Linz, 03.11.2009
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 27. August 2009, Zl. S-40726/08-4, nach der am 2. November 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass dem Spruch noch das Kennzeichen "X"beizufügen ist.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 116,60 Euro (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
Zu 1.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 20/2009 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 20/2009 - VStG;
Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 36 lit.a iVm § 134 KFG 1967 und § 3 Abs.1 iVm 37 Abs.3 Z1, Geldstrafen von 218 Euro u. 365 Euro und im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von vier und sieben Tage verhängt, weil er am 28.09.2008 19:37 Uhr Linz, Schörgenhubstraße - Fahrtrichtung Dauphinestraße bis Dauphinestraße Nr. X (Anhaltung)
1) ein nicht zum Verkehr zugelassenes Kraftfahrzeug, Mazda 323 F, schwarz auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet habe;
2) das nicht zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeug, Mazda 323 F, schwarz, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung zu sein gelenkt habe.
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:
2. In der fristgerecht erhobenen und von einem Sprachhelfer verfassten Berufung bestreitet der Berufungswerber die damalige Lenkereigenschaft. Der Vorhalt, wonach der Fahrzeugeigentümer (X) ihm und einen Herrn X das Fahrzeug überlassen gehabt habe, wird mit dem Hinweis, auf dessen nicht von der Polizei unmittelbar erfolgten Vernehmung, als unrichtig hingestellt. Der Berufungswerber legt im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens und auch im Rahmen der Berufungsverhandlung nochmals handschriftliche und angeblich von X und X verfasste Schreiben mit dem Inhalt vor, dass er das Fahrzeug zur fraglichen Zeit nicht gelenkt hätte.
3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.
3.1. Der Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes.
Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden nochmals die Meldungsleger, GrInsp. X und RevInspin. X zeugenschaftlich einvernommen.
Rücksprache wurde mit der Bezirksanwältin über den Gegenstand des wegen Verdacht nach § 229 StGB am 2.2.2009 eingestellten Verfahrens, 137 BAZ 148/09a – 1, gehalten (AS 60).
Der Berufungswerber nahm in Begleitung eines Sprachhelfers (X) an der Berufungsverhandlung teil. Die Behörde erster Instanz entschuldigte ihre Nichtteilnahme.
4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Berufungswerber lenkte in Begleitung des X das im Spruch genannte KFZ. Um einer Polizeikontrolle zu entgehen, floh er und sein Beifahrer kurz nach der Anhaltung nächst der Daupinstraße 57, wobei das Fahrzeug auf der Straße zurückblieb.
Die Lenkereigenschaft stellte der Berufungswerber auch im Rahmen der Berufungsverhandlung mit Entschiedenheit in Abrede. Unbestritten bleibt vom Berufungswerber nur, nicht im Besitz einer Lenkberechtigung zu sein. Die fehlende Zulassung des Mazda wird ebenfalls nicht bestritten.
Der Berufungswerber und dessen Begleiter X wurde etwa eine knappe Stunde nach der Flucht zu Fuß in räumlicher Nähe zum Ort der versuchten Fahrzeugkontrolle aufgegriffen. Dort wurden sie von den einschreitenden Verkehrspolizisten (X u. X) eindeutig als die Insassen (Lenker und Beifahrer) jenes Fahrzeuges identifiziert von dem sie weggelaufen waren.
Sie wurden wegen des Verdachtes einer gerichtlich strafbaren Handlung festgenommen.
Wie bereits von der Behörde erster Instanz im umfangreich begründeten Straferkenntnis dargelegt, gab insbesondere die einschreitenden Polizeibeamtin RevInspin. X abermals vor der Berufungsbehörde an, die beiden Fahrzeuginsassen schon im Zuge der Nachfahrt und insbesondere vor der Fahrzeuganhaltung, so sie neben bzw. leicht hinter diesem Fahrzeug verkehrsampelbedingt angehalten hatte, deutlich gesehen zu haben. Die Zeugin verwies auch bei der Berufungsverhandlung auf den neben seinem Sprachhelfer sitzenden Berufungswerber als den damaligen Lenker. Der Zeuge X wies bei der Berufungsverhandlung ungefragt darauf hin, dass eine der beiden im Verhandlungsraum anwesenden Personen damals nicht vor Ort gewesen wäre. Der Zeuge konnte zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, dass es sich bei der neben dem Beschuldigten sitzenden Person um den Sprachhelfer und nicht etwa um X (den damaligen Beifahrer) handelte.
Da die Darstellung der Zeugin über die Beobachtung des Fahrzeuglenkers sehr glaubwürdig dargelegt wurden und nicht zuletzt die Wahrnehmung auf das bereits stehende Fahrzeug aus unmittelbarer Nähe gemacht worden ist, geht auch die Berufungsbehörde von der Richtigkeit der Identifizierung aus. Jedenfalls finden sich keine sachlichen Anhaltspunkte dafür was dieser, weniger als eine Stunde später, erfolgten Identifizierung hinderlich gewesen sein könnte.
Der nachhaltig bestreitenden Verantwortung des Berufungswerbers stehen demgegenüber mehrfache Widersprüche entgegen. Seine Darstellungen sind in ihrer Gesamtheit nicht logisch und widersprechen nicht nur den in der Anzeige dargelegten Angaben des Fahrzeugeigentümers sondern auch den anfänglichen Angaben seines Begleiters. Das diese mit den angeblich von den darin benannten Personen verfassten Schreiben der Beilagen 1 u. 2, ihre ursprüngliche Darstellung gegenüber Ermittlungsbeamten widerrufen haben sollten, überzeugt keineswegs.
Trotz mehrfachen Hinweises des Verhandlungsleiters, diese Personen als Zeugen stellig zu machen bzw. eine ladungsfähige Adresse bekannt zu geben, verweigerte der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung letztlich mit dem lapidaren Hinweis, dass er sich die Kosten für deren Anreise nicht leisten könne.
Ebenso steht der Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers insbesondere auch die Darstellung des Zeugen X entgegen, wonach der Berufungswerber damals behauptet hätte er wäre mit dem Zug nach Linz gekommen. Letztlich sei er jedoch nicht in der Lage gewesen eine Fahrkarte von dieser angeblichen Fahrt nach Linz vorzuweisen. Wenn sich dieser Zeuge nach nunmehr über einem Jahr nicht mehr an die Kleidung der damaligen Fahrzeuginsassen zu erinnern vermochte, schmälert dies die Glaubwürdigkeit seiner damaligen „eindeutigen“ Identifizierung keineswegs.
Das auf Seite 60 indizierte gerichtliche Verfahren betraf gemäß der Rückfrage bei der zuständigen Bezirksanwältin in Wien letztlich ebenfalls eine Fahrt des Berufungswerbers im Raum Linz und Haid, jedoch mit einem anderen Pkw (einen Lancer) aber mit dem ebenfalls auch hier verwendeten Kennzeichen.
Daraus ebenfalls die häufige Präsenz des Berufungswerbers im Raum Linz abzuleiten, wobei sich seine bestreitende Verantwortung auch vor diesem Hintergrund einmal mehr als völlig unglaubwürdig darstellt. Letztlich ist es aber die Identifizierung durch die zwecks Lenker- u. Fahrzeugkontrolle einschreitenden Beamten aus nächster Nähe und den nachfolgenden Aufgriff in diesem Nahbereich. Es wäre geradezu ein unwahrscheinlicher Zufall, wenn ein Fahrzeug eines Bekannten aus Wien rein zufällig in unmittelbarer Nähe des Berufungswerbers und seines Begleiters auftauchen sollte, obwohl sie mit diesem Fahrzeug angeblich nichts zu tun gehabt haben sollen. Gleichzeitig der Berufungswerber nicht glaubhaft machen konnte, wie er damals - außer mit dem besagten Fahrzeug - von Wien nach Linz gekommen sein soll. Das diese vorgeblich unbekannten Fahrzeuginsassen dann zufällig auch noch den Festgenommenen so ähnlich geschaut hätten, dass sie von den Polizeibeamten mit den vorherigen Insassen verwechselt worden wären, ist so gut wie unmöglich. Die Version des sprichwörtlich „großen Unbekannten“ ist dem Berufungswerber daher nicht abzunehmen. Nur er kommt daher als der damalige Lenker in Betracht. Das Fluchtmotiv wegen des entfremdeten Kennzeichens ist ebenfalls evident.
Das der Berufungswerber den Fahrzeugbesitzer auch tatsächlich kennt bestreitet nicht einmal er selbst. Wenn dieser letztlich laut Stellungnahme der Inspektorin X am 19.1.2009 gegenüber den ermittelnden Beamten angab das Fahrzeug ihm und seinem Beifahrer X überlassen gehabt zu haben spricht auch dies eine deutliche Sprache und schließt dies jede andere Person als den Berufungswerber selbst, als Lenker den Denkgesetzen folgend klar aus.
Am 28.9.2009 erklärte selbst X zum Diebstahl der besagten Kennzeichentafeln niederschriftlich befragt „von einem Kollegen, der den Pkw gelenkt habe, welcher die Kennzeichentafeln nicht gestohlen hätte“. Die Diebe, so X wenig hilfreich gegenüber der Polizei, müsse sich die Polizei schon selber suchen.
Da aber zu keinem Zeitpunkt eine andere Person als Lenker zur Debatte gestanden ist, konnte X als den „Kollegen der das Fahrzeug lenkte“ nur den Berufungswerber meinen mit welchem er gemeinsam kurz nach der besagten Fahrt festgenommen worden war. Das er für seine leugnende Verantwortung offenbar wissentlich wahrheitswidrig zwei Polizeibeamten der Lüge und im Ergebnis mit dem Tatbestand eines Amtsmissbrauches zu belasten geneigt zu sein scheint, kann wohl nur auf eine geringe Wertverbundenheit des Berufungswerbers zurückzuführen sein.
Da letztlich der Berufungswerber nicht bereit war ladungsfähige Adressen jener Personen zu nennen die ihn im Ergebnis ursprünglich als jene Person benannten die über das Fahrzeug verfügen konnte, von denen er aber nunmehr eine gegensätzliche Erklärung vorzulegen vorgab (es ist überhaupt nicht überprüfbar wer diese Schreiben wirklich verfasst und unterzeichnet hat), macht seine Darstellung als reine Schutzbehauptung letztlich noch augenscheinlicher (AS 37 u. AS 40).
So gelangt auch die Berufungsbehörde zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhaltes als die Behörde erster Instanz, welche ebenfalls ein sehr umfangreiches Beweisverfahren führte.
5. Rechtlich kann in Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Substumption im Sinne des § 36 lit.a KFG 1967 und § 1 Abs.3 FSG in Verbindung mit den jeweiligen Strafbestimmungen.
Die Tatumschreibung war im Sinne des § 44a Abs.1 VStG mit der Anführung des am Fahrzeug angebracht gewesenen Kennzeichens zu ergänzen.
6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Die Behörde erster Instanz verhängte hier eine nur wenig über dem Mindeststrafsatz (Strafrahmen: 5.000 Euro nach dem KFG und 2.180 Euro nach dem FSG ) liegende Geldstrafe, sodass unter Hinweis auf das unter Hinweis auf den der Behörde überantworteten Ermessensrahmen weitere Ausführungen zur Strafzumessung unterbleiben können.
Bei der Beurteilung eines allfälligen "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" käme es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht und die Bedeutung im Zusammenhang mit dem Sachverhalt an (VwGH 27.2.1992, 92/01/0095). Von einem beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe kann vor dem Hintergrund der im Verhalten des Berufungswerbers zum Ausdruck gelangenden Wertehaltung nicht die Rede sein.
Auch der Status der Vermögenslosigkeit in Verbindung mit der sozialen Stellung des Berufungswerber als Asylwerber vermag ihn nicht von einer schuldangemessenen Bestrafung zu befreien.
Auf den Zweck der Ersatzfreiheitsstrafe ist abschließend hinzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 19. März 2010, Zl.: 2010/02/0045-3