Linz, 22.10.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, vom 11.9.2009, VerkR20-894-1994, nach der am 21.10.2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Entzugsdauer und die ausgesprochenen Verbote mit 4 (vier) Monate festgesetzt werden; im Übrigen wird der Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlagen:
§§ 24 Abs.1 Z1 u. Abs.3 iVm 7 Abs.1 Z1, Abs.3 Z5, 25 Abs.1 und Abs.3, FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 31/2008 Führerscheingesetz – FSG;
§ 66 Abs. 4, § 67d Abs.1 und § 64 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 20/2009;
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem hier angefochtenen Bescheid wurde 1. der Vorstellung keine Folge gegeben.
2. wurde dem Berufungswerber die am 11.07.1977 von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach unter Zahl VerkR-0301/5569/1977 für die Klassen A, B und F erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab dem Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheines (25.07.2009), das ist bis einschließlich 25.01.2010, mangels Verkehrszuverlässigkeit entzogen.
3. Als begleitende Maßnahme wurde die Absolvierung einer Nachschulung bei einer hiezu ermächtigten Stelle bis zum Ablauf der Entziehungszeit angeordnet.
4. Da eine begleitende Maßnahme angeordnet wurde, endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnung.
5. Wurde ihm das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung, die nicht von einem EWR-Staat ausgestellt wurde, auf die Dauer des Entzugs der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Eine von einem EWR-Staat ausgestellte Lenkberechtigung wurde auf die unter Punkt 1. dieses Bescheides ausgesprochene Dauer des Entzugs der österreichischen Lenkberechtigung entzogen.
6. Weiters wurde dem Berufungswerber das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen für die Dauer der unter Punkt 1. dieses Bescheides angeführten Zeit verboten.
7. Eine Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Rechtsgrundlagen: § 24 Abs 1, Ziffer 1, § 24 Abs. 3 FSG, § 25 Abs. 1 und 3, § 26 Abs. 1 § 32 Abs. 1, Ziffer 1, FSG, § 29 Abs. 4 und § 30 Abs. 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 1, Ziffer 1 Führerscheingesetz (FSG), BGBl. Nr. 120/1997 (Teil I) und § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 und § 64 Abs.2 AVG jeweils mit dem Hinweis in der geltenden Fassung.
1.1. Die Behörde erster Instanz tätigte folgende Erwägungen:
2. Dem tritt der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wie folgt entgegen:
3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung im Rahmen eines Ortsaugenscheins schien insbesondere zur Klärung des im angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Unfallverschuldens geboten (§ 67d Abs.1 AVG).
3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes. Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurden vom unfallbeteiligten Radfahrer ein an diesen gerichteter Fragenkatalog beantwortet. Diese Antwort wurde dem Rechtsvertreter und der Behörde erster Instanz mit der Einladung dazu Stellung zu nehmen übermittelt. Dem Verfahrensakt angeschlossen finden sich neben der Unfallmeldung auch Niederschriften der Unfallbeteiligten und Lichtbilder der Polizei. Erhoben wurde der Stand des gerichtlichen Verfahrens durch eine Rückfrage beim der Bezirksanwaltschaft zur GZ: 59 BAZ 451/09y, sowie der Stand der Erhebungen beim der Polizeidienststelle Ulrichsberg, BezInsp. X (AV 12. und 8.10.2009). Anlässlich der im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten Berufungsverhandlung wurde der Berufungswerber zum Unfallgeschehen als Verfahrenspartei gehört. Als Zeuge einvernommen wurde der Gastwirt X.
Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung ebenfalls teil.
4. Zur Sache:
Um Wiederholungen zu vermeiden kann einerseits auf die polizeilichen Ermittlungen verwiesen werden. Andererseits steht der rückgerechnete Alkoholisierungsgrad zum Zeitpunkt der Fahrt sowie das Unfallereignis mit Verletzungsfolgen als unstrittig fest. Die Verfügbarkeit eines Sachausganges des strafgerichtlichen Verfahrens ist dzt. noch nicht absehbar.
Die dort in nicht absehbarer Zeit allenfalls geklärte Vorfrage eines Unfallverschuldens hatte hier die Berufungsbehörde iSd. § 38 AVG selbst vorzunehmen.
Unbestritten ist, dass der Berufungswerber durch einen getätigten Nachtrunk die Sachverhaltsfeststellung nach einem Verkehrsunfall mit Sach- und Personenschaden erschwert hat. Eine unrechtmäßige Entfernung von der Unfallstelle iSd § 4 Abs.2 StVO iVm § 7 Abs.3 Z5 FSG konnte vor dem Hintergrund, dass sich auch der Radfahrer im Ergebnis zeitlich mit dem Berufungswerber von der Unfallstelle entfernte nicht nachgewiesen werden.
4.1. Der Berufungswerber bog mit seinem Fahrzeug etwa 30 m vor der späteren Kollisionsstelle in die Forststraße Schöneben ein. Diese weist in Fahrtrichtung des Berufungswerbers eine Steigung von geschätzten 10% auf. Er hatte glaubhaft an dieser Stelle noch den ersten Gang eingelegt, sodass die Fahrgeschwindigkeit als sehr gering angenommen werden kann. Die Gefahrensichtweite in der Fahrtrichtung des Berufungswerbers wurde mit etwa 40 m festgestellt.
Angesichts dieser örtlichen Verhältnisse ist es dem Berufungswerber darin zu folgen, dass er zum Zeitpunkt der Kollision, mit dem offenkundig mit erheblicher Geschwindigkeit und mit einem Fahrverbot für Radfahrer versehenen talwärts führenden Straße bereits gestanden ist. Die Kollision des Radfahrers an der rechten Seite seines Fahrzeuges lässt ferner auf die Benützung der linken Straßenseite schließen. Der Berufungswerber spricht von zwei Radfahrern die ihm begegnet waren, wobei der zweite rechts an seinem Fahrzeug vorbeigefahren wäre. Dies bestreitet wohl der unfallbeteiligte Radfahrer. Aber auch der Zeuge X, der Betreiber der Raststätte X, konnte sich an zwei Radfahrer erinnern, die er vor dem Unfall fahren gesehen habe, welche er als Teilnehmer des Trainingscamps vermutete.
Später, gegen 11:00 Uhr, so der Zeuge, sei dann der Berufungswerber zu ihm gekommen und habe ihm von diesem Vorfall erzählt. Der Zeuge habe den Berufungswerber dann dahingehend beraten sofort die Polizei zu verständigen. Dies habe er dann von seinem Handy aus versucht, wobei er selbst außerhalb des Lokals nicht sogleich einen Netzverbindung gehabt habe. Auch im Rahmen der Berufungsverhandlung war festzustellbar, dass an besagter Stelle die Netzverbindung unterbrochen war.
Als schließlich der eine Telefonverbindung mit der Polizei erreicht werden konnte wurde offenbar zwischenzeitig die Polizei auch von einer Betreuerin des Trainingscamps über das Unfallgeschehen informiert.
In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die Unfallstelle maximal 300 m vom Trainingscamp entfernt gelegen ist. Demnach hätte der Zweitbeteiligte die Polizei bereits deutlich früher als dem Berufungswerber dies möglich war verständigen können. Letzter hatte einen deutlich längeren Anfahrtsweg zur Raststätte hinauf als der Radfahrer zum Trainingscamp.
Hinzuweisen ist auf den Umstand, dass die Zeitangaben in der Anzeige gewisse Unschärfen mit den durchaus glaubwürdigen Angaben des Berufungswerbers und dem Zeugen X bei der Berufungsverhandlung aufweisen.
Den Berufungsausführungen kann letztlich daher insofern gefolgt werden, als von einem Unfallverschulden seitens des Berufungswerbers, zuletzt auf Grund des Ergebnisses des Ortsaugescheins, selbst nicht aus dem Inhalt der Stellungnahme des Unfallsbeteiligten X ausgegangen werden kann. Ein solches ist vielmehr als unwahrscheinlich zu bezeichnen. Der Berufungswerber konnte sogar mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit den Unfall nicht verhindern, wobei ihm auch darin geglaubt wird, dass ihm zwei Radfahrer entgegen gekommen sind.
Offenkundig ist der Radfahrer X auf dem in einem Gefälle führenden Verlauf des bloß geschotterten Forstweges so schnell unterwegs gewesen, dass er die Kollision mit dem plötzlich etwa 40 m vor ihm als stehendes Hindernis auftauchenden Pkw stieß. Da der Anstoß links erfolgte lässt dies entweder auf eine außer Kontrolle geratene Situation des Fahrrades oder auf dessen Benützung der linken Straßenseite schließen.
Im übrigen war der Radfahrer nicht befugt die Forststraße zu benützten, sodass neben einer vermutlich nicht den Sicht- u. Straßenverhältnissen angepassten Fahrgeschwindigkeit auch darin zumindest auch eine Normenverstoß des Radfahrers zu erblicken ist. Der Berufungswerber musste folglich keineswegs mit einem derartigen Gegenverkehr rechnen. Zum Zeitpunkt des Einbiegens konnte der Berufungswerber den oder die Radfahrer mit Sicherheit noch nicht sehen.
Zuletzt kann dahingestellt bleiben, ob zum Unfallszeitpunkt allenfalls ein zweiter Radfahrer in diesem Bereich unterwegs war. Hier gehen die Darstellungen der Beteiligten auseinander. Aber in diesem Punkt unterstützt die Wahrnehmung des Zeugen X der zur fraglichen Zeit in diesem Bereich zwei Radfahrer gesehen hatte.
Auch der Vertreter der Behörde erster Instanz teilte im Rahmen seines Schlussvortrages die Auffassung von keinem Unfallverschulden des Berufungswerbers.
Das der Berufungswerber nach dem Unfall letztlich nicht aus dem Auto stieg begründet er damit, dass ihm der Radfahrer unverletzt geblieben erschien und dieser eine Verletzung verneint haben soll. Nachdem dieser somit in keine erkennbare Interaktion trat und er sein Fahrrad sogleich wieder aufstellte und so die Weiterfahrt signalisierte, kann dem Berufungswerbers jedenfalls keine Absicht der Fahrerflucht zugesonnen werden. Dem steht auch die ehest möglich versuchte Verständigung der Polizei entgegen.
Warum er andererseits trotz eines erheblichen Schadens an seinem Fahrzeug sich offenbar auch nicht aktiv um die Identität des Radfahrers kümmerte ist gerade nicht logisch zu erklären. Dies könnte allenfalls in der ihm selbst bewusst gewesenen Alkoholisierung motiviert gewesen sein. Wahrscheinlich ist aber, dass sich beide unbedacht von der Unfallstelle entfernten.
So gelangte die Polizei schließlich durch den Zeugen X und gemäß dem Ergebnis der Berufungsverhandlung ziemlich zeitlich auch durch den Radfahrer X über das Trainingslager vom Unfall offenkundig bereits vor 11:40 Uhr Kenntnis. Wenn mit der Unfallaufnahme bei der Schutzhütte bereits um 11:45 Uhr begonnen wurde, die Anfahrtszeit dorthin von Ulrichsberg einen deutlich längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, müsste die Verständigung wohl doch deutlich früher erfolgt sein.
Um 12:05 wurde bereits die Atemluftuntersuchung durchgeführt. Der Unfall ereignete sich laut Polizeimeldung „gegen 10.45 Uhr“.
Der Berufungswerbervertreter nahm vereinbarungsgemäß mit dem Berufungswerber an der Berufungsverhandlung nicht teil.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
Wie von der Behörde erster Instanz an sich zutreffend ausgeführt, gilt nach § 7 des Führerscheingesetzes als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3 leg.cit.) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, ....
Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 leg.cit. hat insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat (§ 7 Abs.3 Z1 FSG).
6.2. Für die Wertung gemäß § 25 Abs.3 und zusätzlich der in § 7 Abs.3 FSG beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Der Gesetzgeber beurteilt für den hier verfahrensgegenständlichen Alkoholisierungsgrad die Dauer der Verkehrunzuverlässigkeit mit drei Monaten. Als zusätzliches von der Behörde vorzunehmendes Wertungskriterium vermag hier, im Gegensatz zur ursprünglichen Sichtweise der Behörde erster Instanz, ein Unfallverschulden des Berufungswerbers nicht erblickt werden. Die Umstände, dass es an der Unfallstelle nicht verweilte wird zwischen den Beteiligten divergent dargestellt. Faktum ist, dass auch der Berufungswerber einen Schaden erlitt und ihm daher ein klares Fluchtmotiv nicht zugedacht werden kann. Ebenfalls wurde der Unfall auch der Polizei ehest zu melden versucht, was jedoch wegen der dort bestehenden Netzproblemen nicht gelungen ist. Sehr wohl wirkte der nach dem Unfall getätigte Alkoholkonsum der Sachverhaltsfeststellung iSd § 4 Abs.1 lit.c StVO entgegen. Nicht abschließend geklärt ist, wer den Unfallort zuerst verlassen hat, wobei laut Angaben des Radfahrers der Berufungswerber, ohne sich näher mit seinem Unfallgegner einzulassen und aus dem Fahrzeug auszusteigen, die Fahrt zur Schutzhütte X fortgesetzt habe. Dies erklärt der Berufungswerber mit dem Verhalten des Radfahrers welcher eine Verletzung verneint hätte. Letztlich hat der Radfahrer dem Berufungswerber eine Verletzung und ein Verbleiben an der Unfallsstelle zumindest auch nicht signalisiert. Ebenfalls hätte er den Unfall, ob der Nähe zum Trainingscamp, deutlich früher melden hätte können als er dies getan hat.
In Beurteilung des Vorfalles kann daher unter Bedachtnahme auf seine "Ersttäterschaft", jedoch in Verbindung mit dem Nachtrunk als Fehlverhalten iSd § 4 Abs.1 lit.c StVO als Wertungskriterium, wenn nicht mit der Mindestentzugsdauer von drei Monaten, so doch mit einer von nur vier Monaten das Auslangen gefunden werden.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r