Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164193/5/Zo/Jo

Linz, 28.10.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, vertreten durch Rechtsanwalt X, vom 31.10.2008, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 15.09.2008, Zl. VerkR96-18344-2007, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15.10.2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.          Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

 

          Bezüglich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 250 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 100 Stunden herabgesetzt.

      Die Strafnorm des § 99 Abs.2c Z9 StVO wird in der Fassung BGBl. I Nr. 15/2005 angewendet.

 

II.        Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 25 Euro, für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu zahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 20.07.2007 um 16.17 in Pöndorf auf der L 508 bei km 6,868 in Fahrtrichtung Ried im Innkreis als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 77 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 144 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

2. Der Berufungswerber hat dagegen am 31.10.2008 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie eine Berufung eingebracht. Die Berufung begründete er damit, dass er sich zwar bei der Lenkerauskunft selbst als Lenker angegeben habe, dies aber deshalb, weil ihm in einem Telefonat von einem Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gesagt worden sei, dass sich der Halter selbst als Lenker anzugeben habe. In Wahrheit habe er das Fahrzeug nicht selber gelenkt. Es handle sich um einen Firmenwagen, wobei ca. 10 Personen freie Zugangsmöglichkeit zu diesem hätten. Es sei ihm daher nicht möglich, den Lenker auszuforschen. Weiters sei auch die Geldstrafe bei weitem überhöht. Er verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat vorerst den Verfahrensakt an den UVS vorgelegt, ohne über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu entscheiden. Nach einem Hinweis auf deren Zuständigkeit hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Bescheid vom 30.03.2009 dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Folge gegeben. In weiterer Folge wurde der Akt mit Schreiben vom 20.05.2009 wiederum dem UVS vorgelegt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15.10.2009. An dieser hat ein Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen, die Erstinstanz ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Der Berufungswerber selbst war beruflich verhindert.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X lenkte dieses Fahrzeug am 20.07.2007 um 16.17 Uhr auf der L 508 in Fahrtrichtung Ried. Eine Messung mit dem geeichten Laserverkehrsgeschwindigkeitsmessgerät der Marke LTI-20.20, TS/KM-E mit der Nr. 4421 ergab bei km 6,868 eine Geschwindigkeit von 177 km/h. Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Fahrzeuges und wurde von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Schreiben vom 06.09.2007 gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, den Lenker des Fahrzeuges zu diesem Zeitpunkt bekannt zu geben. Dazu gab er am  02.10.2007 per Telefax bekannt, dass er das Fahrzeug selbst gelenkt habe. Er wurde daraufhin aufgefordert, sich wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung zu rechtfertigen und gab mit Schreiben vom 12.11.2007, nunmehr anwaltlich vertreten, bekannt, dass er selbst nicht der Fahrzeuglenker gewesen sei. Er habe zwar in der Lenkerauskunft sich selbst angegeben, dies jedoch nur deshalb, weil ihm bei einer telefonischen Rückfrage von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Auskunft erteilt worden sei, dass der Fahrzeughalter als Lenker anzugeben sei. In Wirklichkeit habe er das Fahrzeug nicht selbst gelenkt, es handle sich um ein Firmenfahrzeug, zu welchem ca. 10 Personen eine freie Zugangsmöglichkeit hätten. Der Schlüssel würde frei zugänglich im Zündschloss stecken und ein Fahrtenbuch oder dergleichen würde nicht geführt. Es sei daher unmöglich, den Lenker auszuforschen.

 

Mit Schreiben vom 10.12.2007 teilte der Berufungswerber mit, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.800 Euro bei Sorgepflichten für ein Kind verfüge. Am 15.09.2008 erging daraufhin das nunmehr angefochtene Straferkenntnis. Gegen dieses hat der Berufungswerber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und eine Berufung am 31.10.2008 eingebracht, wobei über den Wiedereinsetzungsantrag am 30.03.2009 entschieden und der Akt ca. 2 Monate später dem UVS vorgelegt wurde.

 

4.2. Zur Lenkereigenschaft des Berufungswerbers hat der UVS in freier Beweiswürdigung Folgendes erwogen:

 

Es ist durchaus naheliegend, dass der Berufungswerber nach Erhalt der Lenkeranfrage mit der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck telefonisch Kontakt aufgenommen hat. Allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass er dort die Auskunft erhalten habe, dass er sich als Fahrzeughalter selbst als Lenker bekanntgeben müsse. Eine derartige Auskunft entspricht nicht der Rechtslage, weshalb nicht zu erwarten ist, dass diese von einem Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft in dieser Form erteilt wurde. Der Berufungswerber konnte auch auf Anfrage nicht bekannt geben, von wem er diese Auskunft bekommen habe, weshalb auch keine weiteren Überprüfungen möglich waren. Im Übrigen erscheint es wenig glaubwürdig, dass ungefähr 10 Personen völlig freien Zugang zu einem offenbar doch relativ wertvollen PKW (laut Zulassungsdaten ein Sportwagen der Marke X) haben, und diese das Fahrzeug beliebig verwenden können, ohne dass darüber in der Firma nachvollziehbare Unterlagen vorhanden sind. Unter Abwägung all dieser Umstände ist als erwiesen anzusehen, dass die vom Berufungswerber erteilte Lenkerauskunft den Tatsachen entspricht und er das Fahrzeug zur Tatzeit selber gelenkt hat.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

 

5.2. Der Berufungswerber hat auf einer Freilandstraße eine mit einem geeichten Messgerät festgestellte Geschwindigkeit von 177 km/h eingehalten. Er hat damit die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten. Bezüglich seiner Lenkereigenschaft wird auf die obigen Ausführungen zur Beweiswürdigung verwiesen.

 

Bezüglich des Verschuldens ist festzuhalten, dass eine derart massive Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nicht mit einem bloßen Versehen erklärt werden kann. Dem Berufungswerber musste die Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h auf Freilandstraßen bekannt sein (diese entspricht auch der Regelung in seinem Heimatland Deutschland) und im Hinblick auf die von ihm tatsächlich eingehaltene Geschwindigkeit musste ihm auch der Umstand einer wesentlichen Überschreitung bewusst sein. Er hat damit zumindest grobe Fahrlässigkeit zu verantworten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO in der zur Tatzeit geltenden Fassung beging eine Verwaltungsübertretung und war mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschreitet.

 

Vorerst ist darauf hinzuweisen, dass die Strafnorm für derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen mit BGBl. I Nr. 93/2009 geändert wurde. Seither beträgt die gesetzliche Mindeststrafe 150 Euro. Im Sinne des Günstigkeitsprinzipes (§ 1 Abs.2 VStG) ist jedoch die zur Tatzeit geltende Strafnorm (Mindeststrafe 72 Euro) anzuwenden.

 

Die Festlegung einer Höchstgeschwindigkeit auf Freilandstraßen dient dem Schutz aller Verkehrsteilnehmer und damit der Verkehrssicherheit. Der Berufungswerber hat die erlaubte Geschwindigkeit massiv überschritten, weshalb seine Übertretung einen hohen Unrechtsgehalt aufweist. Dieser ist straferschwerend zu berücksichtigen. Dem Berufungswerber ist weiters zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, was sich bei der Strafbemessung ebenfalls zu seinem Nachteil auswirkt. Als strafmildernd ist hingegen seine bisherige Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Weiters ist strafmildernd zu berücksichtigen, dass der Vorfall bereits mehr als zwei Jahre zurückliegt und sich der Berufungswerber in dieser Zeit (zumindest aktenkundig) wohlverhalten hat. Die relativ lange Dauer des Verwaltungsverfahrens ist auch zu einem großen Teil auf behördliche Verfahrensverzögerungen zurückzuführen (vor Erlassen des Straferkenntnisses wurde der Akt – zumindest soweit sich aus dessen Inhalt ergibt – neun Monate lang nicht bearbeitet und vom Einlangen des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bis zur Entscheidung darüber und Vorlage der Berufung an den UVS verging wiederum ein Zeitraum von mehr als sechs  Monaten). Diese lange Verfahrensdauer ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausdrücklich als Strafmilderungsgrund zu berücksichtigen.

 

Unter Abwägung all dieser Umstände war eine Herabsetzung der Geldstrafe angebracht, wobei eine noch weitere Herabsetzung wegen der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr in Frage kommt. Sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Überlegungen ist für derart massive Geschwindigkeitsüberschreitungen eine deutlich spürbare Geldstrafe zu verhängen.

 

Die nunmehr herabgesetzte Strafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro bei keinem Vermögen und Sorgepflichten für ein Kind).

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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