Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164401/9/Zo/Th

Linz, 22.10.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, vom 17.08.2009, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 04.08.2009, Zl. VerkR96-3084-2009, wegen 2 Übertretungen der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.10.2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 07.05.2009 um 07.05 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X in Linz, auf der Kaarstraße nächst der Kreuzung mit der Mühlkreisbahnstraße

 

  1. als Lenker dieses Fahrzeuges an einem Fahrzeug, welches vor einem Schutzweg angehalten hatte, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen vorbeigefahren sei;

 

  1. einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befunden hat, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht und diesen behindert habe, da er direkt auf dem Schutzweg mit dem Fahrzeug zu stehen gekommen sei.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu 1. eine Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs.3 Z1 und zu 2. eine solche nach § 9 Abs.2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in Höhe von 90 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zu 1. sowie von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) gemäß § 99 Abs.2c Z3 StVO 1960 begangen wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 19 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er nicht am Schutzweg angehalten habe. Er sei links neben dem Fahrzeug der Anzeigerin stehen geblieben und dort sei seine Lebensgefährtin aus dem Fahrzeug ausgestiegen. Seine Lebensgefährtin und er hätten vermutet, dass das Fahrzeug der Anzeigerin von rechts gekommen sei, weil es nicht parallel sondern schräg zur Fahrbahn gestanden ist. Nach dem Aussteigen habe seine Lebensgefährtin nach vor zum Schutzweg gehen müssen, was ebenfalls beweise, dass er sein Fahrzeug noch vor dem Schutzweg angehalten habe.

 

Weiters kritisierte der Berufungswerber, dass seine Lebensgefährtin nicht als Zeugin zum Sachverhalt befragt wurde.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle am 13.10.2009. An dieser hat der Berufungswerber teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt. Es wurden die Zeuginnen X und X zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit seinen PKW in Linz auf der Kaarstraße im Bereich des Mühlkreisbahnhofes in Richtung stadteinwärts. Vor ihm fuhr die Anzeigerin. Diese hielt ihren PKW wegen zahlreicher Fußgänger, welche den Schutzweg im Bereich der Straßenbahnhaltestelle "Mühlkreisbahnhof" benutzen wollten, ca. 3 bis 4 m vor diesem Schutzweg an, wobei sie auf ihrem Fahrstreifen äußerst rechts gefahren ist. Der Berufungswerber kam mit seinem Fahrzeug hinter der Anzeigerin innerhalb der Kreuzung mit der Mühlkreisbahnstraße zum Stillstand. Er blockierte dadurch diesen Kreuzungsbereich, sodass die hinter ihm fahrenden Fahrzeuge nicht nach rechts bzw. entgegenkommende Fahrzeuge nicht nach links in die Mühlkreisbahnstraße einbiegen konnten. Er entschied sich deshalb dafür, neben dem Fahrzeug der Anzeigerin links vor zu fahren. Dazu weichen die Angaben des Berufungswerber sowie der Zeuginnen X und X stark voneinander ab:

 

Der Angezeigte und im Wesentlichen gleichlautend seine Lebensgefährtin X schilderten den Sachverhalt dahingehend, dass der Berufungswerber links neben dem Fahrzeug der Anzeigerin mit einem geringen Seitenabstand nach vorne gefahren sei, wobei er auf Höhe des Fahrzeuges der Anzeigerin angehalten habe. Seine Beifahrerin sei ausgestiegen, wobei sie die Tür nicht zur Gänze habe öffnen können, weil sie diese sonst an das Fahrzeug der Anzeigerin angeschlagen hätte. Er habe sein Fahrzeug auf der gleichen Höhe wie die Anzeigerin, ungefähr 2 m vor dem Schutzweg angehalten. Seine Lebensgefährtin sei nach dem Aussteigen zum Schutzweg vorgegangen und habe auf diesem die Fahrbahn überquert und sei dann in die bereitstehende Straßenbahn eingestiegen. Nach dem Abfahren der Straßenbahn und nach dem keine weiteren Fußgänger mehr auf dem Schutzweg waren, habe er seine Fahrt vor dem Fahrzeug der Anzeigerin fortgesetzt. Als er neben der Anzeigerin gestanden sei, habe er gesehen, dass diese offenbar wegen seines knappen Heranfahrens erschrocken sei und nach dem Wegfahren, habe er auch bemerkt, dass sie sich darüber offenbar geärgert habe. Der Berufungswerber räumte ein, dass er gegenüber der Anzeigerin einen zu geringen Seitenabstand eingehalten habe und dass es besser gewesen wäre, gleich gar nicht in den Kreuzungsbereich einzufahren.

 

Die Zeugin X schilderte den Vorfall dahingehend, dass sie auf der Kaarstraße stadteinwärts fahrend ca. eine Autolänge vor dem Schutzweg angehalten habe. Sie sei dabei am äußerst rechten Fahrbahnrand gefahren. Den Schutzweg hätten zahlreiche Fußgänger wegen der in der Haltestelle befindlichen Straßenbahn benutzt. Als sie bereits gestanden sei, sei der Berufungswerber links neben ihr vorbeigefahren und habe schräg vor ihr angehalten, wobei er mit der Fahrzeugfront bereits in den Schutzweg geragt habe. Beim Lokalaugenschein räumte die Anzeigerin dazu ein, dass sie nicht sicher sei, ob der Berufungswerber tatsächlich bereits auf dem Schutzweg gestanden sei oder allenfalls noch unmittelbar vor diesem angehalten habe. Jedenfalls sei er an ihr vorbeigefahren und die Fußgänger, welche den Schutzweg benützten, seien wegen ihm zur Seite gesprungen.

 

Zu diesen unterschiedlichen Angaben ist in freier Beweiswürdigung festzuhalten, dass alle Beteiligten bei der mündlichen Verhandlung grundsätzlichen einen ehrlichen und offenen Eindruck hinterließen. Jede der beiden Schilderungen könnte für sich genommen den Tatsachen entsprechen. Auffällig war beim Lokalaugenschein, dass der Berufungswerber die Zeugin X sofort erkannte, was dafür spricht, dass er ihr bei diesem Vorfall tatsächlich ins Gesicht gesehen hat. Dies ist aber wesentlich wahrscheinlicher, wenn er neben ihr gestanden ist, als wenn er bereits schräg vor ihr gestanden wäre. In diesem Fall hätte er sich extra nach hinten umdrehen müssen, wofür er keinen unmittelbaren Anlass gehabt hätte. Weiters konnte die Zeugin X beim Lokalaugenschein nicht mehr mit Sicherheit angeben, ob der Berufungswerber sein Fahrzeug tatsächlich auf dem Schutzweg angehalten hat. Der Umstand, dass möglicherweise Fußgänger zur Seite gehen musste, bedeutet noch nicht zwangsweise, dass der Berufungswerber den Schutzweg befahren hat, weil allgemein bekannt ist, dass im Bereich einer Straßenbahnhaltestelle Fußgänger auf dem kürzesten Weg zur Straßenbahn eilen und dabei durchaus auch mehrere Meter neben dem Schutzweg die Fahrbahn überqueren.

 

Unter Abwägung aller Umstände verbleiben doch erhebliche Zweifel, dass der Berufungswerber am Fahrzeug der Anzeigerin vorbeigefahren und dabei Fußgänger auf dem Schutzweg behindert hat.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Wie bereits oben dargestellt, ist nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit beweisbar, dass der Berufungswerber tatsächlich am Fahrzeug der Anzeigerin vorbeigefahren ist bzw. dass er mit seinem Fahrzeug erst auf dem Schutzweg zum Stehen gekommen ist. Es ist zwar durchaus möglich, dass die Angaben der Anzeigerin den Tatsachen entsprechen und sich der Vorfall tatsächlich so abgespielt hat. Andererseits ist es aber zumindest gleich wahrscheinlich, dass die Angaben des Berufungswerbers und der Zeugin X richtig sind. Unter diesen Umständen ist nach dem im Strafverfahren geltenden Grundsatz "in dubio pro reo" eine Bestrafung des Berufungswerbers gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG nicht zulässig. Es war daher seiner Berufung stattzugeben.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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