Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222291/4/Bm/Sta

Linz, 19.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 6. August 2009, Ge96-76-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994.  zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 6.8.2009, Ge96-76-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z25 Gewerbeordnung – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 iVm dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Ge20-4911/09-2009 vom 27.2.2009 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es gemäß § 370 Gewerbeordnung 1994 als gewerberechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x strafrechtlich zu verantworten, dass der Betrieb im Standort x am 20.05.2009 bis zumindest 23:50 Uhr offen gehalten und Gästen das Verweilen in den Betriebsräumen gestattet wurde, obwohl die Öffnungszeit für diesen Betrieb mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Ge20-4911/09-2009, vom 27.02.2009, mit 08:00 Uhr bis 23:00 Uhr festgelegt wurde."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw durch seine rechtsanwaltliche Vertretung fristgerecht Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass dem gegenständlichen Straferkenntnis die Anzeige der Polizeiinspektion Altmünster vom 25.5.2009 zu Grunde liege. Zu dieser Anzeige sei von der Behörde bereits zu Ge96-63-2009 eine Strafverfügung erlassen worden. Auf Grund der Erhebung eines Einspruches gegen diese Strafverfügung sei das Verfahren mit Verfügung der Behörde vom 16.7.2009 gemäß § 45 VStG eingestellt worden. Somit liege hinsichtlich des gegenständlichen Vorfalls vom 20.5.2009 "res iudicata" vor und hätte kein Straferkenntnis erlassen werden dürfen. Es könne nicht wegen desselben Vorfalls einerseits eine Verfahrenseinstellung, andererseits ein verurteilendes Straferkenntnis erfolgen. Hilfsweise werde diesbezüglich die Beischaffung des Aktes Ge96-63-2009 der Bezirkshauptmannschaft Gmunden beantragt.

Es werde daher der Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis vom 6.8.2009 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; in eventu hinsichtlich der angelasteten Verwaltungsübertretung eine Ermahnung gemäß
§ 21 Abs.1 VStG auszusprechen.   

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4.  Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b GewO 1994 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesene angenommene Tat zu enthalten.

Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1. die Zuordnung des Tatverhaltens der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, die ha., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwas durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauff, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens zu § 44a Z1 VStG).

Diesem Konkretisierungsgebot entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus folgenden Gründen nicht:

Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgeführt hat, wird dadurch, dass
§ 367 Z25 GewO 1994 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes. Im Hinblick auf die durch § 367 Z25 GewO 1994 gegebene Verzahnung zwischen dieser Bestimmung und den in Bescheiden enthaltenen Geboten und Verboten bedarf es im Spruch eines auf diese Strafnorm gestützten Straferkenntnisses einer wörtlichen Anführung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden, als solche bescheidmäßig bezeichneten Auflage, um die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale zu ermöglichen (vgl. dazu u.a. VwGH-Erkenntnis vom 29.3.1994, Zl. 93/04/0255, 25.2.2002, 2001/04/0253).

Eine solche wörtliche Wiedergabe der als verletzt erachteten Auflage fehlt dem vorliegenden Spruch, weshalb das angefochtene Straferkenntnis schon aus diesem Grund aufzuheben war. Anzumerken ist, dass die im Straferkenntnis zitierte verletzte Rechtsvorschrift zwar den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.2.2009 enthält, jedoch nicht die Zitierung des konkreten Auflagenpunktes, dessen Nichteinhaltung dem Bw vorgeworfen wird.

 

Darüber hinaus ist auch noch Folgendes festzuhalten:

Das Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage ist ein Projektsverfahren, in dem der Beurteilung die in § 353 genannten Einreichunterlagen zu Grunde zu legen sind. Im Rahmen dieser Beurteilung hat die Behörde – sofern es erforderlich ist – bestimmte geeignete Auflagen zur Wahrung der Schutzinteressen vorzuschreiben, wobei sich die Vorschreibung von Auflagen nur im Rahmen der genehmigten Betriebsanlage halten kann.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Vorschreibung einer Auflage, wonach "die Anlage projektsgemäß zu errichten ist" insofern nicht erforderlich, als sich die Genehmigung nur auf den beantragten Umfang der Betriebsanlage beziehen kann, was für den Konsensinhaber bedeutet, dass die Betriebsanlage auch nur in  diesem Umfang errichtet und betrieben werden darf. Eine Abweichung vom genehmigten Konsens ohne gewerbebehördliche Genehmigung  ist nicht nach § 367 Z25 sondern nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 zu ahnden.

Vorliegend geht aus dem von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vorgelegten Verfahrensakt Ge20-49/09-2009, hervor, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27.2.2009 unter der vorzitierten Geschäftszahl die Änderung der im Standort x Gemeinde x, bestehende Gastgewerbebetriebsanlage durch Hinzunahme eines Geschäftslokales gemäß § 81 Abs.2 Z9 und Abs.3 GewO 1994 zur Kenntnis genommen wurde. Mit gleichem Bescheid wurde unter Spruchpunkt II. A.1. gemäß § 79 GewO 1994 vorgeschrieben, dass die Ausführung projekts- und befundgemäß zu erfolgen hat. Nach den diesem Bescheid zu Grunde liegenden Projektsunterlagen wurde die Betriebszeit für die Änderung der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage mit 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr beantragt.

 

Nach den obigen Ausführungen stellt sohin ein Betreiben des Geschäftslokales nach 23.00 Uhr eine konsenslose Änderung der Betriebsanlage dar und ist ein etwaiges Strafverfahren auch im Grunde des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 zu führen.

 

 

II. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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