Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522393/8/Br/La

Linz, 14.10.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Berufung der Frau X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 16.9.2008, Zl. 09/287440, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Lenkberechtigung bis 11.9.2014 befrist wird.

Spätestens bis zu diesem Zeitpunkt sind der Behörde nicht länger als drei Monate zurückliegende Befunde einer ärztlichen Kontrolluntersuchung eines Facharztes für innere Medizin [Diabetes mellitus] der Behörde erster Instanz im Original vorzulegen und sie hat sich bis dahin einer amtsärztlichen Nachuntersuchung zu unterziehen;

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 67d Abs.1 AVG, BGBl. I Nr. 20/2009 § 8 iVm § 5 Abs.5 u. § 24 Abs.1 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009 u. § 2 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II. Nr. 64/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde der Berufungswerberin deren Lenkberechtigung für die Klasse B, Zl.: 09/287440 bis zum 11.09.2011 befristet. Ferner wurde ihr aufgetragen sich bis spätestens 11.9.2011 einer amtsärztlichen Nachuntersuchung unter Vorlage folgender Befunde zu unterziehen (Kontrolluntersuchung wegen Depression durch einen FA f. Psychiatrie und binnen 12 sowie nach 24 Monaten einer Kontrolluntersuchung wg. Diabetes mellitus, DOPD durch FA f. innere Medizin und diese Befunde der ärztlichen Kontrolluntersuchung im Original bis spätestens 11.9.2010 und 11.9.2011 vorzulegen.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründet die Befristung unter Hinweis auf §§ 3 Abs.1 Z3, 5 Abs.5 FSG und 24 Abs.1 Z2 unter Hinweis auf das schlüssige amtsärztliche Gutachten unter Hinweis auf die Verkehrssicherheit.

 

2. Die Berufungswerberin vermeint, in ihrer noch fristgerecht erhobenen Berufung, dass ursprünglich die Befristung auf den mit 12% festgestellten HbA1c-Wert gestützt wurde. Dieser habe sich nunmehr auf 8,1 % deutlich gebessert. Sohin spreche nichts mehr für eine so kurze Befristung. Sie beantragt die Bescheidaufhebung und unbefristete Erteilung der Lenkberechtigung oder die Befristung auf zumindest vier Jahre zu erstrecken.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß der seitens der Berufungsbehörde aufgetragenen Gutachtensergänzung in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen sowie dem diesbezüglich gewährten Parteiengehörs unterbleiben. Mit der Berufungswerberin erfolgte dies niederschriftlich vor der Berufungsbehörde. Die Behörde erster Instanz folgte lt. Mitteilung v. 12.10.2009 der amtsärztlichen Empfehlung.

 

4. Die Gutachtenslage:

In Vermeidung von Wiederholungen wird auf die im Akt erliegende und dort an sich unstrittige Befundlage verwiesen.

Bei der Berufungswerberin besteht laut amtsärztlichen Gutachten ein polymorbides Krankheitsbild, bestehend aus Diabetes mellitus, sklerotischer Kardiomyopathie, paroxysmalem Vorhofflimmern, Asthma bronchiale sowie COPD, einer Depression mit Somatisierungstendenz vor. Letztere scheint jedoch laut Facharzt Dr. X nicht mehr behandlungsbedürftig.

Seit dem Jahr 2000 findet sich erstmals ein Hinweis auf einen leichten Diabetes mellitus. Die Berufungswerberin ist laut Führerscheinregister seit dem 17.11.1966 im Besitz einer Lenkberechtigung der Klasse B.

 

4.1. Laut aktuellem Gutachten ist hinsichtlich der Zuckerstoffwechsellage die Berufungswerberin (Patientin) im suboptimalen Einstellungsbereich, ob zwar eine Besserung eingetreten ist. Der HbA1c liegt derzeit bei 8,1%. symptomatische Hypo- bzw. Hyperglykämien die eine Unvereinbarkeit zum sicheren Beherrschen eines KFZ darstellen würden, liegen defacto nicht vor.

Aufgrund des Gesamtzustandes wird amtsärztlicherseits eine weitere Verlaufskontrolle dringend notwendig erachtet. Es wäre demnach von einer bedingten Eignung zum Lenken von KFZ der Gr. 1,  KL. B für 24 Monate auszugehen.

Beizubringen sind internistische Fachbefunde nach 12 sowie 24 Monaten. Nach der 24-monatigen Frist hat weiters eine psychiatrisch neurologische sowie amtsärztliche Untersuchung zu erfolgen.

Die Maßnahme soll dazu dienen, den weiteren Verlauf der Zuckerstoffwechselerkrankung im Hinblick auf eine Verschlechterung weiters auch der sklerotischen Kardiomyopathie und auch der Depression.

Das Gutachten verweist auf einen altersentsprechenden AEZ. Die Patientin ist kardiorespiratorisch kompensiert, grobneurologisch unauffällig, kognitiv eher schwierig einzuschätzen. Bekannt sei eine Depression sowie ein Diabetes mellitus.

Sie legte einen internistischen fachärztlichen Befund von Dr. X vor. Diesem ist zu entnehmen:

OPD, Diabetes mellitus seit 1998 mit Neuropathie, PCP, psychosomatisches Beschwerdebild, Depression mit Summatisierungstendenz, Dyscardie, paroxysmales VH-Flimmern, sklerotische CMP. Dieses ist jedoch durch das Facharztgutachten Dr. X vom 1.9.2008 überholt.

Der HbA1c hat sich aktuell auf 8,1 deutlich gebessert. Liegt aber noch im suboptimalen Bereich. Weitere kurzfristige Verlaufskontrollen sind vorgesehen. Es kommt zu keinen klinisch relevanten hypo- bzw. hyperglykämischen Stoffwechselregulationen-Entgleisungen. Daher ist die Führerscheintauglichkeit für die bisherigen Klassen weiterhin gegeben.

 

4.2. Über das h. Ersuchen das Gutachten mit Blick auf die Begutachtungsleitlinien des Bundesministeriums für Verkehr betreffend Befristungsempfehlungen zu präzisieren verweist der Amtsarzt Dr. X „auf die bekannte Problematik der insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit suboptimaler Einstellung der Stoffwechselsituation ( HbA1c 9,3 %).

Unbefristete Erteilung der LB aufgrund des zusätzlichen Risikofaktors der Hypertonie aus amtsärztl. Sicht könne daher nicht befürwortet werden.

Eine dauerhaft schlechte Einstellung begünstigt längerfristig das Auftreten von bewußtseinsbeeinträchtigenden Hypo bzw. Hyperglykämien sowie Sekundärveränderungen im Bereich der Augen, Niere, des zentralen Nervensystems sowie generell Gefäßschädigungen im Sinne einer Arterosklerose.

Eine Ausdehnung des Überwachungszeitraumes auf eine 5 jährige Frist sei jedoch vertretbar, um den weiteren Verlauf der Stoffwechselstörung zu observieren.

Bei sinkendem Langzeitwert (HbA1c) in Hinkunft, könne bei ausgesprochener fachärztlicher Befürwortung einer unbefristeten Erteilung der Lenkberechtigung nach der 5 Jährigen Frist eventuell auf eine weitere Auflagenerteilung verzichtet werden.“

Diesbezüglich wurde der Berufungswerberin Parteiengehör gewährt. So trat die Behörde erster Instanz der gutachterlichen Ausdehnung der Befristung und die Berufungswerberin der Einschränkung durch die Befristung auf fünf Jahre nicht entgegen.

Die Berufungsbehörde sieht sohin keine Veranlassung der nunmehrigen Befristungsempfehlung nicht zu folgen. Die subobtimale Einstellung der Stoffwechselsituation (HbA1c 9,3%) indiziert andererseits glaubhaft und nachvollziehbar ein Risikoelement, welches mit einer überdurchschnittlichen Wahrscheinlichkeit im Zeitverlauf zu einem Wegfall der gesundheitlichen Eignung führen könnte. Laut Begutachtungsleitlinien besteht bei diesem Krankheitsbild an sich ein um den Faktor 1,53 höheres Unfallrisiko. Auch eine höhere Wahrscheinlichkeit einer Sekundärveränderung bei Augen, Niere und dem zentralen Nervensystem sowie eine Gefäßschädigung wird gutachterlich nachvollziehbar beschrieben. Bei weiter sinkendem HbA1c-Wert und entsprechender fachärztlicher Befürwortung, wird nach fünf Jahren ein Verzicht auf eine Beschränkung in Aussicht gestellt.

Die Berufungswerberin verweist im Rahmen ihrer Anhörung (Parteiengehör) am 14.10.2009, dass gemäß dem Gutachten des Facharztes f. Psychiatrie Dr. X vom 1.9.2008 weitere Kontrolluntersuchungen in psychiatrischer Hinsicht nicht mehr notwenig erachtet wurden. Diese Auflage sei ihr daher aus dem Führerschein bereits im Zuge der zuletzt erfolgten Verlängerung gestrichen worden. Sie erklärte sich mit dem amtsärztlichen Vorschlag einverstanden, wobei seitens der Berufungsbehörde darauf hingewiesen wurde, dass für eine unbefristete Erteilung dem jüngsten amtsärztlichen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten wäre.

Die Berufungswerberin hinterließ im Rahmen ihrer Vorsprache einen durchaus gesunden und rüstigen Eindruck, sodass der Erstreckung der Befristung auf fünf Jahre auch seitens der Berufungsbehörde mit gutem Grund gefolgt werden kann.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen (die nachzitierten Rechtsvorschriften betreffend das Führerscheingesetz, zuletzt geändert BGBl. I Nr. 93/2009):

 

"§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

     1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

     2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. ...

     (2) Die Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann auch nur hinsichtlich bestimmter Klassen ausgesprochen werden, wenn der Grund für die Entziehung oder Einschränkung nur mit der Eigenart des Lenkens dieser bestimmten Klassen zusammenhängt. ...

     ...

     (4) Vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8, vor der Entziehung wegen mangelnder fachlicher Befähigung ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen.

 

Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV maßgebend:

     "§ 3.

 ...

     (5) Personen mit einer fortschreitenden Erkrankung kann eine Lenkberechtigung befristet erteilt oder belassen werden unter Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen und amtsärztlicher Nachuntersuchungen. Die Auflage kann aufgehoben werden, sobald sich die Erkrankung oder Behinderung stabilisiert hat.

     ...

      Zuckerkrankheit

     § 11. (1) Zuckerkranken darf eine Lenkberechtigung nur nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme erteilt oder belassen werden.

     ..."

§ 2 Abs.5 FSG-GV besagt, "soweit in dieser Verordnung bestimmte Beschränkungen der Lenkberechtigung wie beispielsweise Auflagen vorgesehen sind,  dadurch das Recht der Behörde, erforderlichenfalls zusätzliche Einschränkungen, wie beispielsweise Befristungen zu verfügen, nicht berührt wird.

Die Einschränkung der Gültigkeit einer Lenkerberechtigung durch Befristung dient letztlich auch der Überprüfung, ob die notwendige Kontrolle des Blutzuckers tatsächlich erfolgt und ob eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit der Möglichkeit des Wegfalles der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen eingetreten ist (vgl. VwGH 24.6.2003, 2003/11/0066 mit Hinweis auf VwGH 28.9.1993, 93/11/0127)."

Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Z2 FSG ist dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. VwGH 24. April 2001, 2000/11/0337, mwN). Es erforderlich zu begründen, warum - ungeachtet der über lange Zeit beobachtbaren Verbesserung des Zustandes des Rechtsmittelwerbers und seiner unbestrittenen Compliance - eine konkrete Verschlechterung - die für die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen relevant ist - zu erwarten ist (s. VwGH 15.9.2009, 2007/11/0043). Dies war hier auf das in der Befristungsempfehlung schlüssig ausgeführte Gutachten zu stützen.

Die nunmehr  deutlich eingeschränkte Auflage in Form der Erstreckung der Befristung sowie die Streichung der psychiatrischen Kontrolluntersuchung scheint sohin unter Hinweis auf das ergänzte Gutachten sachgerecht und mit Blick auf die oben zitierte Judikatur rechtlich geboten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Dr.  B l e i e r

 

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