Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100330/35/Fra/Ka

Linz, 22.02.1993

VwSen - 100330/35/Fra/Ka Linz, am 22.Februar 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des S D,L, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. O H und Dr. J B,K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 3. Dezember 1991, VerkR96/1578/1991, nach der am 16. September 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 und Z3 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Strafkostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit Straferkenntnis vom 3. Dezember 1991, VerkR96/1578/1991/Bi/St, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach 1. § 7 Abs.1 StVO 1960 und 2. § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, zu 1.) eine Geldstrafe in Höhe von 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und zu 2.) eine Geldstrafe in Höhe von 9.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage) verhängt, weil er am 2. März 1991 um 2.30 Uhr sein Motorfahrrad, vom Hauptschulparkplatz in K auf der A.-S.straße und auf der M.straße bis ca. 20 Meter vor dem Eingang zur Hauptschule II im Ortsgebiet von K gelenkt hat, wobei er 1. nicht so weit rechts fuhr, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, 2. sich um 2.30 Uhr an Ort und Stelle trotz Aufforderung durch ein von der Behörde hiezu ermächtigten Gendarmerieorganes weigerte, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet werden konnte, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, weil seine Atemluft nach Alkohol roch, die Augenbindehäute gerötet waren und er einen schwankenden Gang zeigte. Weiters wurde der Beschuldigte zu einem Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

I.2. Gegen das oa Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die belangte Behörde nicht Gebrauch gemacht. Sie hat das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und dadurch dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hat, weil jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden (§ 51c VStG). Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt, durch ergänzende Ermittlungen sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. September 1992.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1 (§ 7 Abs.1 StVO 1960):

Die Tatumschreibung nach § 7 Abs.1 StVO 1960 erfordert im Sinne des § 44a VStG einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist, und andererseits wie weit ihm dies zumutbar und möglich war (vgl. VwGH vom 14.12.1988, Zl. 88/02/0164). Weder im angefochtenen Straferkenntnis noch in einer Verfolgungshandlung sind die oben genannten Kriterien enthalten. Aufgrund des Eintrittes der Verfolgungsverjährung ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, den Schuldspruch im Sinne der Erfordernisse des § 44a Z.1 VStG zu ergänzen, weshalb diesbezüglich spruchgemäß zu entscheiden war.

Zum Faktum 2 (§ 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960):

Der Berufungswerber führt in seinem Rechtsmittel aus, daß der Meldungsleger die Berechtigung zum Vorgehen nach § 5 Abs.2 StVO 1960 davon abgeleitet habe, daß seine Atemluft angeblich nach Alkohol roch und er gerötete Augenbindehäute hatte. Zu diesem Vorhalt verantwortete er sich dahingehend, daß er einen halben Liter Bier getrunken habe und daß die geröteten Bindehäute auf eine Übernächtigung zurückzuführen waren. Unter Hinweis auf die bei ihm bestehende chronische Bronchitis habe er um Vorführung ins LKH Kirchdorf zur Bestimmung des Blutalkoholgehaltes gebeten. Offensichtlich infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilungen seien jedoch die Gendarmeriebeamten auf dieses Verlangen nicht eingegangen. Darüber hinaus habe er sich zur freiwilligen Bestimmung des Blutalkoholgehaltes angeboten. Er sei der Meinung gewesen, daß die freiwillige Blutabnahme nur dann Rechtswirkung erzielen könnte, wenn dies in Anwesenheit der Gendarmeriebeamten geschehe. Deshalb sei er auch nicht ins Krankenhaus gefahren.

Aufgrund der am 16. September 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung ist folgendes festzuhalten:

Unbestritten ist, daß der Beschuldigte die von ihm verlangte Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert hat. Er rechtfertigte seine Verweigerung sinngemäß dahingehend, daß er nur eine Halbe Bier getrunken habe ohne zu wissen, wie sich eine Halbe Bier bei ihm auswirke. Der Meldungsleger sagte aus, beim Beschuldigten keine Anzeichen hinsichtlich einer gesundheitlichen Beeinträchtigung festgestellt zu haben.

Aufgrund des Hinweises des Berufungswerbers auf seine bei ihm bestehende chronische Raucherbronchitis hat der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens durch eine medizinische Sachverständige überprüfen lassen, ob diese Krankheit dem Beschuldigten daran hätte hindern können, die von ihm verlangte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt ordnungsgemäß durchzuführen. Die medizinische Amtssachverständige, Frau Dr. H, hat in ihrem Gutachten vom 13. April 1992 ausgeführt, daß aufgrund des Ergebnisses der klinischen Untersuchung am 10. April 1992 einschließlich der objektiv belegten Meßergebnisse der Lungenfunktion am Spirometer unter Berücksichtigung der ärztlichen Bestätigung des Hausarztes Dr. E vom 21. Dezember 1991 der Beschuldigte die zur Bestimmung der Atemluftalkoholkonzentration notwendigen Voraussetzungen der Atemprobe erfüllt hat und die genannte chronische Bronchitis kein Hindernis für die ordnungsgemäße Durchführung der Alkomatuntersuchung darstellte. Aufgrund dieses schlüssigen Gutachtens kann davon ausgegangen werden, daß der Beschuldigte aus medizinischer Sicht die Durchführung der Alkomatuntersuchung ordnungsgemäß durchführen hätte können.

Ob nun der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt tatsächlich subjektiv der Meinung war, aufgrund der bei ihm bestehenden chronischen Bronchitis die Atemluftprobe nicht durchführen zu können und er dem Meldungsleger auf diesen gesundheitlichen Mangel hingewiesen und um Vorführung ins LKH Kirchdorf zur Bestimmung des Blutalkoholgehaltes gebeten hat, ist festzustellen, daß der Meldungsleger bei seiner Vernehmung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat diese Behauptungen in Abrede gestellt hat. Ebenso stellt der Meldungsleger die vom Beschuldigten im Verfahren bestrittenen Alkoholsymptome in Abrede. Wenngleich der Meldungsleger einen durchaus glaubwürdigen Eindruck erweckte, seine Angaben somit hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes nicht in Zweifel gezogen werden, ist in der hier eher außerhalb der Norm liegenden Fallkonstellation folgendes zu berücksichtigen:

Der Beschuldigte hat zur Untermauerung für seine Verantwortung den Zeugen F K, wohnhaft in M, nominiert. Eine Würdigung von Beweisen hinsichtlich seiner subjektiven Glaubwürdigkeit ist nur nach Aufnahme der Beweise zulässig (vgl. VwGH vom 11.2.1987, 86/03/0189 uva); mit anderen Worten: Eine antizipative Beweiswürdigung ist nicht zulässig. Die Würdigung der hier relevanten Beweise könnte somit erst nach der Einvernahme des Zeugen K vorgenommen werden. Dieser Zeuge wurde zu der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung auch geladen. Die Ladung wurde jedoch nicht behoben. Es konnte daraufhin in Erfahrung gebracht werden, daß sich der Zeuge auf einer Reise durch Indien befindet und erst Ende März 1993 wieder zurückkehrt. Es handelt sich somit bei diesem Zeugen um kein Phantom und es kann auch nicht von einer Verzögerungstaktik des Beschuldigten ausgegangen werden, da der Zeuge bereits im erhobenen Rechtsmittel nominiert wurde. Das Rechtsmittel wurde im Dezember 1991 erhoben, der Zeuge ist nach glaubhafter Darstellung seiner Mutter im Juni 1992 nach Indien gereist. Der Beschuldigte konnte zum Zeitpunkt seiner Berufungserhebung nicht wissen, wann der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung ausschreibt. Die Ausschreibung der Verhandlung konnte nach entsprechenden ergänzenden Erhebungen frühestens im September 1992 erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Zeuge schon einige Monate in Indien. Die Rückkehr dieses Zeugen ist erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gemäß § 51 Abs.7 VStG zu erwarten. Zu diesem Zeitpunkt würde der Bescheid bereits als aufgehoben gelten. Es wäre daher nicht sinnvoll, die Rückkehr dieses Zeugen abzuwarten.

Die spruchgemäße Entscheidung erfolgte daher nur aufgrund des Umstandes, daß keine entsprechende Beweiswürdigung wie dies im aufgezeigten Sinn erforderlich wäre vorgenommen werden konnte. Ein schlüssiger Beweis während der dem unabhängigen Verwaltungssenat zustehenden Entscheidungsfrist konnte nicht geführt werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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