Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164289/2/Kei/Bb/Ps

Linz, 23.11.2009

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Herrn X, geb. X, wohnhaft X, vom 15. Juni 2009, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 2. Juni 2009, GZ VerkR96-29371-2008-rm, wegen einer Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht:

 

 

 

 

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird eingestellt.

 

 

II.              Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

 

1.1. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 2. Juni 2009, GZ VerkR96-29371-2008-rm, Herrn X (dem Berufungswerber) eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO zur Last gelegt. Er habe am 22. Oktober 2008 um 10.52 Uhr in der Gemeinde Gampern auf der B1 bei km 254,915 in Fahrtrichtung Vöcklabruck mit dem Kraftfahrzeug, Lkw, X, Kennzeichen X die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 12 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 29 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Stunden, verhängt. Überdies wurde er gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 2,90 Euro verpflichtet.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die durch den Berufungswerber bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck per E-Mail erhobene Berufung vom 15. Juni 2009.

 

Darin bringt der Berufungswerber vor, dass er den ihm zur Last gelegten Tatbestand nicht begangen habe und bestreitet im Wesentlichen seine Lenkereigenschaft zum Vorfallszeitpunkt.

 

2.1. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 13. Juli 2009, GZ VerkR96-29371-2008-RM, dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist (§ 51c VStG).

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist und zwar am 15. Juni 2009 per E-Mail bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, GZ VerkR96-29371-2008.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das mit der Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Die X mit Sitz, X, ist Zulassungsbesitzerin des angefragten Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X. Mit Schreiben vom 28. November 2008, GZ VerkR96-29371-2008, fragte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck bei der Zulassungsbesitzerfirma nach dem Lenker/der Lenkerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X am 22. Oktober 2008 um 10.52 Uhr.

 

Mit Antwort vom 8. Jänner 2009 teilte die Zulassungsbesitzerin mit, dass Herr X (der nunmehrige Berufungswerber), geb. X, wohnhaft in X, das Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt gelenkt habe.

 

Grund der Anfrage war ein mit diesem Kraftfahrzeug begangenes Delikt nach § 20 Abs.2 StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet) am 22. Oktober 2008 um 10.52 Uhr in Gampern, auf der B 1 bei km 254,915, in Richtung Vöcklabruck.

 

In seinem Einspruch vom 25. Jänner 2009 gegen die an ihn zu GZ VerkR96-29371-2008 ergangene Strafverfügung vom 13. Jänner 2009, wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO,  führte der Berufungswerber aus, dass er laut seiner Tachoscheibe am 22. Oktober 2008 um 10.52 Uhr nicht in Bierbaum, auf der B1 bei km 254,915 in Fahrtrichtung Vöcklabruck gewesen sein könne. Außerdem sei er laut seiner Handy-Rechnung um diese Zeit in Deutschland gewesen und habe telefoniert.

 

Mit Eingabe vom 9. März 2009 legte der Berufungswerber eine Kopie seiner Tachoscheibe und eine Kopie der Handyrechnung vor. Er bekräftigte am 22. Oktober 2008 von 07.45 bis 08.15 Uhr und von 10.13 bis 10.55 Uhr gefahren zu sein. Das seien 68 km gewesen; von Zeilarn bis Bierbaum seien es aber 75 km. Außerdem habe er laut seiner Handyrechnung am 22. Oktober 2008 von 10.40 bis 10.45 Uhr mit seiner Lebensgefährtin im deutschen Netz telefoniert. Sieben Minuten später hätte er auf keinen Fall von der deutschen Grenze in Bierbaum sein können und dort geblitzt werden können.

 

Nachdem ihm mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 11. März 2009, GZ VerkR96-29371-2008-rm, eine Kopie der erteilten Lenkerauskunft vom 8. Jänner 2009 übermittelt wurde und der Berufungswerber in seiner Eingabe vom 23. März 2009 daraufhin erklärte, dass er im Schreiben vom 9. März 2009 alles über die gegenständliche Angelegenheit geschildert habe, wurde letztlich gegen den Berufungswerber das nunmehr angefochtene Straferkenntnis wegen Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO erlassen.

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, GZ VerkR96-29371-2008.   

 

Im Hinblick auf die Frage der Lenkereigenschaft zur gegenständlichen Tatzeit am 22. Oktober 2008 um 10.52 Uhr stellt sich die Beweislage wie nachfolgend dar:

An der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers bestehen gewisse Zweifel. Für ihn spricht nämlich, dass er sogleich bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, das war der Einspruch gegen die Strafverfügung, seine Lenkereigenschaft zum Tatzeitpunkt verneint hat. Bei dieser Verantwortung ist er auch im gesamten Verwaltungsstrafverfahren geblieben. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht es der Lebenserfahrung, dass die von einem Beschuldigten bei der ersten sich bietenden Gelegenheit gemachten Angaben der Wahrheit am nächsten kommen. Ihnen kommt in diesem Sinne auch eine höhere Glaubwürdigkeit als späteren Angaben zu.

 

Überdies ergibt sich aus den Eintragungen der vorgelegten Kopie des vom Berufungswerber verwendeten Schaublattes, dass er am 22. Oktober 2008 offensichtlich das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X lenkte. Beim angezeigten Fahrzeug handelt es sich entsprechend dem Radarlichtbild aber um das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X.

 

Angesichts dieser Tatsachen und einer dünnen Gegenbeweislage können die Vorbringen des Berufungswerbers nicht so ohne weiteres als Schutzbehauptung abgetan werden. Der Berufungswerber wurde zwar von der Zulassungsbesitzerin als Lenker zum Vorfallszeitpunkt benannt, allerdings ist festzuhalten, dass die Lenkereigenschaft eines Beschuldigten nicht nur im Wege einer Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG ermittelt werden kann. Vielmehr handelt es sich bei der Feststellung, wer ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte um einen Akt der Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs.2 AVG. Gerade Firmenfahrzeuge werden in vielen Fällen nicht ausschließlich von einer einzigen Person benützt, sondern sie werden häufig von mehreren Dienstnehmern zum Lenken verwendet.

 

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass - mangels gegenteiliger ausreichender Anhaltspunkte, insbesondere weiterer diesbezüglicher Erhebungen durch die erstinstanzliche Behörde - nicht gesichert ist und dem Berufungswerber nicht zweifelsfrei erwiesen werden kann, dass er tatsächlich im fraglichen und ihm vorgeworfenen Zeitraum das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X gelenkt und die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung nach § 20 Abs.2 StVO begangen hat.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigte es sich auch, auf die übrigen Vorbringen und weiteren Argumente des Berufungswerbers zum Beweis für seine Unschuld näher einzugehen.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges gemäß § 20 Abs.2 StVO im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h fahren.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

3.2. Nach den unter 2.6. dargestellten Überlegungen im Rahmen der freien Beweiswürdigung kann nicht mit der für im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Täterschaft (Lenkereigenschaft) des Berufungswerbers zum Tatzeitpunkt am 22. Oktober 2008 um 10.52 Uhr ausgegangen werden, weshalb im Zweifel der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG  einzustellen war.

 

Es war somit spruchgemäß (Spruchpunkt I.) zu entscheiden.

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch (Spruchpunkt II.) angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr.  Michael  K e i n b e r g e r

 

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