Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164113/14/Sch/Ps

Linz, 22.09.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau V H, geb. am, A, A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. März 2009, Zl. VerkR96-233-2009, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. September 2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. März 2009, Zl. VerkR96-233-2009, wurde über Frau V H wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden, verhängt, weil sie am 16. Jänner 2009 um 14.50 Uhr im Ortsgebiet Andorf auf der L514 bei Strkm. 16,680 bzw. auf dem Parkplatz vor der Apotheke Andorf, Hauptstraße 20, als Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

Überdies wurde die Berufungswerberin gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten und mit einem Lokalaugenschein verbundenen Berufungsverhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt eingehend erörtert.

 

Außer Streit steht demnach, dass die Berufungswerberin den von ihr gelenkten Pkw nach dem Besuch der Apotheke A wendete, wofür auch ein Rückfahrmanöver notwendig war. Während die Berufungswerberin allerdings vermeint, nicht an einem abgestellten Fahrzeug angestoßen zu sein, wurde vom Zeugen S K glaubwürdig Gegenteiliges behauptet. Er sei in seinem abgestellten Fahrzeug gesessen und habe auf seine Gattin gewartet, die ebenfalls die Apotheke aufgesucht hätte. Bei dem erwähnten Rückfahrmanöver seitens der Berufungswerberin sei diese an sein Fahrzeug angestoßen, hiebei habe er nicht nur ein Geräusch, sondern auch eine Anstoßreaktion wahrgenommen. Die Fahrzeuglenkerin sei hienach aber sofort weggefahren, sodass er mit ihr nicht habe Kontakt aufnehmen können. Deshalb sei in der Folge die Polizei verständigt worden.

 

Laut von der Polizei angefertigter Lichtbildbeilage fanden sich sowohl am Fahrzeug der Berufungswerberin als auch an jenem des Zeugen Schäden, die von dem Vorfall herstammen könnten. Bei genauer Betrachtung wird allerdings schon sehr fraglich, ob diese Schäden tatsächlich korrespondieren. Am Fahrzeug des Zeugen, das bei der Berufungsverhandlung genau in Augenschein genommen wurde, findet sich zwar ein Kratzer im Bereich des rechten hinteren Kotflügels, bei Vermessung der Höhe dieses Kratzers von der Fahrbahn aus betrachtet ergibt sich allerdings nicht die gleiche Höhe, wie sich eine Abriebspur auf dem Fahrzeug der Berufungswerberin laut Lichtbildern findet. Am entscheidensten ist allerdings die Tatsache, dass der Schaden am Fahrzeug des Zeugen nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf den Anstoß seitens der Berufungswerberin – nach der Sachlage dürfte ein solcher wohl erfolgt sein – zurückgeführt werden kann. Es muss nämlich als höchst ungewöhnlich bzw. schon als nahezu unmöglich angesehen werden, wenn bei einem Anstoß mit der Stoßstangenkante eines Fahrzeuges am Kotflügel eines anderen Fahrzeuges ein senkrechter schmaler Kratzer zurückbleiben soll. Erwartet werden müsste zumindest im Regelfall eine breitere Abriebspur, wenn nicht sogar eine Delle. Von alldem findet sich am Fahrzeug des Zeugen allerdings nichts, sodass sich die Annahme aufdrängt, dass dieser – ohnedies nur bei äußerst genauer Betrachtung sichtbare – Kratzer sich schon vorher am Fahrzeug befand. Der Zeuge konnte und wollte bei der Berufungsverhandlung diese Variante auch gar nicht ausschließen, nach seinen Angaben sei die Schadenszuordnung von den erhebenden Polizeibeamten in dieser Weise erfolgt, da andere Spuren am Fahrzeug des Zeugen nicht zu finden waren. Die Anstoßstelle im konkreten Fall dürfte also anderswo am Fahrzeug des Zeugen gewesen sein, möglicherweise im Stoßstangenbereich, allerdings offensichtlich ohne ermittelbare Spuren.

 

Als Verkehrsunfall ist dieses plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (VwGH vom 15.11.2000, Zl. 2000/03/0264 u.a.).

 

Wenn also ein Fahrzeuglenker an einem anderen Fahrzeug anstößt, ohne dort einen Sachschaden zu verursachen, wie dies gegenständlich mit großer Wahrscheinlichkeit gewesen sein wird, so liegt kein Verkehrsunfall im rechtlichen Sinne vor. In diesem Fall können auch nicht die Pflichten des § 4 StVO 1960 für die Unfallbeteiligten wirksam werden.

 

Der Berufung war daher Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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