Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150749/8/Lg/Hu/Ba

Linz, 17.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 11. November 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn X, X, X, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 21.7.2009, Zl. BauR96-2-2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.   

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten. 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 Abs. 1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
34 Stunden verhängt, weil er am 30.10.2008, 5.58 Uhr Uhr, als Lenker eines mehrspurigen Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem Kennzeichen X die mautpflichtige A25, Mautabschnitt ÖBB Terminal Wels – Wels Nord (Knoten Wels), bei km 14,580,  benutzt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Die betreffende GO-Box sei von der Asfinag am 29.10.2008 aufgrund von 2 missachteten Tauschaufforderungen, welche an den Kunden gesandt worden seien, gesperrt worden und sei daher die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden, da auch keine Nachzahlung der Maut und keine Ersatzmaut geleistet worden sei.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Das Straferkenntnis wird im gesamten Umfang angefochten.

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschuldigte schuldig erkannt, am 30.10.2008 den LKW mit dem amtlichen Kennzeichen X auf der A25 gelenkt zu haben, ohne die Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Aus der Begründung ergibt sich, dass nach Ansicht der Behörde die im LKW verwendete Go-Box aufgrund von zwei missachteten Tauschaufforderungen am 29.10. gesperrt wurden und sohin dem Beschuldigten auffallen hätte müssen, dass hier keine Kommunikation erfolgt.

 

Die Erstbehörde hat diese Feststellungen aufgrund zweier Schreiben der Asfinag angenommen, wobei diese Annahmen durch nichts gerechtfertigt sind.

 

Seitens der Dienstgeberin des Beschuldigten, der Firma X wurde ausdrücklich vorgebracht und auch bescheinigt, dass die erste Aufforderung am 31.10.2008 datiert und überhaupt erst am 04.11.2008 eingelangt ist.

 

Seitens der Erstbehörde wurde daraufhin mit Note vom 10.02.2009 die Asfinag aufgefordert, verschiedene Fragen zu beantworten. Das entsprechende Antwortschreiben vom 03.03.2009 ist jedoch auf diese Fragen nicht eingegangen, insbesondere wurden weder die beiden Tauschaufforderungen vorgelegt, noch wurde zur Frage, ob dann, wenn die Batterie leer ist das Gerät nicht mehr piepst, beantwortet.

 

Demgemäß ergibt sich aus dem gesamten Beweisverfahren lediglich, dass seitens der Asfinag mehr oder weniger Standardformulierungen verwendet wurden ohne auf die konkreten Fragen einzugehen.

 

Demgemäß hätte die Behörde entweder konkrete Antworten von der Asfinag verlangen müssen, oder aber das Verfahren einstellen.

 

Aufgrund der entsprechenden Aussagen und der Stellungnahme des Beschuldigten hätte daher die Behörde davon ausgehen müssen, dass hier tatsächlich eine Fehlfunktion des Gerätes vorliegt, die vom Beschuldigten nicht erkannt werden konnte.

 

Es wird daher ausdrücklich Mangelhaftigkeit des Verfahrens behauptet. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass seitens des Schreibens der Asfinag an den Dienstgeber des Beschuldigten vom 30.10.2008 in keiner Weise ergibt, dass hier bereits vorher Schreiben gewesen wäre. Seitens der Asfinag wurden sämtliche Fragen im Zusammenhang damit nicht beantwortet sondern lediglich erklärt, dass zwei Schreiben vorher gewesen wären, ohne diese vorzulegen. Schließlich wurde auch die Frage, ob das Gerät einen Mangel haben kann, wonach die Box zwar die Kommunikation anzeigt, aber nicht mehr abbucht, ebenfalls nicht beantwortet.

 

Die Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, allenfalls durch Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens und Überprüfung der konkreten Box festzustellen, ob die Behauptungen des Beschuldigten richtig sind oder nicht.

 

Es ist dem Beschuldigten natürlich klar, dass es sich beim gegenständlichen Delikt um einen Ungehorsamsdelikt handelt, sodass er nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs die entsprechenden konkreten Behauptungen aufstellen muss. Diese Behauptungen wurden auch aufgestellt, allerdings von der Behörde nicht überprüft.

 

Seitens der Asfinag wurde auch keinerlei Schreiben vorgelegt, wonach am 30.10.2008 eine Ersatzmaut begehrt worden wäre. Es ist im gegenständlichen Fall natürlich problematisch, dass die Frage der Straflosigkeit des Beschuldigten vom Willen des Dienstgebers abhängt, da ja die Übertretung dann straflos wird, wenn seitens des Dienstgebers die Ersatzmaut bezahlt wird, wobei diese ja nur den Dienstgeber (Vertragspartner der Asfinag) vorgeschrieben wird und nicht dem Beschuldigten. Demgemäß ist dem Beschuldigten darauf jeder Einfluss genommen.

 

Der Beschuldigte stellt daher den

 

BERUFUNGSANTRAG

 

1.             eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen

2.             der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis      einzustellen

3.             das angefochtene Strafverfahren aufzuheben und an die erste Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückverweisen."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Der Akt enthält eine Stellungnahme der ASFINAG vom 3.3.2009. Dieser ist zu entnehmen, dass die im Kraftfahrzeug mitgeführte GO-Box zum Zeitpunkt des Kontrollfalls gemäß Punkt 5.5.4.1 der Mautordnung Teil B für die Bezahlung der Maut nicht freigegeben gewesen sei, was dem Fahrer gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung Teil B beim Durchfahren der Mautabbuchungsstellen durch vier kurze Signal-Töne signalisiert worden sei. Sollte die GO-Box nicht außer Funktion gesetzt werden, komme es systembedingt zu einer Mauttransaktion bzw. –abbuchung. Die gegenständliche GO-Box sei ab 29.10.2008 um 10.01 Uhr aufgrund der zwei missachteten Tauschaufforderungen, welche an den Kunden gesandt worden seien, gemäß Punkt 5.6.2 der Mautordnung Teil B gesperrt worden. Der Tauschaufforderung sei erst am 4.11.2008 um 12.57 nachgekommen worden.

 

Zwei Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer werde die GO-Box automatisch zurückgerufen. Die GO-Box gebe in solchen Fällen als Zeichen beim Durchfahren einer Mautabbuchungsstelle ein Warnsignal ab.

 

In diesem Zusammenhang werde auf § 8 Abs.2 des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 verwiesen, wonach sich die Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden haben.

 

Bei  Nichtabbuchung der Maut bestehe unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Mautnachzahlung.

 

Im gegenständlichen Fall seien die bestehenden Kontrollfälle nicht innerhalb der gesetzlich festgelegten Fristen nachgezahlt worden, weshalb es folgerichtig zu einem Delikt kam. Der Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut sei nicht nachgekommen worden, weshalb wie in der Mautordnung festgelegt eine Anzeige erstattet werden musste.

 

Als Beilage ist ein Einzelleistungsnachweis für den 31.10.2008 angeschlossen.

 

Mit Schreiben vom 27.3.2009 führte der Zulassungsbesitzer (Fa. X) aus, dass es für das Fahrzeug X nie eine Tauschaufforderung gegeben habe. Manche GO-Boxen würden laut, andere leise piepsen. Vom Bw sei ihm gesagt worden, dass die GO-Box zum fraglichen Zeitpunkt nicht 4x gepiepst hätte. Ein Fernfahrer durchfahre mehrere Portale hintereinander und wenn er die GO-Box einmal, aus welchen Gründen auch immer, nicht höre, sei das kein Problem, er höre es beim nächsten Mal. Ein Lenker im Nahverkehr durchfahre möglicherweise nur ein Portal und wenn er das 4fach-Piepserl bei diesem einen Mal nicht höre, sei er ein Mautpreller, ja sogar ein Straftäter, der mit 300 Euro zu bestrafen sei.

 

Ein weiteres Problem bei den GO-Boxen sei die Statusanzeige. Eine GO-Box, welche nicht mehr in der Lage sei abzubuchen, zeige bei der Statusprüfung vor und nach der Fahrt auf der Autobahn trotzdem grün bzw. keinen Fehler an. Das habe die ASFINAG bestätigt.

 

Es werde nicht eingesehen, dass neben jährlich 220.000 Euro für die Autobahnbenützung noch Strafen gezahlt werden sollen, die auf mangelnde Funktion des Mautsystems zurückzuführen seien.

 

Einer Stellungnahme des Bw vom 30.3.2009 ist zu entnehmen, dass das gegenständliche Fahrzeug mit einer GO-Box bestückt, vorschriftsmäßig angebracht, das hinterlegte Zahlungsmittel gültig und der Vertrag mit der ASFINAG intakt gewesen sei. Die GO-Box habe nie 4 x gepiepst. Der Status der GO-Box sei in beiden Fällen grün gewesen und sei kein Fehler angezeigt worden.

 

In einer weiteren Stellungnahme vom 16.4.2009 führte der Bw aus, dass die GO-Box nie 4 x gepiepst habe. Die Go-Box sei im Fahrzeug gewesen, vorschriftsmäßig montiert, das Zahlungsmittel hinterlegt und gültig und die Statusanzeige vor und nach der Fahrt auf der Autobahn 2S-grün, also ok. 

 

Mit Schreiben vom 22.6.2009 führte die ASFINAG wie in ihrer Stellungnahme vom 3.3.2009 aus und weiters, dass eine gesperrte GO-Box kein grünes Signal bei einer Statusprüfung anzeige. Auch ein schwächeres Piepsen könne ausgeschlossen werden, die die ASFINAG Maut Service GmbH innerhalb der 5-jährigen Garantie eine volle Funktionsfähigkeit garantiere. Weiters sei der Zulassungsbesitzer mittels eines Vergleichsangebots aufgefordert worden, eine Ersatzmaut zu zahlen. Da dieser Aufforderung nicht Folge geleistet worden sei, habe die Anzeige eingeleitet werden müssen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis, einer weiteren Stellungnahme des Zulassungsbesitzers und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

In der Stellungnahme vom 28.7.2009 trug der Zulassungsbesitzer vor, er gehe davon aus, dass es sich bei der Aufforderung zum Tausch der GO-Box um die erste Aufforderung handle. Der Zulassungsbesitzer habe am 4.11. das Schreiben der ASFINAG vom 30. Oktober erhalten, dieses am 4.11. per Fax an die Niederlassung in Pucking versendet und die GO-Box am selben Tag um 13.30 Uhr ausgetauscht. Die neue GO-Box habe seines Wissens gleich wieder ausgetauscht werden müssen, weil sie fast nicht hörbar gepiepst habe. 

 

4. Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass die Anzeige der ASFINAG sich nicht in dem dem Verhandlungsleiter zur Verfügung stehenden Akt befindet. Der Vertreter des Bws legte die aus seinem Akt ersichtliche Anzeige vor. Laut dieser Anzeige war die Tatzeit am 31.10.2008 um 5.58 Uhr. In der Verfolgungshandlung, nämlich der Strafverfügung, scheint, wie im angefochtenen Straferkenntnis, der 30.10.2008 auf.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Es ist, auch im Hinblick auf den Einzelleistungsnachweis, anzunehmen, dass der in der Anzeige aufscheinende Tattag der korrekte ist. Dies hat zur Folge, dass das im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses begangene Delikt, für dessen Definition der Tattag wesentlich ist, nicht begangen wurde. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

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