Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390268/10/Bm/Ba

Linz, 22.10.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.11.2008, EnRo96-1-2007, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach dem MinroG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. Oktober 2009 zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.11.2008, EnRo96-1-2007, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 280 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 193 Abs.1 iVm § 80 Abs.1 Mineralroh­stoffgesetz – MinroG verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs. 1 VStG.1991 zur Vertretung nach außen berufene verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der X mit Sitz in X, Gemeinde X, nicht dafür Sorge getragen, dass die Vorschriften des Mineralrohstoffgesetzes eingehalten wurden. Aufgrund einer Anzeige wurde bekannt, dass am Freitag, 12. Mai 2007, auf der Parzellen Nr. X  Schotter entnommen wurde. Anlässlich eines Lokalaugenscheines am 14. Mai 2007 gegen 13.45 Uhr konnte festgestellt werden, dass auf der o.a. Parzelle eine ca. 6 m tiefe Grube ausgehoben wurde, aus der etwa 300 - 400 m3 Schotter zwecks Auffüllung der Verkehrsflächen beim Stammbetrieb entnommen wurden. Sie haben somit einen grundeigenen mineralischen Rohstoff gewonnen, ohne dass ein genehmigter Gewinnungsbetriebsplan vorgelegen hat."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seinen anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren darauf hingewiesen worden sei, dass tatsächlich keine Maßnahme zur Gewinnung von mineralischen Rohstoffen gesetzt worden sei; vielmehr habe lediglich ein Bodenaustausch im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb einer Lagerhalle bzw. einer vorgelagerten Fahr- und Manipulationsfläche stattgefunden. Dieses Vorbringen werde durch die fachliche Stellungnahme der X vom 3.8.2007 untermauert, wobei der Inhalt dieser fachlichen Stellungnahme ausdrücklich zum Berufungsvorbringen erhoben werde. Mit dieser Stellungnahme habe sich die Erstbehörde in keiner Weise auseinandergesetzt. Vielmehr beschränke sich die erstinstanzliche Behörde auf allgemeine Behauptungen ohne nachvollziehbar darzulegen, warum das erstinstanzliche Vorbringen inhaltlich nicht richtig sein solle.

 

Unabhängig davon trete die erstinstanzliche Behörde der fachlichen Stellungnahme der Firma X nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Der genannten Stellungnahme sei nachvollziehbar zu entnehmen, dass es sich bei der gegenständlichen Schotterentnahme um eine reine Baumaßnahme und um keine Gewinnung handle. Diese Auffassung der Firma X werde auch detailliert und fachlich nachvollziehbar begründet. Behördliche Sachverhaltsfeststellungen, welche vom Inhalt der vorgelegten fachlichen Stellungnahme abweichen, hätten der Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens bedurft, um die Ausführungen der Firma X einer fachlichen Überprüfung zu unterziehen.

 

Der Verfahrensstand, wonach es sich bei der gegenständlichen Schotterentnahme um einen Bodenaustausch bzw. um eine reine Baumaßnahme gehandelt habe, sei bislang nicht widerlegt worden. Es werde nochmals darauf verwiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung Vorhaben des Hoch- und Tiefbaues (etwa Tunnelbau, Seitenentnahmen oder Geländekorrekturen im Rahmen des Straßenbaus, Aushub von Baugruben, Anlegen von Deponien udgl.) vom Geltungsbereich des MinroG nicht erfasst seien, weil es sich gegenständlich  nicht um solche Maßnahmen handle, die dem "Bergbau" mit seinen typischerweise verbundenen Gefahren zuzurechnen seien und überdies die genannten Tätigkeiten nicht auf das Gewinnen von mineralischen Rohstoffen ausgerichtet seien.

 

Auch werde in dem Zusammenhang auf die Erläuterungen zu § 1 Z 2 MinroG in der Regierungsvorlage zum Mineralrohstoffgesetz verwiesen. Dort werde ausgeführt: "Dem Gewinnen mineralischer Rohstoffe werden etwa Eingriffe in die Erdkruste im Zusammenhang mit Straßenbauten, mit Verbesserung landwirtschaftlicher Böden (Bodenaustausch), mit dem Ausheben von Baugruben udgl. nicht zuzurechnen sein". Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wären daher die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen eindeutig den dargestellten Baumaßnahmen und nicht der Gewinnung eines grundeigenen mineralischen Rohstoffes zuzurechnen gewesen. Dass diese Maßnahme darüber hinaus auch allenfalls wirtschaftlich sinnvoll gewesen sei bzw. daraus allenfalls auch ein wirtschaftlicher Vorteil gezogen worden sei, habe mit der verfahrensgegenständ­lichen Rechtsfrage nichts zu tun. Es werde daher der Antrag gestellt, die Berufungsbehörde möge dieser Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 26.11.2008 aufheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen; in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 9.10.2009, zu welcher der anwaltliche Vertreter des Bw erschienen ist. Als Zeuge unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht wurde Herr X einvernommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die X mit Sitz in X, beabsichtigt auf der Grundparzelle X, KG X, eine Lagerhalle im Ausmaß von ca. 90 m Länge und 14 m Breite samt vorgelagerter Manipulationsfläche zu errichten. Im Zuge der Errichtung wurde festgestellt, dass sich auf dieser Grundstücksfläche in bis zu 2 m Tiefe ein sandiger Kluf befindet; dieser Untergrund ist für eine Baumaßnahme, wie vom Bw beabsichtigt, insoferne nicht geeignet, als sich bei diesem Unterbau bei einer Fundamentierung Setzungen ergeben können.

 

Aus diesem Grund wurde dieses Abraummaterial abgezogen, der darunter liegende Schotter ausgehoben und auf dem Firmengelände zwischengelagert. In weiterer Folge wurde das Abraummaterial wieder der ausgehobenen Grube beigegeben und auf diesem Abraummaterial der zuvor entnommene Schotter wieder aufgebracht.

 

Dieses hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich aus den Aussagen des einvernommenen Zeugen X.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 1 Z 2 MinroG ist "Gewinnen" im Sinne dieses Bundesgesetzes das Lösen oder Freisetzen (Abbau) mineralischer Rohstoffe und die damit zusammen­hängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten.

 

Gemäß § 80 Abs.1 MinroG haben natürliche Personen, juristische Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechts, die beabsichtigen, grundeigene mineralische Rohstoffe obertägig zu gewinnen, der Behörde einen Gewinnungs­betriebsplan zur Genehmigung vorzulegen.

 

Gemäß § 193 Abs.1 leg.cit. machen sich Personen, die eine der im § 2 Abs.1 angeführten Tätigkeiten ausüben, ohne dass diese durch eine Bergbauberechtigung gedeckt ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig und sind von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro, im Fall der Unein­bringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen, zu bestrafen.

 

Nach dem oben zitierten § 2 Abs.1 des Mineralrohstoffgesetzes gilt dieses Bundesgesetz u.a. für das Gewinnen mineralischer Rohstoffe.

 

Vorliegend steht fest, dass zum angeführten Tatzeitpunkt auf dem Grundstück Nr. X, KG. X, Schotter entnommen wurde.

 

Das Gewinnen nach dem MinroG setzt – unabhängig von seiner sehr weiten Definition – immer ein gewisses operationales Ziel, nämlich den planmäßigen Abbau der Erdkruste voraus. Das Ausheben einer Baugrube, bei welcher als Nebenprodukt Schotter anfällt, der in weiterer Folge verwertet wird, ist daher ebenso wenig dem Mineralrohstoffgesetz unterworfen wie Seitenentnahmen und Geländekorrekturen im Rahmen des Straßenbaus oder Schotterentnahmen in Gewässern aus wasserbautechnischen Gründen. In allen diesen Fällen steht nicht die Gewinnung von Schotter, das heißt, der planmäßige Abbau von Schotter im Vordergrund, sondern ist das Ziel und der Zweck der Maßnahme ein anderes.

 

Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens kann nicht mit einer für das Strafverfahren an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass eben ein solcher – wie von der Judikatur gefordert – planmäßiger Abbau des Schotters vorliegt. Das Vorbringen des Bw, bei der durchgeführten Maßnahme habe es sich um eine Bodenverbesserung bzw. um einen Bodenaustausch gehandelt, kann im Zusammenhang mit der in der mündlichen Berufungsverhandlung vom Zeugen gemachten Feststellungen nicht als unschlüssig erkannt werden. Demnach handelt es sich nach diesen Aussagen nicht um eine Materialentnahme sondern vielmehr um eine Umschichtung, wobei der zuerst entnommene Schotter wiederum in das Entnahmegrundstück verfüllt wird.

 

Diese Maßnahme unterliegt jedoch nicht dem Anwendungsbereich des Mineralrohstoffgesetzes.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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