Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401025/5/Fi/FS

Linz, 13.08.2009

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Be­schwerde des x, vertreten durch x, betreffend die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme des Beschwerdeführers und seiner bisherigen Anhaltung in Schubhaft sowie betreffend die Fortsetzung der Schubhaft, mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird soweit sie die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme des Beschwerdeführers am 7. Juli 2009 und seine Anhaltung in Schubhaft vom 7. Juni 2009 bis dato betrifft als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass der Schubhaftbescheid, die Festnahme sowie die bisherige Anhaltung nicht rechtswidrig waren.

 

Die Beschwerde wird, soweit sie die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft betrifft, als unbegründet abgewiesen und es wird gemäß § 83 Abs. 4 FPG festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft weiterhin vorliegen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirkes x) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§ 82 Abs. 1 und § 83 Abs. 1, 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2009) iVm den §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.


 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes x vom 7. Juli 2009, Sich40-x, wurde gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, (FPG) in Verbindung mit § 57 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, (AVG) die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Georgien über den Beschwerdeführer verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Salzburg vollzogen.

Begründend führt die belangte Behörde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen im Wesentlichen aus:  

Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger von Georgien und am 14. Juli 2004 illegal über unbekannt in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist. Am selben Tag habe er beim Bundesasylamt in Linz einen Asylantrag eingebracht. Dabei habe er angegeben, dass sein Name „x, geb. x,“ sei. Am 13. Juni 2007 sei dieses Asylverfahren in zweiter Instanz rechtskräftig negativ abgeschlossen worden und eine Ausweisung in Rechtskraft erwachsen. Am 18. Dezember 2008 habe die Bundespolizeidirektion Linz ein Aufenthaltsverbot gegen ihn erlassen, das seit 3. Jänner 2009 rechtskräftig und noch bis zum 2. Jänner 2016 gültig sei. Eine Abschiebung habe jedoch bis jetzt noch nicht durchgeführt werden können. Seiner Ausreiseverpflichtung sei er bis jetzt nicht nachgekommen. Am 7. Juli 2009 sei der Beschwerdeführer von Polizeibeamten der Polizeiinspektion x einer Kontrolle unterzogen worden. Dabei sei festgestellt worden, dass er sich illegal, während der Gültigkeit eines Aufenthaltsverbotes, im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalte. Er könne in Österreich keine Meldeadresse, kein Einkommen und keinen Krankenversicherungsschutz nachweisen. Er sei völlig mittellos. Aus all diesen Gründen werde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde zur Sicherung der Abschiebung mit 7. Juli 2009 in Schubhaft genommen. Der Beschwerdeführer habe am 7. Juli 2009 niederschriftlich bekanntgegeben, dass er in Österreich keine Familienangehörigen habe; ihm sei nicht bekannt, wo sich sein Bruder, sei einziger Angehöriger, aufhalte. Aufgrund dieser Tatsachen beabsichtige die belangte Behörde, den Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich abzuschieben. Nachdem aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und aufgrund seines bisherigen Verhaltens im Bundesgebiet zu befürchten sei, dass sich der Beschwerdeführer – auf freiem Fuß belassen – dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werde, sei zur Sicherung seiner Abschiebung nach Georgien seine Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich. Von seiner Person gehe eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Dies beweise auch die Tatsache, dass er bereits dreimal von österreichischen Gerichten rechtskräftig verurteilt worden sei. Dem Beschwerdeführer sei aufgrund des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes bewusst gewesen, dass er das Bundesgebiet der Republik Österreich verlassen hätten müssen. Dieser Ausreiseverpflichtung sei er bis jetzt nicht nachgekommen. Die rechtskräftige Ausweisung im Zuge der Beendigung seines Asylverfahrens habe ihn auch nicht zur Ausreise aus Österreich bewegen können. Der Beschwerdeführer sei offensichtlich in keiner Weise gewillt, die Rechtsordnung der Republik Österreich – insbesondere im Bereich des Fremdenrechtes – zu respektieren. Ermittlungen der belangten Behörde hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach in Schubhaft gewesen sei. Im Jahr 2006 sei er sogar aus der Schubhaft geflohen. Aufgrund des geschilderten Sachverhalts bestehe ein konkreter Sicherungsbedarf. Der Zweck der Schubhaft könne nicht durch die Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden. Der Fluchtgefahr könne verlässlich nur mit Schubhaft begegnet werden, weil realistische Ansatzpunkte für die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG nicht ersichtlich seien. Die Behörde habe sich im konkreten Fall mit der Frage der Verhältnismäßigkeit auseinandergesetzt. Der mit der Schubhaftverhängung verbundene Eingriff in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers stehe im Hinblick auf das besondere öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesen nicht außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel.

2. In der u.a. gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom 5. August 2009, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 6. August 2009, stellt der Beschwerdeführer die Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, seiner Festnahme sowie seiner bisherigen Anhaltung in Schubhaft. Weiters begehrt er die Feststellung, dass seine weitere Anhaltung in Schubhaft nicht zulässig ist, und beantragt zugleich Aufwandsersatz sowie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Im Wesentlichen stellt der Beschwerdeführer das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes in Abrede, zumal seine Abschiebung nach Georgien bereits mehrere Male gescheitert und daher faktisch nicht möglich sei.

3. Mit Schreiben vom 6. August 2009 übermittelte die belangte Behörde dem Unabhängigen Verwaltungssenat den Verwaltungsakt und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

 In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

1. Rechtslage:

 

Die hier maßgebenden Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 (§ 80 idF BGBl. I Nr. 4/2008) lauten wie folgt:

"Anwendungsbereich

 

         § 1. (1) ...

         (2) Auf Asylwerber (§ 2 Z 14 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100) sind die §§ 41 bis 43, 53, 58, 68, 69, 72 und 76 Abs. 1 nicht anzuwenden. Ein vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eingeleitetes Aufenthaltsverbotsverfahren ist nach Stellung eines solchen Antrages als Verfahren zur Erlassung eines Rückkehrverbotes weiterzuführen. Es ist nur über das Rückkehrverbot abzusprechen. Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, sind darüber hinaus die §§ 39, 60 und 76 nicht anzuwenden. Die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber ist erst zulässig, wenn die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann. Ein Rückkehrverbot kann gegen einen Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, erlassen werden.

        

 

Schubhaft

 

         § 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. 

         (2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

         1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

         2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

         3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

         ...

         (3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

         ...

         (7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß § 82 angefochten werden.                  

Gelinderes Mittel

 

         § 77. (1) Die Behörde kann von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

         ...

         (3) Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

         ...


 

Dauer der Schubhaft

 

         § 80. (1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

         (2) Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs. 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

         ...

         (4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

         1. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

         2. weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

         3. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt,

         kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als zehn Monate in Schubhaft angehalten werden. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in zwei Jahren, aber nicht länger als zehn Monate in zwei Jahren aufrechterhalten werden.

         ...

         (7) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

 

Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat

 

§ 82. (1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

         1. wenn er  nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

         2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz

             2005 angehalten wird oder wurde oder

         3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

         ...

Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat

 

         § 83. (1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

         (2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

         1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus

             der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

         2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortset-

             zung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die   

             Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

         ...

         (4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

2. Zuständigkeit 

2.1. Zuständigkeit der belangten Behörde

Der Beschwerdeführer hielt sich im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft unstrittig im Bezirk x auf; damit ist die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde nach § 6 Abs. 4 FPG zu bejahen.

2.2. Eigene Zuständigkeit

Der Beschwerdeführer ist Fremder iSd FPG, wurde in Oberösterreich festgenommen und wird hier seit 7. Juli 2009 in Schubhaft angehalten.

Daher ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates nach    § 83 Abs. 1 FPG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist darüber hinaus gemäß § 83 Abs. 2 erster Satz FPG zur Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde durch eines seiner Mitglieder berufen.

3. Rechtzeitigkeit der Beschwerde

 

Nach § 83 Abs. 2 FPG gelten grundsätzlich die für Maßnahmenbeschwerden iSd     § 67a Abs. 1 Z 2 AVG vorgesehenen Verfahrensbestimmungen der §§ 67c bis 67g sowie des § 79 AVG auch im Schubhaftbeschwerdeverfahren.

 

Gemäß dem § 67c Abs. 1 AVG sind Beschwerden innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung, bei dem Unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

 

Die am 6. August 2009 erhobene Beschwerde erweist sich daher jedenfalls im vollen Umfang als rechtzeitig, zumal der Schubhaftbescheid vom 7. Juli 2009 am selben Tag durch persönliche Übernahme erlassen wurde und die Festnahme des Beschwerdeführers ebenfalls am 7. Juli 2009 erfolgte.

 

4. Abweisung der Beschwerde

 

4.1. Vorliegen des Schubhafttatbestandes des § 76 Abs. 1 FPG

Ein „Asylwerber“ ist nach § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005 ein Fremder ab Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates wurde gemäß § 7 und § 8 Abs. 1 und 2 AsylG 1997 der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen, seine Abschiebung für zulässig erklärt und seine Ausweisung nach Georgien verfügt. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gegenüber am 13. Juni 2007 durch persönliche Übernahme erlassen und erwuchs daher an diesem Tag auch in Rechtskraft. Wie der Beschwerdeführer selbst einräumt, wurde damit sein Asylverfahren negativ beschieden.

 

Dem Beschwerdeführer kam daher bereits vor Erlassung des Schubhaftbescheides sowie seiner Inschubhaftnahme am 7. August 2009 der Status eines „Asylwerbers“ iSd § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005 nicht mehr zu und der angefochtene Schubhaftbescheid konnte somit rechtmäßig auf § 76 Abs. 1 FPG gestützt werden (§ 1 Abs. 2 FPG).

 

Bei der Verhängung der Schubhaft zog die belangte Behörde also zu Recht die Gesetzesbestimmung des § 76 Abs. 1 FPG heran, die normiert, dass Fremde festgenommen und angehalten werden können (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Gegen den Beschwerdeführer wurde zuletzt mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom x ein siebenjähriges Aufenthaltsverbot nach § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 FPG erlassen, das am x in Rechtskraft erwuchs.

Da sich der Beschwerdeführer somit unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist vorliegend ausschließlich zu prüfen, ob der Beschwerdeführer zu Recht festgenommen und in Schubhaft angehalten wurde, um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung iSd § 76 Abs. 1 erster Satz dritter Fall zu sichern.

4.2. Vorliegen eines Sicherungsbedarfes – Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

Die Ausreiseunwilligkeit des Beschwerdeführers ist evident und bedarf aufgrund der Aktenlage keiner näheren Erläuterung.

 

Auch zum Vorliegen eines Sicherungsbedarfes ist lediglich auf den Umstand zu verweisen, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom xx (u.a.) nach § 125 und 126 Abs. 1 Z 5 StGB wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt wurde.

Aus den Sachverhaltsfeststellungen des Strafgerichtes, an die der Unabhängige Verwaltungssenat gebunden ist (vgl. Eisner/Schiffkorn in Gruber/Paliege-Barfuß [Hrsg.], Die Relevanz der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB im Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung, Jahrbuch Gewerberecht 2009, 222 f), ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in der Zeit von 22. bis 23. Februar 2008 eine fremde Sache, die der öffentlichen Sicherheit dient, beschädigte, indem er die Scharniere und einen Gitterstab des Fensters in der Zelle 25, Station B, des Polizeianhaltezentrums  x durchsägte.

In weiterer Folge seilte sich der Beschwerdeführer über ein zehn bis zwölf Millimeter starkes blaues Nylonseil aus dem 3. Stock ab und flüchtete. Sein Bett gestaltete er anhand eines Hockers so, dass man darin eine schlafende Person vermuten musste (vgl. die Meldung des Stadtpolizeikommandos Linz vom 23. Februar 2008).

Bereits zuvor, am 25. November 2006, flüchtete der Beschwerdeführer gemeinsam mit drei Mithäftlingen aus dem Polizeianhaltezentrum x, indem sie einen Gitterstab durchsägten und sich aus einer Höhe von sechs Metern mit einem Nylonseil abseilten (vgl. die Meldung des Stadtpolizeikommandos Wels vom 27. November 2006).

Die zweimalige Flucht des Berufungswerbers aus der Schubhaft führt die immanente Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer durch Untertauchen dem Verfahren entziehen wird, deutlich vor Augen.

Vor dem Hintergrund seines bisherigen Verhaltens im Bundesgebiet war für die belangte Behörde daher nicht zu erwarten, dass der Beschwerdeführer freiwillig das Land verlassen und sich den entsprechenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen ohne Weiteres fügen werde. Im Übrigen ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit nach seiner Inschubhaftnahme bereits wiederholt in Hungerstreik trat oder sich selbst Verletzungen zufügte, um sich aus der Schubhaft freizupressen.

Die Annahme eines aktuellen Sicherungsbedarfes wird weiters dadurch unterstrichen, dass der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument verfügt und auch keinerlei familiäre oder sonstige soziale Bindungen in Österreich aufweist (der Aufenthaltsort seines Bruders ist dem Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge nicht bekannt).

Die Anhaltung des Beschwerdeführers war somit nicht als bloß rein präventive Vorbereitungshandlung für die Abschiebung anzusehen, sondern diese war aufgrund des möglichen Untertauchens des Beschwerdeführers zu deren Sicherung dringend erforderlich und vor allem verhältnismäßig.

 

Abschließend ist zu bemerken, dass die belangte Behörde – nach Anforderung des Fremdenaktes – am 8. Juli 2009, also einen Tag nach dem Aufgriff des Beschwerdeführers durch die Polizei und nach seiner Inschubhaftnahme, die Polizeibehörden ersuchte, ein Fingerabdruckblatt zu übermitteln und das Formular „Antrag auf Erteilung eines HRZ für Georgien“ durch den Beschwerdeführer ausfüllen zu lassen. Mit Schreiben vom 23. Juli 2009 beantragte die belangte Behörde sodann erneut die Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Ex post betrachtet lässt sich daher sagen, dass die belangte Behörde die notwendigen Schritte verhältnismäßig zeitnah setzte, um eine Außerlandesschaffung des Beschwerdeführers sicherzustellen bzw. zu ermöglichen.

 

Auch wenn in der Vergangenheit die Beantragung eines Heimreisezertifikates unter dem Namen „xx“ nicht erfolgreich war, ist der belangten Behörde nach Ausweis des vorgelegten Verwaltungsaktes nicht entgegen zu treten, wenn sie die Auffassung vertritt, dass unter dem offensichtlich von ihm zuletzt verwendeten Alias-Namen „xx“ ein Heimreisezertifikat erlangt werden könnte (vgl. auch den Aktenvermerk der belangten Behörde vom 22. Juli 2009). Die Annahme der belangten Behörde, es handle sich beim Beschwerdeführer um einen georgischen und nicht um einen russischen Staatsangehörigen, steht übrigens im Einklang mit den Erwägungen des Unabhängigen Bundesasylsenates (vgl. den Bescheid vom 13. Juni 2007, Seite 6). Das Vorgehen der belangten Behörde kann daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht beanstandet werden.

 

4.3. Anwendung gelinderer Mittel

Angesichts der Aktenlage hatte die belangte Behörde auch keinen Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung gelinderer Mittel – etwa durch Auferlegung der Verpflichtung zur periodischen Meldung bei einer Sicherheitsdienststelle (vgl. § 77 Abs. 3 FPG) – erreicht werden kann, zumal nicht zu erwarten ist, dass er seinen Verpflichtungen nachkommen würde. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Beschwerdeführer bereits zweimal der Schubhaft durch Ausbruch entzog, um seine Abschiebung zu verhindern. Daraus lässt sich ohne Weiteres der Schluss ziehen, dass sich der Beschwerdeführer, wäre er – etwa durch Anwendung eines gelinderen Mittels – in Freiheit belassen worden, dem Zugriff durch die Fremdenpolizeibehörde neuerlich entzogen hätte.


5. Abspruch über das Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

Aus den oben in Punkt 4. genannten Gründen liegen auch die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vor. Die Schubhaft erweist sich zudem als verhältnismäßiges und zweckentsprechendes Mittel, um die Abschiebung des Beschwerdeführers zu sichern.

 

6. Letztlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint (§ 83 Abs. 2 FPG). Insbesondere war die Erlassung eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer aktenkundig und das Bestehen eines „Sicherungsbedarfes“ iSd § 76 Abs. 1 erster Satz dritter Fall FPG schon aufgrund des feststehenden Sachverhaltes zu bejahen; somit wurden im Wesentlichen keine Rechts- oder Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte, sodass von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte (vgl. dazu zB VwGH 04.03.2008, 2007/05/0020). Dazu kommt, dass weder Art. 6 EMRK, noch Art. 5 Abs. 4 EMRK iZm einer Schubhaftbeschwerde eine öffentliche Verhandlung fordern (VwGH 23.03.1999, 98/02/0409).

 

7. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirkes x) nach § 79a Abs. 1 und 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008, antragsgemäß ein Aufwandsersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (57,40 Euro für den Vorlageaufwand und 368,80 Euro für den Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

8. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 34,80 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

Rechtssatz:

 

VwSen-401025/5/Fi/FS vom 13. August 2009

 

FPG § 83 Abs. 2

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint (§ 83 Abs. 2 FPG). Insbesondere war die Erlassung eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer aktenkundig und das Bestehen eines „Sicherungsbedarfes“ iSd § 76 Abs. 1 erster Satz dritter Fall FPG schon aufgrund des feststehenden Sachverhaltes zu bejahen; somit wurden im Wesentlichen keine Rechts- oder Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung die beantragte mündliche Verhandlung erfordert hätte, sodass von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte (vgl. dazu zB VwGH 04.03.2008, 2007/05/0020). Dazu kommt, dass weder Art. 6 EMRK, noch Art. 5 Abs. 4 EMRK iZm einer Schubhaftbeschwerde eine öffentliche Verhandlung fordern (VwGH 23.03.1999, 98/02/0409).

 

 

 

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