Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522310/7/Bi/Sta

Linz, 05.11.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA Ing. Mag. X, vom 3. Juni 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 19. Mai 2009, VerkR21-6-2009, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung dagegen, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 26 Abs.3 FSG die von der BH Urfahr-Umgebung am 24. Jänner 1997, X, für die Klassen A, B, C, E und F erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von  zwei Wochen, gerechnet ab Zustell­ung des Mandatsbescheides – das war laut RSa-Rückschein am 16. Jänner 2009 – entzogen und gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer all­fälligen Berufung gegen den Bescheid im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 20. Mai 2009.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe bereits in der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid die zeugenschaftliche Einvernahme von X beantragt, die damals das Fahrzeug gelenkt habe, weil sich dabei klar ergeben hätte, dass er die zugrunde gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht begangen habe und daher sehr wohl verkehrszuverlässig sei. Die Erstinstanz habe in der Begründung des Bescheides jedoch vermeint, er habe die Geschwindigkeit um 58 km/h überschritten.

Entgegen der anfänglichen Annahme, dass das Straferkenntnis rechtskräftig wäre, sei nunmehr ein Berufungsverfahren beim UVS anhängig – dennoch habe die Erstinstanz gemeint, dass die Entziehung der Lenkberechtigung ausgesprochen werden dürfe, wenn das Strafverfahren in 1. Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen sei, und habe ihn für nicht verkehrs­zuverlässig erklärt.

Auch das Vorliegen eines Strafbescheides entbinde die Behörde nicht, ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung der Wahrheit nachzukommen, ob tatsächlich seine Verkehrsunzuverlässigkeit vorliege, wenn wie im ggst Fall das Strafverfahren mit erheblichen Verfahrensfehlern behaftet gewesen sei und er daher keine Möglichkeit zur Rechtfertigung gehabt habe. Das Straferkenntnis der BH St. Pölten sei ohne seine Anhörung und Rechtfertigung ergangen, was er inzwischen im Berufungsverfahren nachgeholt habe. Die Erstinstanz habe ihm keine Möglichkeit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entziehung eingeräumt, in der er den Sachverhalt aufklären hätte können. Die Erstinstanz habe auch materiell die Entziehung in keiner Weise gerechtfertigt und den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Da er davon ausgehe, dass die Behebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung erfolgen werde, stelle er den Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verwaltungsstrafverfahren. In jedem Fall beantrage er vorbehaltlich der Unterbrechung des Verfahrens eine mündlichen Berufungsverhandlung und Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Mit Schreiben vom 30. Juni 2009 wurde dem Bw zur Kenntnis gebracht, dass die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich abgewartet und das ggst Berufungsverfahren inzwischen ausgesetzt werde.

 

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich wurde mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 eine Ausfertigung des Bescheides vom
20. Oktober 2009, Senat-PL-09-0118, übermittelt, mit dem über die Berufung des Bw gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom
3. Dezember 2008, Zl. PLS2-S-0823723, wegen Bestrafung nach der StVO 1960, insofern entschieden wurde, als das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt wurde.

Aus der Begründung geht hervor, dass dem Bw zur Last gelegt worden war, er habe am 10. Juli 2008 um 1.28 Uhr auf der A1 bei Strkm 32.285 das durch Kenn­zei­chen bezeichnete Kraftfahrzeug gelenkt und dabei die erlaubte Höchstge­schwin­dig­keit von 60 km/h überschritten, da er 118 km/h gefahren sei. Die Geschwindigkeitsfeststellung sei durch Radarstandgerät festgestellt worden und aus der Anzeige habe sich naturgemäß lediglich ergeben, dass mit dem auf den Bw zugelassenen Fahrzeug die Geschwindigkeitsüberschreitung begangen wor­den sei. Eine an ihn als Zulassungsbesitzer gerichtete Anfrage nach § 103 Abs.2 KFG 1967 habe ihr Ziel verfehlt. Die in weiterer Folge bekannt gegebene Zeugin habe bestätigt, dass sie das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt habe, wobei ihre Aussage glaubwürdig gewesen sei. Auf dieser Grundlage sei das Verfahren gegen den Bw einzustellen gewesen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf dieser Grundlage erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h über­schritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festge­stellt wurde.

 

Gemäß § 26 Abs.4 FSG darf eine Entziehung gemäß Abs.3 – dh wegen einer im
§ 7 Abs.3 Z4 FSG genannten Übertretung – erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist.

Nach der Rechtsprechung des VwGH (E 20.2.2001, 99/11/0090; 24.6.2003, 2003/11/0064) ist ein rechtskräftiger Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens nach dem klaren Wortlaut des (nunmehrigen) Abs.4 nicht geboten. Das bedeutet freilich nicht, dass sich die Prüfung der Berufungsbehörde, ob die angenommene be­stimmte Tatsache (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im je­weiligen Ausmaß; Feststellung dieser Überschreitung mit einem technischen Hilfs­mittel) vorliegt oder nicht, darauf beschränken darf, ob bereits ein erst­­­in­stanz­licher Strafbescheid erlassen worden ist. Das Vorliegen eines Strafbe­schei­des ist im gegebenen Zusammenhang zwar Voraussetzung dafür, dass eine Ent­ziehung der Lenkberechtigung überhaupt in Betracht kommt, entbindet die Berufungsbehörde aber nicht von ihrer Verpflichtung zur Überprüfung, ob die bestimmte Tatsache gegeben ist.

 

Wie sich aus dem Verfahrensakt der Erstinstanz ersehen lässt, wurde ihr seitens der BH St. Pölten mit Schreiben vom 5. Jänner 2009 die Radaranzeige – aus der sich ersehen lässt, dass der Bw Zulassungsbesitzer des Pkw X ist und dieses Fahrzeug am 10.7.2008, 1.28 Uhr, im Gemeindegebiet Altlengbach, Baustelle auf der A1 bei Strkm 32.285, FR Linz, mit einer Geschwindigkeit von 125 km/h im Bereich der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h mit dem Radarstandgerät MUVR 6F 0206 gemessen wurde, was eine Überschreitung nach Abzug von 5 % Messtoleranz um 58 km/h ergibt, und dass eine Lenkererhebung erfolgt ist – und das Straferkenntnis vom 3. Dezember 2008 übermittelt, aus dessen Begründung hervorgeht, dass die an den Bw gerichtete Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG am 22.8.2008 zugestellt und ordnungsgemäß über­nommen worden sei und eine an ihn gerichtete Aufforderung zur Rechtfertigung am 13.11.2009 hinterlegt worden sei, wobei bis Fristende am 2. Dezember 2009 keine Rechtfertigung vorgebracht worden sei. Laut Aktenver­merk des Bearbeiters bei der Erstinstanz vom 8. Jänner 2009 wurde diesem seitens des Bearbeiters bei der BH St. Pölten an diesem Tag telefonisch mitgeteilt, dass das Straferkenntnis mit 25.12.2008 in Rechtskraft erwachsen sei.

Auf dieser Grundlage erging – ohne vorherige Mitteilung an den Bw – der Man­dats­­bescheid vom 8. Jänner 2009, dem Bw eigenhändig zugestellt am 16.1.2009. In der Vorstellung dagegen, eingelangt bei der Erstinstanz am 26.1.2009, wurde vom Bw erstmals vorgebracht, dass kein rechtskräftiges Straferkenntnis vorliege.

 

Inwieweit ein – den Bw letztlich schon vor vollendete Tatsachen stellender – Man­datsbescheid im Sinne einer Einleitung des Entziehungsverfahrens im Jänner 2009 erforderlich ist, wenn die "Tat" im Sinne der Verwirklichung einer bestimm­ten Tatsache bereits am 10.7.2008 erfolgt ist, wobei nach der Recht­sprechung des VwGH eine Entziehung der Lenkberechtigung (erst dann) nicht mehr zulässig ist, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen ist und der Betreffende in dieser Zeit nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vgl E 17.03.2005, 2005/11/0016; 24.06.2003, 2003/11/0138; ua), kann seitens des UVS nicht nachvollzogen werden.

 

Mangels Vorliegen einer bestimmten Tatsache kann aber im vorliegenden Falle die Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers nicht festgestellt werden, weshalb er durch den Entzug der Lenkberechtigung in seinen Rechten verletzt wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

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