Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281162/20/Kl/Pe

Linz, 05.11.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27.4.2009, Gz.: 22395/2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 26.8.2009, zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27.4.2009, Gz.: 22395/2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG iVm § 44 Abs.1 Arbeitsmittel-Verordnung verhängt, weil er als gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der x für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften für den Bereich „Roheisen“ (Kokerei, Erzvorbereitung Sinteranlage, Hochofenanlage I und II, Hüttenbaustoffe, Kalkwerk X) zu vertreten hat, dass am 25.4.2008 in der Arbeitsstätte der x im Bereich Roheisen, Hauptprozess Rohstoffversorgung und Sinteranlage (Erzvorbereitung/Sinteranlage) drei Arbeitnehmer mit dem Wechseln der Schließseile der Kranschaufel des Kranes Nr. 330 beschäftigt waren, obwohl die Quetsch- und Scherstellen zwischen den Bordscheiben der Seiltrommeln und dem angrenzenden Maschinenrahmen im Maschinenhaus des Kranes Nr. 330 nicht durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen oder durch sonstige Schutzeinrichtungen, wie Sicherungen mit Annäherungsreaktion oder Begrenzung der wirksamen Energie, gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert waren.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Unfall in einem Triebwerksraum eines Kranes stattgefunden hätte, zu welchem prinzipiell niemand Zutritt hätte. Der Eintritt sei für Unbefugte verboten, sodass die Gefahrenstelle ausreichend abgesichert sei. Dieser Triebwerksraum bzw. dieses Maschinenhaus könne nur in Absprache mit dem Kranführer betreten werden. Dazu müsse eine Glocke betätigt werden und müsse der Kranführer sich sodann in die Überstiegsposition begeben, den Kran abschalten und dann könnten Personen das Maschinenhaus, nach Öffnen durch den Kranführer, betreten. Dies erfolge ausschließlich von besonders geschulten Arbeitnehmern, was organisatorisch sicher gestellt sei. Unter Berücksichtigung des § 44 Abs.8 AM-VO sei eine Verletzung der Bestimmungen nicht gegeben, zumal durch technische und organisatorische Maßnahmen sichergestellt sei, dass Arbeitnehmer durch ein unbeabsichtigtes Einschalten der Arbeitsmittel nicht gefährdet werde. An dem gegenständlichen Kran Nr. 330 seien Seile zu wechseln gewesen und werde dies durch geschulte Organe, nämlich den Betriebselektriker x, Kranschlosser x und Herrn x durchgeführt. Arbeitnehmer dürften erst dann bei Seilwechslungen teilnehmen, wenn sie mindestens ein Jahr als Kranschlosser an den Erzbrücken beschäftigt sind. x war seit Februar 2003 in der Abteilung und führte schon etwa zehn Seilwechslungen durch. Auch sei der Vorgang durch Herrn x beaufsichtigt gewesen. Eingeschult seinen die Mitarbeiter durch jährliche Unterweisungen hinsichtlich Kranservice und allgemeine Sicherheitsrichtlinien. Herr x wurde am 8.9.2005 über die allgemeinen Sicherheitsrichtlinien unterrichtet, die jährliche Unterweisung Kranservice wurde ihm am 14.11.2003 zum ersten Mal zur Kenntnis gebracht, seine letzte Unterweisung fand am 29.10.2007 statt. Die Einhaltung der Sicherheitsunterweisungen erfolge durch den jeweiligen Vorgesetzten und den Kranführer. Auch führe der Meister einer Abteilung stichprobenartige Kontrollen durch. Es sei daher ein umfangreiches Sicherheits- und Kontrollsystem eingerichtet. Lediglich zum Wechsel des Seiles müssen das tonnenschwere Seil selbst und die Trommeln im Maschinenhaus des Kranes bewegt werden und sei bei diesem Vorgang eine Absicherung des Arbeitsmittels mit Getriebehaus bauartbedingt ausgeschlossen, da ein Getriebe nie frei von Scher- und Quetschstellen konstruiert werden könne bzw. Absicherungen bei Wartungsarbeiten, wie beispielsweise einem Seilwechsel, entfernt werden müssen. Darüber hinaus sei der Kran oftmals durch betriebsfremde Sachverständige gemäß § 9 AM-VO überprüft worden und seien keine Mängel festgestellt worden. Zuletzt sei ein Befund über eine wiederkehrende Überprüfung gemäß § 8 Abs.2 AM-VO am 21.4.2008 erstellt worden und dabei festgestellt worden, dass ein Austausch der Seile sowie weitere kleinere Reparaturen zu erfolgen haben. Betriebsintern gäbe es pro Jahr etwa 25 stichprobenartige Begehungen durch einen Arbeitsmediziner, einen Betriebsrat, eine Sicherheitskraft und die zuständigen Meister und Betriebsingenieure. Gegenständliche Scherstellen seien nicht bemängelt worden und keine weiteren Sicherheitsvorkehrungen vorgeschrieben worden. Es liege daher keine Verletzung der Schutzgesetze in objektiver Hinsicht vor. Auch sei in subjektiver Hinsicht dem Bw nichts vorzuwerfen, weil dieser jegliche erdenkliche Maßnahmen ergriffen hat, dass Gefahrenstellen erkannt und durch die Sicherheitsmaßnahme entschärft werden. Der Bw habe eigens beauftragte Fachleute eingesetzt und hätten diese die Gefahrenstellen nicht erkannt. Es liege daher kein Verschulden vor. Allenfalls sei nur Verschulden in äußerst geringem Maß zugrunde zu legen, sodass gemäß § 21 VStG von der Strafe abzusehen sei.

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt und dem Erhebungsakt des Stadtpolizeikommandos Linz vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentliche mündlichen Verhandlung am 26.8.2009, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen AI x, x, x und x geladen und einvernommen. Der weiters Geladene x ist trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Von einer weiteren Ladung zur Einvernahme konnte aufgrund des ausreichenden Ermittlungsergebnisses abgesehen werden.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Mit Urkunde vom 3.6.2001 wurde der Bw als zuständiger Leiter des Bereiches Roheisen zum verwaltungsstrafrechtlichen verantwortlichen Beauftragten für diesen Bereich der x bestellt, der die Kokerei, Erzvorbereitung – Sinteranlage, Hochofenanlage I und II, Hüttenbaustoffe und Kalkwerk X samt zugehörigen Bauten und Einrichtungen erfasst. Der Bw verfügt im Rahmen dieser Funktion über die entsprechenden Anordnungsbefugnisse, die für die Erfüllung der verwaltungsrechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von Betriebsanlagen, Bauten, Einrichtungen ... in seinem Bereich sowie der damit zusammenhängenden Arbeitnehmerschutzvorschriften und den Vorschriften des Arbeitsinspektionsgesetzes erforderlich sind. Dieser Bestellung hat er ausdrücklich zugestimmt. Der Zustimmungsnachweis wurde dem Arbeitsinspektorat mit 20.6.2001 übermittelt.

 

Der Bw ist Leiter des Bereiches B1 Roheisenerzeugung, nämlich Produktion und Erzvorbereitung und Vorortinstandhaltung. Der Kran Nr. 330 fällt in seinen Produktionsbetrieb.

 

Am 25.4.2008 waren im Bereich Roheisen, Hauptprozess Rohstoffversorgung und Sinteranlage (Erzvorbereitung – Sinteranlage) der x drei Arbeitnehmer mit dem Wechseln der Schließseile der Kranschaufel des Kranes Nr. 330 beschäftigt. Es handelte sich dabei um x, Betriebselektriker, x, Leasingarbeiter, und x, Kranschlosser. Der Kran wurde vom Kranfahrer x betätigt. Quetsch- und Scherstellen zwischen den Bordscheiben der Seiltrommeln und dem angrenzenden Maschinenrahmen im Maschinenhaus des Kranes Nr. 330 waren nicht durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen oder sonstige Schutzeinrichtungen gesichert. Auf dem Maschinenrahmen besteht eine Auftrittsfläche, die erforderlich ist, um die Seile einzuhängen. Die Aufstandsfläche befindet sich am Maschinenrahmen und weist die Hubwerkstrommel neben dieser Aufstandsfläche ca. 5 cm herausragende Stege auf, die eine Scherstelle bilden, nämlich dann, wenn die Trommel in Bewegung ist. Diese Quetsch- und Scherstelle befindet sich im Verkehrsbereich des Maschinenraumes und ist unabhängig von Wartungsarbeiten. Allerdings ist bei den Wartungsarbeiten des Seilwechsels die Benützung der Aufstandsfläche jedenfalls erforderlich, wobei allerdings bei diesen Instandhaltungsarbeiten die Aufmerksamkeit auf Quetsch- und Scherstellen im Bereich der Hände liegt, nicht im Bereich der Füße. Die Inbetriebnahme des Krans und der Trommeln erfolgte zu diesem Zeitpunkt ausschließlich durch den Kranführer, wobei die Inbetriebnahme durch Sprechkontakt mit dem Kranführer erfolgte. Bei Bewegung der Seiltrommel kann eine Berührung mit den Stegen der Trommel erfolgen. Der Kranschlosser x wurde von einem Steg ein Stück mit dem Fuß in die Trommel gezogen. Die Trommel kann vom Kranschlosser nicht betätigt werden, nämlich nicht ein- oder ausgeschaltet werden. Beim Seilwechsel dreht sich zunächst die Hubwerkstrommel nicht mit der Schließwerkstrommel mit, erst nach der dritten Umdrehung, wenn die Schließbewegung des Greifers vollständig ausgeführt ist und alle Seile mit nach oben gehen, macht die Hubtrommel einen Ruck.

Die Trommel wurde ausschließlich durch den Kranführer in Betrieb genommen. Dieser hat auf Sprechkommando des Kranschlossers den Kran eingeschaltet. Ein Sichtkontakt zum Kranführer bestand seitens des Kranschlossers nicht. Der Kranführer befindet sich in einem gesonderten an den Triebwerksraum angrenzenden Kranführerstand, wobei die Räume durch eine dünne Blechwand getrennt sind. Aufgrund des Umgebungslärmes muss zur Verständigung laut geschrieen werden.

 

Das Triebwerkshaus bzw. der Maschinenraum ist Teil des Kranes. Der Kranführer muss den Maschinenraum betreten, um in die Führerkanzel zu kommen. Ein Zutritt ist nur über den Kranführer möglich. Das Triebwerkshaus ist mit einem Bügel, einer Glocke und einem Schild gesichert. Um in den Getrieberaum bzw. den Maschinenraum zu gelangen, muss der Kranführer den Kran in eine bestimmte Parkposition bringen. Der Maschinenraum ist durch eine mechanische Absicherung verschlossen, die sich nur aus der Parkposition öffnen lässt. Der Maschinenraum hat eine Größe von ca. 40 m² und es können sich in diesem Raum ohne Probleme mehrere Personen aufhalten. Außer dem Kranführer und dem Kranschlosser betritt auch den Triebwerksraum der Betriebselektriker sowie Kontrollorgane. Der Elektriker ist vor Ort beim Schaltkasten erforderlich, damit die Trommel zum Seilwechsel ganz abgewickelt werden kann.

 

Nach diesem Unfall wurde außerdem eine Zutrittssperre als Trittgitter rund um die bewegten Teile errichtet. Bei Arbeiten an den bewegten Teilen, wie z.B. beim Seilwechsel, muss dieses Gitter wieder entfernt werden. Darüber hinaus gibt es auch eine Verblendung unmittelbar bei den Stegen. Diese Verblendung verbleibt auch beim Seilwechsel. Überdies hat der Kranschlosser nunmehr eine Bedienkassette, über die er selbst den Kran betätigen kann.

 

Die Servicearbeiten am Kran, wie der Seilwechsel, erfolgten extern durch die Instandhaltung. Eine ausdrückliche Ausbildung für diese Servicearbeiten bekommt der Arbeitnehmer nicht, sondern erlernt er die Arbeiten durch das Mitgehen mit seinen Kollegen. In der x gibt es ca. 400 Kräne und jeder funktioniert etwas anders. Die allgemeinen Informationen und Unterweisungen erfolgen durch den unmittelbaren Vorgesetzten, nämlich den Meister, konkret Herrn x. Das spezielle Wissen wird dann durch die Arbeiten am jeweiligen Kran vermittelt. Eine ausdrückliche Hinweisung auf diese Gefahrenstelle bei Kränen existiert nicht, allerdings sieht man die Gefahrenstelle. Die spezielle Gefahrenstelle war nicht bekannt und gab es daher auch keine Anweisungen. Auch führen neue Mitarbeiter nicht gleich zu ihrem Arbeitsbeginn solche Arbeiten selbständig durch, sondern lernen sie zunächst von den anderen erfahrenen Kollegen. Eine allgemeine Unterweisung in den allgemeinen Sicherheitsrichtlinien an den verunfallten Arbeitnehmer x erfolgte am 8.9.2005, die jährliche Unterweisung erfolgte erstmalig am 14.11.2003 und das letzte Mal am 29.10.2007. Der Arbeitnehmer ist seit Februar 2003 in dieser Abteilung und hat bereits mindestens zehn Seilwechslungen an Kränen durchgeführt.

Die Arbeiten werden im Team selbständig durchgeführt. Der Meister kontrolliert die Arbeiten stichprobenartig oder wenn es Probleme gibt. Auch ist er bei der wiederkehrenden und bei vorbeugenden Überprüfungen dabei. Außerdem gibt es Sicherheitsviertelstunden und werden auch Sicherheitsaudits durchgeführt. Dabei wurde die Scherstelle nicht als besondere Gefahrenstelle erkannt.

 

4.2. Es liegen Gutachten des staatlich befugten und beeideten Zivilingenieurs für Maschinenbau DI x betreffend die Krananlage Nr. 330 vor, die Abänderungen der Krananlage, nämlich Verschieben von Eisenbahnwaggons mit einem Kran, Anbringen eines Bunkers am Kran, Aufbau einer neuen Kabeltrommel und Montage eines neuen Containers und Umbau der Feststützen betreffen. Diese Gutachten ergingen daher zu einem besonderen Anlass. Weiters liegt ein Abnahmebefund der Krananlage aus dem Jahr 1958 vor. Ein Befund über eine wiederkehrende Überprüfung gemäß § 8 Abs.2 AM-VO vom 21.4.2008 weist keine Unterschrift eines Prüfers auf, weist aber auf Abnützungen und erforderliche Maßnahmen hin.

Die allgemeine Sicherheitsinstruktion B1R Krane und E-Züge weist in Punkt 1.3. Anweisungen während des Betriebes auf, insbesondere dass betriebsfremde Personen, ausgenommen Instandhaltungspersonal, die Kräne nicht betreten dürfen. In Punkt 1.4. wird hinsichtlich Instandhaltung und Störungen gefordert, dass, wenn eine Sichtverbindung zwischen Kranführer und Arbeitspersonal nicht möglich ist, der erforderliche Kontakt entweder über einen Verbindungsmann (Einweiser) oder über ein Sprechfunkgerät sichergestellt werden muss. Auch in den vorgelegten Krane-Betriebs- und Wartungsvorschriften, Punkt 2.24. wird ausgeführt, dass Wartungsarbeiten nur durchgeführt werden dürfen, wenn der Kran abgeschaltet ist und Vorkehrungen gegen unbefugtes Einschalten getroffen sind. Sind für Wartungsarbeiten Kranbewegungen erforderlich, sind geeignete Vorkehrungen gegen die Gefährdung von Personen zu treffen.

 

Ein von der Staatsanwaltschaft Linz beim allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für technischen Unfallschutz, DI x, in Auftrag gegebenes Gutachten vom 9.9.2008 ergab zur Unfallursache, dass auslösend einerseits das unbeabsichtigte Vortreten des Kranschlossers x mit dem rechten Fuß in den Gefahrenbereich der ungesicherten Bordscheiben der Hubwerkstrommel und andererseits die Bewegung der Hubwerkstrommel war. Aufgrund der erforderlichen Arbeiten zum Wechseln des Schließseiles war es für x zwingend erforderlich den Standplatz vor der Hubwerkstrommel einzunehmen. Wären die Scherstellen ordnungsgemäß gesichert gewesen, hätte es zu keinem Unfall kommen können. Der Gutachter kam daher zu dem Schluss, dass der gegenständliche Unfall verhindert hätte werden können, wenn 1. bei den Kranüberprüfungen auch auf mögliche Gefahrensituationen bei den erforderlichen Wartungsarbeiten Bezug genommen worden wäre, wie dies gesetzlich vorgesehen ist, 2. eine ordnungsgemäße Gefahrenevaluierung für das Schließseilwechseln gemacht worden wäre (dabei hätten die ungesicherten Bordscheiben bzw. die Scherstellen zweifelsfrei erkannt werden und in der Folge verkleidet werden müssen), und 3. einerseits eindeutige Kommandos getrennt für Schließ- und Hubtrommel festgelegt und bei möglicher Lärmbeeinträchtigung Handfunksprechgeräte beigestellt worden wären. Dadurch hätten Verständigungsprobleme, die zu einer möglichen Fehlbedienung geführt haben, vermieden werden können. Punkt 1 und 2 hätten zu primären technischen Schutzmaßnahmen geführt, die den gegenständlichen Unfall unabhängig von personenbezogenen Handlungen oder Umgebungseinflüssen verhindert hätten. Derartige Schutzmaßnahmen sind nicht nur Stand der Technik, sondern auch durchaus branchenüblich, wobei auch das Alter des Kranes, der mehrfach umgebaut und adaptiert wurde, keine Rolle spielt.

 

4.3. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Akt befindlichen Schriftstücke und Unterlagen sowie Fotos einerseits und andererseits auf die Aussagen der bei der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen sowie auch auf die Ausführungen des Bw selbst. Sämtliche Zeugen wirkten glaubwürdig und widersprachen sie sich nicht. Es traten daher keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen auf. Darüber hinaus decken sich die Aussagen auch mit den Ausführungen des Arbeitsinspektorates sowie auch mit den Ausführungen des von der Staatsanwaltschaft Linz eingeholten Gutachtens. Es können daher diese Feststellungen als erwiesen zugrunde gelegt werden.

 

4.4. Die weiters beantragte Einvernahme des Zeugen x zum Beweis dafür, dass keine Personen, ausgenommen dem Kranführer, das Triebwerkshaus betreten können und bis auf den Seilwechsel bei sämtlichen Arbeiten der Kran nicht in Betrieb ist, sowie des Zeugen x zum Beweis dafür, dass eigens geschulte Sicherheitsorgane neben den externen Überprüfungen und den gesetzlich verpflichtenden Überprüfungen die Kräne und auch den gegenständlichen Kran besichtigt haben und dennoch die gegenständliche Gefahrenstelle nicht erkannt haben, war hingegen nicht erforderlich, weil bereits die einvernommenen Zeugen diese Beweisthemen abdecken und die Behauptungen den Feststellungen zugrunde gelegt werden. Die weiters beantragte Einvernahme des Kranführers x zum Beweis dafür, dass sowohl die Hub- als auch die Schließseiltrommel absichtlich in Betrieb genommen wurden, war insofern entbehrlich, als es – wie auch in der rechtlichen Beurteilung noch näher auszuführen sein wird – nicht auf den konkreten Unfall und die konkrete Gefahr ankommt, sondern bereits die abstrakte Gefährdungsmöglichkeit genügt. Darüber hinaus ist wohl schon aufgrund der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Kranführer nicht absichtlich die Hubwerkstrommel bewegen wollte, wenn sein Kollege der Kranschlosser den Fuß in der Hubwerkstrommel hat. Auch hat das Beweisergebnis durch Einvernahme der Zeugen ergeben, dass die Hubwerkstrommel erst nach der Ausführung der Schließbewegung des Greifers nach der dritten Umdrehung mitgeht bzw. einen Ruck macht, wenn all Seile mit nach oben gehen.

 

4.5. Aufgrund von Erhebungen durch den Unabhängigen Verwaltungssenat steht fest, dass ein Strafverfahren gegen den Bw wegen § 88 Abs.1, 4 erster Fall StGB gemäß § 190 Z1 StPO am 10.11.2008 eingestellt wurde.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 44 Abs.1 Arbeitsmittel-Verordnung – AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2000 idF BGBl II Nr. 309/2004, müssen Quetsch- und Scherstellen an Arbeitsmitteln durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen oder durch sonstige Schutzeinrichtungen, wie Sicherungen mit Annäherungsreaktion oder Begrenzung der wirksamen Energie, gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert sein.

 

Gemäß § 44 Abs.8 AM-VO müssen Schutzeinrichtungen nach den Abs.1 bis 6 auch dann vorhanden sein, wenn die Arbeitsmittel in allgemein nicht zugänglichen, versperrten Betriebsräumen, wie Aufzugs-, Triebwerks- oder Transmissionsräume, aufgestellt sind, ausgenommen Arbeitsmittel, bei denen durch andere technische und organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist, dass ArbeitnehmerInnen durch ein unbeabsichtigtes Einschalten der Arbeitsmittel nicht gefährdet werden.

 

Im Sinn des § 2 Abs.7 AM-VO sind Krane Arbeitsmittel und umfasst die Verordnung gemäß § 2 Abs.2 AM-VO alle ein Arbeitsmittel betreffende Tätigkeiten, auch Instandhaltungs- und Wartungstätigkeiten.

 

Gemäß § 3 Abs.1 AM-VO dürfen ArbeitgeberInnen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen, die hinsichtlich Konstruktion, Bau und weiterer Schutzmaßnahmen den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen.

 

Zu diesen Rechtsvorschriften gehört auch der vierte Abschnitt der AM-VO, also §§ 41ff. So bestimmt bereits § 41 Abs.1 AM-VO, dass Gefahrenstellen an Arbeitsmitteln durch Schutzeinrichtungen so gesichert sein müssen, dass ein möglichst wirksamer Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird. Schutzeinrichtungen müssen die für den Einbau oder Austausch von Teile sowie für Rüst- und Wartungsarbeiten erforderlichen Eingriffe möglichst ohne Demontage der Schutzeinrichtungen zulassen, wobei der Zugang auf den für die Arbeit notwendigen Bereich beschränkt sein muss. Teile von Arbeitsmitteln, die der Wartung bedürfen oder der Wartung dienen, wie Lager, Schmiereinrichtungen oder ähnliche Teile, sowie Bedienungseinrichtungen, wie Ein- und Ausschaltvorrichtungen oder Beschickungs- und Zuführungseinrichtungen, müssen leicht und gefahrlos zugänglich sein (§ 41 Abs.3 AM-VO).

 

Im Grunde der Sachverhaltsfeststellungen ist erwiesen, dass der Kran Nr. 330 ein Arbeitsmittel des Roheisenproduktionsbereiches ist. Der Bw ist zum verantwortlichen Beauftragten für diesen Bereich rechtswirksam bestellt und für Errichtung und Betrieb der Betriebsanlagen, Bauten und Einrichtungen und den damit zusammenhängenden Arbeitnehmerschutz verantwortlich. Es obliegt daher die Krananlage und ihre technische Ausstattung seinem Verantwortungsbereich. Er ist daher gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung zu ziehen.

 

Das Verhandlungsergebnis hat aber auch erwiesen, dass Quetsch- und Scherstellen an der Hubwerkstrommel vorliegen, welche nicht durch Vorkehrungen und Schutzeinrichtungen abgesichert sind und können sich daher Arbeitnehmer bei Tätigkeiten bei diesem Arbeitsmittel, insbesondere auch bei Instandhaltungs- bzw. Wartungstätigkeiten, grundsätzlich verletzten. Es wurde daher die dem Arbeitgeber auferlegte Verpflichtung gemäß § 44 Abs.1 AM-VO nicht erfüllt und daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Wenn sich hingegen der Bw auf die Ausnahmebestimmung des § 44 Abs.8 AM-VO beruft, so ist ihm entgegenzuhalten, dass sich die Scherstelle zwar in einem versperrten Betriebsraum, nämlich in dem Triebwerksraum befindet, zu welchem Arbeitnehmer nur mit Zustimmung des Kranführers Zutritt haben, dass aber auch für diese Räume die Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen. Die Ausnahme, dass andere technische und organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass ArbeitnehmerInnen durch ein unbeabsichtigtes Einschalten der Arbeitsmittel nicht gefährdet werden, sind nicht gegeben, weil zwar organisatorische Maßnahmen, nämlich nur der Zutritt über eine bestimmte Parkstellung und mit Zustimmung des Kranführers gegeben ist, darüber hinaus aber – die kumulative Voraussetzung – technische Maßnahmen nicht getroffen sind. Insbesondere besteht von vielen Standorten aus im Triebwerksraum keine Sichtverbindung zum Kranführer, sodass grundsätzlich ein unbeabsichtigtes Einschalten des Arbeitsmittels nicht ausgeschlossen werden kann. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5.8.2009, Zl. 2008/02/0036-6, ausgeführt hat, steht nicht der Unfall zur Beurteilung an, sondern der Zustand der Maschine im angelasteten Zeitraum. Es ist erwiesen, dass die Seiltrommel neben der Auftrittsfläche Scherstellen aufweist, die nicht gegen Berührung gesichert sind. Diese Stellen sind für jene Personen, die sich im Maschinenraum befinden, ungesichert zugänglich. Aus § 44 Abs.1 AM-VO ergibt sich, welche Gefahrenstelle zu sichern ist und ergibt sich weiters bereits aus der Lebenserfahrung, dass insbesondere mangels eines Sichtkontaktes und aufgrund des hohen Umgebungslärmes bei der Krananlage ein unbeabsichtigtes Einschalten des Arbeitsmittels vom Kranführerstand aus nicht ausgeschlossen werden kann. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

Wenn hingegen der Bw sich auf Abnahmeprüfung, wiederkehrende Prüfung und Prüfungen nach außergewöhnlichen Ereignissen gemäß §§ 7 bis 9 AM-VO beruft, so ist ihm entgegenzuhalten, dass diese Überprüfungen gesetzlich vorgeschrieben sind, daraus aber nicht abgeleitet werden kann, dass durch die durchgeführten Überprüfungen ein gesetzwidriger Zustand gerechtfertigt wird bzw. rechtmäßig wird. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im eingeholten Gutachten des Gerichtssachverständigen wird hingewiesen. Dieser verweist insbesondere auch auf technische Schutzmaßnahmen als üblicher Stand der Technik.

 

5.2. Die weiteren Ausführungen des Bw, dass eine ausreichende Sicherung bei Getrieben gegen Scher- und Quetschstellen nie möglich sei bzw. auch die nachträglich eingebauten Sicherungen an den Seiltrommeln beim Seilwechseln wieder abgenommen werden müssen, entsprechen nicht dem Verhandlungsergebnis, wonach eindeutig von Zeugen dargelegt wurde, dass die Abdeckungen bzw. Verblendungen an den Seiltrommeln auch beim Seilwechsel nicht mehr abgenommen werden. Lediglich das umgebende Absperrgitter wird für die Wartungsarbeiten entfernt.

 

5.3. Es liegt aber auch Verschulden des Bw vor.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Im Sinne der genannten Judikatur reicht daher das Vorbringen des Bw nicht aus, dass er Fachleute eingesetzt hätte, welche ebenfalls die Gefahrenstellen nicht erkannt hätten und keine besonderen Maßnahmen gefordert hätten, sowie dass auch nachweislich Abnahmeprüfungen und Prüfgutachten von wiederkehrenden Überprüfungen und aus Anlassüberprüfungen vorgelegt wurden, welche die Scherstelle nicht bemängelten. Auch reicht nicht aus, dass allgemeine Sicherheitsrichtlinien und Anweisungen erfolgen und darüber hinaus jährliche Unterweisungen der Mitarbeiter erfolgen. Erwiesen ist dagegen, dass die Arbeitnehmer für die konkrete Tätigkeit keine besonderen Sicherheitsanweisungen und keine Gefahrenhinweise erhielten, sondern die konkrete Tätigkeit durch Vorzeigen und Anlernen erfolgt. Auch werden diese Tätigkeiten im eingeteilten Team selbständig durchgeführt und nur stichprobenartig oder bei Problemen kontrolliert. Es kann daher von einem ausreichenden Kontrollsystem wie es die Judikatur verlangt, nicht gesprochen werden. Wiederkehrende Betriebsbesichtigungen durch Sicherheitsvertrauenspersonen und die Sicherheitsfachkraft hingegen sind gesetzliche Verpflichtungen, die zu erfüllen sind, entlasten aber den Arbeitgeber nicht dahingehend, selbst oder durch von ihm beauftragte, geeignete und kontrollierte Personen deren Tätigkeit zu überwachen.

Was jedoch die Gutachten und Prüfbefunde angeht, so vermögen diese ebenfalls ein Verschulden des Bw nicht auszuschließen. Einerseits ist auf die gesetzliche Erforderlichkeit dieser Überprüfungen – wie oben ausgeführt –hinzuweisen, wobei ein Zuwiderhandeln seinerseits eine Verwaltungsübertretung bildet. Andererseits wird auch auf die entsprechenden Bestimmungen betreffend den Prüfinhalt (§§ 7 Abs.2, 8 Abs.2 und 9 Abs.1 AM-VO) hingewiesen, wobei hinsichtlich der Abnahmeprüfung zu bemerken ist, dass die AM-VO zum Zeitpunkt der Abnahme im Jahr 1958 noch nicht in Geltung stand, die wiederkehrende Überprüfung aber nicht das gesamte Arbeitsmittel betrifft, sondern wesentliche mit Verschleiß behaftete Komponenten und sicherheitsrelevante Bauteile, und sich die Prüfung nach außergewöhnlichen Ereignissen auf außergewöhnliche Ereignisse konzentriert ist. Eine „Gesamtabnahme“ in Wiederholung wird daher durch die Prüfungen gemäß § 8 und § 9 AM-VO nicht durchgeführt.

Hingegen ist dem Bw die allgemeine Verpflichtung gemäß § 3 Abs.1 AM-VO entgegenzuhalten, wonach ArbeitgeberInnen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen dürfen, die hinsichtlich Konstruktion, Bau und weiterer Schutzmaßnahmen, den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen.

Weitere Beweise bzw. Beweisanträge zu seiner Entlastung hat der Bw nicht vorgebracht. Es war daher auch vom Verschulden des Bw, nämlich zumindest von einer fahrlässigen Tatbegehung auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung die Unbescholtenheit des Bw als mildernd und keine straferschwerenden Umstände gewertet. Die persönlichen Verhältnisse wurden mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro und keinen Sorgepflichten geschätzt.

 

Da die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens liegt und nicht einmal ein Siebtel des Strafrahmens ausmacht, kann auch vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht gefunden werden, dass die belangte Behörde von dem ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hätte. Vielmehr war zu berücksichtigen, dass durch die Gesetzesverletzung genau jene schutzwürdigen Interessen verletzt wurden, die der Bestimmung zugrunde liegen, nämlich Gefährdung und Schädigung von Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers. Auch sind nachteilige Folgen durch den Unfall eingetreten. Es ist daher die Strafe auch dem Unrechtsgehalt der Tat angemessen und entspricht auch dem Schuldgehalt der Tat, nämlich fahrlässiger Tatbegehung. Strafmilderungsgründe wurden von der belangten Behörde berücksichtigt, weitere mildernde Umstände wurden weder vom Bw vorgebracht noch traten solche im Berufungsverfahren hervor. Auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse, die vom Bw nicht korrigiert wurden, zeigt sich die verhängte Geldstrafe angemessen. Es konnte daher die verhängte Geldstrafe und die gemäß § 16 VStG bemessene Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden.

 

Außer der Unbescholtenheit liegt kein Milderungsgrund vor, sodass ein Überwiegen von Milderungsgründen nicht festzustellen war und daher mangels dieser Voraussetzung von einer außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG nicht Gebrach zu machen war. Auch liegt Geringfügigkeit des Verschuldens nicht vor, da das tatbildmäßige Verhalten des Bw nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Mangels dieser Voraussetzung, und weil auch keine unbedeutenden Folgen vorliegen, war mit einem Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht vorzugehen.

Mangels vorliegender weiterer Milderungsgründe konnte daher auch nicht dem Ersuchen um Herabsetzung der Strafe Folge geleistet werden.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 200 Euro, festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Berührung von bewegten Teilen möglich, ordnungswidriger Zustand, Überprüfung keine Entlastung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 26.11.2010, Zl.: 2009/02/0384-5

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