunde bei einer Arbeitszeit von 8,5 Stunden pro Tag, mit genau festgelegten Beginn- und Endzeiten, vereinbart waren, weist auf eine unselbständige Tätigkeit und somit auf ein Beschäftigungsverhältnis hin. Hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und auch teilweise der eingesetzten Mittel waren die tschechischen Staatsangehörigen an den Dienstgeber – die H GmbH gebunden und konnten nicht frei darüber verfügen. Darüber hinaus wurde zumindest zweien der Dienstnehmer ein Quartier zur Verfügung gestellt und bezahlt, was den Eindruck der wirtschaftlichen und persönlichen Abhängigkeit nur noch verstärkt. Auch, dass sie den Bw als ihren Chef bezeichneten weist auf die organisatorische Einbindung in das Unternehmen hin. Wären sie tatsächlich selbständig tätig gewesen würden die eben beschriebenen Umstände nicht vorliegen. Aufgrund des Ausmaßes der Beschäftigung in zeitlicher und finanzieller Sicht kommt auch kein Ausnahmetatbestand des § 5 ASVG in Betracht. Es ist also von einem meldepflichtigen Dienstverhältnis auszugehen.

3.6. Mit dem bekämpften Bescheid verhängte die belangte Behörde je Dienstnehmer eine Geldstrafe von 1.000 Euro, da sie die unterlassene Meldung für jeden einzelnen als eigenes Delikt wertete.

Nach § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG Meldungen oder Anzeigen (jeweils Mehrzahl) nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Im Abs.2 dieser Bestimmung ist normiert, dass die Ordnungswidrigkeit (Einzahl) nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist und zwar, mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro. Eine Wortinterpretation dieser Bestimmung legt es somit - indem von „Meldungen“ oder „Anzeigen“ in der Mehrzahl gesprochen wird, die allerdings nur eine Ordnungswidrigkeit bilden – nahe, dass die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen nur ein Delikt darstellt.

Eine dem AuslBG vergleichbare Regelung, wonach eine Bestrafung für jeden beschäftigten Ausländer vorgesehen ist – diese Regelung im AuslBG erfolgte gerade in der Absicht, hier eine Mehrfachbestrafung festzulegen (siehe Regierungsvorlage 449 BlgNR. XVII. GP, S. 15) –, findet sich in der Strafbestimmung des § 111 Abs.1 und 2 ASVG nicht. Auch aus den Erläuterungen zu § 111 ASVG (vgl. dazu 77 BlgNR., XXIII. GP, S. 4) ergibt sich nicht, dass für jede nicht angemeldete Person eine Bestrafung erfolgen soll (in diesem Sinn auch die teleologische Argumentation von F S, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG, ZAS 2008, S. 8).

Zwei der tschechischen Dienstnehmer (Herr C und Herr K) wurden parallel im Zeitraum von 19. Jänner 2009 bis 4. Februar 2009 beschäftigt. Auf sie finden die oben getroffenen Bemerkungen unmittelbare Anwendung, da die Anmeldepflicht für sie zum gleichen Zeitpunkt entstand. Lediglich die Beschäftigung des Herrn S muss als eigenständiges Delikt gesondert gewertet werden, da hinsichtlich seiner Person in zeitlicher Hinsicht ein eigener Sachverhalt besteht und gesetzt wurde.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kommt daher – korrespondierend zu seiner mittlerweile ständigen Rechtssprechung (vgl. u.a. die Erkenntnisse VwSen-252114, VwSen-252153) zum Ergebnis, dass es sich im Fall der Herren C und K bloß um eine Ordnungswidrigkeit handelt, weshalb das Handeln bzw. das Unterlassen des Bw somit nicht dreifach sondern nur zweifach den objektiven Tatbestand erfüllte.

3.7. Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahr­läs­siges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaub­haft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH vom 25. Jänner 2005, 2004/02/0293).

Es wäre dem Bw im Lichte dieser Judikatur unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben durchaus zumutbar gewesen sich entsprechend zu orientieren. Der Bw brachte keinerlei Schuldentlastungsgründe vor. Solche werden auch vom erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht erkannt.

Auch die subjektive Tatseite ist somit als erfüllt anzusehen.

3.8. Hinsichtlich der von der belangten Behörde vorgenommenen Strafbemessung ist anzumerken, dass vor allem im Fall der Beschäftigung des Herrn S von 1,5 Arbeitstagen wohl nicht von einer langen Dauer ausgegangen werden kann. Aber auch im anderen Fall der Herren C und K ist diese bei einem Zeitraum von rund 15 Tagen nicht als Erschwerungsgrund per se heranzuziehen. Daher sah sich das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates mit Blick auf die aktuell offensichtlich extrem niedrigen Einkommensverhältnisse des Bw veranlasst die verhängte Geldstrafe auf die Mindeststrafe zu senken. Ein weiteres Herabsetzen kam allein schon mangels unerheblicher Folgen der Taten und auch mangels Vorliegens eines geringfügigen Verschuldens nicht in Betracht. Somit ergibt sich je Verwaltungsübertretung ein Ausmaß von 730 Euro - insgesamt 1.460 Euro.

3.9. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

 

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