Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522379/2/Ki/Ps

Linz, 25.09.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Frau U S,
Z, S, vertreten durch K KEG, Dr. C S, Mag. A P und
Mag. D P, L, S, vom 21. September 2009 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 27. August 2009, Zl. VerkR21-17-2009, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

 

In Stattgebung der Berufung wird der angefochtene Bescheid hinsichtlich Entziehung der Lenkberechtigung, Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und Invalidenkraft­fahrzeuges sowie der Aberkennung des Rechts von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 7, 24 und 25 FSG iVm §§ 66 Abs.4 und 67a AVG; § 64 Abs.2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid vom 27. August 2009, Zl. VerkR21-17-2009, hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung der Rechtsmittelwerberin

 

1.     die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen,

 

2.     das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges und Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, ausdrücklich verboten,

 

3.     das Recht aberkannt, während der Dauer der Entziehung von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und

 

4.     die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen.

 

1.2. Die Rechtsmittelwerberin hat gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom
21. September 2009 Berufung erhoben und die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

Als Begründung wird zusammenfassend ausgeführt, dass sich ergibt, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht als verkehrsunzuverlässig anzusehen gewesen sei.

 

Sie verweist auf das Gerichtsurteil, bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren sei eine zur Gänze bedingte Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten, also 1/30, ausgesprochen und die Strafe derart gewählt worden, dass sie der sogenannten beschränkten Auskunft nach dem Tilgungsgesetz unterliege und sie daher auch einem Dienstgeber gegenüber als unbescholten gelte. Es sei weiters zu berücksichtigen, dass sich die gegenständliche Straftat ausschließlich auf Cannabiskraut bezogen habe, das – insbesondere was die Eignung, Gewöhnung hervorzurufen – zu den weniger gefährlichen Suchtmitteln gehöre, was letztlich auch Einfluss auf die Verwerflichkeit der Straftat habe. Auch sei der Umstand, dass ihr Lebensgefährte die Hanfpflanzen zum Eigenkonsum gedeihen ließ, zu bewerten, weil die Gefahr für die Gesundheit anderer Personen in einem solchen Fall wesentlich geringer zu veranschlagen wäre als im Falle der Erzeugung einer großen Suchtgiftmenge mit der Absicht, sie in Verkehr zu setzen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 22. September 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Die Durchführung der – allenfalls beantragten – mündlichen Berufungsverhandlung kann entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 24. Juni 2009 wurde Frau S für schuldig befunden, sie habe in Z vorschriftswidrig Suchtgift in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einer namentlich benannten Person von ca. Anfang Mai 2008 bis 12. September 2008 im Garten ihres Wohnhauses in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt, indem sie zahlreiche Marihuanastauden (THC) pflanzte und bis zur Erntereife aufzog, wobei am 12. September 2007 (gemeint wohl 2008) noch
12 Marihuanastauden mit einer Nettoaufgriffsmasse von 2.200,70 Gramm Cannabiskraut (mit einer Reinsubstanz von 31 Gramm THC) von Beamten der Polizeiinspektion Oberneukirchen sichergestellt werden konnten. Als strafbare Handlung wurde das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 erster Fall SMG zitiert, Frau S wurde hiefür zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, gemäß § 43 Abs.1 StGB wurde die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Als mildernd wurde das Geständnis und die Unbescholtenheit gewertet, erschwerend keine Umstände. Das Urteil wurde nach einem Rechtsmittelverzicht rechtskräftig und es hat in der Folge die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 24 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG insbesondere auch zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß § 28 Abs.2 bis 5 oder § 31 Abs.2 SMG, BGBl. I Nr. 112/1997, begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG ist für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit zu berücksichtigen ist.

 

Gemäß § 28a Abs.1 SMG ist, wer unter anderem vorschriftsmäßig Suchtgift in einer die Grenzenmenge (§ 28b) übersteigenden Menge erzeugt, zu bestrafen.

 

Wenn auch die Bestimmung des § 7 Abs.3 Z11 FSG noch auf die Bestimmung des SMG in der Geltung vor dem 1. Jänner 2008 abstellt, so gilt selbstverständlich auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des nunmehrigen
§ 28a SMG als eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG, dies wird ausdrücklich auch von der Berufungswerberin nicht bestritten.

 

Es ist somit vom Vorliegen einer bestimmten Tatsche im Sinne des § 7 Abs.3 Z11 FSG auszugehen, ein Umstand, welcher grundsätzlich die Verkehrs­unzuverlässigkeit der betroffenen Person indiziert.

 

Im vorliegenden Falle ist jedoch zu berücksichtigen, dass das strafbare Verhalten der Rechtsmittelwerberin, wie aus dem Verfahrensakt bzw. dem Gerichtsurteil zu entnehmen ist, bereits mit 12. September 2008 abgeschlossen war.

 

Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Entziehung der Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit zufolge § 25 Abs.3 FSG nur dann rechtmäßig, wenn die Behörde aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides mit Recht annehmen durfte, es liege Verkehrsunzuverlässigkeit vor und es werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von drei Monaten eintreten (vgl. VwGH Zl. 2001/11/0149 vom 23. April 2002 u.a.).

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, das war laut vorliegendem Verfahrensakt der 7. September 2009, erachtet, dass die Verkehrszuverlässigkeit noch für eine Dauer von sechs Monaten gegeben wäre. Insgesamt beliefe sich demnach die prognostizierte Verkehrsunzuverlässigkeit auf ca. 18 Monate, gerechnet ab Abschluss des strafbaren Verhaltens.

 

In Anbetracht der konkreten Umstände, nämlich der bisherigen Unbescholtenheit und der Geständigkeit der Berufungswerberin sowie der Bewertung durch das Landesgericht Linz im Rahmen der Strafbemessung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich jedoch, dass es keiner 18 Monate bedarf, dass die Verkehrszuverlässigkeit der Berufungswerberin wiederhergestellt ist. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich Frau S seit der Beendigung des strafbaren Verhaltens nichts mehr zu Schulden kommen ließ und sie sich offensichtlich auch im Straßenverkehr ordnungsgemäß verhalten hat.

 

Zusammenfassend kann daher im Rahmen der Wertung festgestellt werden, dass nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich die Verkehrsunzuverlässigkeit von Frau S zum Zeitpunkt der Erlassung des erstbehördlichen Entzugsbescheides nicht mehr gegeben und damit die Erlassung des Entzugsbescheides nicht mehr gerechtfertigt war. Die Entziehung der Lenkberechtigung war daher im Rahmen des Berufungs­verfahrens zu beheben.

 

Durch diese Entscheidung entfällt auch das Verbot des Lenkens von in § 32 FSG bezeichneten Kraftfahrzeugen sowie die Aberkennung des Rechts, während der Dauer der Entziehung von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen (§ 30 FSG).

 

3.2. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung (einer Berufung) ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit aufgrund des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (VwGH Zl. 89/11/0252 vom 20. Februar 1990 u.a.).

 

Entsprechend der Annahme der Erstbehörde, die Berufungswerberin sei verkehrsunzuverlässig, war im Sinne der zitierten Rechtsprechung die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Falle zulässig.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

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