Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251949/10/Lg/Ba

Linz, 05.11.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27. Jänner 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Gmunden vom 14. Oktober 2008, Zl. SV96-76-2008, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Dem Eventualantrag auf Anwendung des § 20 VStG wird stattgegeben und die Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabgesetzt.

 

II.     Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 50 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt, weil er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter der x verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass "von dieser Firma" der türkische Staatsangehörige x am 30.7.2008 auf der Baustelle der x in x, x, als Pflasterarbeiter beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung bezieht sich das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 11.8.2008, die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.9.2008 sowie auf die Rechtfertigung vom 13.10.2008.

 

Der Tatbestand sei aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes Grieskirchen Wels in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Gemäß dem Personenblatt sei mit dem Ausländer ein Stundenlohn von 10 Euro vereinbart gewesen und habe die tägliche Arbeitszeit acht Stunden betragen. Daher könne es sich nicht, wie vom Berufungswerber behauptet, um eine Mithilfe gehandelt haben. Vielmehr sei von einem Beschäftigungsverhältnis auszugehen, da der Ausländer für seine Arbeitsleistung Gegenleistungen erhalten habe und zweifelsohne auch den Weisungen des auf der Baustelle anwesenden Gesellschafters unterlegen sei.

 

Im Hinblick auf das Verschulden wird – implizit – festgestellt, dass kein effektives Kontrollsystem vorgelegen sei. Da in der Firma x neben den persönlich haftenden Gesellschaftern nur ein teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter beschäftigt sei, sei diese Firma als leicht überschaubar zu bezeichnen. Die Verhinderung der illegalen Ausländerbeschäftigung wäre ohne Aufwand zu verhindern gewesen. Dass der Berufungswerber von der Beschäftigung des Ausländers nichts gewusst habe, sei unglaubwürdig und könne den Gesellschafter nicht von der Schuld befreien.

 

Bei der Strafbemessung wurde von einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

 

2. In der Berufung wird die Aufhebung des gegenständlichen Straferkenntnisses, in eventu die Anwendung des § 20 VStG beantragt.

 

Begründend wird ausgeführt, dass der Gesellschafter x den Ausländer auf die Baustelle mitgenommen habe. Der Berufungswerber habe davon nichts gewusst. Er habe keine Möglichkeit gehabt, davon Kenntnis zu erlangen und es zu verhindern. Der Betrieb sei so aufgebaut, dass die beiden Gesellschafter sich nicht gegenseitig rund um die Uhr beaufsichtigen können. Wenn einer der beiden alleine agiert, ohne den anderen zu fragen, habe der andere keine Möglichkeit, dies zu verhindern oder vorzubeugen. Die Tat sei daher aus der Sicht des Berufungswerbers unverschuldet. Warum dieses Vorbringen unglaubwürdig sein soll, sei nicht erkennbar.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Im Akt befindet sich der Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 11.8.2008. Darin ist festgehalten, dass am 30.7.2008 um 8.20 Uhr eine Kontrolle nach dem AuslBG durchgeführt worden sei. Dabei sei der gegenständliche Ausländer beim Holen von Wasser in Kübeln betreten worden. Der Ausländer sei mit x auf die Baustelle gekommen. Laut Personenblatt sei ein Stundenlohn von 10 Euro vereinbart worden.

 

Dem Strafantrag liegt das Personenblatt bei. In dieses trug der Ausländer ein, einen Lohn von 10 Euro zu erhalten.

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung rechtfertigte sich der Berufungswerber ähnlich wie in der Berufung. Das Unternehmen habe mit Ausnahme eines teilzeitbeschäftigten Außendienstmitarbeiters keine Arbeitnehmer beschäftigt. Der gegenständliche Ausländer sei privat der Freund des x gewesen, der sich angeboten habe, seinen Freund zu begleiten und auf der Baustelle zu helfen.

 

4. Im Schreiben vom 20.11.2008 an den Unabhängigen Verwaltungssenat wird abermals ausgeführt, der Berufungswerber habe keine Möglichkeit gehabt, von der Mitnahme des Ausländers durch x Kenntnis zu erlangen und dies zu verhindern. Der Berufungswerber habe sich zu diesem Zeitraum in Wien befunden und habe daher x nicht lückenlos kontrollieren können. Das Unternehmen habe nur aus den beiden Gesellschaftern bestanden, wobei jeder Gesellschafter immer von seiner Wohnung aus zur Arbeit weggefahren sei. Daher sei die Kontrolle einer Arbeit, die nicht durch Dokumente belegt ist, unmöglich gewesen. Es sei faktisch unmöglich, das Handeln des anderen Gesellschafters so zu kontrollieren, dass eigenmächtiges Handeln gänzlich auszuschließen ist, insbesondere da jeder Gesellschafter einzeln vertretungsbefugt sei und die Kontrolle eines solchen Organs ungleich schwieriger ist, als etwa von Untergebenen. Die einzig mögliche Kontrolle habe in der Überprüfung der Geschäftspapiere bestanden. Diese Kontrolle sei durch den Berufungswerber durchgeführt worden. Er habe aus gutem Grund annehmen können, dass dies ausreichen würde. Es sei daher von Schuldlosigkeit des Berufungswerbers auszugehen.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung verwies der Vertreter des Berufungswerbers auf das bisherige Vorbringen. x sagte aus, er habe fast zwei Wochen alleine gearbeitet. Er habe zum gegenständlichen Ausländer gesagt, ob er mit auf die Baustelle kommen kann. Dieser sei gekommen und habe eigentlich kein Geld annehmen wollen, aber x habe es ihm trotzdem gegeben. Der Berufungswerber habe von der ganzen Angelegenheit nichts gewusst.

 

Der Berufungswerber legte dar, er habe damals in Wien gearbeitet und in einem Hotel genächtigt. Befragt, ob er firmenintern irgendwelche Vorkehrungen getroffen habe, damit nicht der andere Gesellschafter Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz vornimmt, gab der Berufungswerber keine Antwort. Befragt, ob er seinen Geschäftspartner angewiesen habe, keine Ausländer illegal zu beschäftigen, sagte der Berufungswerber: "Das habe ich nicht gesagt, das sagt ja das Gesetz. Wir haben aber ausgemacht, dass wir Personalbestellungen einvernehmlich vornehmen."

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht steht fest, dass der gegenständliche Ausländer (ohne Vorliegen der arbeitsmarktrechtlichen Papiere) beschäftigt wurde. Dies ergibt sich aus dem Personenblatt und wird durch die vage Relativierung durch x in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht widerlegt. Gegen den angedeuteten unentgeltlichen Freundschaftsdienst spricht, dass der Ausländer bereits zum Zeitpunkt der Kontrolle (= während der Arbeit, = beim Ausfüllen des Personenblattes) mit einer Entlohnung rechnete. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beschäftigung im Verfahren gegen x selbst nicht bestritten wird. Auch die Argumentation des Berufungswerbers im gegenständlichen Verfahren zielt auf mangelndes Verschulden.

 

Zur Verantwortlichkeit des Berufungswerbers ist festzuhalten, dass laut Firmenbuch sowohl er selbst als auch x als unbeschränkt haftende Gesellschafter zur selbstständigen Vertretung berufen sind. Nach § 9 VStG trifft jeden der zur Vertretung nach außen Berufenen die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.12.1994, Zl. 94/03/0138). Eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungs­aufteilung ist irrelevant (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.9.2002, Zl. 98/02/0220; vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1296). Daher haftet jeder der hier gegenständlichen Außenvertretungsbefugten für das Handeln des anderen, unbeschadet einer (internen) Abmachung über die einvernehmliche Vornahme von Personaleinstellungen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass jeden der Außenvertretungsbefugten ein Verschulden trifft. Kein Verschulden liegt vor, wenn ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet wurde. Anders wäre die Situation bei kollektiver Vertretungsbefugnis zu beurteilen, da dort die Einstellung eines Beschäftigten der Mitwirkung eines anderen Geschäftsführers bedarf (vgl. das vom Berufungswerber ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.3.1999, Zl. 97/09/0144).

 

Im Zusammenhang mit der Verschuldensfrage ist – zumindest im Zweifel – der Argumentation des Berufungswerbers darin zu folgen, dass er von der Beschäftigung des Ausländers nichts wusste, da er sich am Tag der Beschäftigung in Wien befand. Dieser Umstand als solcher vermag den Berufungswerber jedoch nicht zu entschuldigen. Vielmehr hat der Beschuldigte im Hinblick auf § 5 Abs.1 VStG initiativ alles darzulegen, was seiner Entlastung dient (sogenannte "Mitwirkungspflicht"). Dies bedeutet im Hinblick auf das Kontrollsystem, dass der Beschuldigte im Detail darzulegen und glaubhaft zu machen hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung erteilter Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften über die Beschäftigung von Ausländern zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er eingerichtet und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.11.2004, Zl. 2003/09/0109 zu eigenmächtigen Handlungen von Arbeitnehmern, mwN.). Dies gilt insbesondere auch für "einfach mitgenommene Ausländer" (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.6.2005, Zl. 2004/09/0051), wobei auch der Hinweis auf in Anbetracht der Kürze der für eine Kontrolle zwischen der Aufnahme der Arbeit und der Amtshandlung zur Verfügung stehenden Zeit von der Darlegung eines Kontrollsystems nicht entbindet (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.10.2004, Zl. 2003/09/0086). Die Einrichtung eines Kontrollsystems konnte der Berufungs­werber in der öffentlichen mündlichen Verhandlung auch nach ausdrücklicher Befragung nicht darlegen. Die behauptete Vereinbarung der Einvernehmlichkeit von Personaleinstellungen und die Kontrolle der Geschäftspapiere (so der Berufungswerber im Schreiben vom 20.11.2008) reichen für die Einrichtung eines Kontrollsystems nicht aus.

 

Die Tat ist daher dem Berufungswerber in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe vorliegen, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist vom ersten Strafsatz des § 28 Abs.1 Z 1 AuslBG auszugehen (1.000 Euro bis 10.000 Euro). Die Verhängung der Mindest­geldstrafe (und einer entsprechenden Ersatzfreiheitsstrafe) im angefochtenen Straferkenntnis erscheint im Hinblick auf die Kürze der Beschäftigungsdauer und die finanziellen Verhältnisse des Berufungswerbers angemessen. Zu berücksichtigen ist jedoch zusätzlich, dass die "Hauptschuld" bei x lag, der unter Bruch der internen Vereinbarung der Einvernehmlichkeit bei Personal­bestellungen den gegenständlichen Ausländer zur Mithilfe heranzog. Dazu tritt – vor dem Hintergrund der Kürze der erwiesenen Beschäftigungsdauer – die Schwierigkeit, durch ein Kontrollsystem Vorkommnisse wie das gegenständliche unter den gegebenen Umständen hintan zu halten. Im Hinblick auf diese Umstände erscheint es vertretbar, das außerordentliche Milderungsrecht (§ 20 VStG) zur Anwendung zu bringen und voll auszuschöpfen. Die Tat bleibt jedoch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist das im Unterlassen der Errichtung eines Kontrollsystems zu erblickende Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig einzustufen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 25.02.2010, Zl.: 2009/09/0302-3

 

 

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