Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252223/4/Fi/Mu

Linz, 13.10.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die auf die Strafhöhe beschränkte Berufung des x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 27. Juli 2009, GZ 0022310/2009, wegen zwei Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetzes (ASVG) mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird Folge gegeben und das verhängte Strafausmaß auf jeweils 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils im Ausmaß von 56 Stunden) herabgesetzt.

II.   Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 73,00 Euro. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwal­tungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

 


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 27. Juli 2009, GZ 0022310/2009, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) zwei Geld­strafen in der Höhe von jeweils 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 112 Stunden) verhängt, weil er als Gewerbeinhaber und Betreiber des "x" im Standort x, als Dienst­geber zu verantworten habe, dass er für die Umbauarbeiten dieses Wettcasinos Herrn x, in der Zeit von 9. April 2009 bis 16. April 2009 täglich vier bis fünf Stunden als Maler für freie Verpfle­gung und Herrn x, vom 15. April 2009 bis 17. April 2009 täglich sechs Stunden als Hilfsarbeiter entgeltlich (10 Euro pro Stunde) und somit als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaft­licher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt habe, ohne dass diese vor Arbeits­antritt zumindest zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zustän­digen Sozialver­siche­rungsträger angemeldet worden seien und auch nicht von dieser Versiche­rungspflicht im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen gewesen seien.

Als verletzte Rechtsvorschrift werden jeweils § 33 Abs.1 und Abs.1a iVm. § 111 des ASVG angeführt.

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass sich der Sachverhalt aus der Anzeige des örtlich zuständigen Finanzamtes vom 14. Mai 2009 ergebe, wonach bei einer Kontrolle durch deren KIAB-Beamte anlässlich einer Überprüfung der Baustelle "x" in x, die beiden bereits oben angeführten Personen bei Maler- und Tapezierarbeiten betreten worden seien.

Unter Hinweis auf § 5 Abs.1 VStG wird weiters ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamkeitsdelikt han­dle. Nachdem sich der Bw zum Tatvorwurf nicht geäußert habe, habe sein Verschulden nicht entkräftet werden können.

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungs- und Erschwerungsgründe hervorgekommen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 4. August 2009 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die am 18. August 2009 – und damit rechzeitig – per Telefax eingebrachte Berufung bei der Behörde erster Instanz.

Darin bringt der Bw vor, dass Herr x vom 9. bis 16. April 2009 mit einem Bruttolohn in Höhe von 1.046,55 Euro (5 Tage 40 Stunden) und Herr x nur vom 15. bis 16. April 2009 mit einem Bruttolohn in Höhe 178,57 Euro (2 Tage á 6 Stunden) für ihn gearbeitet haben und er beide bei der Oö. Gebietskrankenkasse angemeldet habe.

Daher wird eine Milderung der Strafe beantragt.

2.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat mit Schreiben vom 31. August 2009 die Berufung des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss des dort geführten Verfahrensaktes mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den Akt des Magistrats der Landeshauptstadt Linz zu GZ 0022310/2009 sowie durch Kontaktaufnahme mit dem Sozialversicherungs­träger und mit einem Vertreter der Amtspartei (Finanzamt Gmunden Vöcklabruck); da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auch die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht aufrecht hielten, konnte im Übrigen gemäß § 51 e Abs.3 Z.1 und 2 Verwaltungs­strafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem – unstrittigen – entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bw ist unbescholten und hat im Rahmen seiner Berufung ein Tatsachen- und Schuldeingeständnis abgelegt. Erschwerungsgründe sind für die belangte Behör­de nicht hervorgekommen. Die Erstbehörde sah sich im Rahmen ihrer Straffest­setzung bereits ohne Schuldgeständnis zur Festsetzung der Mindeststrafe veranlasst.

In Wahrung des Parteiengehörs wurde das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck als am Verfahren beteiligte Organpartei am 9. Oktober 2009 telefonisch darauf hingewiesen, das seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates ein Vorgehen nach § 20 VStG in Aussicht genommen wird. Im Rahmen des Telefonates stimmte die Organpartei dieser Vorgangsweise zu.

2.4. Da sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Unabhängigen Verwal­tungssenat des Landes Oberösterreich verwehrt, sich inhaltlich mit der Entschei­dung der Erstbehörde auseinander zu setzen.


2.5. Nach § 51 c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straf­erkenntnis je angenommenen Delikt eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.  In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 4 Abs.1 Z.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung sind die bei einem
oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-,
Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn nicht bestimmte
Ausnahmen von dieser Vollversicherungspflicht bestehen.

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs.2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönliche und wirt­schaftliche Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zustän­digen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unterlassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

Nach § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungs­behörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geld­strafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordent­lichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuchs – StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhält­nisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berück­sichtigen.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro, also die Mindeststrafe für eine Tatbegehung im Erstfall verhängt.

3.2.1. Aus der einleitenden Formulierung "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes" in § 111 Abs.2 ASVG ergibt sich grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs.1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG: Unterschreiten der Strafuntergrenze bis zur Hälfte) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen, d.h. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Zuge der Strafbemessung auch zwingend berücksichtigt werden müssen.

Daraus folgt, dass im Ergebnis auch im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs.1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen ist, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn dies nicht zutrifft, so ist noch darüber hinaus zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist.

3.2.2. Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Folgen der Übertretung angesichts des damit verbundenen Schadens für die Versichertengemeinschaft nicht unbedeutend sind. Dem ist der Bw nicht entgegengetreten.

Auch der Oö. Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass die Straflosigkeit einer Missachtung der in § 33 Abs.1 ASVG positivierten Meldepflicht eine weit­reichende Beispiels- bzw. Folgewirkung nach sich ziehen könnte. Es kann (daher) nicht die Rede davon sein, dass die  Nichtanmeldung eines Dienstnehmers – wobei hinzukommt, dass der gesetz­widrige Zustand offen­kundig ohnehin nur aus Anlass der behördlichen Kontrolle beendet wurde und die Anmeldung zur Pflichtversicherung erst nachträglich nach dem Aufforderungs­schreiben des Sozialversicherungsträgers am 29. Juli 2009 erfolgte – keine oder lediglich unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätte. Die Anwendbarkeit des § 21 VStG scheidet sohin aus.

3.2.3. Im Zuge der Prüfung der Frage, ob gemäß § 20 VStG eine Unterschreitung der gesetzlichen Strafuntergrenze in Betracht kommt, sind die Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen abzuwägen, wobei Erstere die Letzteren beträchtlich überwiegen müssen.

Im vorliegenden Fall ist der Bw nach Ausweis des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes bislang verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten. Weiters ist dem Bw vor allem das nunmehr abgelegte Tatsachen- und Schuldeinge­ständnis und das damit einhergehende reumütige Verhalten zugute zu halten. Umgekehrt geht die belangte Behörde hinsichtlich der Erschwerungsgründe aber auch selbst davon aus, dass solche nicht vorliegen.

Bei dieser Sachlage ist daher gesamthaft betrachtet – insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber in § 111 Abs.2 ASVG die erstmalige Übertretung gesondert beurteilt – eine außerordentliche Strafmilderung gerecht­fertigt.

3.3. Es war daher der Berufung Folge zu geben und die Geldstrafe in Höhe von jeweils 365 Euro, insgesamt somit in Höhe von 730 Euro (gemäß der durch § 16 Abs.2 VStG vorgegebenen Relation eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von jeweils 56 Stunden), festzusetzen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG auf insgesamt 73,00 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Johannes Fischer

VwSen-252223/4/Fi/Mu vom 13. Oktober 2009

 

§ 111 ASVG, §§ 20 und 21 VStG:

 

Aus der einleitenden Formulierung des § 111 Abs. 2 ASVG ergibt ist grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs. 1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen.

 

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