Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240683/11/SR/La

Linz, 26.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Urfahr-Umgebung vom 8. Juli 2009, GZ. SanRB96-6-2009, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes iVm der Trinkwasserverordnung zu Recht erkannt:

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder zum Verfahren der Behörde erster Instanz noch zum Verfahren des Unabhängigen Verwaltungssenates einen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991;


Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Urfahr-Umgebung vom 8. Juli 2009, GZ. SanRB96-6-2009, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als Betreiber der Wasserversorgungsanlage in X, X, (Vermietung) vom 31.08.2008 bis 14.01.2009 (Datum der Anzeige) verabsäumt, die zuständige Behörde (Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht) über die getroffenen bzw. geplanten Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität des abgegebenen Wassers zu informieren, da die Trinkwasseruntersuchung vom 13.06.2008, Protokoll Nr. X, des Umweltlabors X, X, ergab, dass das Trinkwasser aufgrund der hohen mikrobiologischen Verunreinigung zur Verwendung als Trinkwasser nicht geeignet war.

Weiters ergingen auch keine Informationen über mögliche Ursachen der Nichteinhaltung der mikrobiologischen Anforderungen sowie über den Inhalt sowie die Art und Weise der Verständigung der betroffenen Verbraucher.

Außerdem wurden weder Befunde noch Gutachten von Trinkwasseruntersuchungen zum Nachweis der Wiederherstellung der Trinkwasserqualität vorgelegt."

 

Der Bw habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 90 Abs. 3 Z. 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, BGBl. II Nr. 13/2006 i.d.g.F. in Verbindung mit § 5 Z. 5 der Trinkwasserverordnung, BGBl. II Nr. 304/2001 i.d.g.F., verletzt. Wegen dieser Geldstrafe wurde gegen den Bw eine Geldstrafe von 150 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Stunden, verhängt.

 

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Bw selbst zugegeben habe, durchgeführte Maßnahmen der Behörde nicht mitgeteilt zu haben. Der maßgebliche Sachverhalt sei aufgrund der Anzeige der Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen/Lebensmittelaufsicht des Amtes der Oö. Landesregierung vom 14. Jänner 2009 als erwiesen anzunehmen. Dieser sei vom Bw auch nicht bestritten worden.

 

Beim Schreiben der Lebensmittelaufsicht des Landes Oberösterreich habe es sich nicht um einen Bescheid gehandelt. Die Erlassung eines Bescheides zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sei nicht vorgesehen, da § 5 Z. 5 Trinkwasserverordnung die Pflichten des Betreibers "eindeutig normiere".

 

Die Pflichten des Betreibers seien dem Bw im "Maßnahmeschreiben" der Lebensmittelaufsicht des Landes Oberösterreich vom 30. Juni 2008 mitgeteilt worden. Unter Punkt 2 sei die Verpflichtung zur Vorlage eines schriftlichen Berichtes über mögliche Ursachen, getroffene bzw. geplante Maßnahmen etc. eindeutig festgehalten und unter Punkt 3 sei eine Kontrolluntersuchung gefordert worden. Mit 31. August 2008 sei auch eine Frist zur Vorlage des schriftlichen Berichtes sowie der Befunde und Gutachten über die durchgeführte Kontrolluntersuchung festgesetzt worden. Weiters sei der Bw mit Schreiben vom 1. Oktober 2008 unter Fristsetzung (10. November 2008) an die durchzuführenden Maßnahmen erinnert worden. Der Bw habe in keiner Weise reagiert und somit § 5 Z. 5 Trinkwasserverordnung übertreten. Als Betreiber der Wasserversorgungsanlage sei der Bw verpflichtet, sich über die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu informieren und dafür Sorge zu tragen, dass diese eingehalten werden. Im Hinblick auf die beiden Schreiben der Lebensmittelaufsicht des Landes Oberösterreich und die umfassende Information über die Pflichten als Betreiber sei das Verhalten des Bw als grob fahrlässig zu werten. Erschwerungsgründe seien nicht bekannt geworden. Mildernd habe sich die bisherige Unbescholtenheit ausgewirkt. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden; mangels Mitwirkung seien die persönlichen Verhältnisse geschätzt worden.

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw durch Hinterlegung am 22. Juli 2009 zugestellt worden war, richtet sich die rechtzeitig eingebrachte als "Einspruch" bezeichnete Berufung.

 

In seinem Rechtsmittel führt der Bw wie folgt aus:

"Mir wird vorgeworfen, die zuständige Behörde nicht über die getroffenen bzw. geplanten Maßnahmen zur Wiederherstellung der Trinkwasserqualität informiert zu haben, da eine Trinkwasseruntersuchung ergeben hätte, das dieses nicht als Trinkwasser geeignet wäre. Sie verweisen auf § 5 Z. 5 der Trinkwasserverordnung wonach ich das nach Feststellung der Behörde unverzüglich tun hätte müssen.

  1. Sie bestreiten jedoch nicht, dass das Schreiben der Lebensmittelbehörde nicht als Bescheid zu werten war. Daher konnte und kann ich nach wie vor nicht von einer solchen Feststellung ausgehen. Denn gegen eine behördliche Feststellung muss es in einem Rechtsstaat ein Einspruchsrecht geben. Dies ist nur durch eine bescheidmäßige Feststellung gewährleistet.
  2. Davon unabhängig werden laufend Maßnahmen getätigt und die im Bescheid genannte Behörde informiert, wie der durch Vertreter der Behörde vorgenommene Ortsaugenschein vom 25. Mai 2009 zeigt. Daher trifft auch der Vorwurf ich hätte `in keiner Weise reagiert´ zu haben nicht zu. Vielmehr habe ich von der Behörde bisher kein Protokoll dieses Ortsaugenscheins erhalten.
  3. Auf eine bloße `Information bzw. Erinnerung´ zu reagieren, ist nicht geboten. Aus diesen Gründen habe ich gegen kein Verbot verstoßen, noch ein Gebot nicht befolgt, daher auch nicht fahrlässig gehandelt. Die Annahme der Behörde ist daher unbegründet.

 

Erschließbar wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 5. August 2009 hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung den Verwaltungsstrafakt SanRB96-6-2009 vorgelegt. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Vorlageakt und ergänzende Erhebungen vorgenommen.

 

3.1.1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Hinterlegung (10.07.09) des Straferkenntnisses und jenen der postalischen Aufgabe des Rechtsmittels (Poststempel: 30.07.09, 4040 Linz Donau) ging der Oö. Verwaltungssenat auf Grund der Aktenlage vorerst von einer verspäteten Rechtsmitteleinbringung aus. Im Ermittlungsverfahren konnte der Bw glaubhaft und durch Beweismittel untermauert nachweisen, dass er zum Zeitpunkt der Hinterlegung des Dokumentes ortsabwesend war und erst am 21. Juli 2009 an die Abgabestelle zurückgekehrt ist. Gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG ist daher von einer Zustellung des Straferkenntnisses am 22. Juli 2009 auszugehen. Wie die ergänzenden Erhebungen beim zuständigen Postamt ergeben haben, hat der Bw das Dokument am 22. Juli 2009 persönlich abgeholt. Das am 30. Juli 2009 der Post zur Beförderung übergebene Rechtsmittel ist daher als rechtzeitig zu beurteilen.

 

3.1.2. Über telefonisches Ersuchen übermittelte die belangte Behörde mit Schreiben vom 3. November 2009 das in der Berufung angesprochene Protokoll (Niederschrift vom 25. Mai 2009, Wa01-80-2008 – wasserrechtliche mündliche Verhandlung zur amtswegigen Überprüfung einer Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage für die Anwesen X, X und X, Markgemeinde X).

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat Oö. geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

3.2.1. Am 13. Juni 2008 übermittelte das Umweltlabor X, X, X, dem Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Lebensmittelaufsicht, auf elektronischem Weg das Trinkwassergutachten, Protokollnummer X, betreffend X, X, X, X, Wasserversorgungsanlage "ID X X, Fleischverarbeitung, Bezirk: X, Gemeinde X, verteilte Wassermenge: 4.000 m3/Tag, Anzahl der versorgten Personen: 7". Seite 1 und 2 von 196 übermittelten Seiten liegen im Verwaltungsstrafakt ein. Im übermittelten Gutachten kommt X zum Ergebnis, dass das Wasser der genannten Wasserversorgungsanlage "zur Verwendung als Trinkwasser nicht geeignet ist".

3.2.2. Mit Schreiben vom 30. Juni 2008 teilte das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Lebensmittelaufsicht, X mit, dass das Wasser der Wasserversorgungsanlage Anlagen-ID X X, X und X als Trinkwasser nicht geeignet ist. Nach Wiedergabe des § 5 Z. 5 Trinkwasserverordnung wurde X vorgehalten, dass er bis zum heutigen Tag keine Befunde und Gutachten von Trinkwasseruntersuchungen vorgelegt habe, die die Wiederherstellung der einwandfreien Trinkwasserqualität belege. Es würden auch keine Informationen darüber vorliegen, welche Maßnahmen bisher getroffen worden sind.

 

Im Anschluss an diese "Feststellungen" erging ("im Auftrag für den Landeshauptmann") gegenüber X die Anordnung folgender Maßnahmen zur Mängelbehebung bzw. Risikominderung im Sinne von § 39 LMSVG:

"1.

-                    Das Wasser darf nur in verlässlich desinfiziertem Zustand (z.B. Behandlungsverfahren durch den Verbraucher – Kochen bei Siedetemperatur, die zumindest drei Minuten gehalten werden muss) für Trinkwasserzwecke verwendet werden; hiervon sind die betroffenen Verbraucher nachweislich in Kenntnis zu setzen.

-                    Dies gilt auch für Mischgetränke (z.B. Apfelsaft mit Leitungswasser), Kaffee oder Tee. Zum Reinigen von Lebensmittel (Salatwaschen) bzw. Reinigen von Geräten, die für die Herstellung oder Zubereitung von Lebensmitteln verwendet werden, darf ebenfalls nur Wasser im abgekochten Zustand verwendet werden. Weitere Informationen finden Sie in den beigelegten Informationsblättern.

-                    Die Wasserversorgungsanlage ist technisch zu überprüfen und gegebenenfalls von geschulten Personen, wie einschlägig konzessionierten Betrieben, in Stand zu setzen oder zu reinigen.

-                    Es ist zu prüfen, ob die Errichtung einer Desinfektionsanlage nötig und möglich ist.

-                    Weiters ist abzuklären, ob der Anschluss an eine Ersatzwasserversorgung möglich ist.

-                    Bei Gastronomiebetrieben, öffentlichen Gebäuden o.ä., wo Gäste oder Personal eventuell dieses Wasser konsumieren oder benutzen, ist bei jedem Wasserhahn gut sichtbar ein fest haftender Hinweis "KEIN TRINKWASSER" anzubringen.

2. Es ist ein schriftlicher Befund mit folgenden Informationen der   Lebensmittelaufsicht vorzulegen:

    -         Mögliche Ursache der Nichteinhaltung der mikrobiologischen Anforderungen

    -         Getroffene bzw. geplante Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität.

    -         Angabe der zeitlichen Umsetzung der Maßnahmen bis zur Wiederherstellung der einwandfreien Trinkwasserqualität (z.B. Sanierungsmaßnahmen bis zum ...., anschließend Desinfektion, Kontrolluntersuchung und Vorlage eines Wasseruntersuchungsbefundes bis zum ...).

    -         Inhalt sowie Art und Weise der Verständigung de betroffenen Verbraucher (Nachweis über die Verständigung muss beiliegen z.B. Auszug aus der schriftlichen Mitteilung)

3.            Um die Wiederherstellung der Trinkwasserqualität nachzuweisen, ist gemäß § 7 Z. 4 der Trinkwasserverordnung eine Kontrolluntersuchung (Routinemäßige Kontrolle) durchführen zu lassen.

4.            Fristen:

              Der schriftliche Bericht sowie die Befunde und Gutachten über die durchgeführte Kontrolluntersuchung sind bis 31.08.2008 der Lebensmittelaufsicht vorzulegen.

 

Die Einhaltung der Nutzungseinschränkungen kann jederzeit durchein Lebensmittelaufsichtsorgan gemäß § 35 LMSVG überprüft werden. "

 

Das wiedergegebene Schreiben ist gleichlautend (Adressat: X) an den Bw und an X, X, X, ergangen.

 

3.2.3. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2008, GZ ESVLA-301306/20-2008-Pri, hat die Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Lebensmittelaufsicht des Amtes der Oö. Landesregierung folgendes Mahnschreiben übermittelt:

 

"M A H N U N G

Kontrolluntersuchung nicht vorgelegt

Anlagen-ID: X

Wasserversorgung X

 

Sehr geehrter Herr X!

 

Am 30.06.2008 wurden Maßnahmen zur Mängelbehebung und Risikominimierung bei Ihrer Wasserversorgungsanlage (Wasserversorgung X, Direktvermarkter (Fleisch), Gemeinde X) angeordnet.

 

Sie wurden außerdem aufgefordert, über die Durchführung der Maßnahmen schriftlich zu berichten, sowie den Erfolg der Maßnahmen durch entsprechende Kontrolluntersuchungen nachzuweisen.

 

Als Frist für die Vorlage der geforderten Unterlagen wurde der 31.8.2008 festgelegt.

 

Bis zum heutigen Tag sind allerdings keine derartigen Unterlagen eingelangt.

 

Es liegt daher eindeutig ein Verstoß gegen den § 5 der Trinkwasserverordnung – TWV (BGBl. II Nr. 304/2001 i.d.g.F.) vor.

 

Um Ihnen diesbezüglich Unannehmlichkeiten zu ersparen, geben wir Ihnen noch die Gelegenheit, binnen 3 Wochen die geforderten Belege nachzureichen.

 

Wir erwarten daher die Vorlage der geforderten Unterlagen bis spätestens: 10.11.2008"

 

Das Schreiben ist gleichlautend an den Bw und X, X, X ergangen.

 

3.2.4. Am 15. Oktober 2008 gab die Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Lebensmittelaufsicht des Amtes der Oö. Landesregierung der belangten Behörde schriftlich bekannt, dass X die Errichtung einer eigenen Wasserversorgungsanlage für die Liegenschaft X mitgeteilt habe und aus der Gemeinschaftsversorgung X (Postzahl X) kein Trinkwasser mehr bezogen werde.

 

3.2.5. Mit Schriftsatz vom 14. Jänner 2009, ESVLA-301306/27-2009-Std/Pri, übermittelte die Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Lebensmittelaufsicht des Amtes der Oö. Landesregierung der belangten Behörde eine "Anzeige wegen dem Verdacht der Übertretung der Trinkwasserordnung i.V.m.d. LMSVG" gegen die "Betreiber der Wasserversorgungsanlage X (Gemeinschaftsversorgung, Vermietung), Gemeinde X". Als Betreiber wurden der Bw und X bezeichnet. Der Sachverhalt nimmt auf ein allfälliges verwaltungsstrafrechtliches Verhalten des Bw mit keinen Wort Bezug und besteht ausschließlich aus Textbausteinen und unvollständigen Sätzen. Von der belangten Behörde wurden auf der Anzeige drei handschriftliche Vermerke vorgenommen.

 

3.2.6. Ohne weitere Ermittlungen hat die belangte Behörde gegen den Bw die Strafverfügung vom 30. März 2009, GZ SanRB96-6-2009, erlassen und dem Bw folgenden Tatvorwurf gemacht.

"Sie haben als Betreiber der Wasserversorgungsanlage in X, X (Vermietung) vom 31.08.2008 bis 14.01.2009 (Datum der Anzeige) keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität des abgegebenen Wassers ergriffen, da seit der Trinkwasseruntersuchung vom 13.06.2008, Protokoll Nr. X, des Umweltlabors X, X, worin das Trinkwasser nicht geeignet beurteilt wurde, keine Befunde und Gutachten von Trinkwasseruntersuchungen vorgelegt. Es wurden auch keine Informationen darüber vorgelegt, welche Maßnahmen bisher getroffen wurden.

 

Der Betreiber einer Wasserversorgungsanlage hat, soweit bei Untersuchungen die Nichteinhaltung der mikrobiologischen Anforderungen festgestellt wurde, unverzüglich Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität des abgegebenen Wassers zu ergreifen, um spätestens innerhalb von 30 Tagen den Parameterwerten zu entsprechen."

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde gegen den Bw eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro verhängt.

 

3.2.7. Innerhalb offener Frist hat der Bw Einspruch dagegen erhoben und diesen wie folgt begründet:

"Mir wird vorgeworfen in der Zeit vom 31.8.2008 bis 14.1.2009 `keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität des abgegebenen Wasser ergriffen´ zu haben, was sich auf eine Trinkwasseruntersuchung vom 13.6.2008 bezieht.

Von dieser Untersuchung habe ich zwar durch das Amt der Oö. Landesregierung erfahren (Brief vom 30. Juni 2008), die Rechtswirksamkeit der dort geäußerten Aufforderungen wurde jedoch nicht klar gemacht. Insbesondere ist keine Rechtsmittelbelehrung angegeben, weswegen ich dies nicht als rechtswirksamen Bescheid interpretieren konnte. Dies ist aber wesentlich, weil

1. Laufend Maßnahmen zur Erreichung der Trinkwasserqualität vorgenommen werden, dies aber aus oben genannten Gründen der Behörde nicht laufend mitgeteilt wird.

2. Diese Maßnahmen nicht innerhalb von 30 Tagen abschließbar sind.

3. Während die Trinkwasserqualität nicht erreicht wird, das Wasser auch nicht als Trinkwasser genutzt wird, weder von mir noch von den Mietern.

4. In dem Schreiben der Landesregierung ein schriftlicher Bericht von mir an die Lebensmittelaufsicht gefordert wird, wonach von mir `Direktvermarktung (Fleisch)´angenommen wird, was nicht zutrifft.

Die Grundlagen der Strafverfügung sind daher nicht vorhanden."

 

3.2.8. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 20. April 2009, SanRB96-6-2009, wurde der Bw zur Bekanntgabe seiner persönlichen Verhältnisse aufgefordert. Sollte er dem binnen der festgesetzten Frist nicht nachkommen, werde von einem monatlichen Einkommen in der Höhe von 2.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

 

3.2.9. Ohne sich mit den Einspruchsangaben auseinanderzusetzen hat die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

3.3. Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenvorlage, den Eingaben des Bw, den ergänzenden Erhebungen und wird im Wesentlichen nicht in Frage gestellt.  

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Wer gemäß § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 7 oder 8, 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs. 2 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Nach § 5 Z. 5 Trinkwasserverordnung hat der Betreiber einer Wasser-versorgungsanlage soweit bei Untersuchungen gemäß den Z 2 und 3 die Nichteinhaltung der mikrobiologischen oder chemischen Anforderungen gemäß Anhang I Teil A und B festgestellt wurde, unverzüglich

– Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität des abgegebenen Wassers zu ergreifen, um spätestens innerhalb von 30 Tagen den Parameterwerten zu entsprechen

– die Abnehmer über den (die) betreffenden Parameter sowie den dazugehörigen Parameterwert gemäß Anhang I Teil A und B zu informieren und auf etwaige Vorsichtsmaßnahmen (zB Nutzungsbeschränkungen für das Wasser oder bestimmte Behandlungsverfahren wie zB bei Nichteinhaltung der mikrobiologischen Anforderungen das Kochen bei Siedetemperatur, die zumindest drei Minuten gehalten werden muss) hinzuweisen. Weiters sind die Abnehmer darauf hinzuweisen, dass diese Informationen allen Verbrauchern (zB durch Aushang im Gebäude) in geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen sind

– die zuständige Behörde zu informieren und ihr alle erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.

 

4.2.1 Gemäß § 44a  Z. 1 VStG hat der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. (Siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969).

 

Ziffer 1 stellt somit klar, dass der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt mit allen rechtserheblichen Merkmalen konkretisiert umschrieben werden muss.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z.1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1996, 1522f).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl. allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl. VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs. 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl. u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl. VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

4.2.2. Die Tatanlastung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird diesen Erfordernissen nicht gerecht.

 

§ 5 Z. 5 der Trinkwasserverordnung verpflichtet den Betreiber einer Wasserversorgungsanlage für den Fall, dass bei Untersuchungen gemäß § 5 Z. 2 und 3 Trinkwasserverordnung die Nichteinhaltung der mikrobiologischen oder chemischen Anforderungen gemäß Anhang 1 Teil A und B festgestellt wurde, zu bestimmten Handlungen und zur Weitergabe bestimmter Informationen an die Abnehmer und die zuständige Behörde.

 

Im vorliegenden Fall wurde ausdrücklich X (und nicht der Bw) vom Ergebnis der Kontrolluntersuchung in Kenntnis gesetzt, Maßnahmen gemäß § 39 LMSVG ausschließlich gegenüber X angeordnet und im Mahnschreiben von "seiner Wasserversorgungsanlage" gesprochen. Dem Bw wurden wie dem weiteren Betreiber diese Schreiben zwar "gleichlautend" übermittelt, Adressat der "Anordnungen" und Fristsetzungen war in jedem dieser Fälle X. Laut Aktenlage wurde dem Bw auch das Trinkwassergutachten vom 13. Juni 2008 nicht übermittelt. Das Ergebnis der Trinkwasseruntersuchung konnte er nur auf Grund der Ausführungen im Schreiben an X erschließen.

 

Erstmals in der Anzeige vom 14. Jänner 2009 scheinen (und nun nur mehr) der Bw und ein weiterer Beschuldigter als (alleinige) Betreiber auf. Abgesehen vom Hinweis auf die übertretene Norm in der Einleitung der Anzeige lässt sich aus dem "Sachverhalt" mangels fall- und personenbezogener Angaben nicht einmal ansatzweise eine Verwaltungsübertretung des Bw ableiten.

 

Ohne weitere Ermittlungen vorzunehmen und ohne sich mit den Einspruchsangaben auseinanderzusetzen warf die belangte Behörde dem Bw vor, es "verabsäumt" zu haben, die zuständige Behörde (Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen / Lebensmittelaufsicht) "über die getroffenen bzw. geplanten Maßnahmen ..... zu informieren".

 

Damit zeigt die belangte Behörde aber kein tatbestandsmäßiges Verhalten des Bw im Sinne des § 5 Z. 5 Trinkwasserverordnung auf, sondern wirft ihm ein Unterlassen vor, dass kein strafbares Verhalten darstellt.

 

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde hat der Bw unverzüglich Maßnahmen zur Wiederherstellung der einwandfreien Qualität des abgegebenen Wassers zu "ergreifen" und nicht darüber zu informieren. Eine unverzügliche Informationspflicht der zuständigen Behörde besteht nach § 5 Z. 5 dritter Fall dann, wenn die Nichteinhaltung der mikrobiologischen oder chemischen Anforderungen gemäß Anhang A und B festgestellt wurde. Indem die belangte Behörde den ersten und den dritten Fall miteinander vermengt hat, forderte sie vom Bw Informationen ein, die er nicht zu erbringen hatte.

 

Dem Bw kann aber bei der vorliegenden Fallkonstellation auch nicht der Vorwurf gemacht werden, dass er die zuständige Behörde nicht unverzüglich informiert und ihr nicht alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt hat. In Kenntnis des Gutachtens vom 13. Juni 2008 hat die zuständige Behörde im Schreiben vom 30. Juni 2008 X von der mangelhaften Trinkwasserqualität ("zur Verwendung als Trinkwasser nicht geeignet") mitgeteilt, ihm gegenüber gemäß § 39 LMSVG Maßnahmen zur Mängelbehebung bzw. zur Risikominimierung angeordnet, und dem Bw lediglich eine gleichlautende Mehrausfertigung übermittelt. Nur erschließbar konnte somit auch der Bw Kenntnis von der Sachlage erlangen. Im Hinblick darauf, dass der Bw von der Verunreinigung des Trinkwassers von der zuständigen Behörde erfahren hat, kann ihm nicht vorgeworfen werden, er sei seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Information der zuständigen Behörde nicht nachgekommen, zumal sein Wissenstand zu diesem Zeitpunkt nicht einmal ansatzweise dem der zuständigen Behörde entsprochen hat.

 

Da die belangte Behörde ausschließlich auf die "Anzeige" abgestellt, keine weitergehenden Ermittlungen vorgenommen und sich mit dem Vorbringen im Einspruch nicht auseinandergesetzt hat, konnte sie die notwendigen Sachverhaltsfeststellungen nicht treffen. Der Vorwurf, dass der Bw seine Verpflichtungen gegenüber den Abnehmern des Trinkwassers nicht wahrgenommen habe, lässt sich aber dem Akteninhalt nicht entnehmen. Da das Vorbringen des Bw, seiner Informationsverpflichtung den Abnehmern gegenüber nachgekommen zu sein, unüberprüft und von der Behörde unwidersprochen geblieben ist, kann ihm mangelndes rechtskonformes Verhalten nicht angelastet werden.

 

Weder aus der Anzeige noch aus dem Vorlageakt lässt sich ableiten, dass der Bw keine Befunde und Gutachten von Trinkwasseruntersuchungen vorgelegt hat.

 

4.2.3. Der Bw hat die ihm angelastete Tat nicht begangen, da der verwaltungsstrafrechtliche Vorwurf in der gewählten Form, bedingt durch die Vermengung unterschiedlicher Sollensvorschriften, kein strafbares Verhalten darstellt. Abgesehen davon, dass in diesem Fall eine Neufassung des Spruches unzulässig ist, könnte selbst bei Zulässigkeit dem Bw ein derartiger Vorwurf nicht gemacht werden, da sich weder aus der "Anzeige" noch aus dem "Ermittlungsverfahren" ein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Verhalten ableiten lässt.

 

Da der Bw die ihm angelastete Tat nicht begangen hat, war das Straferkenntnis aus Anlass der Berufung aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

5. Der Bw hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

6. Ergänzend ist zum Vorbringen des Bw auszuführen, dass ihn entgegen seiner Ansicht bereits bei Vorliegen der im § 5 Z. 5 Trinkwasserverordnung beschriebenen Feststellungen die dort angeführten Verpflichtungen treffen und er ohne bescheidmäßiges behördliches Verfahren diesen nachzukommen hat.  

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Anlage

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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