Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-231059/2/SR/Eg/Ba

Linz, 18.09.2009

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des D V, E, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 25. Juli 2009, GZ. Sich96-106-2009, wegen Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung gegen die Schuld wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als die Wortfolge "und Füßen" im Spruch zu entfallen hat. Der Berufung gegen die Strafhöhe wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe mit 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 15 Stunden festgesetzt werden.

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der Behörde erster Instanz reduziert sich auf 5 Euro.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben sich am 09.02.2009 um ca. 18.58 Uhr in F, P, am MD Parkplatz im Zuge einer Fahrzeugkontrolle, trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahr nahm, aggressiv verhalten, indem Sie mit diesem lautstark herumschrieen. Weiters gestikulierten Sie dabei wild mit den Armen und Füßen und haben dadurch die Amtshandlung behindert.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz"

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bw gemäß  § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 27 Stunden, verhängt. Zusätzlich wurden für Verfahrenskosten erster Instanz 8 Euro vorgeschrieben. 

 

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Normen und des relevanten Sachverhaltes aus, dass der Bw die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung zu verantworten habe. In den Einspruchsangaben und den Stellungnahmen sei der Bw auf den Tatvorwurf des aggressiven Verhaltens nicht eingegangen und habe sich lediglich über das Verhalten der Exekutivbeamten beschwert. Ein allfälliges Fehlverhalten sei im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen.

 

Aufgrund der vorliegenden Beweise sei die erkennende Behörde zur Überzeugung gelangt, dass der Bw die Verwaltungsübertretung zu verantworten habe, eine gegenteilige Stellungnahme habe der Bw nicht abgegeben. Laut Mitteilung des Bw sei von einem monatlichen Einkommen von 1.100 Euro auszugehen. Die verhängte Strafe erscheine dem Unrechtsgehalt der Tat sowie der Schwere des Verschuldens angemessen. Strafmildernd sei die Unbescholtenheit gewertet worden. Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen.

 

2. Gegen das Straferkenntnis, das dem Bw am 26. August 2009 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtzeitig am 31. August 2009 bei der belangten Behörde eingelangte Berufung.

 

Begründend führt der Bw wie folgt aus:

"Hiermit will ich gegen die Straferkenntnis Nr.: Sich96-106-2009 Einspruch erheben. Da Sie es anscheinend nicht aus meinen zahlreichen Schreiben, Stellungnahmen und Einsprüchen entnehmen konnten, habe ich die Sicherheit nicht gefährdet, ich habe niemanden bedroht. Die Exekutivbeamten wurden von mir nicht in ihrer Dienstausübung behindert. Ich habe die Beamten nicht angeschrieen. Das zum Tatvorwurf des aggressiven Verhaltens.

 

Wie bereits beschrieben war mir Anfang Februar, nur mit einem dünnen Hemd bekleidet, kalt auf dem Parkplatz des Restaurants in dem ich zu essen beabsichtigte. Als ich die Herren aufforderte sich zu beeilen teilten mir die Exekutivbeamten mit dass es jetzt noch länger und teurer wird. Ich bitte Sie sich in die Lage zu versetzen, natürlich war ich gegen das eigentümliche Verhalten der Exekutivbeamten und brachte dies auf einem legitimen Weg zum Ausdruck.

Ich halte es für möglich das ich bei den Diskussionen mit den Beamten um mein Anliegen zu unterstützen, beim Sprechen gestikuliert habe, wie ich es gelernt habe. Bei Rhetorikkursen, Führungsseminaren, bei der Reifeprüfung und als selbständiger Arbeitgeber. Falls die Beamten sich vor meiner autoritären Art gefürchtet haben tut mir dies leid und ich möchte mich auf diesem Weg auch bei den gekränkten Beamten entschuldigen.

Obwohl mir dass alles widerfahren ist und bin auch bereit den Kollegen zu vergeben und werde bei der Dienstaufsicht aussagen was Sie wollen.

 

Weiters verdiene ich nicht 1.100 € sondern 692,98 € und habe dies sicher nie bekanntgegeben wie von Ihnen im Schreiben vom 25.8.09 behauptet, ich bitte Sie dies zu berücksichtigen falls es zu einer Strafe kommt."

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt Verfahrensakt (Zl. Sich96-106-2009) mit Schreiben vom 2. September 2009 zur Entscheidung vorgelegt. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt.

Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.1. Aufgrund der Aktenlage ergibt sich folgender Verfahrensablauf:

 

3.1.1. In der Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion Neumark/Mühlkreis vom 9. Februar 2009 hält der Polizeibeamte fest, dass eine Verwaltungsübertretung des Bw (Überfahren der Sperrlinie am 9. Februar 2009 im Stadtzentrum von Freistadt) zur vorliegenden Amtshandlung geführt habe. Bereits zu Beginn der Lenker- und Fahrzeugkontrolle habe der Bw zu schreien begonnen und ein aggressives Verhalten an den Tag gelegt. Die laut geschrieenen Worte habe er durch drohende Gestik untermalt. Wörtlich wird in der Anzeige wie folgt ausgeführt:

"So gebärdete er sich wie ein wildes Tier, sprang herum, gestikulierte wie wild mit den Armen, trat mit den Füssen mehrmals gegen Gegenstände im Umfeld des Parkplatzes und sprang auf seiner zu Boden geworfenen Warnweste herum. Er schrie unablässig mit den Beamten, welche überhaupt nicht zu Wort kamen, in nachstehender, zusammengefasster Form: `Schon wieder, was wollts denn ihr schon wieder, soll i schon wieder zahln, was ist den los. Ich habe eh das ganze Auto schon voller Strafzettln, Fangts andere, was hab ich denn verbrochen. Ich muß jetzt ins McDonalds gehen, ich hab einen Hunger und keine Zeit mehr.´

Widerwillig händigte V den Beamten Führerschein und Zulassungsschein aus, wies anschließend auch widerwillig und immerfort laut schreiend und gestikulierend Pannendreieck, Verbandspaket und Warnweste vor. Warf anschließend Pannendreieck und Verbandszeug in den Wagen hinein, warf die Warnweste zu Boden, trampelte wie ein – IRRER – darauf herum, laut zeternd und schreiend."

 

Da der Bw sein aggressives Verhalten trotz der Abmahnungen nicht eingestellt habe, sei die Amtshandlung um 19.15 Uhr abgebrochen und zur Dienststelle der PI Freistadt verlegt worden. Ziel dieser Maßnahme sei die Deeskalation der Amtshandlung gewesen.

 

Der Bw habe sich zu der genannten Dienststelle begeben. Ein durchgeführter Alcomat-Vortest habe 0,0 mg/l ergeben. Den anwesenden Journalbeamten GrInsp J K und KontrollInsp P H sei das äußerst erregte Verhalten des Bw aufgefallen. Dies habe zu folgendem Eintrag in den Dienstbericht geführt:

"V D kommt zur PI und regt sich sofort masslos und lautstark darüber auf, dass ihm der Führerschein abgenommen wurde. Er forderte lautstark die Rückgabe, er habe einen Termin u werde alle Beamten wegen Geschäftsschädigung anzeigen. Anschließend schreit er herum, dass sein Hund schon seit 8 Stunden alleine zu Hause sei und er sofort zu ihm muss. Weiters habe er seinen Rechtsanwalt bereits benachrichtigt. Die Amtshandlung wird von den Beamten der API Neumarkt geführt. Die Beamten versuchen, den aggressiv wirkenden, aufgebrachten Mann zu beruhigen, was ihnen auch gelang. Der Führerschein und die Dienstnummern der Beamten wurden der Person ausgehändigt."

 

Unmittelbar vor Abschluss der Amtshandlung um 19.34 Uhr habe der Bw geschrieen: "Das ist die neue Generation, ihre werdets euch alle noch anschauen!!".

 

3.1.2. Gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 16. Februar 2009, Sich 96-106-2008, erhob der Bw innerhalb offener Frist - ohne Angaben zu tätigen - "Berufung".

 

3.1.3. Mit Schriftsatz vom 31. März 2009 hat die belangte Behörde den Bw zur Rechtfertigung und Bekanntgabe seines Einkommens und allfälliger Sorgepflichten aufgefordert.

 

3.1.4. Mit Schreiben vom 16. Februar 2009, der Post zur Beförderung übergeben am 27. April 2009 (Poststempel), eingelangt bei der belangten Behörde am 28. April 2009, schilderte der Bw die Amtshandlung am 9. Februar 2009 aus seiner Sicht.

Danach habe er bereitwillig und ohne jede Verzögerung alle erforderlichen Papiere ausgefolgt. Alles sei einwandfrei gewesen und die Beamten seien sichtlich enttäuscht gewesen, dass die Alkoholkontrolle 0,0 Promille ergeben habe. Er sei beinahe in jedem Land Europas kontrolliert worden, aber diese offensichtliche Polizeiwillkür wie in Freistadt passiert und den riesigen Aufwand danach habe er noch nicht erlebt. Nur mit einer dünnen Jacke bekleidet sei er Anfang Februar von 19.04 bis 19.25 Uhr bei einer Temperatur um 0 Grad mit Hunger auf der Straße gestanden und nach mehrmaliger Aufforderung, den Grund der Amtshandlung bekannt zu geben, sei er von oben herab wie ein Verbrecher behandelt worden. Der Grund der Amtshandlung sei ihm gnadenhalber bekannt gegeben worden. Die Ausfolgung der Dienstnummer sei verweigert worden. Daher habe er das Fahrzeug mit der Nummer X fotografiert. Trotz der Bereitschaft die Strafe für das Überfahren zu bezahlen habe sich die Amtshandlung verlängert. Die Beamten hätten eine Überprüfung der Papiere gemacht, diese auch kopiert und seien sichtlich enttäuscht gewesen, dass gegen ihn nichts vorgelegen sei. Abschließend habe ihm ein Polizist mit sichtlicher Genugtuung erklärt, dass die Reise hier beendet sei und ihm sein "aufmüpfiges Verhalten" sehr teuer kommen werde. Er habe den Beamten erklärt, dass er es sehr eilig habe, seinen Hund abholen müsse, da dieser schon 8 Stunden alleine in einer Wohnung in Tschechien sei. Die Amtshandlung sei auf der Dienststelle fortgesetzt worden. Der Weg dorthin sei ihm nicht beschrieben worden. Die Papiere seien ihm erst nach einem Telefonat mit einem befreundeten Anwalt ausgefolgt worden.

 

Zu seiner Person führte der Bw aus, dass er ein mündiger Staatsbürger sei, vier  Berufe habe und einige Male in einer leitenden Position und als selbständiger Unternehmer tätig gewesen sei. Er habe die Reifeprüfung absolviert und einige Rhetorikkurse besucht. Weiters führte der Bw aus:

"Da ich es nicht gewohnt bin mich unterzuordnen und ich dass auch nicht muss, war ich den `Beamten´ ein Dorn im Auge und so sagten sie es auch. Natürlich war ich daraufhin aufgeregt da ich mich der Polizeiwillkür ausgeliefert sah. Ich wurde schon in Deutschland, Belgien, Kroatien, Griechenland, Schweiz, Tschechien kontrolliert aber von diesen Länden können sich die österreichischen `Beamten´ ein Beispiel nehmen, diese Polizisten stellen sich mit Namen vor sind teilweise sogar freundlich obwohl ich dies nicht voraussetzte oder verlange, behandeln einen nicht von oben herab wie einen mutmaßlichen Verbrecher. Meiner persönlichen Meinung nach sollten die oberösterreichischen Beamten die Sicherheit im Land gewährleisten, und nicht mit allen ihnen vom Staat zur Verfügung stehenden Mitteln Schikanen für die Bürger zu konstruieren. Das ganze Prozedere ist inzwischen typisch österreichisch gewaltig groß im Vergleich zur Tat. Da ich diese Sperrlinie unabsichtlich, wie viele andere, überfahren habe bin ich bereit dafür eine angemessene Strafe zu bezahlen. Für den Aufwand der Korrespondenz, der amtsärztlichen Überprüfung meines Geisteszustands und der kommenden Aufwände werde ich eine Aufwandsentschädigung verlangen und für die kommenden Schritte einen Anwalt Herrn Dr. Ü hinzuziehen was natürlich die Kosten steigert. Da ich mich nicht mehr in der Lage sehe gegen die Polizei- und die Behördenwillkür anzukämpfen."

 

Abschließend führte der Bw aus, dass er zur Zeit als "20h Kellner" angemeldet sei und unter "den 1.100 €/Monat" verdiene. Die Berufungsbegründung werde er auch an das Ministerium für Inneres senden.

 

3.1.5. Am 19. Mai 2009 hat die belangte Behörde den die Anzeige verfassenden und die Amtshandlung führenden Polizeibeamten, KontrollInsp, R S nach Wahrheitserinnerung förmlich als Zeugen befragt. Einleitend brachte der Beamte vor, dass er und sein Kollege aufgrund eines Verkehrsdeliktes auf den Bw aufmerksam geworden seien. Nachdem der Bw aus seinem Fahrzeug ausgestiegen war, habe er sofort lautstark zu schreien begonnen. Auf die Angaben in der Anzeige, welche vollinhaltlich aufrechterhalten würden, führte der Polizeibeamte weiters aus, dass der Bw mehrmals von ihm abgemahnt worden sei, sein aggressives Verhalten einzustellen. Da dies der Bw nicht gemacht habe, sei die Amtshandlung auf die PI Freistadt verlegt worden. Der Bw habe sich dazu bereit erklärt. Dem Bw sei mitgeteilt worden, dass ihm die Dienstnummer nach Abschluss der Amtshandlung bekannt gegeben werde. Während der Amtshandlung habe der Bw ständig lautstark geschrieen und dabei wild mit den Händen herumgestikuliert. Nach dieser Aussage verwies der befragte Polizeibeamte nochmals auf die Angaben in seiner Anzeige. Abschließend brachte der Zeuge vor, dass eine "normale Amtshandlung" auf Grund des Verhaltens des Bw nicht möglich gewesen sei.

 

3.1.6. Im Anschluss an die Zeugenbefragung des KontrollInsp R S wurde BezInsp W ebenfalls nach Wahrheitserinnerung förmlich als Zeuge befragt. Übereinstimmend mit den Angaben des KontrollInsp R S schilderte er den Grund für die Amtshandlung.

Unmittelbar nach dem Aussteigen aus dem Fahrzeug habe der Bw lautstark zu schreien begonnen. Sein Kollege habe den Bw auf sein Fehlverhalten aufmerksam gemacht und die Amtshandlung durchführen wollen. Da der Bw ständig herum geschrieen und wild gestikuliert habe, sei dies nicht möglich gewesen. Trotz der mehrmaligen Aufforderung durch den Kollegen, das beschriebene Verhalten einzustellen, habe dies der Bw nicht getan. Um eine weitere Eskalation zu verhindern, habe der Kollege dem Bw erklärt, dass die Amtshandlung in der ca. 200 Meter entfernten PI Freistadt weitergeführt werde. Der Bw sei daher aufgefordert worden, sich dorthin zu begeben. Die Durchführung einer "normalen Amtshandlung" sei aufgrund des aggressiven Verhaltens des Bw nicht möglich gewesen. Der Bw habe ständig herumgeschrien und mit den Händen gestikuliert. Abschließend verwies der Zeuge auf die Anzeige und die darin festgehaltenen Angaben.

 

3.1.7. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 20. Mai 2009 wurde der Bw vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt.

 

In der Stellungnahme vom 29. Mai 2009, zur Post gegeben am 16. Juni 2009 brachte der Bw wie folgt vor:

"1.) Die schriftlichen Aussagen der Beamten gleichen sich in der Grammatik im Wortgebrauch, bis zu den Satzzeichen so sehr dass ich nicht an eine faire objektive Befragung glauben kann.

2.) In der Darstellung meiner `Tat´ wird die Frage nach dem Grund der Anhaltung als Delikt (Deliktcode 4480022) genannt.

3.) Bei den Beweismitteln werde ich als `schreiendes´ `wildes Tier´ `herumspringend´ `zeternd´ `das Schauspiel genießend´ und `Irrer´ bezeichnet. Dagegen möchte ich mich entschieden wehren und verlange eine Entschuldigung der Beamten.

4.) Die Behörde verlangte eine amtsärztliche und psychologische Untersuchung nur aufgrund der gemeinsamen Aussage der gekränkten Beamten. Es entstand mir ein erheblicher Aufwand und der Amtsarzt bescheinigte mir einen tadellosen körperlichen und geistigen Zustand. Auch sämtliche technischen und behördlichen Überprüfungen bestätigen den einwandfreien Zustand meiner Papiere, meines Fahrzeuges, meines Alkoholpegels und das ich nicht auf der Fahndungsliste stehe, was mit schon auf dem Parkplatz und nicht erst wie von den Beamten angegeben auf der PI gesagt wurde."

 

3.2. Die unter Wahrheitspflicht stehenden Beamten haben übereinstimmend und nachvollziehbar das tatbestandsmäßige Verhalten des Bw beschrieben. Der die Amthandlung führende und die Anzeige erstellende Beamten hat es nicht bei einer oberflächlichen Beschreibung der Situation belassen sondern ausführlich das sich über einen längeren Zeitraum hinziehende Verhalten dargestellt. Bezeichnend ist auch der Hinweis in der Anzeige, dass selbst die Journalbeamten der PI Freistadt bei der fortgesetzten Amtshandlung noch einen Eindruck vom aggressiven Verhalten des Bw vermittelt bekommen haben. Die schon bildhaft anmutende Schilderung der Amtshandlung lässt zu keinem Zeitpunkt den Verdacht aufkommen, dass die Polizeibeamten das tatbestandsmäßige Verhalten des Bw konstruiert und die Zeugenaussagen abgesprochen. Das Vorbringen des Bw, dass er sich bereitwillig der Amtshandlung unterzogen und beispielsweise alle Papiere ohne jede Verzögerung ausgefolgt habe, ist als Schutzbehauptung zu werten.

 

Abgesehen davon, dass sich der Bw im Gegensatz zu den einschreitenden Beamten frei verantworten kann, hat der Bw, ohne konkrete Angaben zu machen, den Tatvorwurf bestritten. Unterzieht man sein Vorbringen in den Schriftsätzen einen genaueren Beurteilung, lassen sich für die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens interessante Schlussfolgerungen ziehen.

 

Beachtenswert sind die Charakterisierung und die Beschreibung der einschreitenden Beamten und seiner Person durch den Bw. Auf der einen Seite die "von oben herab handelnden", teilweise "gekränkten" Beamten, die ihn wie einen "Verbrecher" behandeln, "gnadenhalber" den Grund des Einschreitens bekannt geben, nervös werden, wenn er mit einem bekannten Anwalt telefoniert, sichtlich enttäuscht sind, weil die Atemluftuntersuchung negativ verlaufen ist und nichts gegen ihn vorliegt, eine Amtshandlung, die ein "inzwischen typisch österreichisch gewaltig großes Prozedere" aufweist und auf der anderen Seite ein Bw, der sich bereitwillig der Amtshandlung unterzieht, es jedoch nicht gewohnt ist, sich unterzuordnen und eine "autoritäre Art hat", vor der sich die Beamten möglicherweise "gefürchtet" haben.

 

Obwohl der Bw die ihm angelastete Tat bestreitet, "hält er es für möglich", dass er bei den Diskussionen mit den Beamten "beim Sprechen gestikuliert" hat. Die Gestiken sollten der Unterstützung seines Anliegens dienen und er habe sich so verhalten, wie er es in Rhetorikkursen, Führungsseminaren, bei der Reifeprüfung und als selbständiger Arbeitgeber gelernt habe.

 

Damit gesteht der Bw ein, dass er sehr wohl mit den Händen gestikuliert hat. In Zusammenhang damit, dass er weiters einräumt, dass sich die Beamten vor seiner autoritären Art (Gestik und Auftreten) gefürchtet haben könnten und er natürlich aufgeregt war, liegt nahe, dass er sich auch im Ton und in der Sprache vergriffen hat. Dadurch, dass sich der Bw in der Berufungsschrift bei den "gekränkten Beamten" entschuldigen möchte, ist anzunehmen, dass sich der Bw bewusst ist, sich im Ton und in den Umgangsformen vergriffen zu haben.

 

Nicht nachvollziehbar ist im Gesamtzusammenhang, dass sich der Bw bereit erklärt, "bei der Dienstaufsicht auszusagen, was Sie wollen".

 

Bei Würdigung sämtlicher Umstände ist den glaubwürdigen, nachvollziehbaren und übereinstimmenden Angaben der Polizeibeamten zu folgen, und davon auszugehen, dass der Bw trotz Abmahnung und in Kenntnis seines rechtswidrigen Verhaltens sich weiterhin aggressiv verhalten und somit die Amtshandlung behindert hat.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs 1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber der Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

 

4.2.  Das zentrale Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 SPG besteht in einem aggressiven Verhalten.

 

"Aggressiv" bedeutet so viel wie "angreifend" oder "angriffslustig". "Aggression" meint einen Überfall, einen Angriff oder feindseliges Verhalten. Unter aggressivem Verhalten ist ein sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten anzusehen. Das Vertreten eines Rechtsstandpunktes, mag dies auch in entschiedener Weise geschehen, stellt eine angemessene Reaktion, nicht aber ein ungestümes Benehmen dar (vgl. Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, A.5.1. f zu § 82).

 

Weiters ist unter einem aggressiven Verhalten ein solches zu verstehen, durch das die jedem Staatsbürger gegen das Einschreiten eines obrigkeitlichen Organs zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, dass diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringens, der zur Schau gestellten Gestik oder durch beides zusammen als "aggressives Verhalten" gewertet werden muss. Solches liegt etwa vor, bei "Gebrauch lautstarker Worte verbunden mit heftiger Gestik gegenüber einem Sicherheitswachebeamten". 

 

So kann unter aggressivem Verhalten auch ein "sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten" angesehen werden. So gesehen reicht nach ständiger Rechtsprechung bereits allein das "Schreien mit einem Aufsichtsorgan" auch noch nach erfolgter Abmahnung zur Erfüllung des Tatbestandes aus (VwGH vom 20.12.1990, 90/10/0056; siehe auch Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, Fn. 14 zu § 82  mit weiteren Verweisen). 

 

Da das Gesetz lediglich "aggressives Verhalten" verlangt, bedarf es keiner "besonderen" Aggressivität um den Tatbestand zu erfüllen. Das Tatbild der zitierten Verwaltungsvorschrift verlangt, ein "aggressives Verhalten" während der "Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben" durch das Aufsichtsorgen oder die Militärwache; zusätzlich die "Behinderung einer Amtshandlung". (vgl. Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz3, zu § 82 SPG). Ein solches aggressives Verhalten liegt jedenfalls auch dann vor, wenn das Verhalten noch nicht als Anwendung von Gewalt oder als gefährliche Drohung (§ 269 des Strafgesetzbuchs [StGB] - Widerstand gegen die Staatsgewalt) zu qualifizieren ist.

 

Weiteres Tatbestandselement ist eine vorausgegangene Abmahnung. Abmahnung bedeutet so viel wie (Er-)Mahnung oder Zurechtweisung und besteht in der Aufforderung, ein Verhalten im Hinblick auf seine Gesetz- oder Ordnungswidrigkeit einzustellen, wobei die Aufforderung, ein bestimmtes Verhalten einzustellen, den Hinweis auf dessen Unzulässigkeit impliziert. Das Gesetz schreibt den Gebrauch bestimmter Worte für eine wirksame Abmahnung nicht vor, insbesondere muss sie nicht die Folgen weiteren Zuwiderhandelns zur Kenntnis bringen. Freilich muss dem Betroffenen die Abmahnung als solche erkennbar sein und bewusst werden.

4.3. Aufgrund des Beweisverfahrens steht fest, dass der Bw trotz mehrmaliger Abmahnungen, sein gesetzwidriges Verhalten einzustellen, sich weiterhin aggressiv verhalten hat, indem er mit den Polizeibeamten geschrien und unterstützend mit seinen Armen heftig gestikuliert hat. Dadurch wurde die Amtshandlung der einschreitenden Polizeibeamten behindert und unnötigerweise in die Länge gezogen.

 

Das Sicherheitspolizeigesetz enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht.

 

Die Behörde erster Instanz hatte daher nicht den Beweis des Verschuldens des Bw zu führen. Vielmehr wäre es an ihm gelegen gewesen, die gemäß § 5 Abs. 2 VStG bestehende Rechtsvermutung seines Verschuldens zu entkräften.

 

Dem Bw ist es jedoch weder vor der Behörde erster Instanz noch vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Bw hat jedenfalls fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt. Seine Strafbarkeit ist somit gegeben.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Straf­bemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat.

 

Im Gegensatz zur Beurteilung der belangten Behörde waren im Berufungsverfahren nunmehr eine gewisse Einsichtigkeit des Bw und sein geringeres monatliches Einkommen (die belangte Behörde ist irrtümlich von einem höheren Einkommen ausgegangen) zu werten. Aus diesem Grund waren die Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen. Straferschwerende Umstände lagen nicht vor. 

 

Sowohl aus Gründen der Generalprävention als auch der Spezialprävention bedürfte es einer Bestrafung, um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zuhalten.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hält die verhängte Geldstrafe jedenfalls für ausreichend, um den Bw in Hinkunft von einer gleichgelagerten Verwaltungsübertretung abzuhalten.

 

Der zu beurteilende Sachverhalt bot keine Anhaltspunkte für geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen. Da das Tatverhalten des Bw keinesfalls hinter dem typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

 

5. Bei diesem Ergebnis war der Beitrag zu den  Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz auf 5 Euro zu reduzieren. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat war nicht vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum