Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281167/29/Kl/Pe

Linz, 22.10.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 25.6.2009, Ge96-100-2008, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 3.9.2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.  Der Berufung wird insofern stattgegeben, als das Straferkenntnis  zu Spruchpunkt 4 und 5 aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.

Zu den übrigen Spruchpunkten 1, 2 und 3 wird die Berufung hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift zu lauten hat: „§§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007 iVm

1.    § 14 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007,

2.    § 6 Abs.1 BauV und

3.    § 106 Abs.3 BauV“.

Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern stattgegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben wird.

Die Verwaltungsstrafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG hat zu lauten: „jeweils § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG“.

 

 

II. Der Kostenbeitrag erster Instanz beträgt 400 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafen. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 16, 19, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64, 65 und 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 25.6.2009, Ge96-100-2008, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) Geldstrafen von 1) 1.500 Euro, 2) 1.000 Euro, 3) bis 5) je 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen, wegen Übertretungen gemäß 1) § 14 Abs.1, 2) § 6 Abs.1, 3) § 106 Abs.3 und 4) § 7 Abs.4 BauV sowie 5) § 33 Abs.3 Z1 ASchG verhängt und es wurde ihm folgender Tatvorwurf angelastet:

„Sie haben es als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 23 Abs.1 ArbIG iVm § 9 Abs.2 VStG der x, der Arbeitgeberin zu verantworten, dass wie im Zuge von Überprüfungen der Baustelle ‚Innbrücke der x’ in x durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Innsbruck am 26.08. und 28.08.2008 festgestellt wurde,

1) keine technischen Maßnahmen gegen die Annäherung von Kränen an die Hochspannungsversorgung der x veranlasst wurden,

2) die Verkehrswege nicht frei von Lagerungen waren, am orographischen rechten Ufer nur teilweise mittels eines baufälligen Zaunes gegen Absturz gesichert waren und die verwendeten Unterlagen, wie Schaltafeln nicht tragfähig und gegen Verschieben gesichert waren,

3) zur Sicherung gegen Absturz und Rettung vor dem Ertrinken aus dem Inn lediglich ein Rettungsring am rechten Ufer vorhanden war,

4) ein Arbeitnehmer ohne Sicherung gegen Absturz und ohne Schwimmwesten auf einer teilweise schwebenden Last direkt über dem Inn zu den Anschlagpunkten für den Kran kletterte um die Last umzuhängen und

5) keine geeigneten Hubarbeitsbühnen aufgestellt waren, die ein sicheres Arbeiten am Übergabeort der Last ermöglicht hätten.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Spruch des Straferkenntnisses keine ausreichende Tatzeitfestlegung im Sinn des § 44a VStG enthalte, weil als Tatzeitpunkt der 26.8. und 28.8.2008 festgehalten wurde, dagegen aber nicht aus dem Spruch hervorgehe, ob sämtliche Tatvorwürfe an beiden angeführten Überprüfungstagen begangen worden seien. Bereits aus dem Sachverhalt ergäbe sich, dass der Tatzeitpunkt nicht richtig beschrieben sei. Auch habe die Behörde kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt, insbesondere sei sie der Rechtfertigung, dass der Kranausleger am 28.8.2008 abmontiert war, nicht nachgekommen. Auch sei für jeden Mitarbeiter eine persönliche Sicherheitsausrüstung bereit gestellt worden, insbesondere auch eine Schwimmweste. Die x sei im Übrigen nur als Subunternehmer für die ARGE x Innbrücke-x auf der Baustelle tätig gewesen und habe die Stahlbrückenbauarbeiten ausgeführt. Verantwortlicher Bauleiter der ARGE war x von der Firma x. Diese war auch für die Baustellenkoordination im Sinn des Baustellenkoordinationsgesetzes verantwortlich. Der Kran sei von der x aufgestellt worden, wobei zu diesem Zeitpunkt seitens der x die Stromzufuhr unterbrochen gewesen sei, sodass keine Gefahr im Fall einer Berührung der Hochspannungsleitung bestanden hätte. In der Folge hätte die x die Hochspannungsleitung auf die flussabwärtige Seite verlegen sollen, wurde dies aber von der x in der Folge nicht durchgeführt. Um eine Gefährdung der Mitarbeiter hintanzuhalten, habe der Beschuldigte veranlasst, die Gegenausleger abzumontieren. Dadurch hätte die allfällige Berührung von Kranteilen mit der Stromleitung hintangehalten werden können. Zur Freihaltung der Verkehrswege wurde vorgebracht, dass gleichzeitig mit der x auch Arbeiten von der Firma x bzw. x auf der Baustelle durchgeführt worden seien. Diese hätten den baufälligen Zaun errichtet und die Schaltafeln aufgestellt. Mitarbeiter der Firma x hätten auf diesem Teil der Baustelle weder gearbeitet noch diesen Teil der Baustelle betreten müssen. Die Firma x sei mit der Unterkonstruktion der Stahlbrücke beauftragt worden, Erd- und Betonarbeiten wurden vom Generalunternehmer bzw. anderen Subunternehmen durchgeführt. Es seien daher andere Firmen gleichzeitig anwesend gewesen. Diese hätten herangezogen werden müssen. Zu den weiteren Anschuldigungspunkten sei vorzubringen, dass Rettungsringe bzw. Schwimmwesten vorhanden gewesen seien und die Mitarbeiter auch angehalten waren, die persönliche Schutzausrüstung zu tragen. Hiezu seien Anweisungen ergangen und seien diese auch kontrolliert worden. Auch der Polier x sowie die übrigen Mitarbeiter seien laufend instruiert worden, die notwendige Sicherheitsausrüstung zu tragen und Arbeiten nicht ungesichert durchzuführen. Auch seien regelmäßige Schulungen ergangen. Zur nicht geeigneten Hubarbeitsbühne wurde schließlich vorgebracht, dass zum Zeitpunkt der Überprüfung lediglich die zwischengelagerten Träger gesichert worden seien und hiefür die vorhandene Arbeitsbühne ausgereicht hätte. Für die weiteren Arbeiten, nämlich die Befestigung der Mittelteile, sei geplant gewesen, einen Kran aufzustellen. Es könne daher kein Fehlverhalten vorgeworfen werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die Anzeige und dieser angeschlossenen Fotos sowie Schriftsätze und durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3.9.2009, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde, die sich entschuldigt hat, erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen x, x und x geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Mit Urkunde vom 6.6.2006 wurde der Bw zum verantwortlichen Beauftragten der x für die Einhaltung des ArbIG und aller Arbeitnehmerschutzvorschriften für das gesamte Österreich für den Stahlbrückenbau bestellt und hat dieser Bestellung zugestimmt. Seit 1.1.2009 ist er nicht mehr Mitarbeiter der Firma x und unterhält sein eigenes Unternehmen, die x in x, welche ebenfalls im Bereich Stahlbrückenbau tätig ist. Die Bestellungsurkunde wurde auch dem Arbeitsinspektorat Innsbruck übermittelt. Die Baustelle „Innbrücke der x“ in x wurde durch die x Ende Juli 2008 begonnen. Generalunternehmer auf der Baustelle war die ARGE x Innbrücke x, bestehend aus x und x. Die Stahlbrückenbauarbeiten wurden in sub an die x vergeben. Es wurde zunächst der Austausch des alten Tragwerkes durchgeführt. Am 25.8.2008 war der Beginn der Stahlbaumontage. Bauleiter der ARGE war x, welcher aber nicht zum Baustellenkoordinator bestellt war. Es gab einen SiGe-Plan, welcher auch der x übermittelt wurde. Die Bauaufsicht wurde von der x selbst durchgeführt. Der Bw war Bereichsleiter der x und als solcher nur sporadisch auf der Baustelle. Vor Beginn der Arbeiten war er zum Zweck der Besichtigung auf der Baustelle, dann einmal pro Woche bzw. 14-tägig oder je noch Notwendigkeit. Die Unterweisung der Mitarbeiter erfolgte durch den Bauleiter, Herrn x bzw. Herrn x. Es erfolgte eine allgemeine Sicherheitsanweisung für den Stahlbau. Diesen unterstellt war der Polier Herr x. Die Einweisungen und Schulungen werden durch die Bauleiter durchgeführt. Der Polier hat die Baustelle allein betreut. Vor Beginn der Baustelle gab es mit ihm eine Besprechung über die Sicherheit, nämlich die speziellen Gefahren, auch hinsichtlich Niedrigwasser des Inns. Es wurde auch darüber gesprochen, dass ein Sicherungsseil über den Inn gespannt wird, allerdings bei Arbeitsbeginn der x war dieses Seil nicht mehr da. Nach Erachten des Poliers war das Seil auch aufgrund des niedrigen Wasserstandes, nämlich nach seinen Angaben ca. 15 cm, nicht erforderlich. Er war darüber informiert, dass es Schwallwasser geben könne. Es wurde von ihm auf steigendes Wasser geachtet. Der Bauleiter, Herr x, war nicht immer auf der Baustelle, sondern kam ca. einmal pro Woche zur Baubesprechung auf die Baustelle.

Bei der Kontrolle am 26.8.2008 war der Polier anwesend, nicht jedoch der Bauleiter und der Bw. Der Bw wurde durch den Polier über diese Kontrolle telefonisch informiert. Bei der weiteren Kontrolle des Arbeitsinspektorates am 28.8.2008 war der Bw anwesend. Am Vorabend, dem 27.8.2008, kam es zum Eklat mit dem ÖBB. Am 28.8.2008 wurde die Baustelle von der x geräumt und wurde das Betreten der Baustelle auch durch die x untersagt. Es wurde die Baustelle für Arbeiten in den Gefahrenbereichen durch das Arbeitsinspektorat gesperrt.

 

Die Beanstandungspunkte zu Spruchpunkt 1, 2, 3 und 5 wurden vom Arbeitsinspektorat am 26.8.2008 wahrgenommen. Es wurden die Fotos 1, 2 und 4 am 26.8.2008 vom Arbeitsinspektorat angefertigt. Das Foto 3 wurde vom Arbeitsinspektortat am 28.8.2008 morgens bei der Zusammenkunft mit der x übergeben. Das Foto 5 wurde vom Arbeitsinspektorat am 28.8.2008 aufgenommen und wurde an diesem Tag im Wesentlichen die Behebung der wahrgenommenen Mängel kontrolliert. Dabei wurde festgestellt, dass die Mängel zu Punkt 1, 2 und 3 noch nicht behoben waren. Wie das Foto 3 ist auch das Foto 6 und 7 von den x und wurden letztere Fotos am 27.8.2008 aufgenommen und am 28.8.2008 dem Arbeitsinspektorat übergeben.

Am 26.8. und 28.8.2008 waren keine Sicherheitsmaßnahmen gegen die Annäherung von Kränen an das Hochspannungsversorgungskabel der ÖBB vorhanden und wurden bei der Begehung auch keine Sicherungsmaßnahmen vom Polier dem Arbeitsinspektorat mitgeteilt. Es wurde lediglich mitgeteilt, dass ein Aufsichtsmann von der x aufpasst, dass keine Berührung passiert. Auf dem Foto 4 und 5 ist an der Brücke die Hochspannungsleitung erkennbar. Dabei handelt es sich um eine Versorgungsleitung für die Oberleitung der x. Es war geplant, dass diese Hochspannungsleitung auf die andere Seite verlegt werden sollte, dies wurde aber tatsächlich nicht ausgeführt. Während bis zum 25.8.2008 eine Verkehrssperre bestand, wurde am 25.8.2008 die Leitung wieder eingespeist. Dies war dem Polier auch bekannt. Bei dem Kran handelte es sich um einen mobilen Kran, der durch eine Bewegung in die Hochspannungsleitung geraten kann. Am 26.8.2008 handelte es sich um einen Kran mit Auslegern und war zunächst der Vorschlag, dass ein Seil als Abgrenzung zum Strom führenden Kabel angebracht werden sollte. Dieses Seil wurde dann nicht gespannt. Die Ausleger befanden sich nach hinten hinaus und waren daher nicht im Sichtbereich des Kranführers. Die Ausleger des Krans wurden nach dem 26.8.2008, also wahrscheinlich am 27.8.2008, hinzugeklappt. Dieser Vorgang nimmt einige Zeit in Anspruch und ist nicht nur auf Knopfdruck möglich. Der mobile Kran ist auch auf dem Foto 4 und 5 im Vordergrund ersichtlich. Am 28.8.2008 war auch noch ein weiterer Kran vorhanden (Foto 5). Der Kran könnte schon aufgrund eines Fahrfehlers jemanden gefährden. Der mobile Kran stand fix auf Platten, es konnte aber seine Position verändert werden.

 

Am 26.8. und 28.8.2008 waren Verkehrswege nicht frei von Lagerungen und waren Gegenstände nur mittels eines baufälligen Zaunes gesichert. In diesem Bereich sind auch Stahlbauttraversen der Firma x abgelegt. Im Hintergrund des Fotos 1 ist die Situation sowie ein Verkehrsweg, der die Böschung hinunterführt, ersichtlich. Es ist dort auch der Kran ersichtlich und von dort aus wird die Traverse angehängt. Dieser Verkehrsweg wird auch Richtung Widerlager benutzt. Zu den Ausführungstätigkeiten der x gehörte auch die Sanierung der Widerlager und sodann das Einschieben der Brückenteile. Auch waren die beim Kran verwendeten Unterlagen wie Schaltafeln nicht tragfähig und nicht gegen Verschieben gesichert. Auf diesem Wege gelangte man auf ein Podest der Firma x. Es handelte sich ebenfalls um eine Verkehrsfläche für weitere Arbeiten im Stahlbau, nämlich die Sanierung der Widerlager.

 

Sowohl am 26.8. als auch am 28.8.2008 war trotz Arbeiten über oder am Inn keine Sicherung gegen Absturz getroffen und wurden von den Arbeitnehmern keine selbstaufblasenden Schwimmwesten getragen. Als Sicherungsmaßnahme war lediglich ein Rettungsring am rechten Ufer vorhanden. Dazu zeigt das Foto 4, dass ein Arbeitnehmer am 26.8.2008 in einem Arbeitskorb weder angeseilt war noch eine Schwimmweste trug. Das Foto 3 vom 28.8.2008 zeigt ebenfalls Arbeiten ohne Schwimmweste und Absturzsicherung. Auch wenn der Inn nur Niedrigwasser führte, hatte er eine starke Strömung, die immer wieder unterschätzt wird. Regelmäßig ertrinken Leute im Inn. Auch liegt oberhalb x das Kraftwerk x, von welchem immer wieder Schwallwasser abgelassen wird. Auch im nachträglich vorgelegten ergänzten SiGe-Plan wird auf diese Sondersituation Rücksicht genommen. Ein ursprünglich vorgesehenes und montiertes Fangseil war zu den genannten Zeitpunkten nicht vorhanden.

 

Am 27.8.2008 war der Polier x auf einem schwebenden Teil über dem Inn ohne Absturzsicherung, also ohne persönliche Schutzausrüstung, und ohne aufblasbare Schwimmweste beschäftigt. Dies wird mit Foto 6 und 7 dokumentiert.

 

Hinsichtlich der Situation, dass eine Hubarbeitsbühne aufgestellt war, die nicht geeignet wäre, ein sicheres Arbeiten am Übergabeort der Last zu ermöglichen, besteht kein Foto und wurde hinsichtlich dieser Situation vom Arbeitsinspektor mit dem Polier gesprochen. Anlässlich der Zeugeneinvernahme besteht aber keine weitere Erinnerung mehr seitens des Arbeitsinspektorates, insbesondere ob diese Hubarbeitsbühne erst in Vorbereitung war und es sich noch um keinen endgültigen Zustand handelte. Dieser Anschuldigungspunkt wurde in der mündlichen Verhandlung vom Arbeitsinspektorat zurückgezogen.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich insbesondere auf die im Akt aufliegenden und oben näher beschriebenen Fotos sowie auf die Aussagen des als Zeugen einvernommenen Arbeitsinspektors, dessen Aussagen glaubwürdig erscheinen und daher keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen bestehen. Die Aussagen sind auch durch die Fotos untermauert. Weiters werden die Aussagen durch die glaubwürdigen Ausführungen des weiters einvernommenen Poliers untermauert und auch vom Zeugen x bestätigt. Auch widersprechen diese Aussagen nicht den grundsätzlichen Ausführungen des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – AschG, BGBl. Nr. 50/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 14 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, darf in der Nähe von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln, die nicht gegen direktes Berühren geschützt sind, wie Freileitungen und die über 50 V Wechsel- oder 120 V Gleichspannung führen können, nur gearbeitet werden, wenn

1.     deren spannungsfreier Zustand hergestellt und für die Dauer der Arbeiten sichergestellt ist oder

2.     nur Betriebseinrichtungen und -mittel verwendet werden, durch deren Höhe und Reichweite ein gefahrbringendes Annähern an unter Spannung stehende Teile nicht möglich ist, oder

3.     durch geeignete technische Maßnahmen, wie Prallseile, Abschrankungen, Dreh-, Höhen- oder Auslegerbegrenzungen von Maschinen, oder durch geeignete betriebliche oder organisatorische Maßnahmen, wie Warneinrichtungen, sichergestellt ist, dass ein gefahrbringendes Annähern an unter Spannung stehende Teile verhindert ist.

 

Gemäß § 6 Abs.1 BauV sind Arbeitsplätze und die Zugänge zu diesen sowie sonstige Verkehrswege im Bereich der Baustelle ordnungsgemäß anzulegen und in einem solchen Zustand zu erhalten. Arbeitsplätze und Verkehrswege sind von Hindernissen und Abfällen freizuhalten. Sie müssen gegen herabfallende Gegenstände geschützt sein. Lagerungen sind nur soweit zulässig, als dadurch der für die Ausführung der Arbeiten unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Ergonomie erforderliche Raum und die für den Verkehr erforderliche Breite der Verkehrswege nicht beeinträchtigt werden.

 

Gemäß § 106 Abs.3 BauV müssen bei Arbeiten über oder an Flüssen mit starker Strömung und in sonstigen Fällen einer erhöhten Gefährdung, wie bei Arbeiten in der Nähe von überströmten Wehrverschlüssen, geeignete (selbstaufblasende) Schwimmwesten getragen, Schutzmaßnahmen gegen Absturz im Sinne des § 7 getroffen und Motorboote bereitgestellt sein, die während der Dauer der Arbeiten besetzt sein müssen.

 

Im Grunde der Sachverhaltsfeststellungen ist erwiesen, dass die Hochspannungsversorgungsleitung der x in Betrieb war und sich nicht in spannungsfreiem Zustand befand und zu den genannten Zeitpunkten ein mobiler Kran nicht durch Maßnahmen geschützt war, sodass er sich gefahrbringend annähern konnte. Es war nicht wie geplant, die Hochspannungsleitung auf die andere Seite verlegt, auch war kein Prall- bzw. Sicherungsseil – wie ursprünglich vorgesehen – angebracht und waren am 26.8. die Ausleger ausgefahren, wobei dem Kranführer keine Sicht auf die Ausleger zukam. Auch durch den Umstand, dass es sich um einen mobilen Kran handelte, war die Gefahr einer Bewegung und daher einer Annäherung und eines Berührens der Hochspannungsleitung gegeben. Dies insbesondere auch am 28.8.2008.

Weiters ist erwiesen, dass Verkehrswege am rechten Ufer des Inns nicht frei von Lagerungen waren und diese nur mit einem baufälligen Zaun abgesichert waren. Es ist daher durch diesen Zaun ein Herabfallen von Gegenständen nicht abgesichert. Dort waren auch Traversen der Firma x gelagert. Die Verkehrswege führen auch in Richtung Widerlager, die von der x zu sanieren waren. Auch waren im Rahmen des Krans verwendete Unterlagen wie Schaltafeln aus Holz nicht tragfähig und nicht gegen Verschieben und Verrutschen gesichert, wobei es sich auch hier um Verkehrswege handelt. Es sollten hier weitere Arbeiten im Stahlbau erfolgen. Dieser Zustand war sowohl am 26.8. als auch am 28.8.2008 gegeben.

Schließlich wurde an beiden Tagen sowohl über dem Inn als auch am Inn gearbeitet, wobei der Inn gefährliche Strömungen aufweist und auch immer wieder vom Kraftwerk x Schwallwasser abgelassen wird. Es war lediglich ein Rettungsring am rechten Ufer vorhanden. Die Arbeitnehmer trugen keine aufblasbaren Schwimmwesten und waren auch nicht durch eine persönliche Schutzausrüstung vor Absturz gesichert.

Es wurden daher die Pflichten des Arbeitgebers gemäß § 14 Abs.1, § 6 Abs.1 und § 106 Abs.3 BauV verletzt und daher der objektive Tatbestand der jeweiligen Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

5.2. Hinsichtlich der Fakten 4 und 5 war hingegen der Berufung Folge zu gegeben.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.  die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder

3.  Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.10.2008 als erster und einziger Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist als auch im angefochtenen Straferkenntnis wurden dem Bw als Tatzeitpunkte lediglich der 26.8. und 28.8.2008 vorgeworfen. Ein Tatvorwurf hinsichtlich des 27.8.2008 fehlt im gesamten Verwaltungsstrafverfahren. Weil jedoch aufgrund des Beweisverfahrens erweisen ist, dass der Polier x am 27.8.2008 auf teilweise schwebender Last über dem Inn beschäftigt war und dabei sich ohne Sicherung gegen Absturz und ohne Schwimmwesten befand, ist hinsichtlich dieses Tatvorwurfes am 27.8.2008 Verfolgungsverjährung eingetreten und war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

Hinsichtlich der Verwendung einer nicht geeigneten Hubarbeitsbühne hingegen, konnte eine für eine Verurteilung im Verwaltungsstrafverfahren sichere Feststellung aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens nicht getroffen werden. Insbesondere gibt es zu dieser Tatanlastung keine Beweismittel und auch kein Foto. Der einvernommene Arbeitsinspektor hat diesbezüglich keine genauen Erinnerungen mehr und kann nicht angeben, ob es sich nur um Vorbereitungsarbeiten oder um einen endgültigen Zustand gehandelt hat. Es war daher mangels eines ausreichenden Beweises das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

5.3. Hinsichtlich der Spruchpunkte 1 bis 3 ist dem Bw aber auch Verschulden anzulasten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinn dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Bw, dass eine Evaluierung zu Beginn der Baustelle durchgeführt wurde, dass allgemeine Sicherheitsanweisungen und Schulungen für den Stahlbau durchgeführt wurden, dass eine Unterweisung durch den Bauleiter für die Baustelle durchgeführt wurde, nicht aus. Allgemeine Unterweisungen einmal jährlich reichen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus. Die Anweisung allein, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und die persönliche Schutzausrüstung zu benützen, entlasten den Bw noch nicht. Vielmehr ist die Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen und der Anweisungen auch lückenlos zu kontrollieren. Dabei ist es am Bw gelegen, aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich verfolgt werden. Stichprobenartige Überprüfungen der Baustelle und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften reichen nicht aus, gleiches gilt für eine Verwarnung für einen festgestellten Verstoß. Gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften hat das entsprechende Kontrollsystem Platz zu greifen. Schon deshalb kann es kein Vertrauen darauf gegeben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (VwGH vom 5.8.2008, Zl. 2008/02/0127-9 mit weiteren Nachweisen).

 

Im Grunde auch dieser jüngsten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war anzumerken, dass lückenlose Kontrollen des Bw gar nicht behauptet wurden und auch nicht unter Beweis gestellt wurden. So hat sich erwiesen, dass der Polier die Baustelle selbständig betreute und der Bauleiter nur sporadisch, also bei der wöchentlichen Baubesprechung vorbeikam, ansonsten die Baustelle nicht besichtigte. Auch der Bw selbst kam nur wöchentlich bzw. 14-tätig auf die Baustelle zur Baubesprechung. Lückenlose Kontrollen des Bw werden nicht einmal behauptet und auch nicht unter Beweis gestellt. Auch die nachgeordnete Hierarchieebene führte keine lückenlosen Kontrollen durch. Auch das Vorbringen, dass Schulungen durchgeführt werden, dass der Polier gut geschult sei und auch Anweisung durch die Bauleiter hätte, entlastet den Bw nicht, weil genau das lückenlose Kontrollnetz verhindern soll, dass Arbeitnehmer eigenmächtig handeln. Es war daher vom Verschulden des Bw, nämlich zumindest von einer fahrlässigen Tatbegehung hinsichtlich der Spruchpunkte 1 bis 3 auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung insbesondere auch auf die objektiven Strafbemessungsgründe, nämlich auf den Unrechtsgehalt der Tat, den Schutzzweck der Norm und das erhebliche Gefährdungspotenzial hingewiesen. Strafmilderungsgründe legte sie nicht zugrunde. Auch der Bw brachte keine Milderungsgründe vor und traten auch solche in der Berufung nicht hervor. Hingegen wurden auch keine straferschwerenden Umstände berücksichtigt.

Wenn der Bw nunmehr zu seinen persönlichen Verhältnissen vorbringt, dass er die eigene Firma besitzt und ein monatliches Einkommen von 2.500 Euro netto zwölf Mal bezieht und sorgepflichtig für drei Kinder ist, so ist ihm entgegenzuhalten, dass unter Bedachtnahme auf den Unrechts- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretungen die jeweils verhängte Geldstrafe nicht überhöht ist, sondern tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen angepasst ist, zumal der Bw über überdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse verfügt. Darüber hinaus war aber auch darauf Bedacht zu nehmen, dass das strafbare Verhalten fortgesetzt wurde und nicht sofort eingestellt wurde. Auch war zu berücksichtigen, dass in Anbetracht des gesetzlichen Höchstrahmens der Strafe die jeweils verhängten Geldstrafen im untersten Bereich gelegen sind und daher auch aus dieser Sicht nicht überhöht sind. Aufgrund des hohen Gefährdungspotenzials war es aber nicht gerechtfertigt, je Delikt eine Strafe im Bereich der Mindeststrafe zu verhängen. Die Geldstrafen waren im Übrigen erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

Im Grunde der obigen Ausführungen war auch nicht von einem geringfügigen Verschulden auszugehen, zumal das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher von einer Strafe nicht gemäß § 21 VStG abzusehen. Auch lagen keine Milderungsgründe vor, sodass auch nicht von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG Gebrauch zu machen war.

 

Es konnten daher die zu Spruchpunkt 1 bis 3 verhängten Geldstrafen bestätigt werden.

 

Hingegen musste die gemäß § 16 VStG festgesetzte Gesamtersatzfreiheitsstrafe aufgehoben werden, weil sie gegen das in § 22 VStG normierte Kumulationsgebot verstößt. Nach dieser Bestimmung ist für jede Verwaltungsübertretung eine gesonderte Strafe, nämlich eine gesonderte Geldstrafe und gleichermaßen auch eine gesonderte Ersatzfreiheitsstrafe, festzusetzen. Weil aber die einzelnen Delikte mit unterschiedlichem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat behaftet sind, was auch durch die unterschiedliche Höhe der Geldstrafe ausgedrückt wird, kann eine Aufteilung der Gesamtersatzfreiheitsstrafe durch den Oö. Verwaltungssenat nicht vorgenommen werden, ohne dass er nicht Gefahr laufen würde, gegen das gemäß § 51 Abs.6 VStG normierte Verschlechterungsverbot zu verstoßen. Es war daher die Gesamtersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig und als solches aufzuheben.

 

6. Weil die Berufung hinsichtlich der Fakten 4 und 5 Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG hinsichtlich dieser Spruchpunkte. Zu den Spruchpunkten 1 bis 3 hatte die Berufung teilweise Erfolg, weil die Ersatzfreiheitsstrafe behoben wurde, sodass gemäß § 65 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat entfällt. Es ist hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretungen der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen, das sind 400 Euro, gemäß § 64 VStG zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Tatkonkretisierung, Gesamtstrafe, Kumulationsgebot

 

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