Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222289/6/Kl/Pe

Linz, 28.10.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.3.2009, Ge96-40-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 , zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben und der Ausspruch über die Geldstrafe, Ersatzfreiheitsstrafe und den Verfahrenskostenbeitrag aufgehoben.

 

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 22, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.3.2009, Ge96-40-2009, wurde über Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z25 GewO 1994 verhängt. Dieses Straferkenntnis ist im Grunde eines Einspruches gegen die Strafhöhe der mit Strafverfügung vom 17.2.2009 verhängten Geldstrafe ergangen. Es wurde die verhängte Geldstrafe bestätigt, die Strafverfügung dahingehend abgeändert, dass für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden festgesetzt wurde und dem Einspruchswerber ein Kostenbeitrag von 10 % der Strafe auferlegt wurde.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und noch einmal die Strafhöhe bekämpft. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Areal „x“ ein Grundausmaß von 12.000 und eine Lagerfläche von insgesamt 9.000 m² hätte und der Bw das Objekt für Lagerungen in mehreren Bauphasen umfunktioniert hätte. Bedingt durch das riesige Ausmaß an Flächen, hätten die Mieter mehrmals gewechselt bzw. seien auch nur Teilflächen an verschiedenste Mieter weitervermietet worden. Durch die jahrzehntelange Tätigkeit käme es naturgemäß zu  unzähligen behördlichen Auflagen im Rahmen der Betriebsanlagengenehmigungen. Nur so sei zu sehen und zu verstehen, dass daraus Verwaltungsstrafverfahren resultieren, die oft dadurch entstanden sind, dass sich diese Auflagen nur mit hohem finanziellem Aufwand reparieren ließen und es dadurch zu Zeitverzögerungen kam. Dem Bw fehle es aber jedenfalls nicht an dem entsprechenden Unrechtsbewusstsein. Jedenfalls seien durch die Nichtbeachtung von Vorschriften nie Gesundheitsgefährdungen oder Gefährdungen von Leben und Leib von Menschen eingetreten. Der Bw beziehe eine Gewerbepension und habe das Objekt großteils fremdfinanziert und seien daher noch hohe Rückzahlungen zu tätigen. Es werde daher um eine größtmögliche Ermäßigung des Strafausmaßes ersucht.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung und nach Aufforderung den entsprechenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 367 Z25 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass dadurch, dass § 367 Z26 GewO 1973 (entspricht nunmehr § 367 Z25 GewO 1994) auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltende Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes wird. Solcherart aber stellt die Nichteinhaltung jedes einzelnen Gebotes oder Verbotes eine eigene nach dieser Bestimmung zu ahndende Verwaltungsübertretung dar, wobei unter den Voraussetzungen des § 22 Abs.1 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen sind (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1390 mit Judikaturnachweisen). Nach dem sich aus § 22 VStG ergebenden Kumulationsprinzip sind bei Vorliegen einer Mehrheit von Übertretungen mehrere Strafen nebeneinander zu verhängen. Die Verhängung einer Gesamtstrafe für alle oder mehrere Übertretungen ist rechtswidrig (Hauer/Leukauf, Seite 1387). Zufolge des im Verwaltungsstrafverfahrens geltenden Kumulationsprinzips ist für jedes Delikt eine eigene Strafe zu verhängen. Wird für mehrere Delikte nur eine einzige Strafe ausgesprochen, so ist nicht erkennbar, wie hoch das Ausmaß der Strafe für jede einzelne der verschiedenen Übertretungen ist. Dies beinhaltet einen Verstoß gegen § 44a Z3 VStG (Hauer/Leukauf, Seite 1333 mit Judikaturnachweisen).

 

Auch im gegenständlichen Tatvorwurf in der Strafverfügung vom 17.2.2009 wurde dem Bw die Nichteinhaltung von Bescheidauflage 1, 2, 4, 5 und 7 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16.5.2007, Ge-33137-1993-He, also eine Übertretung in fünf Fällen vorgeworfen. Entsprechend der vorzitierten Judikatur wären daher im Sinne des Kumulationsprinzips nach § 22 VStG für jede Übertretung eine gesonderte Geldstrafe und auch gesonderte Freiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 VStG zu verhängen gewesen. Die belangte Behörde hat in der Strafverfügung aber eine Gesamtgeldstrafe von 365 Euro verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe nicht vorgesehen.

 

Da es sich bei den einzelnen nicht eingehaltenen Bescheidauflagen aber nach dem Unrechtsgehalt der Tat um verschieden schwerwiegende Delikte handeln kann, aus dem gesamten Verwaltungsstrafverfahren aber nicht hervorgeht, wie die belangte Behörde diese Verwaltungsübertretungen jeweils nach der Schwere gewichtet, konnte eine entsprechende Korrektur im Sinn einer Aufteilung der Gesamtstrafe auf fünf einzelne Verwaltungsübertretungen nicht vorgenommen werden. Insbesondere ist auf das im Rechtsmittelweg geltende Verschlechterungsverbot (§ 49 Abs.2 letzter Satz und § 51 Abs.6 VStG) hinzuweisen. Es kann daher eine Aufteilung der Gesamtgeldstrafe schon aus diesem Grunde nicht stattfinden, ohne Gefahr zu laufen, gegen das Verschlechterungsverbot zu verstoßen.

 

Hinsichtlich des Abspruches über den Ausspruch einer Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden allerdings wird ebenfalls auf das Verschlechterungsverbot hingewiesen. In der Strafverfügung war keine Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen und ist es daher nicht gestattet, nunmehr eine Ersatzfreiheitsstrafe vorzusehen.

 

Weil aber der Strafausspruch ersatzlos aufgehoben wurde, entfällt auch der Ausspruch über einen Verfahrenskostenbeitrag in erster Instanz gemäß § 64 VStG.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war gemäß § 66 Abs.1 VStG kein Verfahrenskostenbeitrag aufzuerlegen.

 

7. Die belangte Behörde wird weiters darauf hingewiesen, dass gemäß § 10 Abs.1 AVG, welcher auch im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 24 VStG zur Anwendung gelangt, sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen können. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Allerdings kann die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung u.a. durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten (§ 10 Abs.4 AVG).

Die Vertretungsvollmacht beinhaltet gleichzeitig auch die Zustellungsvollmacht.

 

Gemäß § 9 Abs.3 Zustellgesetz hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Es wäre daher ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Vollmachtsverhältnisses mit Eingabe des Einspruches gegen das Strafausmaß das Schriftstück dem Vertreter als Empfänger zuzustellen, so z.B. auch der nunmehr angefochtene Bescheid vom 5.3.2009. Wird daher irrtümlich der Vertretene anstelle des Zustellungsbevollmächtigten als Empfänger bezeichnet, ist eine Zustellung an diesen zunächst nicht wirksam. Allerdings ist gemäß der Regelung des § 9 Abs.3 letzter Satz Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 idF der Novelle BGBl. I Nr. 5/2008, geregelt, dass die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt gilt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich  zugekommen ist. Es ist daher die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 13.3.2009 an den Bw mit Zukommen des Bescheides an den Bevollmächtigten geheilt und wirksam geworden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: mehrere Delikte, Kumulationsprinzip, Verschlechterungsverbot

 

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