Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281154/17/Bm/Pe/Sta

Linz, 30.10.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.3.2009, Ge96-203-2007/HW, betreffend Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetzes (AZG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9.9.2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als zu Spruchpunkt 2 von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird. Hinsichtlich Spruchpunkte 1 und 3 werden die verhängten Geldstrafen auf jeweils 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils neun Stunden herabgesetzt.

 

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 20 Euro. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 16, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 65 VStG.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30.3.2009, Ge96-203-2007/HW, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen zu 1) gemäß § 28 Abs.1b Z3 AZG iVm Art.8 Abs.5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, zu 2) gemäß § 28 Abs.1c Z2 AZG iVm Art.10 Abs.2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 iVm Art.15 Abs.3 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 3821/1985 und zu 3) gemäß § 28 Abs.1b Z1 AZG iVm Art.6 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 Geldstrafen zu 1) und 3) von jeweils 200 Euro und zu 2) von 218 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen zu 1) und 3) von je 18 Stunden und zu 2) von 20 Stunden verhängt, weil er es als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin X, folgende Übertretungen der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zu verantworten hat:

 

„Ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz hat bei einer Überprüfung von Schaublättern, die dem Arbeitsinspektorat vom Landespolizeikommando mit Mitteilung vom 21.07.2007 gemäß § 102 Abs.11c KFG übermittelt wurden, festgestellt, dass die in der folgenden Liste angeführten Arbeitnehmern, beschäftigt von der Arbeitgeberin X, als Lenker eines Kraftfahrzeuges im internationalen (innergemeinschaftlichen) Straßenverkehr mit der in der folgenden Liste angeführten Beförderungsart und dem angeführten Kennzeichen, zu folgenden gesetzwidrigen Arbeitszeiten und / oder Formverstößen herangezogen wurden:

 

Verstoßliste 1

Die tägliche Ruhezeit (innerhalb eines Zeitraums von 30 Stunden) bei Mehrfahrerbesetzung betrug:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soll (h:min)

ist (h:rnin)

Diff (h:min)

Lenker-name

Kennzeichen Beförderungsart

18.07.2007

06:21

19.07.2007

12:21

09:00

03:47

05:13

X

X

LKW zur Güter-beförderung über 3,5t

 

Als weitere/r Lenker/in des Fahrzeuges war/en in diesem Zeitraum tätig: X

 

Dadurch wurde Art.8 Abs.5 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach ein/e im Mehrfahrerbetrieb eingesetzte/r Lenker/Lenkerin innerhalb von 30 Stunden nach dem Ende einer täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit von mindestens 9 ununterbrochenen Stunden genommen haben muss.

 

Hinweis:

Unter Mehrfahrerbetrieb ist zu verstehen, dass während der Lenkdauer zwischen zwei aufeinander folgenden Ruhezeiten mindestens zwei Lenker/innen auf dem Fahrzeug zum Lenken eingesetzt sind. Für diesen Fall ist spätestens nach der ersten Stunde des Mehrfahrerbetriebs die Anwesenheit eines/r anderen Lenkers/Lenkerin im Fahrzeug für die Dauer der restlichen Zeit verpflichtend.

 

Verstoßliste 2

Der Zeitgruppenschalter des Kontrollgerätes wurde nicht bzw. nicht so betätigt, dass folgende Zeiten des Lenkers/der Lenkerin getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet worden sind (siehe Bemerkungen):

 

am

Kennzeichen Beförderungsart

Lenkername

Bemerkungen

18.07.2007 bis 20.07.2007

X LKW zur Güterbeförderung über 3,5t

X

Der Zeitgruppenschalter war auf das Symbol ‚Bett’ Gestellt

 

Dadurch wurden Art. 10 Abs.2 der VO (EG) Nr. 561/2006 iVm Art.15 Abs.3 zweiter Gedankenstrich der VO (EWG) Nr. 3821/85 übertreten, wonach Arbeitgeber/innen überprüfen müssen, dass der Lenker/die Lenkerin die Schaltvorrichtung des Kontrollgerätes so betätigt, dass die Lenkzeiten, andere Arbeiten, die Bereitschaftszeiten sowie die Arbeitsunterbrechungen und Tagesruhezeiten getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet werden.

 

Verstoßliste 3

Die Tageslenkzeit wurde mehr als zweimal in der Woche auf 10 Stunden verlängert:

 

vom

Uhr

bis

Uhr

Soli (h:min)

Ist

(h:min)

Diff

(h:min)

Lenker-name

Kennzeichen Beförderungsart

18.07.2007

06:21

20.07.2007

06:11

10:00

16:06

06:06

X

X

LKW zur Güter-beförderung über 3,5t

 

Dadurch wurde Art.6 Abs.1 der VO (EG) Nr. 561/2006 übertreten, wonach die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten darf. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Hinweis:

Die tägliche und die wöchentliche Lenkzeit umfassen alle Lenkzeiten im Gebiet der Gemeinschaft oder im Hoheitsgebiet von Drittstaaten.

 

Die Schaublätter der Lenker X und X bilden einen Bestandteil dieses Straferkenntnisses.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Zu Spruchpunkt 1 wurde ausgeführt, dass keine Zweifahrerbesetzung stattgefunden habe. Es handle sich um Einzelfahrten, weshalb der angegebene Zeitraum keine Relevanz besitze und keine Übertretung vorliege. Hinsichtlich Spruchpunkt 2 wird darauf hingewiesen, dass es sich beim gegenständlichen Lenker um einen Berufskraftfahrer handle, welcher wisse, wie das Gerät einzustellen sei. Es habe Unterweisungen, Belehrungen und Fahrerseminare gegeben, welche auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften abgezielt hätten. Es könne nicht ständig beim Fahrer nachgefragt werden, ob eine Umschaltung erfolgt sei, da einzig und allein dieser für die Handhabung des Gerätes verantwortlich sei. Zu Spruchpunkt 3 verwies der Bw auf eine Aufgliederung der Fahrzeiten. Abschließend wurde ausgeführt, dass der Bw eine Unfallrente von 496 Euro beziehe und alle Gewerbeberechtigungen zurückgelegt habe, weshalb keine weiteren Übertretungen mehr begangen werden können.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 9.9.2009, an welcher der Bw sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates teilgenommen haben. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung wurden Herr X und Herr X als Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen.

 

Im Zuge der Berufungsverhandlung wurde die Berufung vom Bw auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Da die Berufung anlässlich der mündlichen Verhandlung auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 28 Abs.1b sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die

1.  Lenker über die gemäß Art. 6 Abs.1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen;

2.  Lenkpausen gemäß Art.7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren;

3.  die tägliche Ruhezeit gemäß Art.8 Abs.2, 4 oder 5 oder Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 nicht gewähren;

sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 28 Abs.1c Z2 Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die Pflichten gemäß Art.10 Abs.2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verletzen, soweit sie sich auf die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 beziehen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 360 Euro bis 3.600 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familien­verhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

5.3. Im angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Bw Geldstrafen zu 1) und 3) von je 200 Euro und zu 2) von 218 Euro verhängt. Als straferschwerend wurde der hohe Unrechtsgehalt der Übertretungen sowie 33 einschlägige Vormerkungen gewertet. Strafmildernde Umstände lagen keine vor. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden von der belangten Behörde mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten geschätzt.

 

Unter Berücksichtigung der nunmehr vom Bw in seiner Berufung sowie in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bekannt gegebenen Einkommensver­hältnisse, nämlich monatliches Nettoeinkommen von 496 Euro, erscheinen dem Oö. Verwaltungssenat die nunmehr verhängten Geldstrafen als zu hoch bemessen.

 

Darüber hinaus ist anzuführen, dass der Bw alle Gewerbeberechtigungen zurückgelegt hat, was eine nochmalige Tatbegehung nicht erwarten lässt. Dem Oö. Verwaltungssenat erscheinen daher die nunmehr verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen auch aus spezialpräventiven Gründen als tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafen waren auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafen herabzusetzen.

 

5.4. Zu Spruchpunkt 2:

 

Nach § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Die Schuld des Beschuldigten ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

 

Wenn auch in der Frage der Schuld dem Grunde nach der Umstand, dass der Lenker den Zeitgruppenschalter des Kontrollgerätes versehentlich falsch betätigt hat, nicht berücksichtigt werden konnte, so ist dieser jedoch bei der Beurteilung des Ausmaßes der Schuld miteinzubeziehen.

In Anbetracht der im Zuge der mündlichen Verhandlung durch die Vernehmung des Zeugen X hervorgekommenen besonderen Umstände der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung und im Hinblick auf die Tatsache, dass keine nachteiligen Folgen hervorgekommen sind, erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat die Voraussetzungen des § 21 VStG als gegeben und war anstelle der verhängten Geldstrafe eine Ermahnung auszusprechen.

 

5.5. Der Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz hat ausdrücklich einer Reduktion der Strafen bzw. der Erteilung einer Ermahnung zugestimmt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafen neu festzusetzen. Da die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

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