Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-240710/2/Gf/Mu

Linz, 07.12.2009

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch RA x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 29. September 2009, GZ SanRB96-14-2009, über eine  Beschlagnahme zur Sicherung der Strafe des Verfalls wegen des Verdachtes der Übertretung des Arzneimittelgesetzes zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 29. September 2009, GZ SanRB96-14-2009, wurden insgesamt 9.900 Kapseln des Produktes „HORN-Kräuterviagra“ (bzw. "HORN Blaue V Kapseln"), die bereits am 21. Jänner 2009 im Zuge einer Kontrolle eines Sicherheitsorganes vorläufig in Beschlag genommen worden waren, nunmehr auch durch die Behörde für beschlagnahmt erklärt.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass in diesen Kapseln der synthetische Arzneimittelwirkstoff Hydroxyhomosildenafil in einer Konzentration von zumindest 89mg pro Kapsel enthalten sei und dieses Produkt sohin einerseits einer vorangehenden Zulassung bedürfe und zudem andererseits dem Rezeptpflichtgesetz, BGBl.Nr. 413/1972, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 115/2008 (im Folgenden: RezPflG), unterliege. Da der Beschwerdeführer über keine Apothekenkonzession verfüge und er dieses nicht behördlich zugelassene Arzneimittel somit entgegen den Bestimmungen des RezPflG im Wege des Versandhandels zwischen Sommer 2005 und dem 22. Jänner 2009 an insgesamt 13.798 Personen abgegeben habe, liege sohin sowohl ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz, BGBl.Nr. 185/1983, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 63/2009 (im Folgenden: ArzneiMG),  als auch gegen das RezPflG vor, der mit der Strafe des Verfalls bedroht sei; deshalb sei gemäß § 39 Abs. 1 VStG i.V.m. § 6 Abs. 2 RezPflG auch seitens der Behörde die Beschlagnahme anzuordnen gewesen.

1.2. Gegen diesen ihm am 1. Oktober 2009 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 15. Oktober 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass jener die Arzneimittelqualifikation von "HORN-Kräuterviagra" begründende Anteil an Hydroxyhomosildenafil nur in einem – zudem hinsichtlich der konkreten Testmethode nicht näher nachvollziehbaren – Prüfbericht eines privaten Heilmittelinstitutes ("x") behauptet werde. Außerdem sei dieser Wirkstoff vom Rezeptpflichtgesetz bzw. von der Rezeptpflichtverordnung ohnehin nicht erfasst, denn in der – restriktiv auszulegenden – Rezeptpflichtverordnung sei nur „Sildenafil“ (C22-H30-N6-O4-S), nicht jedoch auch dessen Derivat „Hydroxyhomosildenafil“ (C23-H32-N6-O5-S) angeführt. Daran vermöge auch die im Gutachten der x (im Folgenden x) vom 24. März 2009, Zl. 9005840-009, enthaltende Einschätzung, dass zwischen diesen beiden Stoffen ein Strukturanalogismus bestehe, schon deshalb nichts zu ändern, weil diese Feststellung nicht näher begründet werde und aus dem Gutachten zudem nicht erkennbar sei, welche Testverfahren ("screening"-Elemente) im konkreten Anlassfall überhaupt eingesetzt wurden.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu GZ SanRB96-14-2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auch die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil im angefochtenen Bescheid ein 2.000 Euro übersteigender Strafausspruch nicht enthalten ist, ist im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (vgl. § 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Gemäß § 1 Abs. 1 ArzneiMG sind Arzneimittel solche Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen Körper u.a. die Beschaffenheit, die Funktionen oder den Zustand des menschlichen Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen; unter Arzneispezialitäten sind nach § 1 Abs. 5 ArzneiMG solche Arzneimittel zu verstehen, die die im Voraus stets in gleicher Zusammensetzung hergestellt und unter der gleichen Bezeichnung in einer zur Abgabe ab den Verbraucher oder Anwender bestimmten Form in Verkehr gebracht werden.

Arzneimittelspezialitäten dürfen gemäß § 7 Abs. 1 ArzneiMG im Inland erst abgegeben werden, wenn sie im Inland vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zugelassen sind.

3.1.2. Nach § 1 Abs. 5 RezPflG dürfen Arzneimittel, die der Verschreibungspflicht unterliegen, nur in Apotheken zur Abgabe bereitgehalten, angeboten oder abgegeben werden.

Nach § 6 Abs. 1 Z. 2 RezPflG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung, der ein Arzneimittel entgegen § 1 Abs. 5 RezPflG bereithält oder anbietet; Arzneimittel, die entgegen § 6 Abs. 1 Z. 2 RezPflG bereitgehalten oder angeboten werden, unterliegen gemäß § 6 Abs. 2 RezPflG dem Verfall.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde dem Produkt "HORN Kräuterviagra", wie sich aus dem von der Homepage der Firma des Beschuldigten (x) downloadbaren Informations-Faltblatt entnehmen lässt, im Zuge des Inverkehrbringens die Eigenschaft zugeschrieben, dass es "effektiv mit der männlichen Biochemie zusammen" wirkt, "um normalerweise innerhalb von 1 Stunde nach Einnahme zuverlässig eine starke, lang anhaltende Erektion zu erzielen." Der Rechtsmittelwerber geht damit offenbar selbst davon aus, dass es sich insoweit um ein Arzneimittel handelt, weil es i.S.d. § 1 Abs. 1 ArzneiMG dazu bestimmt ist, bei seiner Anwendung am oder im menschlichen Körper u.a. die Beschaffenheit, die Funktionen oder den Zustand des menschlichen Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen.

Dazu kommt, dass sich aus dem Gutachten der x vom 24. März 2009, GZ 9005840-009, ergibt, dass das Produkt "Horn Kräuterviagra" (bzw. "HORN herbal enhancer") den Wirkstoff "Hydroxyhomosildenafil" enthält, der zu "Sildenafil" strukturanalog ist (vgl. S. 2 dieses Gutachtens). Insoweit handelt es sich um Feststellungen eines Sachverständigen, denen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich durch auf gleicher fachlicher Ebene erstellte Äußerungen entgegengetreten werden kann. Es reicht sohin nicht aus, wenn der Beschwerdeführer die Feststellungen dieses Gutachtens durch eigene Überlegungen in Zweifel zu ziehen oder zu entkräften versucht; vielmehr bedürfte es hierzu eines entsprechenden Gegengutachtens, das bislang jedoch nicht vorliegt.

3.3. Gemäß § 39 Abs. 1 VStG kann die Behörde dann die Beschlagnahme von Gegenständen anordnen, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung, hinsichtlich der der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, vorliegt und die Beschlagnahme zur Sicherung dieses Verfalls dient.

Da der Rechtsmittelwerber einerseits in seiner Wareninformation selbst darauf hinweist, dass seinem Produkt eine der in § 1 Abs. 1 ArzneiMG geforderten Wirkungen zukommt und er – was auch von ihm gar nicht bestritten wird – über keine Befugnis zur Führung einer Apotheke verfügt sowie die im gegenständlichen Fall in Verkehr gebrachten Produkte nach den Feststellungen eines Sachverständigen als Arzneimittel, die der Rezeptpflicht unterliegen, zu qualifizieren sind und der Beschwerdeführer andererseits – was von ihm ebenfalls nicht in Abrede gestellt wird – nicht über eine entsprechende Zulassung des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen verfügt, kann der belangten Behörde sohin nicht entgegen getreten werden, wenn sie im dennoch erfolgten Inverkehrbringen der verfahrensgegenständlichen Produkte das Vorliegen eines Verdachtes der Übertretung des ArzneiMG und des RezPflG erblickt hat.

Weil § 6 Abs. 2 RezPflG für den Fall, dass Arzneimittel außerhalb einer Apotheke zur Abgabe bereit gehalten werden, anordnet, dass diese der Strafe des Verfalls unterliegen, war die belangte Behörde somit auch berechtigt, die bereits von einem Sicherheitsorgan nach § 39 Abs. 2 VStG vorläufig beschlagnahmten Produkte nunmehr gemäß § 39 Abs. 1 VStG auch bescheidmäßig in Beschlag zu nehmen.

3.3. Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f


Rechtssatz:

 

VwSen-240710/2/Gf/Mu vom 7. Dezember 2009

§ 1 ArzneiMG; § 6 Abs. 2 RezPflG; § 39 VStG

§ 39 Abs. 1 VStG: Keine Bedenken gegen die nachträgliche bescheidmäßige Bestätigung einer vorläufigen Beschlagnahme durch ein Sicherheitsorgan gemäß § 39 Abs. 2 VStG, wenn der Bf. nicht über eine Apothekenkonzession verfügt, in seiner Wareninformation selbst darauf hinweist, dass seinem – vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen nicht zugelassenen – Produkt eine der in § 1 Abs. 1 ArzneiMG geforderten Wirkungen zukommt und zudem durch ein Sachverständigengutachten festgestellt wurde, dass dieses Produkt der Rezeptpflicht unterliegt, weil für  die Abgabe von außerhalb einer Apotheke abgegebene Arzneimittel die Strafe des Verfalls vorgesehen ist.