Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110882/47/Wim/Rd/Ps

Linz, 29.09.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des X, vertreten durch X Rechtsanwälte GmbH, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 22.7.2008, VerkGe96-104-1-2008, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.1.2009 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straf­erkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 22.7.2008, VerkGe96-104-1-2008, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG iVm Art. 3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der X GmbH (Unternehmer) mit dem Sitz in X,  am 1.4.2008 gegen 14.50 Uhr, auf der Innkreisautobahn A8, Amtsplatz der Zollstelle Suben, Gemeindegebiet Suben, mit dem Sattelzugfahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen und dem Sattelanhänger mit dem deutschen Kennzeichen, deren Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg überstiegen hat, Zulassungsbesitzer des Zugfahrzeuges: X GmbH, X Lenker: X; welcher Staatsangehöriger eines Drittstaats (Staatsbürgerschaft: Türkei) ist, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern (21.983 kg Sammelgut) von der Türkei durch Österreich mit einem Zielort in Deutschland bzw. Belgien (grenzüberschreitender gewerblicher Güterkraftverkehr) durchgeführt hat, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wurde.  

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der erlassene Bescheid nicht den verfahrensrechtlichen Mindestanforderungen gerecht werde, zumal der Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt worden sei. Im Übrigen werde die Verpflichtung des Mitführens einer Fahrerbescheinigung in Abrede gestellt. Diesbezüglich wurde auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes in den Rechtssachen C-317/01 und C-369/01, auf das Assoziationsabkommen sowie auf  Art.41 Abs.1 des Zusatzprotokolls verwiesen. Aufgrund der Weigerung der deutschen Behörden auf Ausstellung von Fahrerbescheinigungen für Drittstaatsangehörige aus der Türkei könne der Berufungswerber in Österreich nicht strafsanktioniert werden. Der Lenker habe seinen ordentlichen Wohnsitz in der Türkei und sei auch dort beschäftigt und bestehe kein Dienstverhältnis zum Unternehmen des Berufungswerbers. Überdies wurde eingewendet, dass keine Feststellungen getroffen wurden, wo und wann die Fahrten aufgenommen  wurden und ob es sich um einen grenzüberschreitenden Güterverkehr gehandelt habe.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und wurde nach Vertagungsbitten letztendlich für den 13.1.2009 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden. Eingangs ist zu bemerken, dass beim Oö. Verwaltungssenat weitere Berufungsverfahren (VwSen-110881, 110883, 110887, 110888 und 110891) betreffend O O S anhängig sind. Die Sachverhalte wurden im Rahmen der am 13.1.2009 abgehaltenen öffentlichen mündlichen Verhandlung mit abgehandelt. Der Rechtsvertreter des Berufungswerbers hat an der Verhandlung teilgenommen. Der Berufungswerber ist zur Verhandlung nicht erschienen, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen X (alle Meldungsleger) sowie X (alle Lenker) geladen. Die Meldungsleger wurden auch zeugenschaftlich einvernommen, hingegen sind sämtliche geladenen Lenker nicht erschienen.

    

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechts nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, S. 937ff).

 

4.1. Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

 

Dem Berufungswerber wurde von der belangten Behörde im Spruch des nunmehr angefochtenen Straferkenntnisses vorgehalten, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der X GmbH nicht dafür Sorge getragen, dass der Lenker X am 1.4.2008 gegen 14.50 Uhr in Durchführung einer gewerbsmäßigen grenzüberschreitenden Güterbeförderung die erforderliche Fahrer­bescheinigung mitgeführt hat.

 

Wie jedoch der dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt angeschlossenen Anzeige des Zollamtes Linz Wels, Zollstelle Suben, entnommen werden kann, fand die Anhaltung nicht wie von der belangten Behörde zur Last gelegt am 1.4.2008, sondern am 10.4.2008 statt. Dies geht zum einen aus den Ausführungen in der Rubrik "Schilderung der näheren Tatumstände" sowie auch aus der Bescheinigung über eine vorläufige Sicherheit/Beschlagnahme hervor, welche ebenfalls mit 10.4.2008 datiert ist. Es findet sohin der Tatvorwurf hinsichtlich des vorgehaltenen Tattages im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses keine  Deckung mit den Ausführungen in der Anzeige. Die Anführung des zutreffenden Tattages stellt einen wesentlichen Teil der Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z1 VStG dar. Da hinsichtlich des tatsächlichen Tattages, 10.4.2008, keine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung getätigt wurde, war es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, eine dahingehende Spruchberichtigung vorzunehmen. Von einem Rechen- oder Schreibfehler, der einer Berichtigung durch den Oö. Verwaltungssenat iSd § 62 Abs.4 AVG zugänglich gewesen wäre, kann nicht ausgegangen werden, vielmehr liegt eine während der Frist des § 31 Abs.2 VStG in einem wesentlichen Sachverhaltsteil, nämlich dem Tatzeitpunkt,  unrichtig verfolgte Verwaltungsübertretung vor.

 

4.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Der Eintritt der Verfolgungsverjährung stellt einen der möglichen Verjährungsgründe dar.

 

5. Da die Berufung Erfolg hatte, entfällt gemäß § 66 VStG die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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