Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150708/6/Lg/Hue/Ba

Linz, 16.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 3. September 2008, Zl. BauR96-190-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Die Geldstrafe wird auf 150 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 15 Euro.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm.  § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
120 Stunden verhängt, weil er am 28. Jänner 2008, 12.26 Uhr, als Lenker eines Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen die Autobahn Freiland Nr. 8 bei km 74.293, Gemeinde St. Marienkirchen bei Schärding, in Fahrtrichtung Knoten Voralpenkreuz benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Fahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die Achsenzahl des gegenständlichen Kfz (4) höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl. 

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass es richtig sei, dass er am 28. Jänner 2008 den Sattelschlepper am Tatort gelenkt habe. Tags darauf sei die Autobahn in Fahrtrichtung Suben wieder verlassen worden. Eine technische Funktionsuntüchtigkeit der GO-Box habe nicht vorgelegen. Dem Zulassungsbesitzer sei eine Ersatzmaut angeboten worden. Davon habe der Bw keine Kenntnis gehabt. Aufgrund eines missverständlichen Piktogramms (Aufkleber) der GO-Box sei bei der GO-Box die Achsenzahl "3" eingestellt worden. Auf dieser "optischen Gebrauchsanleitung" auf der GO-Box sei ein kleines Auto abgebildet, welches ein Zweiachsfahrzeug signalisiere. Zusätzlich sei ein dreiachsiger LKW mit einem zweiachsigen Anhänger und weiters ein dreiachsiger LKW abgebildet. Ein Sattelaufleger scheine nicht auf. Da der gegenständliche LKW über keinen Anhänger verfügt habe, habe der Bw die GO-Box für diese Fahrzeugart ohne Anhänger in Betrieb genommen. Für den Bw sei dieser Gebrauchsanleitung nicht entnehmbar gewesen, dass die Kategorie "4" einzustellen gewesen wäre. Der Bw habe sich entgegen der Ansicht der Behörde sehr wohl mit der Gebrauchsanleitung der GO-Box auseinandergesetzt, da er die Box andernfalls nicht hätte bedienen können. Bei der vorgenommenen Fehleinstellung handle es sich um eine entschuldbare Fehlbedienung aufgrund der mangelhaften Kennzeichnung und Gebrauchsanleitung durch die ASFINAG. Eine Mautprellerei sei nicht beabsichtigt bzw. hätte der Bw auch nicht fahrlässig in Kauf genommen. Vor Einleitung eines Strafverfahrens hätte die ASFINAG den Bw auf seinen Irrtum aufmerksam machen und ihm jedenfalls eine Ersatzmaut anbieten müssen. Die der GO-Box beiliegende Erklärung der Funktionsweise der GO-Box sei keinesfalls so formuliert, dass ein normaler LKW-Fahrer daraus die richtige Bedienung ableiten könne.

Dass gem. § 19 BSDMG (sic!) nicht der Lenker sondern der Zulassungsbesitzer zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern sei, sei offenbar ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers. Es stehe zudem im willkürlichen Ermessen der ASFINAG, ob ein Strafaufhebungsgrund zum Tragen komme oder nicht. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber der ASFINAG ein derart weitgehendes Ermessen einzuräumen beabsichtigte. Es könne auch nicht Wille des Gesetzgebers und Art. 6 MRK sein, dass es im freien Ermessen des Zulassungsbesitzers liege, ob er die angebotene Ersatzmaut bezahlt oder nicht. Deshalb sei davon auszugehen, dass § 19 Abs. 4 und 6 verfassungsmäßig geschützte Rechte verletze. In diesem Zusammenhang sei noch zu berücksichtigen, dass die Vorschreibung einer Ersatzmaut von Haus aus Pönalcharakter habe, da sie gem. Punkt 10.3.2 der Mautordnung Teil B bei nicht ordnungsgemäßer Deklarierung und Einstellung der Kategorie 110 Euro, bei gänzlicher Nichteinrichtung (sic!) der Maut 220 Euro. Für die gegenständliche Fahrt bis einschließlich der Rückfahrt nach Deutschland tags darauf sei vom Zulassungsbesitzer 65,88 Euro an Maut entrichtet worden. Bei fehlerfreier Bedienung wäre die Maut nur geringfügig höher gewesen. Es seien insgesamt Ersatzmauten von zweimal 110 Euro vorgeschrieben, womit sich eindeutig der Pönalcharakter der Ersatzmaut ergebe. Es werde somit das Delikt einer falschen GO-Box-Bedienung einmal gegenüber dem Lenker als auch gegenüber den Zulassungsbesitzer zweimal pönalisiert. Dies widerspreche der österreichischen Strafrechtsordnung. Zudem habe der Zulassungsbesitzer zwischenzeitlich die Ersatzmaut bezahlt.   

Zur Ausfahrt aus Österreich am 29. Jänner 2008 sei ein weiteres gleichartiges Verwaltungsstrafverfahren anhängig. Hier liege ein fortgesetztes Delikt vor.

 

Beantragt wurde die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 18. April 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 3 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 20. Februar 2008 die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden. 

 

Nach Strafverfügung vom 19. Mai 2008 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der späteren Berufung und legte seine Einkommensverhältnisse dar.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Auf Nachfrage teilte die ASFINAG dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 19. Oktober 2009 mit, dass die Ersatzmaut verspätet einbezahlt und auf dem Konto der ASFINAG am 21. Oktober 2008 gutgeschrieben worden sei. Diese Ersatzmaut sei zwischenzeitlich an den Einzahler wieder rücküberwiesen worden.

 

Der Bw hat dazu – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.

 

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung zu einer Tarifgruppe gem. § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Punkt 8.2.2 der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahrzeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf ein technisches Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel oder die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie zurückzuführen ist; dies jedoch ausnahmslos nur wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

 

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw der Lenker war und er eine falsche Einstellung der Kategorie/Achsenzahl bei der GO-Box vorgenommen hat. Unstrittig ist ferner, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG dem Zulassungsbesitzer die Zahlung einer Ersatzmaut angeboten worden ist.

 

Der Bw bringt zunächst vor, er habe die Bedienungshinweise auf dem Aufkleber (Piktogramm) auf der GO-Box nicht richtig zu deuten gewusst. Dazu ist festzuhalten, dass jeder GO-Box zusätzlich eine ausführliche Gebrauchsanleitung ("GO-Box Guide") in 12 Sprachen beiliegt, in der – entgegen den Angaben des Bw in der Berufung – unter Punkt "G" die Notwendigkeit und der konkrete Vorgang einer Einstellung der entsprechenden Achsen-Kategorie – auch mit einer Unterscheidung von LKWs mit Anhängern oder Auflegern – beschrieben wird. Sowohl durch diese Gebrauchsanleitung als auch durch die in diesem Bescheid zitierten Passagen des § 8 Abs. 2 BStMG und des Punktes 8.2.2 der Mautordnung muss für den durchschnittlichen Normunterworfenen (als Maßstabsfigur) die Handhabung der GO-Box in Bezug auf die korrekte Einstellung der Kategorie klar sein. Falls dennoch Unklarheiten oder Zweifel seitens des Bw hinsichtlich der ordnungsgemäßen Mautentrichtung bestanden haben sollten, hätte er diese vor Benützung einer Mautstrecke (z.B. durch Nachfragen bei der ASFINAG-Telefon-Hotline oder bei einer GO-Box-Vertriebsstelle) ausräumen müssen.

 

Der Bw vermeint, die Ersatzmaut habe Pönalcharakter, was sich in unterschiedlichen Höhen dieser Ersatzmaut widerspiegle, und verstoße zusätzlich gegen das Doppelbestrafungsverbot. Dazu ist festzuhalten, dass es sich beim Angebot einer Ersatzmaut nicht um einen behördlichen Akt – somit nicht um eine Strafe – sondern um ein "Vergleichsangebot" der ASFINAG handelt. Schon aus diesem Grund kann eine Doppelbestrafung nicht vorliegen. Bei Nichteinhaltung der unter § 19 BStMG näher definierten Bedingungen bzw. bei Nichteinbezahlung der Ersatzmaut innerhalb der dort genannten Fristen kommt der Strafausschließungsgrund des § 20 Abs. 3 BStMG nicht zum Tragen, was eine Anzeige an die zuständige Behörde zur Folge hat. Zu spät einbezahlte Ersatzmauten werden gem. Punkt 10.3.1.2 der Mautordnung rücküberwiesen. Unbeschadet der vorherigen Ausführungen ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat überdies nicht klar geworden, weshalb unterschiedliche Höhen des Vergleichsangebotes "von Haus aus" Pönalcharakter haben sollen.

 

Der Bw moniert, dass im BStMG normiert sei, dass lediglich dem Zulassungsbesitzer die Ersatzmaut anzubieten sei und es sich hiebei um ein "redaktionelles Versehen" des Gesetzgebers handeln müsse, zumal es alleine im Ermessen des Zulassungsbesitzers liege, die Ersatzmaut einzuzahlen. Überdies sei die Ersatzmaut einbezahlt worden. Weiters sei die verhängte Geldstrafe für den Lenker bei Nichtbegleichung der Ersatzmaut überzogen. Dazu ist zu entgegnen, dass § 19 Abs. 4 BStMG – wie der Bw selbst in seiner Berufung anführt – ein schriftliches Ersatzmautangebot lediglich an den Zulassungsbesitzer vorsieht. Der Zulassungsbesitzer ist – unbestritten – bereits am 20. Februar 2008  zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden. Mit Einbezahlung der Ersatzmaut zu einem Zeitpunkt, dass diese erst am 21. Oktober 2008 dem Konto der ASFINAG gutgeschrieben worden ist, wurde die gesetzlich vorgesehene vierwöchige Frist für die Bezahlung der Ersatzmaut (gerechnet ab Ausfertigung am 20. Februar 2008) offensichtlich wesentlich überschritten, weshalb der Geldbetrag von der ASFINAG zurück überwiesen wurde. Diese verspätete Einzahlung der Ersatzmaut ließ den Strafausschließungsgrund des § 20 Abs. 3 BStMG nicht zustande kommen. Es ist auch auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 26.8.2006, Zl. B 1140/06-6, hinzuweisen, wonach es sachlich gerechtfertigt ist, lediglich den Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Überdies bestehen – auch darauf bezieht sich der Bw in seiner Berufung – gem. § 19 Abs. 6 BStMG keine subjektiven Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut. Zusätzlich ergeht zu diesem Fragenkomplex noch der Hinweis auf die Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 2009, Zl. B 1852/08-3, B 1878/08-3, B 1896/08-3 und B 1951/08-3. 

Wenn der Bw weitere – vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilte – verfassungsrechtliche Bedenken gegen Bestimmungen des BStMG, insbesondere über die Höhe der gesetzlichen Mindestgeldsstrafe hegen sollte, ist er auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg zu verweisen.

 

Auch kommt es nicht auf die Höhe der geschuldeten Maut sondern nur darauf an, dass die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.

 

Der Bw geht von der Auffassung aus, dass es sich bei den beiden Fahrten am 28. und 29. Jänner 2008 um ein fortgesetztes Delikt handelt und diese deshalb zu einer Tateinheit zusammenzufassen sind.

 

Ein fortgesetztes Delikt ist dann gegeben, wenn eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden ist. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei sie nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen (vgl. VwGH 2003/05/0201 v. 18.3.2004).

 

Von einem fortgesetzten Delikt kann – abgesehen davon, dass diesfalls Vorsatz vorliegen müsste, was gegenständlich nicht anzunehmen ist – aber jedenfalls dann nicht ausgegangen werden, wenn der Bw – wie im gegenständlichen Fall – durch Abfahren vom mautpflichtigen Straßennetz das jeweilige Delikt abgeschlossen hat. Jedes Abfahren von der Autobahn ermöglicht nicht nur das An- bzw. Abhängen von Anhängern etc. sondern macht deshalb ggf. eine Umstellung (bzw. jedenfalls eine Kontrolle) der eingestellten Achsenzahl bei der GO-Box erforderlich. Mit jeder neuerlichen Auffahrt auf eine mautpflichtige Strecke beginnt somit eine neuerliche Deliktsverwirklichung. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Lenker gem. § 8 Abs. 2 BStMG iVm Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung vor jeder Fahrt auf einer Mautstrecke u.a. die richtig eingestellte Kategorie (Achsenzahl) zu überprüfen hat.

Schon aus diesen Bestimmungen ist klar, dass eine Überprüfung/Umstellung der Kategorie bei der GO-Box vor jedem (neuerlichen) Auffahren auf eine mautpflichtige Strecke eine Lenkerpflicht darstellt.

 

Der Bw muss zwischen dem 28. und 29. Jänner 2008 die mautpflichtige Strecke verlassen haben bzw. später auf eine solche wiederum aufgefahren sein. Dies ergibt sich nicht nur aus den Angaben des Bw, wonach er sich am 28. Jänner 2008 auf der Hin- und am 29. Jänner 2008 auf der Rückfahrt befunden hat, sondern auch daraus, dass er (klarerweise) bei der Rückreise nach Deutschland am 29. Jänner 2008 auf der Gegenfahrbahn der Autobahn unterwegs gewesen sein muss.    

 

Wenn durch die Begehung von gleichen Übertretungshandlungen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen wird (kein fortgesetztes Delikt vorliegt), hat die Behörde für jedes Delikt eine gesonderte Strafe auszusprechen. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift ist der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet (vgl. VwGH 2005/02/0015 v. 15.4.2005). Folgerichtig waren gegen den Bw unter Anwendung des Kumulationsprinzips (§ 22 VStG) für die von ihm angesprochenen Verwaltungsübertretungen am 28. und 29. Jänner 2008 mehrere Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass auch bei der Annahme von Vorsatz die einzelnen Fahrten nicht als fortgesetztes Delikt zusammenzufassen wären, da – wie bereits ausgeführt wurde – vor jedem (neuerlichen) Befahren einer Mautstrecke die Lenkerverpflichtungen schlagend werden.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine allenfalls geltend gemachte Unkenntnis der österreichischen Rechtslage wirken, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Auch die vorgebrachte Unkenntnis der (konkreten) Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirkt nicht entschuldigend, da der Lenker verpflichtet ist, sich auch mit den faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er verabsäumt hat, sich über die Handhabung der GO-Box im ausreichendem Umfang in Kenntnis zu setzen. Damit ist auch klargestellt, dass keine Verpflichtung der ASFINAG besteht, eigeninitiativ einen Mautpreller vor Einleitung eines Strafverfahrens über die Verletzung seiner Lenkerpflichten zusätzlich aufzuklären.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, weshalb die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw ohne Relevanz sind. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer gegebenenfalls schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Dass diese finanzielle Situation durch eine Reihe weiterer einschlägiger Verwaltungsstrafen mitbedingt ist, kann sich für den Bw nicht im Sinne eines Arguments für die Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe auswirken. Im Hinblick jedoch darauf, dass zur Unbescholtenheit zum Zeitpunkt der Tat als weiterer Milderungsgrund die wenigstens teilweise Mautentrichtung tritt (ein Umstand, der auch nach der Mautordnung die Höhe der Ersatzmaut beeinflusst und der regelmäßig zum Aufgriff der Täter führt), erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt aber nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des   § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Der Unrechtsgehalt einer Fehleinstellung der Achsenzahl ist als deliktstypisch und der Schuldgehalt in Form der fahrlässigen Fehleinstellung der GO-Box als nicht geringfügig einzustufen, da die Vorsorge für die korrekte Einstellung der GO-Box im gegebenen Zusammenhang die zentrale Lenkerpflicht darstellt. Dazu kommt, dass das gegenständliche Delikt in einer Reihe weiterer vergleichbarer Fälle (vgl. VwSen-150690, Vw-Sen-150695, VwSen-150697 und VwSen-150699) und an verschiedenen Tagen begangen wurde, was auf einen gewissen Mangel im Bemühen bei der Einhaltung der Sorgfaltspflicht schließen lässt und sohin den Grad des Verschuldens mitbestimmt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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