Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300906/3/BP/Eg

Linz, 07.10.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 10. Kammer (Vorsitzender Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner, Berichter Mag. Dr. Bernhard Pree, Beisitzer Mag. Christian Stierschneider) über die Berufung des X, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmanns des Bezirks Kirchdorf an der Krems, vom 18. Juli 2009, GZ.: Pol96-19-2009-Sk, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tierschutzgesetz, mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Aufgrund der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz, noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unab­hängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs. 1 VStG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Kirchdorf a. d. Krems vom 18. Juli 2009, GZ.: Pol96-19-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt, weil er es als Inhaber der Firma "X" mit Sitz in X (BRD) und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher unterlassen habe, im Zuge der Anlieferung von 184 Schlachtschweinen zum Schlachthof der Firma "X" in Ried X, für die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen zu sorgen, sodass der von ihm eingesetzte Fahrer des Tiertransportes, Herr X, am 24. März 2009 in den frühen Morgenstunden die von ihm angelieferten Tiere in den bereits besetzten Wartestall verbringen habe können und dadurch die Tiere dort teilweise übereinander gelegen seien. Einige Tiere seien dabei im nicht überdachten Rampenbereich über einige Stunden unter widrigen Witterungsverhältnissen verwahrt worden. Diese vom Betrieb des Bw angelieferten Tieren seien durch diese vermeidbare Handlungsweise einer erheblichen Bewegungsbeschränkung ausgesetzt worden. Es seien ihnen dadurch ungerechtfertigt Schmerzen und Leiden zugefügt und sie auch in schwere Angst versetzt worden.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 38 Abs.1 Z. 1 iVm § 5 Abs. 1 und 2    Z. 10 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 i.d.F. BGBl. I Nr. 54/2007  und BGBl. I Nr. 35/2008 angeführt.

 

1.1.2. Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der für die Lebendtieruntersuchung zuständige Tierarzt X am 25. März 2009 Anzeige erstattet habe. Anlässlich der am 24. März 2009 um 6:15 Uhr durchgeführten Lebendtieruntersuchung sei von ihm demnach festgestellt worden, dass 184 Mastschweine der Firma X vom Fahrzeug X und X nach Mitternacht abgeladen worden seien. Die Mastschweine seien dabei auf engstem Raum im Bereich des Vorstalles zusammengesperrt worden, sodass sie bei der Untersuchung übereinander gelegen hätten. Weiters seien die restlichen Tiere im nicht überdachten Rampenbereich gehalten worden. Aufgrund der Witterung (Schneefall und Temperaturen von knapp unter 0° Celsius) seien die Tiere über 5 Stunden unter widrigsten Verhältnissen aufgestallt gewesen. Die Kombination von extremer Überstallung und niedrigen Temperaturen würden zu nicht zumutbaren Stressbelastungen führen.

 

In Reaktion auf die Aufforderung zur Rechtfertigung habe der Bw mit Schreiben vom 28. April 2009 die geforderten Personendaten bekanntgegeben und vorerst bestätigt, dass der oa. Fahrer am 24. März 2009 184 Schweine zum Schlachthof der Firma X angeliefert habe. Diese Schweine seien vom Fahrer ordnungsgemäß in die Stallungen gesperrt worden; zum Zeitpunkt der Anlieferung sei das Wetter ruhig gewesen; es habe kein Schneefall und auch kein Sturm geherrscht. Der Fahrer habe sohin einen solchen Wetterumschwung nicht vorhersehen können. Weiters habe der Bw angegeben, dass er auch nicht wisse, ob nach der in Rede stehenden Anlieferung noch sonstige Lieferanten Schweine in den Stall dazugesperrt hätten. Zum Anlieferungszeitpunkt seien die Schweine keinesfalls auf engstem Raum zusammengepfercht gewesen. Was nachher angeliefert worden sei, darauf habe der Bw keinen Einfluss und könnte dafür verständlicher Weise auch keine Verantwortung übernehmen.

 

Mit weiterem Schreiben vom 25. Mai 2009 habe der Bw ergänzend angeführt, dass er einen Tag vor der Anlieferung mit Herrn X ein Telefongespräch geführt habe, wobei er ihn gefragt habe, ob die Anlieferung von ca. 180 Schweinen bereits in der Nacht des 24. März 2009 erfolgen könne. Herr X habe ihm mitgeteilt, dass dies kein Problem sei, da ein anderer Anlieferer erst am Vormittag kommen würde und so noch Platz im Stall sei. Der Bw habe dabei nochmals angeführt, dass er nicht wüsste, ob nach der in Rede stehenden Anlieferung noch andere Lieferanten Schweine in diesen Stall verbracht hätten. Auch habe der Fahrer den Wetterumschwung nicht vorhersehen können. Nach Rücksprache mit seinem Fahrer habe dieser die Schweine ordnungsgemäß im Stall versperrt. Die Tiere seien weder auf engstem Raum zusammengepfercht gewesen noch übereinander gelegen. Der Fahrer habe auch das Rolltor des Stalles geschlossen. Weiters habe der Bw eingewendet, dass die auf den Fotos erkennbaren Schweine nicht ihm zugerechnet werden könnten, da weder Tätowierungen noch Ohrmarkennummern zu sehen seien. Ebenso sei das besagte Rolltor des Stalles geöffnet; der Fahrer habe es aber nach dem Abladen geschlossen. Der Bw habe weiters angegeben, dass er als Geschäftsführer nicht bei jeder Anlieferung dabei sein und kontrollieren könne, ob alles ordnungsgemäß erfolge, da in seinem Betrieb täglich drei LKW´s im Einsatz seien. Aus diesem Grund müsse er sich auch auf seine Fahrer verlassen, da diese im Umgang und im Transport von lebenden Tieren geschult seien. Der Bw stehe nun schon seit 15 Jahren in geschäftlicher Beziehung zur Firma X und habe sich noch nie etwas zu schulden kommen lassen. Er sei auch immer bemüht, mit den Schweinen behutsam und tiergerecht umzugehen. Er sei immer bemüht gewesen, dass die Tiere in einem stressfreien Zustand zur Schlachtung kämen, da die Qualität des Fleisches sein tägliches Geschäft sei.

 

Mit Schreiben vom 29. Mai 2009 habe der Bw mitgeteilt, dass seinen Recherchen zu Folge der Stall der Firma X eine Fläche von 177,50 Quadratmeter aufweise und laut Angaben der EU-Tierschutztransportverordnung Schweine mit einem Lebendgewicht von 100 bis 110 kg eine Mindestbodenfläche von durchschnittlich 0,475 Quadratmetern benötigen würden. Bei der angegebenen Stallfläche wäre somit Platz für 373 Schweine gewesen.

 

Bereits mit Schreiben vom 29. April 2009 habe die Firma X mitgeteilt, dass am 24. März 2009 lediglich Schweine der Firma X angeliefert worden seien. Grundsätzlich hätten die Lieferanten der Anweisung zu folgen, dass keine Schweine vor 04:00 Uhr abgeladen dürfen. Die Firma X habe die Sondererlaubnis bereist früher zu liefern; es seien aber ohne Ankündigung insgesamt zwei Transporte erfolgt, wofür keine Abladeerlaubnis erteilt worden sei, da im Wartestall einschließlich Vorstall maximal 300 Tiere untergebracht werden könnten.

 

Aufgrund der Rechtfertigung des Bw sei der die Anzeige erstattende Tierarzt am 10. Juni 2009 als Zeuge einvernommen worden. Dieser habe ausgesagt, dass er am 24. März 2009 um ca. 06:15 Uhr eine Lebendtieruntersuchung von angelieferten Schlachtschweinen durchgeführt habe. Bei seinem Eintreffen habe er feststellen müssen, dass im nur teilweise überdachten Rampenbereich – es sei hievon eine Handskizze angefertigt worden – die in Rede stehenden Schlachtschweine teilweise übereinander gelegen seien. An diesem Tag sei eine Schneedecke von ca. 2 cm Nassschnee gelegen. Im Rampenbereich und im Vorstall hätten ca. 120 Schweine Platz; tatsächlich hätte sich jedoch die gesamte Anlieferung in diesem Bereich befunden, wobei ein Teil der Tiere auch der Witterung ausgesetzt gewesen sei. Im eigentlichen Stall, welcher auf der Handskizze mit den Nummern 1-4 gekennzeichnet sei, habe sich die erste Anlieferung von ebenfalls ca. 180 Schweinen befunden, welche von der Firma X selbst durchgeführt worden sei. Dieser Stall habe ein Fassungsvermögen für maximal 200 Schweine und sei somit belegt gewesen. Aufgrund der gegebenen Platzverhältnisse hätte der Anlieferer mit dem Abladen zuwarten müssen. Durch die festgestellte Vorgehensweise seien die Tiere einem unnötigen Stress ausgesetzt gewesen und hätten im nicht überdachten Verladebereich keinen trockenen Platz zum Liegen gehabt. Es seien aufgrund der Anzahl der Tiere die Platzverhältnisse überhaupt nicht ausreichend gewesen. Es sei für den Zeugen als Tierarzt offensichtlich gewesen, dass die Tiere unter den beengten Platzverhältnissen und den niedrigen Temperaturen gelitten hätten. Es könne aus tierschutzrechtlicher wie auch aus tierärztlicher Sicht eine solche Vorgangsweise nicht akzeptiert werden.

 

In weiterer Folge sei auch der Geschäftsführer der Firma X, Herr X als Zeuge einvernommen worden. Dieser habe am 27. Juni 2009 ausgesagt, dass seitens der Firma X an diesem Tag insgesamt zwei Schweineanlieferungen erfolgt seien, wobei die erste durch die Firma X selbst vor der Anlieferung durch die Firma X erfolgt sei. Der Zeuge habe die Anweisung erteilt, dass nur ein Transport abgeladen werden dürfe. Der Fahrer des zweiten Transports, welcher im Auftrag der Firma X durchgeführt worden sei, habe sich aber offenbar nicht daran gehalten und diese Lieferung in den Stall gepfercht bzw. im Bereich der Laderampe belassen, welche eigentlich nur als "Rangierfläche" gedacht sei. Jedenfalls sei durch diese weitere Anlieferung, wie dies auch vom Tierarzt bestätigt worden sei, eindeutig eine Überbelegung gegeben gewesen. Auf ausdrückliche Befragung habe der Zeuge weiters angegeben, dass er definitiv ausschließen könne, dass an diesem Tag vor der Lebenduntersuchung noch eine weitere Anlieferung durch einen anderen Lieferanten erfolgt sei.

 

Nach Verständigung über das Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Bw mit Telefax vom 31. Juli 2009 auf seine bisherigen Stellungnahmen wie auch die seines Fahrers verwiesen.

 

Mit Schreiben vom 15. August 2009 habe die Tierschutzombudsfrau des Landes Oberösterreich festgehalten, dass aufgrund der Anzeige des Tierarztes und der gemachten Fotos eindeutig feststehe, dass den Schweinen durch das Einpferchen in dem Wartestall ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt worden und sie in schwere Angst versetzt worden seien. Aus diesem Grund werde die Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

1.1.3. Nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde in rechtlicher Würdigung aus, dass, wie feststehe, durch das Verbringen der Schweine in einen bereits besetzten Wartestall die Tiere in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt worden seien, weshalb sie teilweise übereinander zu liegen gekommen und teilweise im Verladebereich den Witterungsverhältnissen ausgesetzt gewesen seien. Aus tierschutzrechtlicher Sicht sei somit eindeutig festzustellen, dass den Tieren dadurch Schmerzen und Leiden zugefügt und sie durch dieses Zusammenpferchen auch in schwere Angst versetzt worden seien. Dies sei sowohl durch die Aussagen der Zeugen, welchen im Rahmen der freien Beweiswürdigung und hinsichtlich der Wahrheitspflicht als Zeugen und der damit verbundenen Strafdrohung eine maßgebliche Beweiskraft zuzumessen sei, wie auch durch die angefertigten Fotos ausreichend dokumentiert.

 

In seinen Stellungnahmen habe der Bw einerseits bestritten, dass es durch die von seinem Fahrer getätigte Anlieferung zu einer Übertretung bzw. generell nicht tierschutzgerechten Unterbringung gekommen sei, andererseits habe er in den Raum gestellt, dass eine solche Überbelegung nur durch einen anderen Lieferanten erfolgt sein könnte. Dem stünden allerdings die Aussagen der Zeugen gegenüber. Wenngleich bei der Anlieferung selbst niemand dabei gewesen sei, so ergebe sich dennoch geradezu zwingend (Aussage X und X), dass als Verursacher für diesen Missstand nur die von dem Fahrer des Bw erfolgte Anlieferung in Frage komme. Eine weitere Anlieferung von Schlachttieren sei vom Betriebsinhaber explizit verneint worden. Zur Rechtfertigung, der Bw könne nicht bei jeder Anlieferung von Schlachttieren dabei sein und müsse sich daher auf seine ausgebildeten Fahrer verlassen, werde bemerkt, dass es hiefür nicht nur eines entsprechenden Vertrauens bedürfe, sondern, dass auch ein geeignetes Kontrollsystem vorhanden sein müsse, um solche Vorkommnisse auszuschließen. Der Bw übersehe dabei, dass ihm als Betriebsinhaber und im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG für diesen Betrieb verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichem hinsichtlich der Einhaltung von einschlägigen Rechtsvorschriften eine besondere Sorgfaltspflicht zukomme. Es sei im Verfahren jedenfalls nicht zu Tage getreten, welche innerbetrieblichen Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen zur Verhinderung von Übertretungen tierschutzrechtlicher Vorschriften vom Bw getroffen worden seien.

 

Es wäre auch die Aufgabe des Bw gewesen, die Anlieferung der Schlachtschweine mit dem Schlachtbetrieb zeitlich so zu koordinieren, dass möglichst keine Wartezeit entstanden wäre oder zumindest gewährleistet gewesen sei, dass die Warteställe nicht bereits belegt gewesen seien. Dies sei offenbar, wie auch vom Zeugen X bestätigt, nicht im ausreichenden Maß geschehen. Ob es bei dem vom Bw geschilderten Telefonat hinsichtlich der Anlieferungsmodalitäten möglicherweise zu Missverständnissen gekommen sei, sei hier nicht relevant. Hätte der Bw alle diese Aufgaben ordnungsgemäß wahrgenommen (Koordination, Auswahl des Fahrers, eindeutige und unmissverständliche Absprachen und Vereinbarung des Anliefertermins), wäre es aller Wahrscheinlichkeit nach überhaupt nicht zu diesem gravierenden Zwischenfall gekommen. Es sei dem Bw hier eine maßgebliche Mitschuld anzulasten.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung führt die belangte Behörde u.a. aus, dass mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Bw, erschwerend der Umstand, dass er im Verfahren bislang nicht bereit gewesen sei, seine Mitschuld am in Rede stehenden Vorfall einzugestehen, gewertet worden sei.   

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bw durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Berufung mit Schriftsatz vom 1. September 2009.

 

Darin wird neben der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt, das zu Grunde liegende Straferkenntnis vom 18. August 2009 aufzuheben und den Bw von dem gegen ihn erhobenen Vorwurf mit der entsprechenden Kostenfolge freizusprechen, hilfsweise zumindest die verhängte Geldstrafe herabzusetzen und den tatsächlichen Einkommensverhältnissen des Bw anzupassen.

 

Das im bekämpften Bescheid angenommene, dem Bw zur Verfügung stehende, Einkommen von 3.000 Euro monatlich entspreche nicht den Tatsachen. Vor allem sei zu berücksichtigen, dass der Bw Familienvater sei und nicht nur für seinen, sondern auch für den Lebensunterhalt seiner Frau und seiner Kinder aufzukommen habe. Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse werde er nach Akteneinsicht gesondert eine ergänzende Stellungnahme beibringen.

 

Abgesehen davon, dass sich der Bw um die Anlieferung der Tiere gekümmert und gerade deshalb auch Kontakt zu dem Schlachtbetrieb aufgenommen sowie diese dann entsprechend koordiniert habe, unterweise er auch stets in regelmäßigen Abständen sein Fahrpersonal. Insbesondere dränge er hiebei immer darauf, dass die Fahrer als jeweils verantwortliche Transporteure die gesetzlichen Vorschriften – auch Straßenverkehrsvorschriften etc. – einhielten und vor allem die Tiere stets so zu befördern hätten, dass diese keinerlei Schmerzen, Schäden oder Sonstiges erleiden würden. Sollte es tatsächlich aber einmal zu unvorhergesehenen Zwischenfällen kommen, so hätten die verantwortlichen Fahrer, nach betrieblicher Vorgabe, sofort telefonisch Kontakt mit dem Bw aufzunehmen, damit er sich von anderer Stelle sofort um die Behebung des Problems oder eine anderweitige Lösung bemühen könne. Die Fahrer des Unternehmens seien insoweit auch entsprechend ausgebildet und würden im Rahmen des Möglichen auch immer wieder in unterschiedlichen Abständen stichprobenartig kontrolliert. Es sei diesbezüglich bei dem hier betroffenen Fahrer in der Vergangenheit zu keinerlei Schwierigkeiten gekommen. Dem Bw sei diesbezüglich nichts bekannt. Mangels etwaiger Auffälligkeiten sei somit auch nicht angezeigt gewesen, diesen gegebenenfalls noch nachhaltiger bzw. speziell bei dem in Rede stehenden Transport genau zu überwachen bzw. zu kontrollieren.

 

Im Übrigen werde der betroffene Schlachtbetrieb schon über rund eineinhalb Jahrzehnte hinweg von Seiten des Unternehmens des Bw angefahren. Während der langjährigen Geschäftsbeziehung sei es noch nie zu einem identischen oder ähnlichen Vorfall gekommen. Eine Sorgfaltspflichtverletzung könne dem Bw somit begründeter Maßen nicht zur Last gelegt werden.

 

Unabhängig davon erscheine zudem von maßgeblicher Bedeutung, dass die betroffenen Stallungen der Firma X gemäß Recherchen des Bw 177,50 Quadratmeter umfassen würden. Bei dieser Stallfläche hätten unter Berücksichtigung der EU-Tierschutztransportverordnung sogar 373 Schweine mit einem Lebendgewicht von 100 bis 110 kg eingestallt werden können. Selbst, wenn folglich schon zuvor 180 Tiere vor Ort abgeladen worden wären, hätten dort problemlos noch weitere 184 Tiere eingestallt werden können.

 

Dass sich Tiere – gleich welcher Anzahl und von wem geliefert – bei auftretender Kälte bzw. ungemütlichem Wetter zusammendrängen, liege im Übrigen in der Natur der Sache. Nichts anderes mache der Mensch, wenn ihn friere und er sich nicht anders erwärmen könne. Dieser Umstand für sich allein sage somit noch nichts über eine vermeintliche, dem Bw mangels örtlicher Präsenz ohnehin nicht bekannte, Überstallung aus. Nach den Ausführungen des verantwortlichen Fahrers habe die in den frühen Morgenstunden von dritter Seite offenbar vorgefundene Situation nichts mit derjenigen nach dem Abladen der Tiere zu tun.

 

 

2. Die belangte Behörde legte die "Berufung" samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 17. September 2009 zur Berufungsentscheidung vor.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Nachdem sich bereits daraus ergab, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, hatte gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht von nachstehendem entscheidungs-relevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist Geschäftsführer der in Rede stehenden Firma. In den frühen Morgenstunden des 24. März 2009 transportierte dieses Unternehmen im Auftrag der Firma X, die schon knapp davor selbst einen Tiertransport von rund 180 Schweinen zur Firma X in X durchgeführt hatte, 184 Schweine ebenfalls dort hin, wobei der Fahrer des Transports Herr X die Tiere sowohl in den schon belegten Stall als auch im Bereich der nicht überdachten Rampe ablud.

 

Der Bw selbst begleitete diesen Transport nicht, sondern hielt sich zu diesem Zeitpunkt nicht in Österreich auf.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bw Geschäftsführer des in Rede stehenden Unternehmens ist, und dass kein Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bestellt wurde. Allerdings lastete die belangte Behörde die Tat dem Bw sowohl im Verfahren als auch im bekämpften Bescheid als Inhaber des in Rede stehenden Unternehmens an. Es ist nun zu prüfen, ob dies einen Mangel im Sinn des § 44a VStG darstellt.

 

Allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruchs des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, findet eine Auswechslung oder eine Überschreitung der Sache des Berufungsverfahrens nicht statt, was ebenso für den Fall gilt, dass dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH, sondern als Inhaber eines Einzelunternehmens zugerechnet werden können, und auch, wenn der Beschuldigte als strafrechtlich verantwortliche Person für jene andere Gesellschaft als seine in Anspruch genommen wird, für welche er im erstinstanzlichen Straferkenntnis verantwortlich gemacht worden war. Eine Verletzung des Parteiengehörs durch die von der belangten Behörde vorgenommene Änderung der juristischen Person als deren verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher er nunmehr angesehen wird, könnte als Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung des Bescheides führen, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung zu einem anderen Bescheid gelangen hätte können, was Sache des Beschwerdeführers ist, dem VwGH aufzuzeigen (vgl. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 1995, 94/07/0178).

 

Im Sinne dieser Judikatur wäre daher der Spruch des bekämpften Bescheides insoweit abzuändern gewesen, als der Begriff "Inhaber" durch "Geschäftsführer" zu ersetzen gewesen wäre.

 

3.2. Gemäß § 38 Abs.1 Z. 1 Tierschutzgesetz BGBl I Nr. 118/2004 in der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Fassung BGBl. I Nr. 35/2008 (TSchG) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 Euro zu bestrafen, wer einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt.

 

Gemäß § 5 Abs.1 TSchG ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

 

Gegen Abs.1 leg. cit. verstößt unter anderem, wer ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder Bewegungseinschränkung aussetzt und ihm dadurch Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt (Abs. 2 Z. 10 leg cit.).

 

3.3. Im vorliegenden Fall steht - auch in Übereinstimmung mit der Ansicht der belangten Behörde - fest, dass ein allfälliges strafbares Verhalten des Bw von ihm nicht dadurch gesetzt wurde, dass er selbst im Sinne des § 5 Abs. 2 Z. 10 TSchG aktiv tatbildmäßig handelte, sondern dass er das Delikt durch ein Unterlassen insbesondere durch die Versäumnis eines effektiven Kontrollsystems verwirklichte. Dies bedingt aber, dass als Tatort nicht der Schlachtbetrieb in Oberösterreich, sondern wohl der Firmensitz des Bw in Deutschland anzunehmen ist.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Es ist also im Sinn der letzten Alternative des § 2 Abs. 2 VStG von Relevanz, ob die in Rede stehende Verwaltungsübertretung als bloßes Ungehorsamsdelikt oder als Erfolgsdelikt im Sinn des § 5 VStG zu qualifizieren ist.

 

Ein Erfolgsdelikt liegt nach dieser Bestimmung dann vor, wenn zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört und nicht nur das Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes unter Strafe gestellt ist.

 

Aus der Formulierung des § 5 Abs. 2 Z. 10 lässt sich fraglos ableiten, dass nicht nur das Zuwiderhandeln gegen ein Verbot – in Form des Aussetzens von Tieren gewisser negativer Umwelteinflüsse - unter Strafe gestellt ist, sondern dass dieses Zuwiderhandeln auch Leiden, Schäden, Schmerzen oder schwere Angst bei den Tieren hervorrufen muss, was diese Bestimmung eindeutig als Erfolgsdelikt ansehen lässt.

 

Im Sinne dieser Auslegung steht grundsätzlich die Annahme des Tatortes in Deutschland der Strafbarkeit des Verhaltens des Bw nicht entgegen.

 

3.4. Gemäß § 2 StGB ist, wenn das Gesetz die Herbeiführung eines Erfolges mit Strafe bedroht, auch strafbar, wer es unterlässt diesen Erfolg abzuwenden, obwohl er zufolge einer ihn im besonderen treffenden Verpflichtung durch die Rechtsordnung dazu verhalten ist und die Unterlassung der Erfolgsabwendung einer Verwirklichung des gesetzlichen Tatbildes durch ein Tun gleichzuhalten ist.

 

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. August 1992 erkannte das Höchstgericht zu Zl. 89/10/0122, dass § 2 StGB auf Verwaltungsübertretungen keine Anwendung findet; eine Anwendung per analogiam kann nicht in Betracht gezogen werden, läge doch darin eine Erweiterung der Straftatbestände des Verwaltungsstrafrechtes.

 

Daraus folgt, dass per se schon die hier anzuwendende Strafnorm des § 5 Abs. 2 Z. 10 TSchG die Begehung der Tat auch durch Unterlassen vorsehen müsste, um dem Bw diese Verwaltungsübertretung vorwerfen zu können. 

 

3.5. § 5 Abs. 2 Z. 10 TSchG umschreibt das inkriminierte Verhalten mit dem Terminus "wer ein Tier Temperaturen, Witterungseinflüssen, Sauerstoffmangel oder einer Bewegungseinschränkung aussetzt". Bei grammatikalischer Interpretation des Begriffs "aussetzen", wird man wohl zu der Überzeugung gelangen, dass ein Unterlassen nur dann vom Wortsinn umfasst sein kann, wenn diesem ein vorgelagertes, causales Tun zuzurechnen ist.

 

In diesem Sinn wäre es zum Beispiel denkbar das Tatbild des § 5 Abs. 2 Z. 10 als erfüllt anzusehen, wenn eine Person ein Tier bei zunächst zumutbaren Temperaturen auf die Weide bringt, es aber unterlässt, das Tier nach einem Kälteeinbruch entsprechend unterzubringen. Auch wäre ein Fall denkbar, wonach eine Person ein Tier zunächst ordnungsgemäß in einem beheizten Stall hält, dann aber nichts unternimmt, wenn die Heizung ausfällt. Weiters würde eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch Unterlassen darin liegen, wenn eine Person, die ein Tier zunächst ordnungsgemäß hält, nichts dagegen unternimmt, wenn sich der Lebensraum des Tieres ohne sein Zutun verkleinert, sodass dem Tier Leiden Schäden, Schmerzen oder schwere Angst zugefügt werden.

 

Bei Betrachtung des vorliegenden Falles ergibt sich, dass es hier am vorgelagerten Tun des Bw von Beginn an fehlt, das causal für die Zufügung von Schmerzen, Schäden, Leiden oder schwerer Angst sein hätte können, da allenfalls das Unterlassen durch ein mangelndes Kontrollsystem, das aber nicht als vorgelagertes, causales Tun bezeichnet werden kann, besteht.

 

3.6. Nachdem schon die objektive Tatseite vom Bw nicht erfüllt wurde, war spruchgemäß zu entscheiden, der bekämpfte Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

 

Rechtssatz:

 

VwSen-300906/3/BP/Eg  vom 7. Oktober 2009

 

§ 5 Abs. 2 Z. 10 TSchG

 

Aus der Formulierung des § 5 Abs. 2 Z. 10 lässt sich fraglos ableiten, dass nicht nur das Zuwiderhandeln gegen ein Verbot – in Form des Aussetzens von Tieren gewisser negativer Umwelteinflüsse - unter Strafe gestellt ist, sondern dass dieses Zuwiderhandeln auch Leiden, Schäden, Schmerzen oder schwere Angst bei den Tieren hervorrufen muss, was diese Bestimmung eindeutig als Erfolgsdelikt ansehen lässt. Im Sinne dieser Auslegung steht gemäß § 2 Abs. 2 dritte Alternative des VStG die Annahme des Tatortes in Deutschland grundsätzlich der Strafbarkeit des Verhaltens des Bw nicht entgegen.

 

Bei grammatikalischer Interpretation des Begriffs "aussetzen", wird man wohl zu der Überzeugung gelangen, dass ein Unterlassen nur dann vom Wortsinn umfasst sein kann, wenn diesem ein vorgelagertes, causales Tun zuzurechnen ist.

 

 

 

 

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