Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522412/2/Kof/Th

Linz, 29.10.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X,
geb. X, vertreten durch X gegen den Bescheid
der Bundespolizeidirektion Linz vom 28.08.2009, AZ: FE-601/2009 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Aberkennung des Rechts,
von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als

-         die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung

-         das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges  und

-         die Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen

für den Zeitraum 4. Oktober 2009 (= Datum der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides)  bis einschließlich 24. Juni 2010

herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und
der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z11 und
7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008    

           (= FSG idF vor der 12. FSG-Novelle BGBl.I Nr. 93/2009)

§ 32 Abs.1 Z1 FSG

§ 30 Abs.1 FSG

§ 64 Abs.2 AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrzuverlässigkeit

-         die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 12 Monaten – gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides (= 4. Oktober 2009), somit bis einschließlich 04. Oktober 2010 – entzogen,

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken
eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges verboten   und

-         für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Einer allfälligen Berufung gegen diese Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG
die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 12.10.2009 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese nicht beantragt hat;  VwGH v. 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 15.06.2009, 27 Hv 79/09h wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels

-         nach § 28a Abs.1 4. Fall und Abs.2 Z3 SMG idF BGBl. I Nr. 110/2007 und

-         nach § 28a Abs.1 5. und 6. Fall SMG

zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten –  davon: 6 Monate unbedingt und
14 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren – verurteilt.

 

Grund für dieses Verurteilung war, dass der Bw

-         am 23.03.2009 bzw. 24.03.2009 in T. vorschriftwidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge einem verdeckten Ermittler des Bundesministerium für Inneres angeboten hat, wobei er diese Straftat in Bezug auf Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge (großen Menge) beging und

-         am 24.03.2009 – gemeinsam mit zwei namentlich bekannten Mittätern –  in L. dem verdeckten Ermittler insgesamt 299,3 g Kokain (enthaltend: 80,82 g Reinsubstanz) zum Grammpreis von 60 Euro verkauft und übergeben hat.

 

Dieses Urteil ist – siehe die im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltene "Strafkarte" – am 15.06.2009 in Rechtskraft erwachsen.

 

Bei der Strafbemessung waren mildernd:

Das umfassende und reumütige Geständnis sowie die Unbescholtenheit.

 

Bei der Strafbemessung war erschwerend:

Das Zusammentreffen von Verbrechen.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist an dieses rechtskräftige Gerichtsurteil gebunden;

VwGH v. 6.4.2006, 2005/11/0214;  v. 6.7.2004, 2002/11/0163; v. 20.2.2001, 98/11/0317; vom 14.11.1995, 95/11/0215; vom 27.6.1995, 95/11/0004;

vgl. auch vom 24.1.2008, 2007/03/0247 mit Vorjudikatur  sowie

OGH – verstärkter Senat vom 17.10.1995, 1 Ob 612/95.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder
Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens
drei Monaten festzusetzen. 

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit
zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 SMG
(= nunmehr § 28a SMG, BGBl.I Nr. 112/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I
Nr. 110/2007) begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur vom 6.4.2006, 2005/11/0214.

 

Zum Vorbringen des Bw in der Berufung: "Festgehalten wird, dass der Einschreiter nie in einem die Fahrtauglichkeit beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt hat" ist auszuführen, dass die gegenständliche Entziehung
der
Lenkberechtigung nicht wegen des Konsums von Suchtgift und/oder des Lenkens eines KFZ in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand, sondern einzig und allein wegen des Suchtgifthandel erfolgt.

 

Der Suchtgifthandel mit Kokain zeichnet sich im Hinblick auf Art und Menge des Suchtgiftes durch eine sehr große Verwerflichkeit aus, ist dieses Suchtgift doch geeignet, zahlreiche Menschen in ihrer Gesundheit schwer zu beeinträchtigen;  VwGH vom 21.11.2000, 2000/11/0199.

 

Die Begehung von Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz wird durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert. Es kommt daher nicht darauf an, ob konkret Kraftfahrzeuge verwendet worden sind oder nicht;

VwGH vom 16.05.1997, 97/11/0078 mit Vorjudikatur.

 

Der Bw bringt weiters vor:

"Unberücksichtigt blieb, dass der Einschreiter sich nach der Straftat ordentlich verhalten hat, woraus zu schließen ist, dass der Einschreiter wieder sozialisiert wurde. Dieser spezialpräventiven Wirkung des Urteils blieb unberücksichtigt."

 

Dies ist zwar –  gemäß erstinstanzlichem Verfahrensakt – zutreffend, dennoch ist darauf hinzuweisen, dass bei der Suchtgiftkriminalität die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist;

VwGH vom 24.09.2009, 2009/18/0317 mit Vorjudikatur.

Die jahrzehntelange Rechtssprechung des VwGH, wonach Haftzeiten in die Entziehungsdauer nicht einzurechnen sind, ist mittlerweile überholt.

In den letzten Jahren hat der VwGH wiederholt im Ergebnis ausgesprochen,
dass Haftzeiten in die Entziehungsdauer miteinzubeziehen sind;

Erkenntnisse vom 29.4.2003, 2002/11/0161; vom 21.2.2006, 2003/11/0025;

vom 21.2.2006, 2004/11/0129; vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

vom 21.3.2006, 2005/11/0196;  vom 18.12.2006, 2006/11/0076.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.3.2006, 2005/11/0196; vom 22.2.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.3.2006, 2005/11/0153; vom 27.3.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Der Bw hat das strafbare Verhalten bzw. die Tathandlungen am 23. u. 24.03.2009 begangen. –

Die Verkehrsunzuverlässigkeit ist daher ab 24. März 2009 zu bemessen.

 

Betreffend die Dauer der Verkehrunzuverlässigkeit wird insbesondere auf das Erkenntnis des VwGH vom 22.02.2007, 2005/11/0190 verwiesen:

 

Der do. Beschwerdeführer hat insgesamt 150 bis 200 g Kokain in Verkehr gesetzt und wurde deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten – davon 4 Monate unbedingt und 16 Monate bedingt – verurteilt.

 

Der VwGH hat in diesem Erkenntnis ausgeführt, dass die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen sind.

 

Aufgrund der Tatsache, dass

-         das Strafgericht den sofortigen Vollzug des größten Teiles der Freiheitsstrafe nicht als erforderlich angesehen hat und

-         der Bw durch Verbüßen dieses Teiles der Freiheitsstrafe davon abgehalten werden könne, in Zukunft weitere strafbare Handlungen dieser oder ähnlicher Art zu begehen

hat der VwGH eine Dauer der Verkehrunzuverlässigkeit – gerechnet ab Tatende – von insgesamt etwas mehr als 20 Monaten als zu lange erachtet.

 

Der vorliegende Fall ist mit dem im Erkenntnis vom 22.02.2007, 2005/11/0190 angeführten Fall – insbes. aufgrund der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, davon 6 Monate unbedingt und 14 Monate bedingt – vergleichbar bzw. beinahe identisch.

 

Beim Bw wird daher die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit mit 15 Monaten –
ab Datum der Tat (= 24. März 2009) – bemessen und somit die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung bis einschließlich 24. Juni 2010 festgesetzt.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z.1 FSG ist Personen, welche nicht iSd § 7 leg.cit verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.

Dem Bw war daher bis zum Ablauf der nunmehr neu festgesetzten Entziehungsdauer das Lenken eines in § 32 Abs.1 FSG genannten KFZ zu verbieten.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von – allfällig bestehenden – ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen;

VwGH vom 17.3.2005, 2005/11/0057.

Dem Bw war daher bis zum Ablauf der nunmehr neu festgesetzten Entziehungsdauer das Recht abzuerkennen, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in der zitierten Rechtsgrundlage (§ 64 Abs.2 AVG) begründet;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E 24 zu
§ 64 AVG (Seit 1222f) zitierte Judikatur des VwGH.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen -
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Handel mit Kokain – Entziehung der Lenkberechtigung – Entziehungsdauer

 

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