Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522381/2/Zo/Bb/Ps

Linz, 03.11.2009

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, vom 11. September 2009, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 7. September 2009, AZ FE-894/2009, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch Erteilung von Auflagen, zu Recht erkannt:

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Berufungswerber bis 18. Dezember 2010 insgesamt acht Mal über Aufforderung der Führerscheinbehörde jeweils binnen einer Woche einen Drogenharnbefund auf Cannabis und Kokain vorzulegen hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991- AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z3, 8 und 24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz 1997 – FSG iVm § 14 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung 1997 -  FSG-GV.  

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 7. September 2009, AZ FE-894/2009, Herrn X (dem Berufungswerber) die Lenkberechtigung für die Klassen A und B dahingehend eingeschränkt, dass er verpflichtet wurde, sich in Abständen von 2, 4, 6, 8, 10, 12, 14 und 15 Monaten ärztlichen Kontrolluntersuchen auf negativen Drogenharn (Cannabis, Kokain) zu unterziehen und bis spätestens 4. November 2009, 4. Jänner 2010, 4. März 2010, 4. Mai 2010, 4. Juli 2010, 4. September 2010, 4. November 2010 sowie 18. Dezember 2010 der Behörde jeweils persönlich oder per Post im Original den darüber ausgestellten Facharztbefund vorzulegen habe.

2. Gegen diesen Bescheid vom 7. September 2009 richtet sich die durch den Berufungswerber am 11. September 2009 – und somit rechtzeitig – bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebrachte Berufung.

 

Der Berufungswerber wendet sich darin gegen den Umstand, dass zu seiner Beurteilung das Alkoholdelikt vor zehn Jahren berücksichtigt worden sei. Seines Wissens sei dies nicht rechtmäßig. Überdies habe er nach einem spontanen Arzttermin durch telefonische Vereinbarung noch am selben Tag einen THC- bzw. Kokain-Test abgegeben, welcher negativ ausgefallen sei. Ein Konsum von Kokain sei nur zwei Wochen nachweisbar und es werde pro Test 30 Euro verlangt. Er habe weder Cannabis konsumiert noch seien irgendwelche Substanzen gefunden worden.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat die Berufung und den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bundespolizeidirektion Linz.

 

Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde im Übrigen auch nicht beantragt (§ 67d Abs.1 ff AVG).

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber wurde mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 17. März 2009, GZ VwSen-522178/5, verpflichtet, sich sechs Monate lang, gerechnet ab Zustellung der Berufungsentscheidung (26. März 2009), in Abständen von einem Monat Kontrolluntersuchungen auf Drogenharn (Cannabis) zu unterziehen und die darüber ausgestellten Befunde im Original der Führerscheinbehörde der Bundespolizeidirektion Linz vorzulegen. Grund für diese Auflage war eine Anzeige des Stadtpolizeikommandos Linz vom 17. Oktober 2008, wonach der Berufungswerber im September 2008 im Besitz von Suchtmitteln betreten wurde. Bei einer Nachschau in seiner Unterkunft wurden damals 2 g Cannabisharz sowie eine Dose mit 12,8 g Marihuana sichergestellt.

Innerhalb des sechsmonatigen Kontrollzeitraumes wurde der Berufungswerber nunmehr neuerlich wegen Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz beanstandet. Zusammen mit einer weiteren Person wurde er am 30. Mai 2009 um 23.30 Uhr auf einem Festivalgelände in 7203 Wiesen (Burgenland) bei der Konsumation von Kokain auf frischer Tat betreten. Aus Anlass dieses Vorfalles wurde der Berufungswerber von der Führerscheinbehörde der Bundespolizeidirektion Linz gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu überprüfen.

 

Über polizeiärztliche Zuweisung unterzog sich der Berufungswerber zunächst am 2. September 2009 bei Herrn X, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, X, der ihm aufgetragenen psychiatrisch-neurologischen Untersuchung. Diese Untersuchung ergab zusammengefasst, dass beim Berufungswerber bis Oktober 2008 anamnestisch sporadischer Cannabismissbrauch bestanden habe, er seither aber keinerlei Cannabis mehr konsumiert habe. Im Juni 2009 habe er einmalig Kokain konsumiert. Ein weiterer Missbrauch sowie auch sonstige Drogen seien nicht festgestellt worden. Weder anamnestisch noch klinisch ergäben sich - nach den Ausführungen des Facharztes - Hinweise für das Vorliegen eines Abhängigkeitssyndroms. Der Berufungswerber sei beruflich und auch hinsichtlich seiner familiären Situation glaubwürdig motiviert, zukünftig keinerlei Drogen zu konsumieren und beabsichtige auch, jeglichen weiteren Kontakt zum Drogenmilieu zu meiden, sodass aus psychiatrisch-neurologischer Sicht unter Auflage nicht vorangekündigter Kontrollen der entsprechenden Laborparameter weiterhin die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1, Klassen A und B, erteilt werden könne.

 

Unter Berücksichtigung des psychiatrisch-neurologischen Facharztbefundes vom 2. September 2009 gelangte der Polizeiarzt der Bundespolizeidirektion Linz, Herr X in seinem Gutachten gemäß § 8 FSG vom 4. September 2009 zur Diagnose eines wiederholten Suchtgiftmissbrauchs (zurückliegend Cannabis, aktuell Kokain). Er erläuterte, dass sich der Berufungswerber bei der amtsärztlichen Untersuchung in altersentsprechender zufriedenstellender körperlicher und geistiger Verfassung ohne direkten Hinweis auf eine floride Drogenproblematik befunden habe. Auch die Harnproben vom 7. und 13. August 2009 hätten sich als negativ auf Metabolite von Cannabis, Kokain/Amphetaminen und Opiaten erwiesen. Wie aus der fachärztlichen Stellungnahme hervorgehe, sei beim Berufungswerber nach zurückliegendem Cannabis- und diesmaligem Kokainkonsum ohne Entwicklung von Psychose oder Abhängigkeit nun doch von ernsthafter Bereitschaft zu künftigem Rauschmittelverzicht auszugehen. In Anbetracht dieser Tatsache erachtete der Polizeiarzt den Berufungswerber derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1, Klassen A und B für den Zeitraum bis 18. Dezember 2010 als bedingt geeignet. Als Auflagen wurden zum Zwecke medizinischer Objektivierung einer maßgeblichen stabilen, von psychotropen Substanzen freien Lebensführung bzw. rechtzeitiger Erfassung eines (eignungsausschließenden) Rezidivdrogenkonsum, regelmäßige Kontrolluntersuchungen auf negativen Drogenharn (Cannabis, Kokain) im Abstand von jeweils zwei Monaten vorgeschlagen.

 

Entsprechend dem Gutachten nach § 8 FSG erließ die Führerscheinbehörde der Bundespolizeidirektion Linz den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. September 2009, wogegen die näher bezeichnete Berufung erhoben wurde.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8    und 9).

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Das ärztliche Gutachten hat gemäß § 8 Abs.3 FSG abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet".

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2. Der Berufungswerber ist derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B nur bedingt geeignet. Nach den Feststellungen im psychiatrisch-neurologischen Facharztgutachten vom 2. September 2009 hat er in der Vergangenheit bis Oktober 2008 sporadischen Cannabismissbrauch begangen, aktuell hat er Kokain konsumiert. Er wurde am 30. Mai 2009 beim Konsum von Kokain betreten und hat diesen auch eingestanden. Er hat damit den Konsum von Suchtmitteln nicht eingestellt, sondern offenbar nur die Drogenart geändert.

 

Der Facharzt hat nachvollziehbar dargelegt, dass jedenfalls eine Überprüfung des Konsumverhaltens geboten ist und unter der Vorschreibung von nicht vorangekündigten Kontrolluntersuchungen der entsprechenden Laborparameter aus fachärztlicher Sicht kein Einwand gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B bestehe. Der Polizeiarzt vertritt gleichermaßen schlüssig und nachvollziehbar die Anordnung von Kontrolluntersuchungen (Drogenharnbefund auf Cannabis und Kokain), hat abweichend von der fachärztlichen Stellungnahme allerdings die Untersuchungen und Vorlage der Drogenharnbefunde in Abständen von jeweils zwei Monaten – bis 18. Dezember 2010 - vorgeschlagen.

 

Kokain zählt zu jenen Drogen mit hohem Abhängigkeitspotenzial und ist im Gegensatz zu Cannabis (ist mehrere Tage, bei häufigerem Konsum sogar bis zu mehreren Wochen im Harn nachweisbar) je nach Häufigkeit des Konsums nur wenige Tage bis etwa zwei Wochen im Harn nachweisbar. Aus diesen Gründen erscheinen nach Ansicht der Berufungsinstanz die vorgeschlagenen Kontrolluntersuchungen (Harn auf Cannabis und Kokain) unangekündigt über Aufforderung der Führerscheinbehörde der Bundespolizeidirektion Linz notwendig und überdies geeignet, um ein verlässliches Bild über das künftige Konsumverhalten des Berufungswerbers im Zusammenhang mit Suchtmitteln zu erhalten und seine erklärte Absicht, sich künftig jeglichen Suchtgiftkonsums zu enthalten, unter Beweis zu stellen. Auch aus Gründen der Verkehrssicherheit erscheint die Vorschreibung unangekündigter Kontrolluntersuchungen erforderlich.

 

Das Vorbringen des Berufungswerbers konnte weder die Stellungnahme des Facharztes noch das Gutachten nach § 8 FSG entkräften. Private und wirtschaftliche den Berufungswerber betreffende Belange, welche mit den Kontrolluntersuchungen verbunden sind, konnten im Interesse der Verkehrssicherheit nicht berücksichtigt werden.

 

Es war damit spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid dahingehend abzuändern, als der Berufungswerber bis 18. Dezember 2010 insgesamt acht Mal über Aufforderung der Führerscheinbehörde jeweils binnen einer Woche einen Drogenharnbefund auf Cannabis und Kokain vorzulegen hat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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