Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600086/10/Ki/Ps

Linz, 08.10.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Johann Fragner, Beisitzer: Mag. Gottfried Zöbl, Berichter: Mag. Alfred Kisch) über den Devolutionsantrag des Herrn
H S, L, Z, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. R S, L, L, M, vom 10. August 2009 hinsichtlich Vorstellung gegen den Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28. April 2009, Zlen. VerkR21-434-2009 Ga, VerkR21-435-2009 Ga, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Anordnungen sowie über diese Vorstellung, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 29. September 2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Dem Devolutionsantrag wird Folge gegeben.

 

 

II.        Der Vorstellung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung sowie das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades und eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges  beginnend ab Zustellung des Mandatsbescheides (30. April 2009) bis einschließlich 14. Oktober 2009 festgesetzt wird. Im Übrigen  wird der angefochtene Mandatsbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass Herr S eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker im Sinne des § 2 FSG-NV zu absolvieren hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  §§ 67a und 73 AVG iVm § 29 Abs.1 FSG;

zu II.: §§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 7, 24, 25, 29 Abs.3, 30 und 32 FSG.

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 28. April 2009, Zlen. VerkR21-434-2009 Ga, VerkR21-435-2009 Ga, hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land

 

·       dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen "A, B" wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen.

 

·       festgestellt, dass dem Berufungswerber auf die Dauer von sechs Monaten – gerechnet ab Zustellung des Bescheides – keine Lenkberechtigung erteilt werden darf (Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 28. Dezember 1976, Zl. VerkR-0501/1000/1976).

 

·       dem Berufungswerber das Recht, von einer allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen für den Zeitraum, in dem ihm auch keine österreichische Lenkberechtigung erteilt werden darf, aberkannt.

 

·       dem Berufungswerber das Lenken eines Motorfahrrades und eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges ab Zustellung des Bescheides auf die Dauer von sechs Monaten wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit verboten.

 

·       angeordnet, der Berufungswerber habe sich auf seine Kosten einer Nachschulung bei einer vom Landeshauptmann ermächtigten Stelle zu unterziehen.

 

·       angeordnet, der Berufungswerber habe den Führerschein gemäß § 29 Abs.3 FSG unverzüglich bei der Polizeiinspektion L abzuliefern.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land begründet den Mandatsbescheid im Wesentlichen damit, Herr S habe am 14. April 2009 um 20.10 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen  im Ortsgebiet von L auf der Salzburger Straße nächst dem Objekt Nr. .. gelenkt, wobei er einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursachte. Er habe es als Beteiligter an einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da er die Unfallstelle verließ und er es unterlassen habe, die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieb. Bei dieser Fahrt habe er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,73 mg/l befunden.

 

1.2. Gegen den Mandatsbescheid erhob der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 6. Mai 2009 eine Vorstellung mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und dem Vorstellungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B wieder auszufolgen. Im Wesentlichen bestreitet der Rechtsmittelwerber, das Kraftfahrzeug tatsächlich gelenkt zu haben.

 

Mit Schriftsatz vom 10. August 2009 stellte Herr S nunmehr den gegenständlichen Antrag auf Entscheidung über die eingebrachte Vorstellung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich. Der Antrag wurde bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingebracht.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat den Antrag samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 12. August 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Über den Devolutionsantrag und in der Folge über die Vorstellung hatte der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch die laut Geschäftsverteilung zuständige
3. Kammer zu entscheiden.

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 29. September 2009. An dieser Verhandlung nahm der Einschreiter im Beisein seines Rechtsvertreters teil, als Zeugen wurden Frau B W sowie GI E P einvernommen. Die zuständige Referentin der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat sich wegen dienstlicher Verhinderung entschuldigt.

 

2.4. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungs­verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion L vom 18. April 2009 (Meldungsleger GI E P) wurde Herr S verdächtigt, am 14. April 2009 um
20.10 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen  (H S F) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,73 mg/l ergeben. Weiters, dass er mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt habe, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen und er sich nicht ausgewiesen habe. Als Tatort wurde jeweils die Gemeinde L, Salzburger Straße nächst Nr. 51 (Parkplatz Shell-Tankstelle) festgestellt.

 

Herr S habe im Rahmen der Ermittlungen angegeben, dass er am 14. April 2009 von 18.00 Uhr bis 20.10 Uhr und länger vier Halbe Bier getrunken, wobei er zwischen 21.00 Uhr und 21.15 Uhr den letzten Schluck vom Bier ausgetrunken habe. Ein Alkotest habe einen relevanten Atemluftalkoholgehalt von 0,73 mg/l (Messungen am 14. April 2009 um 21.51 Uhr und 21.53 Uhr) ergeben.

 

In der Anzeige ist weiters ausgeführt, die Anruferin B W, Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen , habe beim Eintreffen um 20.47 Uhr mitgeteilt, dass der Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen , H S F, schwarz, beim Rückwärtsfahren an die vordere Stoßstange ihres Fahrzeuges angefahren sei. Nach dem Anstoß sei der Lenker ausgestiegen und habe zugegeben, dass er leicht angefahren sei. Der Lenker habe W anfangs Geld für die Schadensbehebung angeboten. Später habe er neben anderen betrunkenen Männern angegeben, dass er nicht gefahren sei und keine Beschädigung an beiden Fahrzeugen vorliege. Trotz mehrmaliger höflicher Aufforderung, seinen Führerschein vorzuweisen bzw. seine Identität nachzuweisen, habe S auf einen Zettel unvollständige bzw. sogar falsche Daten (falscher Name und falsche Telefonnummer) aufgeschrieben. S habe dann gegenüber dem Meldungsleger angegeben, dass er sich bei der Telefon­nummer verschrieben hätte und er unter seinem Spitznamen "S" bekannt sei. Am 18. April 2009 habe W mitgeteilt, dass an ihrem Fahrzeug an der Stoßstange von einer Kfz-Werkstätte eine leichte Beschädigung festgestellt worden sei.

 

Herr S habe sich sinngemäß gerechtfertigt, er habe sich nur etwas aus dem Auto holen wollen und seinen Pkw nicht gelenkt. Da der Pkw der Anzeigerin ca. 1 m von seinem Fahrzeug entfernt gestanden sei, wäre eine Berührung der Fahrzeuge nicht möglich gewesen. Er habe sich im Tankstellencafé versteckt, weil er Angst vor der Polizei gehabt und alkoholische Getränke konsumiert habe.

 

Beigelegt wurden der Anzeige eine Kopie der handschriftlichen Aufzeichnungen, welche teilweise von Herrn S und teilweise offensichtlich von Frau W stammen, sowie Lichtbildkopien der beteiligten Kraftfahrzeuge.

 

In der Sachverhaltsdarstellung zur Verkehrsunfallanzeige vom 18. April 2009 führte der Meldungsleger dann nochmals aus, dass beim Eintreffen am 14. April 2009 um 20.47 Uhr B W gegen den Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen  eine Anzeige erstattet habe, weil dieser vor der S-T in L an ihren Pkw auffuhr und seine Daten nicht bekanntgeben wollte. Zudem habe er auf die Anzeigerin einen merklich alkoholisierten Eindruck gemacht. Bei der Unfallaufnahme sei der Lenker weder vor Ort gewesen noch habe er im Tankstellencafé angetroffen werden können. Erst bei einer neuerlichen Nachschau habe der verdächtige Unfalllenker, H S, im Lokal um 21.20 Uhr gesichtet werden können. S sei durch das Lokal geflüchtet und wollte sich im Stiegenhaus verstecken. In der Folge sei er zum Sachverhalt befragt worden. S habe bestritten, dass er ein Fahrzeug gelenkt habe und angegeben, dass es keine Berührung zwischen den betreffenden Fahrzeugen gegeben habe. Ein am 14. April 2009 um 21.51 Uhr durchgeführter Alkotest habe zweimal 0,73 mg/l ergeben.

 

Dem Verfahrensakt liegt auch ein Gutachten der K S GmbH betreffend den Pkw von Frau W bei, in welchem als Frontschäden mittig das Fehlen der oberen mittleren Befestigungsklammer der vorderen Stoßstange und ein eingedrücktes vorderes Kennzeichen bezeichnet wurden. Die voraussichtlichen Instandsetzungskosten wurden mit 39,04 Euro beziffert.

 

Aufgrund der Anzeige erließ die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land den verfahrensgegenständlichen Mandatsbescheid vom 28. April 2009,
Zlen. VerkR21-434-2009 Ga, VerkR21-435-2009 Ga. Dieser Mandatsbescheid wurde Herrn S am 30. April 2009 eigenhändig zugestellt, gleichzeitig wurde ihm von einem Beamten der Polizeiinspektion L sein Führerschein abgenommen.

 

In der Vorstellung vom 6. Mai 2009 gegen den Mandatsbescheid bestreitet Herr S, das Fahrzeug gelenkt zu haben bzw. auch, dass an beiden Fahrzeugen Schäden eingetreten wären. Hätte es, wie die Zeugin W aussagte, "laut gekracht", wären zwingend erhebliche Schäden sowohl am Fahrzeug der Zeugin als auch am Fahrzeug des Vorstellungswerbers eingetreten, insbesondere wäre es hiebei zwingend zum Bruch bzw. zur Verformung der hinteren Stoßstange des Vorstellungswerbers bzw. der vorderen Stoßstange der Zeugin W (gemeint wohl des Fahrzeuges des Vorstellungswerbers bzw. der Zeugin W) gekommen.

 

Nach dem Gutachten der Firma K S GmbH sei lediglich das Fehlen der oberen mittleren Befestigungsklammer der vorderen Stoßstange festgestellt worden bzw. sei festgestellt worden, dass das vordere Kennzeichen eingedrückt sei. Die Zeugin W habe gegenüber der Behörde angegeben, dass die Beschädigung an der Kennzeichentafel schon vorher eingetreten sein könnte, es sei daher davon auszugehen, dass die Beschädigung im Bereich der Kennzeichentafel nicht vom Vorstellungswerber verursacht worden sei. An Ort und Stelle sei auch keine Befestigungsklammer betreffend die vordere Stoßstange vorgefunden worden, diese Klammer hätte aber an Ort und Stelle aufgefunden werden müssen. Darüber hinaus müsste für den Fall, dass eine Kollision gegen die vordere Stoßstange Auslöser für den Verlust dieser Befestigungsklammer gewesen sein sollte, auch eine Eindrückung der Stoßstange vorliegen, welche jedoch tatsächlich nicht vorgelegen sei. Es sei daher auszuschließen, dass der Vorstellungswerber mit seinem Fahrzeug gegen das Fahrzeug der Zeugin W gestoßen sei.

 

Für diese technischen Belange wurde als Beweis die Einholung eines Kfz-Gutachtens angeregt.

 

Der Vorstellungswerber habe sein Fahrzeug auch gar nicht in Betrieb genommen bzw. aus diesem Grunde auch nicht gelenkt bzw. schon gar nicht rückwärts gelenkt. Er habe ausschließlich Sachen aus seinem Pkw geholt und habe in weiterer Folge wieder in das Lokal zurückkehren wollen. Er habe nach dem behaupteten Vorfall den Unfallort nicht verlassen, sondern sei im Lokal verblieben. Hätte er tatsächlich das Fahrzeug zurück gelenkt, wäre davon auszugehen gewesen, dass er nach der Auseinandersetzung mit W seine bereits ursprünglich gefasste Absicht, den Ort zu verlassen, nach dem Entfernen der Zeugin W verwirklicht hätte und er mit dem Fahrzeug weggefahren wäre. Tatsächlich sei der Vorstellungswerber jedoch bis zum Eintreffen der Polizei am Unfallort verblieben.

 

Es habe auch für den Fall, dass der Vorstellungswerber den Ort verlassen wollte, keinerlei Notwendigkeit bestanden, nach rückwärts zu fahren. Vor dem Fahrzeug des Vorstellungswerbers habe sich kein weiteres Fahrzeug befunden und hätte der Vorstellungswerber die Wegfahrt durch Vorwärtsfahren einleiten können. Die behauptete Rückwartsfahrt sei daher in keiner Weise erklärbar bzw. völlig unschlüssig. Als die Polizeibeamten in weiterer Folge eingetroffen sind, habe sich der Vorstellungswerber gerade am WC befunden. Jedenfalls sei der Vorstellungswerber nach wie vor am Unfallort bzw. auf der Liegenschaft, auf welcher der behauptete Unfall stattgefunden habe, aufhältig gewesen. Er habe in weiterer Folge auch an der Sachverhaltsfeststellung mitgewirkt.

 

Der Vorstellungswerber habe bereits während eines Winterurlaubes 2009 sein Fahrzeug im Bereich des A A rückwärts gelenkt, infolge der damaligen Schneelage habe er einen hinter ihm befindlichen Blumentrog übersehen und es sei dabei die hintere Stoßstange beschädigt worden. Die Beschädigung in der Mitte des Pkw des Vorstellungswerbers stamme daher aus der Zeit seines Winterurlaubes im Sporthotel A. Diesbezüglich wurden auch entsprechende Fotokopien vorgelegt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land teilte mit Schreiben vom 12. Mai 2009 dem Einschreiter mit, dass aufgrund der Vorstellung gemäß § 57 Abs.3 AVG das Ermittlungsverfahren eingeleitet werde.

 

Laut Mitteilung der Polizeiinspektion L vom 21. Mai 2009 sind keine Tatsachen bekannt, welche die Verkehrszuverlässigkeit des H S in Zweifel setzen würden. Der Genannte ist bis zum gegenständlichen Vorfall betreffend des allgemeinen Verhaltens im Straßenverkehr oder eines eventuellen Alkoholmissbrauches nicht negativ in Erscheinung getreten bzw. ist ein derartiges Verhalten nicht bekannt.

 

Mit Schreiben vom 26. Mai 2009 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land das Verkehrsamt der Bundespolizeidirektion Wien, Frau B W als Zeugin dahingehend zu befragen, ob Herr H S tatsächlich das Kraftfahrzeug gelenkt hat und ob durch den Vorfall am 14. April 2009 ein Schaden entstanden ist und wenn ja, in welchem Ausmaß.

 

Vom Verkehrsamt Wien wurde das Ersuchen an das zuständige Polizeikommissariat übermittelt und ist dieses dort am 8. Juni 2009 eingelangt. In der Folge erfolgte eine Ladung von Frau W für den Termin 11. August 2009, 10.30 Uhr, als Zeugin, diese ist datiert mit 22. Juni 2009.

 

Am 15. Juli 2009 erfolgte ein telefonischer Anruf von Frau W bei der Referentin des Polizeikommissariats, sie ersuchte um eine neue Ladung und um vorherige Absprache bezüglich eines Termins. Frau W entschuldigte sich für den Termin 11. August 2009, da sie sich auf Urlaub befinde und erst Ende August – Anfang September wieder ortsanwesend sei.

 

Am 4. August 2009 urgierte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land das Rechtshilfeersuchen beim Verkehrsamt der Bundespolizeidirektion Wien, die Urgenz wurde neuerlich an das zuständige Polizeikommissariat weitergeleitet und ist dort am 10. August 2009 eingelangt. In dieser Urgenz wurde erstmalig auf die Dringlichkeit hingewiesen.

 

Seitens des zuständigen Polizeikommissariats wurde eine neuerliche Ladung, datiert mit 12. August 2009, mit einem neuen Termin, 21. September 2009, 09.30 Uhr, versendet. Zwischenzeitlich hat Herr S, rechtsfreundlich vertreten, mit Schriftsatz vom 10. August 2009 den verfahrens­gegenständlichen Devolutionsantrag eingebracht. Der Antrag ist samt Verfahrensakt am
14. August 2009 beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt, welcher mit Ladung vom 17. August 2009 für
29. September 2009 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt hat. Eine Einvernahme der Zeugin W durch die ersuchte Behörde war daher zunächst gegenstandslos.

 

Bei ihrer Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung gab Frau W zunächst zu Protokoll, dass sie zum Zeitpunkt der Zustellung einer Zeugenladung durch die zuständige Polizeibehörde in Wien ortsanwesend war und auch kundgetan hat, dass sie in den nächsten zwei bis drei Wochen kommen könne, allerdings nicht am 11. August 2009.

 

Zur Sache gab sie zu Protokoll, dass sie ihr Fahrzeug seitlich vor dem Tankstellengebäude geparkt hatte und Getränke einkaufen wollte. In diesem Moment sei Herr S in sein Fahrzeug, welches ca. 2 bis 3 m vor ihrem abgestellt war, eingestiegen. Er sei, ohne zu schauen, zurückgefahren und mit ihrem Fahrzeug kollidiert. Sie bestätigte, dass es sich bei Herrn S um jene Person handelt, welche bei der Berufungsverhandlung mit seinem Rechtsvertreter anwesend war.

 

Weiters erklärte sie, sie sei beim Außerbetriebnehmen noch im Auto gesessen, es habe einen "Tuscher" gemacht und sie habe sich gedacht, was jetzt los sei. Es sei schon mehr finster als hell gewesen und sie habe zunächst den Führerschein von Herrn S sehen wollen. Dazu sei sie ausgestiegen, Herr S sei ebenfalls ausgestiegen und ein anderer Herr sei auch noch anwesend gewesen. S habe ihr gegenüber sinngemäß erwähnt, was passiert sei und sie habe ihm erwidert, dass er an ihr Fahrzeug angefahren sei. Es sei ihr klar gewesen, dass kein Riesenschaden eingetreten sei, sie habe aber doch die Daten von Herrn S haben wollen. Es sei für sie auch offensichtlich gewesen, dass Herr S alkoholisiert war und sie habe ihm geraten, nicht mehr zu fahren. Herr S habe erwähnt, er hätte sein Fahrzeug ohnehin nur auf dem hinteren Parkplatz abstellen wollen bzw. erwidert, es sei ohnehin nichts passiert. Es sei dann eine Weile herumdiskutiert worden und sie habe sich in der Folge auch mehr oder minder belästigt gefühlt. Es hätten sich dann mehrere Herren von der Tankstelle, welche offensichtlich auch alkoholisiert waren, eingemischt. Es habe ihr dann gereicht und sie habe sich von der Tankstelle zurückgezogen. Zuvor habe Herr S selbst angeboten, die Polizei zu holen, sie sei aber der Meinung gewesen, dass es für ihn schädlich wäre, wenn die Polizei käme, man könne dies ja auch so regeln.

 

Die Zeugin wies weiters auf einen ihr übergebenen Zettel hin, auf welchem Herr S Daten aufgeschrieben hat. Es finden sich auf diesem Zettel Aufzeichnungen sowohl des Antragstellers als auch der Zeugin, die darauf angeführte Telefonnummer entspricht nicht der Tatsache. Ebenso lässt sich nicht eindeutig erkennen, dass tatsächlich der Antragsteller den Namen "S" aufgeschrieben hat. Sie sei sich absolut sicher gewesen, dass Herr S das Fahrzeug gelenkt und letztlich ausgestiegen sei. Ob sich noch weitere Personen im Fahrzeug befunden haben, könne sie nicht sagen, sie habe sich auf die Person des Lenkers konzentriert. Im Zuge der Debatte sei ihr auch Geld angeboten worden. Die Beleuchtung sei tankstellenüblich gewesen.

 

Sie sei von Richtung Schwanenstadt kommend in die Tankstelle eingefahren. Das Fahrzeug, welches später zurückgefahren sei, sei zu diesem Zeitpunkt schon vor Ort gewesen. Im Moment, wo sie eingeparkt habe, sei zumindest Herr S zu seinem Fahrzeug gegangen und in dieses eingestiegen. Sie habe dann ihr Auto abgestellt und geparkt und dann sei ihr Herr S schon angefahren. Sie gehe davon aus, dass die Fahrertür geschlossen war. Als sie gerade aussteigen wollte, sei der Lenker im Zurückfahren gegen die vordere Stoßstange ihres Pkw gefahren, sie habe die Kollision nicht nur gehört, sondern auch gespürt, dies in Form eines "durchgebeutelt Werdens".

 

Auf Vorhalt, in einem im Akt aufliegenden Gutachten sei festgestellt worden, eine obere mittlere Befestigungsklammer der vorderen Stoßstange fehle, sie habe jedoch angegeben, es sei eine Schraube heraus gebrochen, erklärte die Zeugin, dass sie nur wiedergegeben habe, was ihr die Werkstatt telefonisch mitgeteilt hat. Sie bestätigte jedoch, dass die Beschädigung an der Kennzeichentafel schon gewesen sein könnte.

 

Der Meldungsleger gab bei seiner zeugenschaftlichen Befragung im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung an, dass er zur S-T nach L beordert worden sei, um einen Verkehrsunfall mit Sachschaden aufzunehmen. Beim Eintreffen seien mehrere Fahrzeuge im Tankstellenbereich abgestellt gewesen, die anzeigende Dame habe das unfallbeteiligte Fahrzeug gezeigt, dieses sei jedenfalls im Tankstellenbereich abgestellt gewesen. In der Folge habe er den Lenker gesucht und im Gastlokal nachgefragt. Er habe gemerkt, Herr S sei anwesend. Dass es sich beim Lenker um Herrn S handelte, habe er aufgrund einer Zulassungsanfrage eruieren können. Im Lokal hätten sich mehrere Personen aufgehalten, man habe ihm erklärt, dass der Lenker des Fahrzeuges vermutlich nach Hause gegangen sei. Diese Auskunft hätten Gäste erteilt, welche merklich alle alkoholisiert waren. Einer der Gäste, vermutlich Herr G, habe erklärt, er habe das Fahrzeug des Herrn S auf einen anderen Platz gestellt. Auf Befragen habe Herr G erklärt, er wisse nicht, wann Herr S nach Hause gegangen sei, plötzlich sei er weg gewesen. Auf Befragen, ob Herr S einmal in sein Fahrzeug eingestiegen sein könnte, habe Herr G jedoch keine Angaben gemacht. In der Folge sei versucht worden, Herrn S zu erreichen, er sei jedoch nicht Zuhause gewesen. Einige Zeit später sei nochmals im Lokal Nachschau gehalten worden. Als er in das Lokal hinein gegangen sei, habe er den Eindruck gehabt, dass jemand "zu laufen beginne". Er habe sich gedacht, es könne sich nur um Herrn S handeln und sei diesem nachgeeilt und habe ihn vor den Privatzimmern im oberen Bereich aufgefordert, stehen zu bleiben. Herr S sei dieser Aufforderung nachgekommen und es sei in der Folge die Amtshandlung durchgeführt worden.

 

Herr S erklärte bei seiner Befragung, er sei im Lokal gewesen und habe das Fahrzeug nicht in Betrieb genommen. Es sei von vornherein klar gewesen, dass er mit Herrn G nach Hause fahren wollte, er habe gesundheitliche Probleme (Durchfall) gehabt und in das Auto nur eine Kopie hinein legen wollen. Weiters habe er sich aus dem Handschuhfach seines Fahrzeuges eine Tablette heraus genommen und diese in der Folge eingenommen. Er habe noch nicht ausgetrunken und sicher nicht die Absicht gehabt, wegzufahren. Letztlich sei ausgemacht worden, dass ihn Herr G nach Hause bringen würde. Vorher habe er vier Bier getrunken, er habe jedoch noch nicht ausgetrunken gehabt. Er habe sich gedacht, die Dame mache irgendwie den Eindruck, sie wolle möglicherweise auf seine Kosten einen Schaden an ihrem Fahrzeug beheben lassen. Es sei ihm unerklärlich, wieso die Zeugin aussagen konnte, sie habe einen "Kracher" gehört. Er vermeine, die Stoßstange des Fahrzeuges von Frau W sei bereits beschädigt gewesen, es habe sich um ein älteres Modell gehandelt, er werde zu Unrecht beschuldigt. Wegen der eingenommenen Tablette habe er die Toilette besuchen müssen, Herr G sei nicht am Vorfallsort gewesen, er habe ihm erst später vom Vorfall erzählt. Herrn G sei offensichtlich nicht aufgefallen, dass er selbst auf der Toilette gewesen sei.

 

2.5. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die Zeugin W den Sachverhalt wahrheitsgemäß wiedergegeben hat. Ihre Aussage ist schlüssig und widerspricht nicht den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Zeugin, sie wurde vor ihrer Aussage entsprechend belehrt, im Falle einer falschen Aussage mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätte. Es finden sich auch keine Widersprüche zwischen den ursprünglichen Angaben und ihrer Aussage im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung. Auch entspricht es nicht der Lebenserfahrung, eine doch relativ geringfügige Schadenersatzsumme durch Vortäuschen eines Verkehrsunfalls erwirken zu wollen. Für den Wahrheitsgehalt der Angaben der Zeugin spricht auch, dass sie durchaus einräumt, der Schaden an der Kennzeichentafel könne auch schon vorher entstanden sein bzw. konnte sie auch den Widerspruch zwischen ihrer Angabe, es sei eine Schraube heraus gebrochen und der Feststellung des im Akt aufliegenden Gutachtens, es fehle eine mittlere Befestigungsklammer, dahingehend aufklären, dass sie ihre Angaben aufgrund einer telefonischen Mitteilung der Werkstätte gemacht hat. Ihre akustische Wahrnehmung im Zusammenhang mit der Kollision vermag möglicherweise übertrieben erscheinen, kann jedoch durchaus ihrem subjektiven Empfinden zum Vorfallszeitpunkt entsprechen, wobei darauf hingewiesen wird, dass die Zeugin den Anstoß auch als Bewegung wahrgenommen hat.

 

Auch das Folgegeschehen im Zusammenhang mit der Diskussion mit dem Antragsteller bzw. den weiteren Personen, wobei sich die Zeugin mehr oder minder auch belästigt fühlte, ist nachvollziehbar, insbesondere ist diesbezüglich zu berücksichtigen, dass auch der Meldungsleger festgestellt hat, dass sich die anderen im Tankstellengebäude befindlichen Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben könnten.

 

Die Aussagen des Meldungslegers sind ebenfalls bedenkenlos der Entscheidung zugrunde zu legen und es wurde die Tatsache, dass Herr S zunächst von ihm im Lokal nicht anzutreffen war bzw. dass Herr S sich beim neuerlichen Eintreffen des Meldungslegers zunächst vom Barraum entfernte, nicht bestritten. Herr S selbst versucht den Vorfall anders darzustellen bzw. er bestreitet, dass sich der Vorfall so, wie er von der Zeugin geschildert wurde, ereignet hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt jedoch die Auffassung, dass es sich dabei lediglich um eine Schutzbehauptung handelt, schließlich sind die Konsequenzen dieses Vorfalls für ihn nicht minder belastend. Es spricht auch nicht für die Glaubwürdigkeit des Antragstellers, dass dieser im Zuge der Debatte an die Zeugin jedenfalls eine "falsche" Telefonnummer bekanntgegeben bzw. er auch seinen Namen eher undeutlich wiedergegeben hat. Es mag zutreffen, dass er seine Telefonnummer nicht jedermann bekanntgeben möchte und dass er auch im Freundeskreis mit einer Art "Kosename" benannt wird, im konkreten Falle musste er jedoch mit entsprechenden Konsequenzen rechnen und es wäre zu erwarten gewesen, dass er der "Unfallgegnerin" seine richtigen Personaldaten bzw. die richtige Telefonnummer bekanntgibt, wozu er grundsätzlich auch verpflichtet gewesen wäre. Dass er auch eine Kopie in das Fahrzeug legen wollte bzw. er eine Tablette aus dem Fahrzeug geholt hat, ist nicht zu widerlegen, jedoch nicht verfahrens­wesentlich. Auch der Umstand, dass das Fahrzeug möglicherweise von einer anderen Person an einen anderen Ort verbracht wurde, besagt nicht, dass Herr S nicht selbst zuvor das Fahrzeug, wie von der Zeugin geschildert wurde, gelenkt hat. Es mag auch durchaus zutreffen, dass er nicht beabsichtigt hat, tatsächlich vom Tankstellenbereich wegzufahren und es ist auch durchaus glaubwürdig, dass er mit Herrn G vereinbart hatte, dass dieser ihn nach Hause bringen würde. Diese Umstände stehen jedoch der begründeten Annahme, Herr S könnte beabsichtigt haben sein Fahrzeug innerhalb des Tankstellenbereiches, welcher nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als öffentliche Verkehrsfläche anzusehen ist, an einen anderen Ort zu verbringen, aus welchem Grunde immer, nicht entgegen. Bestärkt wird diese Annahme durch die Aussage der Zeugin, Herr S habe zunächst erwähnt, er hätte sein Fahrzeug ohnehin auf dem hinteren Parkplatz abstellen wollen. Auch der Umstand, dass er möglicherweise ohne Behinderung nach vorne hätte wegfahren können, kann im vorliegenden Falle nicht als Gegenbeweis zur Aussage der Zeugin anerkannt werden. Es ist durchaus möglich, dass Herr S verursacht durch seine Alkoholbeeinträchtigung versehentlich den Rückwärtsgang eingelegt hatte.

 

Was den Beweisantrag um Einholung eines Sachverständigengutachtens anbelangt, so erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aus objektiver Sicht, dass die Einholung eines Gutachtens im vorliegenden konkreten Falle entbehrlich ist. Es mag schon zutreffen, dass die Gesamtmasse des Fahrzeuges des Berufungswerbers grundsätzlich im Falle einer Kollision mit einem Kleinwagen bedingt, dass größere Schäden entstehen könnten. Im gegenständlichen Falle handelte es sich jedoch offensichtlich nur um eine kurze Rückwärtsfahrstrecke mit nicht allzu großer Geschwindigkeit einerseits und andererseits besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Zeugin die akustische Wahrnehmung, wie bereits dargelegt wurde, etwas übertrieben wahrgenommen hat.

 

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass es Herrn S nicht gelungen ist, die Angaben der Zeugin W zu widerlegen und es geht der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon aus, dass der Antragsteller tatsächlich sein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (das Ausmaß der Alkoholbeeinträchtigung wird ohnedies nicht bestritten) gelenkt hat.

 

3. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 29 Abs.1 FSG sind in Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung die Behörden verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen.

 

Gemäß § 73 Abs.2 AVG geht, wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Die verfahrensgegenständliche Vorstellung ist bei der Bezirkshaupt­mannschaft Wels-Land am 8. Mai 2009 eingelangt, die in § 29 Abs.1 FSG festgelegte Entscheidungsfrist über diese Vorstellung endete sohin grundsätzlich mit Ablauf des 8. August 2009. Zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 29 Abs.1 FSG (Einlangen bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 11. August 2009 bzw. beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 14. August 2009) hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land noch nicht über die Vorstellung entschieden gehabt. Der folgende Devolutionsantrag ist daher dem Grunde nach zulässig und es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob diese Verzögerung auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Zur Frage des behördlichen Verschuldens an der Verfahrensverzögerung findet sich eine umfangreiche kasuistische verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, welche jedoch dahingehend verallgemeinert werden kann, dass, wenn es die Behörde unterlässt, die für eine zügige Verfahrensführung notwendigen Verfahrensschritte zu treffen, ein überwiegendes Verschulden vorliegt
(vgl. VwGH vom 21.
September 2007, Zl. 2006/05/0145 u.a.). Auch die generelle Überlastung einer Behörde bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, etwa durch enormen Arbeitsaufwand, vermag ein behördliches Verschulden im Sinne des § 73 Abs.2 AVG nicht ausschließen (VwGH vom 8. März 1967, Zl. 1029/66 u.a.).

 

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass übergeordnete bzw. untergeordnete Behörden sich hinsichtlich der Frage der Säumigkeit das hiefür bedeutsame Verhalten der jeweils anderen Behörde zurechnen lassen müssen (VwGH vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/07/0116 u.a.). Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt dazu die Auffassung, dass diese Judikatur nicht nur auf übergeordnete bzw. untergeordnete Behörden anzuwenden ist, sondern auch, wie im vorliegenden Falle, bei Säumigwerden der ersuchten Behörde im Zusammenhang mit einem Rechtshilfeersuchen.

 

Das vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nunmehr durchgeführte Verfahren hat ergeben, dass nach der Erhebung der Vorstellung seitens der Erstinstanz in keiner Weise zügig im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorgegangen wurde. Insbesondere der Umstand, dass nach Einlangen des Rechtshilfeersuchens beim zuständigen Wiener Polizeikommissariat am 8. Juni 2009 Frau W erst 14 Tage später am
22. Juni 2009 für einen Termin am 11. August 2009 geladen wurde, stellt eine gravierende Verfahrensverzögerung dar, welche ausschließlich im Verschulden der ersuchten Behörde, welches aber der Erstbehörde zuzurechnen ist, liegt. Dazu kommt, dass sich Frau W laut ihren Angaben telefonisch bei der zuständigen Polizeibehörde gemeldet hat und sie bereit gewesen wäre, zu einem früheren Zeitpunkt ihre Aussage zu machen. Trotzdem erfolgte erst nach einer Urgenz durch die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 12. August 2009 eine neuerliche Zeugenladung für 21. September 2009.

 

Dass es urlaubsbedingt möglicherweise zu Verzögerungen gekommen ist, vermag das Verschulden der Behörde nicht auszuschließen, da für derartige Fälle entsprechend organisatorische Maßnahmen, welche eine zügige Durchführung eines Verfahrens ermöglichen, zu treffen wären.

 

Zusammenfassend stellt daher der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass die Nichteinhaltung der in § 29 Abs.1 FSG festgelegten Entscheidungsfrist auf ein ausschließliches Verschulden der erstbehördlichen Instanz, wobei die Verzögerung durch die ersuchte Behörde der Erstinstanz zuzurechnen ist, zurückzuführen ist. Dem Devolutionsantrag war daher stattzugeben und es ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über die Vorstellung gegen den Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28. April 2009 zuständig.

 

3.2.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG in der zum verfahrensrelevanten Zeitpunkt geltenden Fassung ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit
(§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung nach § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 in der zum verfahrensrelevanten Zeitpunkt geltenden Fassung begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l
(1,2
) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 ) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

 

Das vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durchgeführte Verfahren hat ergeben, dass Herr S am 14. April 2009 um 20.10 Uhr einen Pkw auf einer öffentlichen Verkehrsfläche in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemluftalkoholgehalt von 0,73 mg/l, das sind
1,46
‰ Blutalkoholgehalt) gelenkt hat und er dabei überdies an einem offensichtlich von ihm verschuldeten Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt war, er jedoch die Unfallstelle verließ, ohne an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken bzw. die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist. Er hat somit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen und es stellt dieser Umstand unabhängig vom Verhalten nach dem dargestellten Verkehrsunfall eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG dar, welche sowohl die Entziehung der Lenkberechtigung als auch die Aberkennung des Rechts, von einer allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades und eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges zur Folge hat.

 

3.2.2. Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen sind.

 

Was die Wertung der bestimmten Tatsachen betrifft, so wird zunächst darauf hingewiesen, dass die Verkehrszuverlässigkeit ein charakterlicher Wertbegriff ist. Bei der Beurteilung werden jene Handlungen der Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend analysiert und gewertet, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ist grundsätzlich schon für sich alleine in hohem Maße verwerflich. Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Falle weiters die von ihm offensichtlich verschuldete Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden und auch der Umstand, dass Herr S nach diesem Verkehrsunfall sich nicht gesetzeskonform (siehe § 4 StVO 1960) verhalten hat. Zugute gehalten werden kann Herrn S lediglich, dass es sich offensichtlich um eine erstmalige derartige Übertretung handelt.

 

Was das Wertungskriterium der verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit anbelangt, so wird festgestellt, dass seit der Begehung der verfahrensgegenständlichen strafbaren Handlung zwar bereits ein Zeitraum von mehr als fünf Monaten vergangen ist, es ist jedoch zu berücksichtigen, dass Herr S seinen Führerschein am 30. April 2009 abgegeben hat und er naturgemäß seither ein normenkonformes Verhalten als Lenker eines Kraftfahrzeuges nicht unter Beweis stellen konnte. Darüber hinaus wird festgestellt, dass einem Wohlverhalten während eines bei der Behörde anhängigen Verwaltungsverfahrens grundsätzlich nur geringe Bedeutung beigemessen werden könnte.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land im konkreten Fall die Entzugs- bzw. Aberkennungs- und Verbotsdauer – auch unter Berücksichtigung der bisherigen Unbescholtenheit - mit sechs Monaten durchaus korrekt gewertet hat. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das strafbare Verhalten bereits am 14. April 2009 erfolgte und somit – im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – die Dauer der Verkehrsunzuverlässig­keit ab diesem Zeitpunkt zu berechnen ist. In diesem Sinne konnte der Berufung teilweise Folge gegeben werden, indem die Entzugs- bzw. Verbotsdauer entsprechend herabgesetzt wurde und es ist zu erwarten, dass Herr S ab diesem Zeitpunkt die Verkehrszuverlässigkeit grundsätzlich wiedererlangt haben wird.

 

3.2.3. Gemäß § 24 Abs.3 (zweiter Satz) FSG hat die Behörde unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen wegen einer Übertretung des § 99 Abs.1 oder 1a (3. Satz) StVO 1960.

 

In Anbetracht der festgestellten Alkoholisierung ist der vorliegende Sachverhalt unter die Strafbestimmung des § 99 Abs.1a StVO 1960 zu subsumieren, weshalb die Anordnung einer Nachschulung durch die Behörde zwingend geboten war. Der Berufungswerber hat eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker im Sinne des § 2 FSG-NV zu absolvieren. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichtbefolgung dieser Anordnung bzw. der unterlassenen Mitarbeit bei der Absolvierung der begleitenden Maßnahme die Entziehungsdauer kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung  nicht vor Befolgung der Anordnung endet.

 

3.2.4. Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern. Dies gilt auch für die Fälle des § 30, sofern sich der Lenker noch in Österreich aufhält.

 

Da im vorliegenden Falle die Vorstellung gegen den Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land keine aufschiebende Wirkung hat (§ 57 Abs.2 AVG), wurde dieser mit Zustellung an den Antragsteller vollstreckbar. Die Anordnung, den Führerschein abzuliefern, ist daher zu Recht erfolgt und es wurde der Rechtsmittelwerber auch durch diese Anordnung nicht in seinen Rechten verletzt.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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