Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252165/2/WEI/Mu

Linz, 28.10.2009

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 2009, Zl. 0032901/2008, wegen drei Verwal­tungsübertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.              Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem im Strafausspruch angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 2009, Zl. 0032901/2008, wurde der Berufungswerber (im Folgenden nur Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"I.       Tatbeschreibung:

 

Sie haben als Verfügungsberechtigter der Liegenschaft GST-NR X, EZ X, X, X zu verantworten, dass von Ihnen zumindest am 28.05.2008 auf der Baustelle X, X die nachfolgend angeführten mongolischen Staatsangehörigen als Arbeiter – Gerüstabbau – gegen Entgelt in einem versicherungspflichtigen Dienstverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt wurden, obwohl

 

0.  für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder die Ausländer weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besaßen und

 

1.  diese nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden waren:

 

     a.  Herr X, geboren X

 

     b.  Herr X, geboren X und

 

     c.  Herr X, geboren X.

 

 

II.      Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

 

ad 1a – 1c) jeweils § 3 (1) iVm § 28/1/1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG 1975 und

 

ad 2a – 2c) jeweils § 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG

 

... "

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte
Behörde über den Bw zu 1a – 1c) jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro und zu 2a – 2c) jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe zu 1a – 1c) in Höhe von jeweils 33 Stunden und zu 2a – 2c) in Höhe von jeweils 112 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 519 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die dem Bw angelastete Tat von einem Organ des Finanzamtes Linz, KIAB, bei einer Kontrolle am 28. Mai 2008 festgestellt worden sei. Zudem geht aus den der Anzeige beigelegten mehrsprachigen Personenblättern der Arbeitnehmer und aus der niederschriftlichen Einvernahme mit dem Bw hervor, dass Herr X der Freund der Tochter des Bw gewesen sei und die anderen beiden Arbeitnehmer Freunde von Herrn X seien sowie, dass die drei Arbeiter seit etwa 8.30 Uhr beim Gerüstaufbau geholfen haben. Die ausländischen Arbeitskräfte haben jeweils 6 Euro pro Stunde für ihre Tätigkeit erhalten. Der Bw habe sein Verhalten bedauert, jedoch wäre die Frist für das Gerüst am 31. Mai 2008 ausgelaufen.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. November 2008 sei gegen den Bw das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. In seinem Schriftsatz habe der Bw die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nicht bestritten und sei schuldeinsichtig und reumütig gewesen.

 

Zu diesen von dem Bw ausgeführten Rechtfertigungsgründen habe sich der Anzeigen­leger dahingehend geäußert, dass die Übertretung nicht bestritten werde. Im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Bw keine gegenteilige schlüssige nachvollziehbare Beweise vorbringen können.

 

Für die erkennende Behörde sei daher der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisver­fahrens erwiesen.

 

Nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften stellte die belangte Behörde fest, dass der gegenständliche Tatbestand der angelasteten Verwal­tungsübertretung somit in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

 

Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dass für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge und es sich im vorliegenden Fall um ein Ungehorsam­keitsdelikt gehandelt habe. Die Rechtfertigungsgründe des Bw hätten nicht ausgereicht, um seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung sei daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbe­standsmäßigkeit erwiesen.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen, während die bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd zu werten gewesen sei. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

2.1. Gegen dieses Straferkenntnisses, welches dem Bw am 25. Mai 2009 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die am 5. Juni 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung, mit der in der Hauptsache die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird, in eventu folgende Abänderungen zur Verdeutlichung des ihm angelasteten Tatbestandes im Straferkenntnis vorzunehmen:

 

"1. Ich beantrage die Abänderung des Punktes Strafhöhe mit dem deutlichen Hinweis auf meine pünktliche und genaue Erfüllung der Forderungen der Behörde bezüglich meiner Mitwirkung an der Feststellung der Einkommensverhältnisse und Familienverhältnisse.

 

2.  Ich beantrage im Punkt Tatbeschreibung die Begriffe „in einem versicherungspflichtigen Dienstverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit″ ersatzlos zu streichen.

 

3.  Der Punkt Begründung habe wie folgt zu beginnen:

     Sie behaupten:

     Sie haben in den Jahren vor 2006 bereits zwei Mal erfolglos versucht von Personal­leasingfirmen (einer Gemeinnützigen und EUROJOBS) Personal zu leasen und seien jedesmal mit der Begründung abgelehnt worden, da „Vermietung und Verpachtung″ keine Firma im herkömmlichen Sinn ist und Personal nur an Firmen verleast werden kann.

     Im April 2006 baten Sie im Rahmen einer Vorsprache beim AMS um Vermittlung einer Arbeitskraft. Dies wurde abgelehnt. Sie erhielten nicht nur die sinngemäße Antwort, dass sie für Vermietung und Verpachtung Arbeitskräfte weder beschäftigen noch anmelden dürfen (ausgenommen Hausmeister und Hausverwalter). Daher sei auch eine Vermittlung unzulässig. Begründet wurde dies damit, dass Sie über keinen Gewerbeschein verfügen. Zusätzlich musste Sie noch dazu eine saftige Belehrung über sich ergehen lassen, dass Sie Ihre Arbeiten von Firmen erledigen lassen sollen. Eine Unterstützung von Freunden sei jedoch möglich. Aufgrund der vorhergegangenen Ablehnungen der Leasingfirmen fanden Sie an der Ablehnung des AMS nichts Außergewöhnliches.

     Als Folge stützten Sie sich auf die Unterstützung von Freunden, Bekannten und Verwandten ab. So ließen Sie Sich auch am 28 05 08 beim Gerüstabbau im Haus X von mehreren Freunden unter ihnen den in der Tatbeschreibung angeführten 3 ausländischen Freunden unterstützen.

 

4.  Ich beantrage eine zusätzliche Aussage, ob die am AMS mir gegenüber gemachten Aussagen rechtskonform waren oder nicht. Auch dann, sollte amtlicherseits als erwiesen erkannt werden, dass sie nicht gemacht wurden.

 

5.  Die ersatzlose Streichung der Aussage „Erst später bedienten Sie sich der 3 Arbeiter″

 

6.  Ich beantrage im Sinne der Akteneinsicht, die Übersendung der Kopien jener Maßnahmen, die die erkennende Behörde gesetzt hat, um meine Erklärungen schlüssig nachvollziehbar zu machen."

 

Anschließend begründet der Bw nur ausführlich seine beantragten Punkte.

 

3.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat mit Vorlageschreiben vom 25. Juni 2009 die Berufung des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes ihres elektronisch geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu Zl. 0032901/2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs 2 Z 1 Verwaltungsstraf­gesetz 1991 (in der Folge: VStG) von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.3. Nach § 51c VStG  hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis je angenommen Delikt eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirks-verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG gilt Abs 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

"Zuständiger Krankenversicherungsträger" iSd § 33 Abs 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretun­gen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz. Somit ist der Bürgermeister der Stadt Linz grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Über­tretungen des § 33 Abs 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde iSd § 27 Abs 1 VStG.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäf­tigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merk­malen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 35 Abs 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs 2 leg cit u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

 

Gemäß § 5 Abs 2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 26,80 Euro, insgesamt jedoch von höchstens 349,01 Euro gebührte oder für min­destens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 349,01 Euro gebührte.

 

4.2. Aus der Zusammenschau der mit § 111 Abs 1 ASVG beginnenden Verweisungskette ergibt sich somit, dass sich das Tatbild dieses (bloß kursorisch als "Nichtmeldung beim Sozialversicherungsträger" bezeichenbaren) Deliktes aus mehreren Einzelelementen zusammensetzt, die jeweils gemäß § 44a Z 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses – neben den nicht deliktsspezifischen und in diesem Sinne allgemeinen Erfordernissen (wie zB Zeit und Ort der Begehung) – kumulativ oder alternativ einer entsprechenden Konkretisierung bedürfen würden, nämlich, dass

 

          1. ein Dienstgeber, der für die Erfüllung der Meldepflicht keinen Bevoll-

              mächtigten bestellt hat (vgl. § 35 Abs 1 und 3 ASVG),

          2. einen Dienstnehmer

          3. in einem Verhältnis persönlicher und

              wirtschaftlicher Abhängigkeit               vgl § 4 Abs 2 (und 4) ASVG

          4. gegen Entgelt (vgl § 49 ASVG)

          5. beschäftigt hat,

          6. der in der Krankenversicherung pflichtversichert, nämlich entwe-

              der

              a) vollversichert (vgl § 4 Abs 1 ASVG) oder

              b) (insbesondere infolge des Nichterreichens der Geringfügigkeits-

                  grenze des § 5 Abs 2 ASVG) zumindest teilversichert (vgl § 7

                  Z 1 und § 8 Abs 1 Z 1 ASVG) und

          7. nicht gemäß § 5 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen ist  

         und

          8. hierüber entweder eine Meldung oder eine Anzeigeentweder

              in einem oder in zwei Schritten (vgl § 33 Abs 1a ASVG) – entweder

              a) nicht erstattet oder

              b) falsch erstattet oder

              c) nicht rechtzeitig erstattet hat (vgl § 33 Abs 1 ASVG).

 

4.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Bw angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl zB VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

Wenn nun § 44a Z 1 und Z 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegen, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis – und zwar auch nicht in Verbindung mit der zu dessen Auslegung allenfalls heranziehbaren Begründung - schon deshalb nicht gerecht, weil insgesamt insbesondere keinerlei Bezugnahme auf die oder eine nähere Konkretisierung der in § 4 Abs 1 und 2 ASVG, § 33 Abs 1 ASVG, § 33a Abs 1 ASVG sowie in § 35 Abs 1 und 3 ASVG positivierten essentiellen Tatbestandselemente enthalten ist.

Allerdings ist festzuhalten, dass zwar wesentliche Tatbestandselemente vom Wortlaut des im vorliegenden Fall gewählten Spruchtextes, der sich lediglich an §  33 Abs 1 und § 111 ASVG orientiert, implizit umfasst sind; die obgenannten weiterführenden Gesetzesbestimmungen stellen teils eine Vertiefung der in § 33 Abs 1 und § 111 ASVG angeführten Tatbestandselemente dar. Im Sinne einer konkreten Tatbeschreibung nach § 44a Z 1 VStG kann die Anführung dieser – je nach dem zu beurteilenden Sachverhalt - deskriptiven Tatbestandselemente dann – und nur dann – in der im gegenständlichen Fall gewählten impliziteren Form erfolgen, wenn die oa. Tatbestandselemente hinreichend in der Begründung korrespondierend zum Spruch erschöpfend erläutert und gerechtfertigt werden.

Dies gilt aber wohl nicht für die u.a. in § 5 normierten Ausnahmebestimmungen von der Versicherungspflicht. Dieses Tatbestandselement (vgl Punkt 7 in der o.a. getroffenen Darstellung) ist aus dem Wortlaut des § 33 Abs 1 ASVG nur im Umkehrschluss abzuleiten und somit per se als fraglos konstitutives Tatbestandselement jedenfalls stets im Spruch anzuführen. Das Fehlen eines Tatbestandselements im Spruch kann nicht durch bloße Feststellungen in der Begründung "geheilt" werden.

 

4.4. Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw als Verfügungsberechtigter seiner Liegenschaft nur pauschal angelastet, dass er zu verantworten habe, dass er zumindest am 28. Mai 2008 die namentlich angeführten drei mongolischen Staatsangehörigen auf der gegenständlichen Baustelle als Arbeiter (Gerüstabbau) gegen Entgelt in einem versicherungspflichtigen Dienstverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt habe, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden seien.

 

Hingegen geht außerdem aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wie aus der im erstbehördlichen Akt aufliegenden Anzeige samt Beilagen des Finanzamtes Linz vom 6. Juni 2008, Zl. FA-GZ. 046/75076/5/2008 hervor, dass der Bw mit den drei ausländischen Arbeitskräften für ihre Tätigkeit für den Beschäftigungszeitraum am 28. Mai 2008, von 8.30 Uhr bis ca. 12.30 Uhr, ein Entgelt in Höhe von jeweils 6 Euro pro Stunde, insgesamt also 24 Euro, vereinbart hatte.

 

Der Oö. Verwaltungssenat kommt daher zum Ergebnis, dass im gegenständlichen Fall keine Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze vorlag, weil eine die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs 2 ASVG übersteigendes Entgelt tatsächlich nicht vereinbart wurde. Für 2008 betrug dieses Entgelt pro Arbeitstag 26,80 Euro und pro Kalendermonat 349,01 Euro (vgl Kundmachung vom 12. Dezember 2007, BGBl II Nr. 359/2007).

 

Da nach § 7 Z 3 lit a ASVG geringfügige beschäftigte Personen (nur) in der Unfallversicherung hinsichtlich dieser Tätigkeiten – nicht jedoch in der Krankenversicherung (teil-)pflichtversichert sind, geht der dem Bw im bekämpften Straferkenntnis gemachte Vorwurf, die drei ausländischen Arbeiter nicht vor Arbeitsantritt "zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung" angemeldet zu haben, ins Leere.

 

Ob tatsächlich eine Versicherungspflicht im Rahmen der Unfallversicherung aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung gegeben war, war im gegenständlichen Verfahren nicht mehr zu prüfen. Entscheidend war viel mehr der Umstand, dass die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten wurde, weshalb für den Bw jedenfalls keine gesetzliche Verpflichtung bestand, eine Beschäftigung zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung anzumelden.

 

Im Lichte der obigen Darstellung gebricht es dem Spruch schon daran, das keinerlei Hinweis auf ein Nichtvorliegen von Ausnahmen von der Meldepflicht angeführt wird. Eine Übertretung des § 111 Abs 1 ASVG kann dem Bw jedoch nur dann angelastet werden, wenn sämtliche der zuvor unter 4.2. angeführten Tatbestandsmerkmale im Spruch des Straferkenntnisses enthalten und dort in einer der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Form hinreichend konkretisiert sind (wobei hiezu gegebenenfalls insbesondere auch eine dezidierte Anführung, dass Ausnahmen, die ex lege zu einer Nichterfüllung des Tatbildes führen würden, in concreto nicht vorliegen, erforderlich ist).

 

Mit dem Spruch des hier bekämpften Straferkenntnisses, das im Grunde lediglich den Gesetzestext (teilweise) wiedergibt, wurde aber dem Berufungswerber im Ergebnis ein Verhalten zur Last gelegt, dass jedenfalls in dieser Form (noch) keine strafbare Handlung bildet.

 

5. Bei diesem Ergebnis war der Berufung sohin gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer tauglichen Tatanlastung innerhalb der Verfolgungs­verjährungsfrist gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen. Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfiel damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

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