Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420609/7/Gf/Mu

Linz, 04.11.2009

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass des Antrages des x, vertreten durch die Patientenanwältin x, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehörd­licher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Braunau am 14. August 2009 beschlossen:

I.    Der Wiedereinsetzungsantrag wird abgewiesen.

II.  Die Beschwerde wird an die Oö. Patientenvertretung weitergeleitet.

Rechtsgrundlage:

§ 71 Abs. 1 Z. 1 AVG; § 6 Abs. 1 AVG

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Telefax vom 28. September 2009 hat die "Patientenanwältin gem. § 14 Abs. 1 UbG" (VertretungsNetz – Patientenanwaltschaft, Geschäftsstelle x) als Vertreterin des Rechtsmittelwerbers mitgeteilt, dass sie am selben Tag darüber informiert worden sei, dass beim BG Salzburg eine an den Oö. Verwaltungssenat gerichtete, am 25. September 2009 zur Post gegebene Maßnahmenbeschwerde eingelangt sei; unter einem wurde diese explizit auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Beschwerde vom 24. September 2009 übermittelt.

1.2. Mit einem am 30. September 2009 zur Post gegebenen Schriftsatz hat die Vertreterin des Beschwerdeführers an den Oö. Verwaltungssenat einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und mit diesem neuerlich die Maßnahmenbeschwerde vom 24. September 2009 vorgelegt, mit der sich der Rechtsmittelwerber gegen eine am 14. August 2009 vorgenommene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Braunau wendet.

 

Begründend bringt die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers zunächst zum Wiedereinsetzungsantrag vor, dass ihre Mitarbeiterin die Maßnahmenbeschwerde irrtümlicherweise in ein an das BG Salzburg gerichtetes Kuvert gegeben und bereits am 25. September 2009 zur Post gebracht habe. Diese Mitarbeiterin sei schon seit dem Jahr 2001 beim Verein "VertretungsNetz" im Fachbereich "Patientenanwaltschaft" angestellt und habe bislang sehr zuverlässig und genau gearbeitet; ein derartiger Fehler sei ihr bislang noch nie unterlaufen.

 

In der Sache wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 14. August 2009 am späten Vormittag von der Amtsärztin der BH Braunau und zwei Polizeibeamten in Zivil in seiner Wohnung aufgesucht worden sei. Die Amtsärztin habe ihn sodann untersucht und abschließend eine Bescheinigung gemäß § 8 des Unterbringungsgesetzes ausgestellt. In der Folge sei er von den beiden Polizeibeamten festgenommen worden, wobei ihm dabei auch die Hände am Rücken gefesselt worden seien. Anschließend hätten ihn diese gegen seinen Willen in das Krankenhaus St. Josef in Braunau verbracht.

 

Durch diese rechtswidrige Zwangseinweisung und durch das Anlegen von Handschellen am Rücken sei er in seinen verfassungsmäßig gewährleisteten Rechten nach Art. 3, Art. 5 und Art. 8 EMRK bzw. nach Art. 1 PersFrSchG einerseits sowie in seinen einfach gesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß den §§ 8 und 9 des Unterbringungsgesetzes (BGBl.Nr. 155/1990, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 12/1997, im Folgenden: UbG) verletzt worden. Zudem sei er auch in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nach Art. 1 Abs. 3 und 4 PersFrSchG verletzt worden.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme beantragt.

1.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu ausgeführt, dass beim Beschwerdeführer zweifellos eine psychische Erkrankung in Form einer schizoaffektiven Psychose vorgelegen sei. Dem entsprechend sei am 14. August 2009 durch die Amtsärztin festgestellt worden, dass sich der Rechtsmittelwerber zu diesem Zeitpunkt in einer manischen Phase mit Wahnideen befunden habe. In Verbindung mit den Angaben des Facharztes für Psychiatrie an der aufnehmenden Krankenanstalt sei daher beim Beschwerdeführer auf Grund seines Krankheitsbildes sowie der Tatsache, dass er eine Medikamenteneinnahme verweigert habe, eine Selbst- bzw. Fremdgefährdung vorgelegen, wenngleich dies in der Bescheinigung gemäß § 8 UbG versehentlich nicht angeführt worden sei. Alternativen zu seiner zwangsweisen Unterbringung habe es somit nicht gegeben. Die Fixierung mittels Handschellen sei zum Schutz der Polizeibeamten und für die Mitarbeiter des Roten Kreuzes notwendig gewesen, weil sich der Rechtsmittelwerber gegen seine Verbringung ins Krankenhaus physisch zur Wehr gesetzt habe. Da in der Folge zwei Fachärzte für Psychiatrie der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses St. Josef eine Untersuchung gemäß § 10 UbG durchgeführt und das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen bestätigt hätten, sei die Unterbringung im gegenständlichen Fall sohin rechtmäßig gewesen.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu GZ Sich80-1-2009-Ga; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 2 Z. 3 bzw. Abs. 4 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 67a AVG haben die Unabhängigen Verwaltungssenate grundsätzlich – sowie im Besonderen nach Z. 2 über Maßnahmenbeschwerden i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG – durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über den vorliegenden Antrag hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist u.a. gegen die Versäumung einer Frist dann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Nach § 67c Abs. 1 AVG ist eine Maßnahmenbeschwerde i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG innerhalb von sechs Wochen ab der Kenntnisnahme des angefochtenen Aktes beim Unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen.

3.2. Im gegenständlichen Fall erfolgte die zwangsweise Einbringung des Rechtsmittelwerbers am 14. August 2009. Dafür, dass er in der Folge an der Ausübung seines Beschwerderechts behindert worden wäre, finden sich weder Anhaltpunkte in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt noch wurde Derartiges von ihm selbst vorgebracht. Die Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des 25. September 2009.

An diesem letzten Tag der Frist wurde die Beschwerde hier auch tatsächlich zur Post gegeben, allerdings in einem "An das Bezirksgericht x" adressierten Kuvert, sodass diese erst am 1. Oktober 2009 beim Oö. Verwaltungssenat einlangte.

Nach § 33 Abs. 3 AVG werden zwar die Tage des Postlaufes in die Frist nicht eingerechnet; dies gilt jedoch nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in dem Fall, dass eine Behörde ein irrtümlicherweise an sie gerichtetes Schriftstück per Post an die zuständige Stelle weiterleitet, nur dann, wenn Erstere jenes spätestens am letzten Tag der Rechtsmittelfrist zur Post gibt (vgl. dazu die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, S. 343).

Da das BG x die Beschwerde im gegenständlichen Fall jedoch erst am 30. September 2009 (vgl. den h. Aktenvermerk vom 1. Oktober 2009, GZ VwSen-420609/2/Mu, S. 2) – und somit am fünften Tag nach dem Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist – der Post zur Beförderung übergeben hat, erweist sich diese sohin insgesamt besehen als verspätet.  

Während der Verwaltungsgerichtshof zur früheren Fassung des § 71 Abs. 1 lit. a AVG die Rechtsmeinung vertreten hat, dass eine Adressierung an eine nicht zuständige Stelle in der Regel als ein Verschulden anzusehen ist, das zu Lasten der Partei geht (vgl. z.B. VwGH v. 16. Februar 1979, Zl. 134/79, und v. 26. September 1979, Zlen. 904 u. 906/79), hat er zur gegenwärtig maßgeblichen Textierung des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ausgesprochen, dass es einem berufsmäßigen Parteienvertreter grundsätzlich nicht obliegt, rein manipulative Tätigkeiten seiner Hilfskräfte – wozu auch die Kuvertierung von Rechtsmitteln zählt – regelmäßig zu kontrollieren (vgl. z.B. VwGH v. 11. Mai 1992, Zl. 92/18/0140, v. 19. September 1991, Zl. 91/06/0067, sowie die weiteren Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, a.a.O., S. 1086). Allerdings muss der Wiedereinsetzungswerber in derartigen Fällen jene Maßnahmen, die er in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Pflicht zur Überwachung allfälliger, für ihn tätig gewordener Hilfskräfte hinsichtlich der Wahrung eines Termins vorgekehrt hat, schon im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert darlegen (vgl. z.B. VwGH v. 24. November 1989, Zl. 89/17/0166; v. 21. Oktober 1992, Zlen. 92/02/0122 u. 0222; und v. 4. März 1994, Zl. 93/02/0256).

Diesbezüglich hat die Vertreterin des Beschwerdeführers in ihrem Antrag vom 30. September 2009 jedoch nur vorgebracht, dass sie das unterschriebene Exemplar der Maßnahmenbeschwerde "auf den Schreibtisch ihrer administrativen Mitarbeiterin" gelegt und mit dieser besprochen habe, dass dieses "Schriftstück noch am selben Tag eingeschrieben bei der Post aufgegeben werden müsse. Frau x nahm daraufhin sofort das an den UVS des Landes Oberösterreich adressierte Schreiben von ihrem Schreibtisch, gab es in ein fensterloses Kuvert, beschriftete dieses, brachte es am Freitag den 25.09. zu Mittag zur Post und gab es dort eingeschrieben auf." Weiters wird darauf hingewiesen, dass für die Rechtsvertreterin deshalb keine Veranlassung bestanden hätte, den Versand der Beschwerde zu überwachen, weil es bei ihrer Mitarbeiterin seit 2001 noch nie zu einem derartigen Fehler gekommen sei.

Damit wird aber im gegenständlichen Fall nicht nur nicht behauptet, welche konkreten Kontrollmaßnahmen tatsächlich vorgenommen wurden, sondern im Gegenteil: Es wird insgesamt vielmehr ausdrücklich vorgebracht, dass keinerlei Kontrolltätigkeit erfolgte (obwohl die Rechtsvertreterin offensichtlich sogar den Vorgang der Beschriftung des Kuverts beobachten konnte).

Eine dementsprechende Überwachung wäre aber im gegenständlichen Fall aber insbesondere schon deshalb erforderlich gewesen, weil (wie im Folgenden noch näher darzutun sein wird) die Rechtsvertreterin als Patientenanwältin ihren Sitz im Bundesland Salzburg hat, in der Regel der Sache nach sowie auf Grund ihrer Zuständigkeit (s.u., 4.2.) im Sprengel des – für die Bundesländer Oberösterreich und Salzburg örtlich zuständigen – OLG Linz einschreitet und in der überwiegenden Zahl der von ihr behandelten Rechtssachen mit Gerichten befasst ist, sodass die Falschadressierung der Beschwerde an das BG Salzburg objektiv besehen kaum verwundert.

3.3. Aus diesen Gründen war daher der Wiedereinsetzungsantrag abzuweisen.   

4. Davon abgesehen wäre die Maßnahmenbeschwerde selbst in dem Fall, dass dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben gewesen wäre, aus folgenden Gründen als unzulässig zurückzuweisen gewesen:

4.1. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG i.V.m. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt  in ihren Rechten verletzt zu sein.

Nach § 8 UbG darf eine Person nur dann gegen oder ohne ihren Willen in eine Anstalt gebracht werden, wenn sie zuvor ein im öffentlichen Sicherheitsdienst stehender Arzt oder Polizeiarzt untersucht und bescheinigt hat, dass die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen, wobei in dieser Bescheinigung jene Gründe im einzelnen anzuführen sind, aus denen der Arzt die Anforderungen für eine Unterbringung für gegeben erachtet.

Gemäß § 9 Abs. 1 UbG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes berechtigt und verpflichtet, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen der Unterbringung für gegeben erachten, zur Untersuchung zum Arzt (§ 8 UbG) zu bringen oder diesen beizuziehen. Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person in eine Anstalt zu bringen oder dies zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung nicht ausgestellt, dann darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden. Nach § 9 Abs. 2 UbG können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei Gefahr im Verzug die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung in eine Anstalt bringen. Gemäß § 9 Abs. 3 UbG haben der Arzt und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hierbei stets unter möglichster Schonung der betroffenen Person vorzugehen und die notwendigen Vorkehrungen zur Abwehr von Gefahren zu treffen; sie haben, soweit das möglich ist, mit psychiatrischen Einrichtungen außerhalb einer Anstalt zusammenzuarbeiten und erforderlichenfalls den örtlichen Rettungsdienst beizuziehen.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen behördliche Handlungen im Zusammenhang mit der Unterbringung in einer Krankenanstalt, soweit sie in den Zeitraum vor der Aufnahme in diese fallen, solche dar, die zum (potentiellen) Anwendungsbereich des Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG (Maßnahmenbeschwerde vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten) zählen, während sämtliche daran anschließenden Akte der Kontrolle durch die ordentliche Gerichtsbarkeit unterliegen (vgl. z.B. VwGH v. 27. September 2007, Zl. 2004/11/0152, m.w.N.)

4.1.1. Von dieser grundsätzlichen Kompetenzabgrenzung zwischen Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts einerseits und ordentlicher Gerichtsbarkeit andererseits ausgehend ist daher zur Besorgung der nach dem UbG den Gerichten übertragenen Aufgaben gemäß § 12 Abs. 1 UbG jenes Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel die Anstalt liegt. Dem entsprechend hat der Vorsteher dieses Bezirksgerichtes nach § 13 Abs. 1 UbG für die Kranken einer Anstalt aus dem Kreis der von einem geeigneten Verein namhaft gemachten Personen im Voraus einen Patientenanwalt zu bestellen.

Daran anknüpfend hat der Bundesminister für Justiz gemäß § 1 Abs. 1 des Vereinssachwalter-, Patientenanwalts- und Bewohnervertretungsgesetzes, BGBl.Nr. 156/1990, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 92/2006 (im Folgenden: VSPBG), mittels Verordnung die Eignung eines Vereines, u.a. Patientenanwälte nach § 13 Abs. 1 UbG namhaft zu machen, festzustellen, wobei in diesem Zusammenhang jeweils auch der sachliche und räumliche Tätigkeitsbereich des Vereins anzuführen ist (§ 1 Abs. 3 VSPBG).

In Ausführung dieser Bestimmung wurde in § 3 Abs. 1 Z. 1 der Verordnung des Bundesministers für Justiz über die Feststellung der Eignung von Vereinen, zum Sachwalter bestellt zu werden sowie Patientenanwälte und Bewohnervertreter namhaft zu machen, BGBl.Nr. II 11/2007, angeordnet, dass u.a. der Verein "VertretungsNetz – Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung" in Bezug auf die Namhaftmachung von Patientenanwälten nach § 3 VSPBG in den Bundesländern Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Wien tätig zu werden hat, wobei die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers dem entsprechend im gegenständlichen Fall explizit "als Patientenanwältin gem. § 14 Abs. 1 UbG" eingeschritten ist.

4.1.2. Dem gegenüber legt für den öffentlich-rechtlichen Teilbereich zunächst die Grundsatzbestimmung des § 11e des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes, BGBl.Nr. 1/1957, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 64/2002 fest, dass die Landesgesetzgebung vorsehen muss, dass zur Prüfung allfälliger Beschwerden und auf Wunsch zur Wahrnehmung der Patienteninteressen unabhängige Patientenvertretungen (Patientensprecher, Ombudseinrichtungen o.ä.) zur Verfügung stehen.

In Ausführung dieser Rechtsvorschrift ordnet zunächst § 11 des Oö. Krankenanstaltengesetzes, LGBl.Nr. 132/1997, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 85/2009 (im Folgenden: OöKAG), an, dass in jeder Krankenanstalt eine eigenständige Informations- und Beschwerdestelle eingerichtet werden muss, bei der sich Patienten dieser Anstalt oder die diesen nahestehenden Personen über Missstände bzw. Mängel, die mit dem Aufenthalt des Patienten in der Krankenanstalt zusammenhängen, mündlich oder schriftlich beschweren oder Auskünfte begehren können. Darüber hinaus legt § 12 Abs. 1 OöKAG fest, dass zur Aufklärung von Missständen, zur Behandlung von Beschwerden, zur Erteilung von Auskünften, die jeweils mit dem Aufenthalt eines Patienten in einer oberösterreichischen Krankenanstalt zusammenhängen, sowie zur Entscheidung über Vorlagen in jenen Fällen, in denen ein Begehren von der Informations- oder Beschwerdestelle nicht innerhalb von zwei Wochen erledigt werden kann (§ 11 Abs. 3 OöKAG), am Sitz der Oö. Landesregierung eine Patientenvertretung einzurichten ist; Geschäftsstelle der Patientenvertretung ist das Amt der Landesregierung.

In den anderen Bundesländern finden sich analoge Regelungen (vgl. z.B. § 22 des Salzburger Krankenanstaltengesetzes, LGBl.Nr. 24/2000, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 35/2008).

4.2. Aus all dem folgt insgesamt, dass sowohl die nach landesrechtlichen Vorschriften bestellten Patientenvertreter als auch die auf Grund bundesrechtlicher Bestimmungen von verordnungsmäßig anerkannten Vereinen als Patientenanwälte namhaft gemachten Personen – letztere als sog. "Beliehene" – aus rechtlicher Sicht behördliche Organe verkörpern, die hinsichtlich ihrer Tätigkeit jeweils auf ihren gesetzlichen Kompetenzbereich beschränkt sind.

Mit Blick auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die hier eingeschrittene Patientenanwältin zuständigerweise lediglich insoweit eine Beschwerde hätte erheben dürfen, als sich diese auf den Zeitraum der Anhaltung des Rechtsmittelwerbers nach dessen Aufnahme in die Krankenanstalt bezieht, also auf jenen (Teil‑)Bereich, der gemäß den §§ 12 ff UbG der Kontrolle der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterliegt.

Zur Einbringung einer auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützten Beschwerde, die – wie vorliegend – Rechtswidrigkeiten im davor liegenden Zeitraum der Verbringung in die Krankenanstalt liegt, wäre hingegen gemäß § 12 Abs. 1 OöKAG ausschließlich die Oö. Patientenvertretung berechtigt gewesen, sodass sich die von der Patientenanwältin erhobene Maßnahmenbeschwerde mangels örtlicher und funktioneller Zuständigkeit als unzulässig erwiesen hätte.

4.3. Aus diesem Grund war daher die vorliegende Beschwerde  gemäß § 6 Abs. 1 AVG an die Oö. Patientenvertretung weiterzuleiten, und zwar ungeachtet der in Bezug auf die Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG zwischenzeitlich eingetretenen Fristversäumnis: Denn unabhängig davon erscheint die in § 12 Abs. 1 und 2 OöKAG positivierte eigenständige Entscheidungsbefugnis der Oö. Patientenvertretung nicht als fristgebunden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 


Rechtssatz:

VwSen-420609/7/Gf/Mu vom 4. November 2009:

- § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG: Ein berufsmäßiger Parteienvertreter muss rein manipulative Tätigkeiten seiner Hilfskräfte – wozu auch die Kuvertierung von Rechtsmitteln zählt – nicht regelmäßig kontrollieren; allerdings obliegt es in derartigen Fällen dem Wiedereinsetzungswerber, jene Maßnahmen, die er in Erfüllung seiner nach der Sachlage gebotenen Pflicht zur Überwachung allfälliger, für ihn tätig gewordener Hilfskräfte hinsichtlich der Wahrung eines Termins vorgekehrt hat, schon im Wiedereinsetzungsantrag substantiiert darzulegen;

 

- Art. 129a Abs. 1 B-VG; §§ 12 ff UbG; § 12 Abs. 1 OöKAG: Behördliche Handlungen im Zusammenhang mit der Unterbringung in einer Krankenanstalt, stellen, soweit sie in den Zeitraum vor der Aufnahme in diese fallen, solche dar, die zum (potentiellen) Anwendungsbereich des Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG (Maßnahmenbeschwerde vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten) zählen, während sämtliche daran anschließenden Akte der Kontrolle durch die ordentliche Gerichtsbarkeit unterliegen; von dieser grundsätzlichen Kompetenzabgrenzung sowie davon ausgehend, dass sowohl die nach landesrechtlichen Vorschriften bestellten Patientenvertreter als auch die auf Grund bundesrechtlicher Bestimmungen von verordnungsmäßig anerkannten Vereinen als Patientenanwälte namhaft gemachten Personen – letztere als Beliehene – aus rechtlicher Sicht behördliche Organe verkörpern, die hinsichtlich ihrer Tätigkeit jeweils auf ihren gesetzlichen Kompetenzbereich beschränkt sind, hätte die hier eingeschrittene Patientenanwältin zuständigerweise lediglich insoweit eine Beschwerde erheben dürfen, als sich diese auf den Zeitraum der Anhaltung des Rechtsmittelwerbers nach dessen Aufnahme in die Krankenanstalt bezieht, also auf jenen (Teil‑)Bereich, der gemäß den §§ 12 ff UbG der Kontrolle der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterliegt; zur Einbringung einer auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützten Beschwerde, die – wie vorliegend – Rechtswidrigkeiten im davor liegenden Zeitraum der Verbringung in die Krankenanstalt liegt, wäre hingegen gemäß § 12 Abs. 1 OöKAG ausschließlich die Patientenvertretung berechtigt gewesen.

 

Beachte:

vorgenannte Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 21.02.2012, Zl. 2009/11/0267-6

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