Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150709/6/Re/Hue

Linz, 08.10.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des X, vertreten durch Rechtsanwältin X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 20. Oktober 2008, Zl. BG-BauR-7073-2008e Ma, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend ergänzt, dass nach der Wortfolge "ohne dass die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut" und vor den Wörtern "entrichtet wurde" das Wort "ordnungsgemäß" eingefügt wird.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
30 Stunden verhängt, weil er am 2. April 2008 gegen 16.24 Uhr das Kfz über 3,5 Tonnen mit dem amtlichen Kennzeichen   im Gemeindegebiet von Wels auf der A25, Mautabschnitt Wels – ÖBB-Terminal Wels, bis zu km 14.58 gelenkt habe, ohne dass die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut entrichtet worden sei. Die Achsenzahl des Kfz (4) sei höher gewesen als die eingestellte Kategorie/Achsenzahl (2) am Fahrzeuggerät.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass er bei der Einfahrt nach Österreich auf dem Autohof eine GO-Box erworben habe, welche ihm vor Ort "eingerichtet" worden sei. Eine Störung sei auf dem Mautgerät nicht angezeigt worden. Es habe keine Anzeichen dafür gegeben, dass die Maut nicht entrichtet worden sei. Ein grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten könne nicht zur Last gelegt werden. Ferner sei immer noch unklar, in welcher Höhe die Maut nicht entrichtet worden sei. Der Zulassungsbesitzer habe bereits schriftlich mitgeteilt, diese "nachlösen" zu wollen. Eine Auskunft sei bislang nicht erteilt worden.

Der Berufung liegt die Kopie eines Beleges über den Erwerb einer GO-Box bei.

 

Beantragt wurde die Einvernahme des Bw.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der X vom 16. Juni 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am
23. April 2008 eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 1. Juli 2008 rechtfertigte sich der Bw dahingehend, dass seiner Auffassung nach die Strafverfügung nicht gerechtfertigt sei. Der Zulassungsbesitzer sei bereit, die geschuldete Maut "auszugleichen" und etwaige Gebühren zu übernehmen. 

 

Auf Anforderung übermittelte die X der belangten Behörde am
25. September 2008 eine Einzelleistungsinformation und zwei Beweisfotos.

 

Dazu brachte der Bw am 12. Oktober 2008 vor, dass es sich bei der gegenständlichen Fahrt um die erste des Bw nach Österreich gehandelt habe, weshalb er mit der Entrichtung der Maut in Österreich noch keine Erfahrungen gehabt hätte. Er habe an der Autobahntankstelle X eine GO-Box erworben. Der dort anwesende Mitarbeiter habe sich angeboten, die Eingaben an der GO-Box vorzunehmen. Diesem habe der Bw zugestimmt und alle dazu erforderlichen Angaben, darunter auch die Einstellung der Achsenzahl "5", getätigt. Bei jeder Durchfahrt durch ein Mautportal habe der Bw festgestellt, dass die GO-Box einmal kurz piepste, was eine korrekte Transaktion bedeute.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Mittels Schreiben vom 2. April 2009 teilte der Unabhängige Verwaltungssenat dem Bw mit, dass ihm dessen Tatsachenbehauptungen in der Berufung glaubwürdig erscheinen, weshalb er die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung für nicht erforderlich erachtet. Bei anderer Ansicht wurde gebeten, dies innerhalb Frist mitzuteilen. Dieses Schreiben wurde nachweislich am 16. April 2009 zugestellt.

 

Innerhalb offener Frist  ist beim Oö. Verwaltungssenat eine Antwort zum Thema "mündliche Verhandlung" nicht eingelangt, weshalb von einem Verhandlungsverzicht auszugehen ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gem. § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht
(Abs. 6).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung (nämlich mit falsch eingestellter Achsenzahl bei der GO-Box) benützt hat und dem Zulassungsbesitzer ein Angebot zur Zahlung einer Ersatzmaut zugegangen ist, diesem Angebot jedoch nicht nachgekommen wurde.

 

Die Rechtfertigung des Bw im erstinstanzlichen Verfahren lässt den Schluss zu, dass er vor Fahrtbeginn eine Überprüfung der Achseinstellung bei der GO-Box iSv Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung nicht vorgenommen hat, zumal der Bw in Verkennung der Rechts- und Sachlage davon ausgeht, dass eine Einstellung der Kategorie durch einen Mitarbeiter einer Vertriebsstelle vorzunehmen ist. Einem Mitarbeiter einer GO-Box-Vertriebsstelle ist lediglich möglich, die Basiskategorie gem. Punkt 8.2.2 der Mautordnung (im gegenständlichen Fall: "2" für ein zweiachsiges Zugfahrzeug) einzustellen. Der Lenker ist nicht nur verpflichtet, vor Fahrtbeginn in eigener Verantwortung die eingestellte Kategorie bei der GO-Box zu überprüfen sondern auch, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken, insbesondere über die Gebrauchsvorschriften für die GO-Box, auf geeignete Weise vertraut zu machen, zumal eine falsch eingestellte Kategorie bei der GO-Box – worauf auch der Bw in seinen Stellungnahmen hingewiesen hat – durch die Piepssignale der GO-Box nicht angezeigt werden kann.

Unbeschadet der vorherigen Ausführungen ergeht der Hinweis, dass jeder GO-Box eine Gebrauchsanweisung ("GO-Box Guide") beiliegt, welche u.a. über die Notwendigkeit der Einstellung der Kategorie bei der GO-Box Auskunft gibt.

 

Dem Bw ist somit vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker iSd Punktes 8.2.2 der Mautordnung vor Beginn jeder Fahrt nicht nachgekommen ist, da er vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke die eingestellte Achsenzahl bei der GO-Box nicht überprüft bzw. nicht korrekt eingestellt hat.

 

Wenn der Bw vermeint, der Zulassungsbesitzer wäre bereit, die geschuldete Maut nachzuzahlen, ist darauf hinzuweisen, dass eine Nachentrichtung der Maut nur unter der unter Punkt 7.1 der Mautordnung näher definierten Bedingungen möglich ist und sämtliche dafür vorgesehenen Fristen bereits bei Anzeigenlegung längst abgelaufen waren. Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Zulassungsbesitzer – unbestritten – am 23. April 2008 schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut gem. § 19 Abs. 4 BStMG aufgefordert worden ist. Diesem Angebot ist jedoch nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von vier Wochen nachgekommen worden, weshalb der Strafausschließungsgrund des § 20 Abs. 3 BStMG nicht zum Tragen kommen konnte.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die eingestellte Achsenzahl vor jedem Befahren einer Mautstrecke zu überprüfen bzw. korrekt umzustellen bzw. er sich über die Gebrauchsvorschriften der GO-Box nicht im erforderlichen Maße in Kenntnis gesetzt hat.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit des Bw als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch einzustufen. Der Schuldgehalt in Form der fahrlässigen Fehleinstellung der GO-Box ist nicht als geringfügig anzusehen, da die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

Da der Straftatbestand des § 20 Abs. 2 BStMG auf eine nicht ordnungsgemäß entrichtete Maut abstellt, war der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im Hinblick auf § 44a VStG lediglich entsprechend zu ergänzen, zumal in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung vom 1. Juli 2008 der Tatvorwurf im korrekten Umfang umschrieben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 

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