Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164178/2/Kei/Bb/Ps

Linz, 20.10.2009

 

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Herrn x, geb. x, vertreten durch die Rechtsanwalt GmbH x, vom 7. Mai 2009, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 31. März 2009, GZ VerkR96-54572-2008, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht:

 

 

 

 

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe bestätigt.  

 

 

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in der Höhe von 72,80 Euro (= 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19, 51 und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1.1. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat Herrn x (den Berufungswerber) mit Straferkenntnis vom 31. März 2009, GZ VerkR96-54572-2008, vorgeworfen, am 3. November 2008 um 05.42 Uhr in der Gemeinde Pucking, auf der Autobahn A 1 bei km 175,178, in Fahrtrichtung Wien mit dem Pkw, x, Kennzeichen x die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h überschritten zu haben. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 364 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden, verhängt wurde. Überdies wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von 36,40 Euro verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 23. April 2009, richtet sich die durch die ausgewiesene Rechtsvertretung bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erhobene Berufung vom 7. Mai 2009.

 

Der Berufungswerber bestreitet darin weder die Ordnungsmäßigkeit der durchgeführten Geschwindigkeitsmessung mittels Lasergerät noch das festgestellte Ausmaß der Überschreitung von 51 km/h (nach Abzug der Messtoleranz). Der Grund für die Missachtung der Geschwindigkeitsbeschränkung sei darin gelegen, dass er ein ihn – nach seiner Annahme – streifendes ausländisches Fahrzeug verfolgt habe. Daher sei von gerechtfertigtem Notstand bzw. Notwehr, mithin von einem Schuldausschließungsgrund auszugehen.

 

Aus den angeführten Gründen beantragte der Berufungswerber das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 8. Mai 2009, GZ VerkR96-54572-2008-Pi, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§ 51c VStG).

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist und zwar am 7. Mai 2009 der Post zur Beförderung übergegeben (Datum des Poststempels) und sie ist rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land GZ VerkR96-54572-2008.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zur Gänze aus dem vorliegenden Akt ergibt und keine Verfahrenspartei eine Verhandlung beantragt hat.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 3. November 2008 um 05.42 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen x in Pucking, auf der Autobahn A 1 in Fahrtrichtung Wien. Im gegenständlichen Straßenbereich der A 1 ist die Fahrgeschwindigkeit mit 100 km/h beschränkt. Das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug wurde im Bereich dieser Geschwindigkeitsbeschränkung, bei Straßenkilometer 175,178, durch Frau Insp. x von der Autobahnpolizeiinspektion Haid einer Lasermessung unterzogen. Die Messung ergab eine Geschwindigkeit von 156 km/h. Nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz von 3 % verblieb eine tatsächliche Fahrgeschwindigkeit von 151 km/h. Dies entspricht einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h (= 51 %).

 

Die Messung der Fahrgeschwindigkeit erfolgte mittels geeichtem Laserverkehrsgeschwindigkeitsmessgerät, Type LTI 20.20 TS/KM-E, in einer zulässigen Entfernung von 218 Metern. Der Messstandort der Beamtin war bei Straßenkilometer 174,960. Das Messgerät war zum Messzeitpunkt gültig geeicht. Entsprechend dem Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen Nummer 4334 wurde das verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät LTI 20.20 TS/KM-E am 11. April 2007 geeicht und die Nacheichfrist ist bis 31. Dezember 2010 festgesetzt. Das angefertigte Messprotokoll zeigt, dass am 3. November 2008 von 05.39 bis 05.42 Uhr durch die Autobahnpolizeiinspektion Haid, auf der Autobahn A 1, bei Standort Kilometer 174,960 im Bereich der 100 km/h-Beschränkung an 12 Fahrzeugen Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt, eine Anzeige erstattet  und vor Beginn der Messungen die vorgeschriebenen Überprüfungen (Gerätefunktionskontrolle, Zielerfassungskontrolle und "0-km/h-Messung") durchgeführt wurden.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und den Angaben des Berufungswerbers und wird von ihm auch nicht bestritten. Er kann daher der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. In rechtlicher Beurteilung des – unter 2.5. dargelegten – Sachverhaltes ist anzuführen, dass gemäß § 52 lit.a Z10a StVO das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (Erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" anzeigt, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

3.2. Entsprechend den Feststellungen zum Sachverhalt und den diesbezüglichen Ausführungen des Berufungswerbers ist als erwiesen anzunehmen, dass er am 3. November 2008 um 05.42 Uhr in der Gemeinde Pucking, auf der A 1, bei Straßenkilometer 175,178 in Richtung Wien, die in diesem Bereich erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, mit dem von ihm gelenkten Pkw, Kennzeichen x, um 51 km/h (nach Abzug der Messtoleranz) überschritten hat. Er hat die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung daher in objektiver Hinsicht begangen.

 

Der Berufungswerber beruft sich in seiner Rechtfertigung darauf, dass er sich in einer Notstandssituation befunden habe. Er habe die Geschwindigkeitsbeschränkung deshalb nicht beachtet, da er einen fahrerflüchtigen ausländischen Pkw verfolgt habe. Der Grund hiefür sei darin gelegen, dass er von einem Schaden an seinem Fahrzeug durch diesen Pkw ausgehen und überdies befürchten habe müssen, für den Schaden selbst aufzukommen zu müssen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann unter Notstand nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im Allgemeinen strafbare Handlung begeht. Wirtschaftliche Nachteile können nur dann Notstand begründen, wenn sie die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedrohen.

 

Nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Verwaltungssenates liegt weder Notstand noch ein sonstiger Schuldausschließungsgrund noch ein Rechtfertigungs­grund vor, wenn der Lenker eines Fahrzeuges – wie der Berufungswerber - die zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschreitet, um einen fahrerflüchtigen Lenker, der unter Umständen sein Fahrzeug beschädigt hat, zu verfolgen, einzuholen oder gar zum Anhalten zu bringen.

 

Die Handlungsweise des Berufungswerbers war lediglich auf die Abwehr einer die Lebensmöglichkeit nicht unmittelbar bedrohenden wirtschaftlichen Schädigung gerichtet. Das öffentliche Interesse an der Wahrung der Verkehrssicherheit, welches durch eine Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit auf der Autobahn um 51 % in gravierendem Ausmaß beeinträchtigt wurde, ist gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Berufungswerbers an der Feststellung des möglichen Schädigers als höherrangiges Rechtsgut einzustufen. Eine Ausforschung des fahrflüchtigen Pkw hätte vielmehr auch durch Verständigung einer Polizeidienststelle in die Wege geleitet werden können.

 

Dem Berufungswerber ist es nicht gelungen, sich strafbefreiend zu verantworten. Er hat auch die subjektive Tatseite der ihm zur Last gelegten Übertretung verwirklicht.

 

3.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Gemäß den Schätzungen der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land verfügt der Berufungswerber über ein monatliches Einkommen von 1.600 Euro netto, hat kein Vermögen und keine Sorgepflicht. Diesen Annahmen ist er nicht entgegengetreten, sodass diese auch der Berufungsentscheidung zu Grunde gelegt wurden.

 

Er weist keine einschlägige Vormerkung auf und er war den Vorfallszeitpunkt betreffend verwaltungsstrafrechtlich noch gänzlich unbescholten. Der Strafmilderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit im Sinne des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG kann ihm damit zuerkannt werden. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor.

 

Es wurde bei der Strafbemessung auch das Ausmaß der Geschwindigkeits­überschreitung berücksichtigt. Der Berufungswerber hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf einer Autobahn um 51 km/h und damit in einem gravierenden und erheblichen Ausmaß überschritten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt (bereits) eine Überschreitung einer verordneten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um etwa ein Drittel einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Vorschriften der StVO dar (vgl. VwGH 23. Oktober 1986, 86/02/0063 - hier: mit Radar festgestellte Geschwindigkeit von 132 km/h).

 

Es ist im Rahmen der Bemessung der Strafe auch zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit der Sicherung des Straßenverkehrs dienen. Geschwindigkeitsüberschreitungen erhöhen generell die Gefahren des Straßenverkehrs, stellen potentielle Gefährdungen des Lebens und der Gesundheit von Menschen dar und sind eine der häufigsten Ursachen für schwere Verkehrsunfälle mit Sach- und Personenschäden. Zum Schutze von Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer bedarf es sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Überlegungen spürbarer Strafen, um sowohl den Berufungswerber selbst, als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten im Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Die verhängte Strafe in der Höhe von 364 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden) liegt noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und beträgt rund 16,6 % der möglichen Höchststrafe. Diese verhängte Strafe ist angesichts der oben genannten Umstände nicht überhöht. Sie ist tat- und schuldangemessen und auch notwendig, um dem Berufungswerber den Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Übertretung hinreichend vor Augen zu führen und ihn dazu zu verhalten, künftighin vor weiteren Geschwindigkeitsüberschreitungen abzuhalten. Eine Reduzierung der Geldstrafe kommt nicht in Betracht.

 

Es war folglich spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

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