Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300913/2/Fi/Wb/Ga

Linz, 01.12.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X, gegen die Ermahnung der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 17. September 2009, GZ. Pol-96-102-2009, mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und die Ermahnung bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptfrau des Bezirks Rohrbach vom 17. September  2009, GZ. Pol96-102-2009, wurde über den Berufungswerber (in der Folge kurz: Bw) eine Ermahnung ausgesprochen, weil er als verantwortlicher Halter von Pfauen beim Haus X, diese nicht so verwahrt und beaufsichtigt habe, dass es diesen nicht möglich gewesen sei, dritte Personen über das zumutbare Maß zu belästigen, da zwei Pfauenhähne am 9. Juni 2009 um 20.00 Uhr und am 10. Juni 2009 um 09.00 Uhr in den Bereich des Nachbarobjektes des X gelangt seien und dort im Garten herumgelaufen und insbesondere laut geschrien hätten. 

1.2. Gegen diese Ermahnung richtete sich die am 25. September 2009 – und somit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingelangte – als Einspruch bezeichnete – Berufung.

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw keine Geldstrafe bezahlen wolle, da es schon schwer sei, das Tierfutter von seiner Rente zu bestreiten. Im Übrigen betont der Bw sein Unverständnis über die behördliche Vorgangsweise.

Damit wird insgesamt gerade noch erkennbar die Aufhebung der Ermahnung beantragt.

2.1. Mit Schreiben vom 30. September 2009 wurde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat von der belangten Behörde zur Berufungsentscheidung vorgelegt und die Abweisung der Berufung beantragt.

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu GZ. Pol96-102-2009.

2.3. Da sich bereits aus den Akten in Verbindung mit den Parteienvorbringen der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ bzw. mit dem Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und keine Partei einen entsprechende Antrag gestellt hat, konnte gemäß  § 51 e Abs. 3 Z 1 und 3 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.5. Der UVS geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bw betreibt für den Wildpark X auf seinem Anwesen in X, seit dem Jahr 2000 die Aufzucht von Pfauen. 

Am 9. Juni 2009, um 20.00 Uhr sowie am 10. Juni 2009, um 9.00 gelangten  zwei Pfaue des Bw zum Nachbargrundstück des Anzeigers und liefen dort im Garten herum und schrien laut.

Aus dem gegenständlichen Verfahrensakt ergibt sich weiters, dass schon am 12. September 2008 eine Anzeige erstattet wurde, da Pfaue des Bw über den Zaun eines Nachbargrundstücks geflogen seien, dort Pflanzen ausgerissen und laut herumgeschrien hätten. Ein dazu eingeleitetes Verfahren wurde am 27. Oktober 2008 gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

Der Bw führte in seiner Berufung vom 21. September 2009 an, dass er die Aufzucht für den Tierpark X unentgeltlich betreibt.

2.6.  Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Berufung und wird im Übrigen auch vom Bw nicht bestritten.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 5 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz (in der Folge: Oö. PolStG)  begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden, oder gegen die auf Grund der Abs. 2 und 3 erlassenen Verordnungen oder behördlichen Anordnungen verstößt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Der Begriffsinhalt des Halters eines Tieres orientiert sich nach herrschender Meinung daran, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet. Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an (vgl. VwGH vom 30. Juli 1992, Zl. 88/17/0149).

 

Dem Bw oblag zumindest die Aufzucht, Ernährung, Unterbringung und Pflege der Pfaue auf seinem Anwesen in X (für den Wildpark X), womit die Haltereigenschaft als erfüllt anzusehen ist (vgl. auch das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich vom 28. Dezember 2000, VwSen-300321/2/Wei/Bk).

 

3.2. Aus der Anzeige der Polizeiinspektion X vom 29. Juni 2009 ergibt sich, dass sich zwei vom Bw gehaltene Pfaue am 9. Juni 2009 in den Abendstunden sowie am 10. Juni 2009 am Vormittag am Nachbargrundstück befanden und dort laut schrien, wodurch sich der Anzeiger über das zumutbare Ausmaß hinaus belästigt gefühlt hat.

 

Nach dem Willen des Landesgesetzgebers ist die unzumutbare Lärmerregung durch Haustiere wegen des Sachzusammenhanges mit der Tierhaltung als mangelhafte Verwahrung oder Beaufsichtigung iSd § 5 Abs 1 Oö. PolStG zu betrachten (vgl AB Blg 448/1995 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 2). Dafür, dass diese nicht eintritt, ist vom Halter der Tiere durch geeignete Beaufsichtigung oder Verwahrung zu sorgen.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zum Begriff der „unzumutbaren Belästigung″ ist für die Auslegung dieses Begriffes die Dauer, Häufigkeit und/oder Intensität dieser durch Tiere verursachten Einwirkungen von Bedeutung (vgl. VwGH vom 29. Jänner 2009, 2007/09/0043 betreffend Pfaue). Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa zu Entengeschnatter zur Nachtzeit ausgeführt, dass nach den Erfahrungen des täglichen Lebens dies als störend anzusehen ist (vgl VwGH vom 15. Juni 1987, 85/10/0105).

 

Im gegenständlichen Fall war das (wiederholte) Aufhalten und das Herumschreien der Pfaue auf (dem) Nachbargrundstück(en) gleichermaßen tatbestands­erfüllend, zumal der Bw auch keinen erkennbaren Versuch unternommen hat, den von den Tieren ausgehenden Belästigungen entgegen zu wirken.

 

3.3. Auch hat sich kein Ausnahmefall nach § 8 Oö. PolStG ergeben. Weder fällt die Tätigkeit des Bw – zumindest gegenwärtig – unter den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1994 (der Bw beabsichtigt eigenen Angaben zufolge keinen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen) noch handelt es sich – zum jetzigen Zeitpunkt – um eine Tierhaltung im Rahmen der ortsüblichen land- und forstwirtschaftlichen Produktion. Selbst wenn man die Aufzucht von Pfauen als land- oder forstwirtschaftliche Produktion verstehen möchte, fehlt es an der für den Ausnahmetatbestand erforderlichen Ortsüblichkeit.

 

Im Ergebnis hat es daher der Bw als Halter gemäß § 5 Abs 1 Oö. PolStG objektiv zu verantworten, dass die Pfaue im Nachbargarten durch Herumlaufen und fortgesetztes Schreien erheblichen Lärm erregten und dadurch dritte Personen unzumutbar belästigten.

 

3.4. Gemäß § 10 Abs. 2 lit. b Oö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen nach
§ 5 leg.cit. mit einer Geldstrafe bis 1.450 Euro, zu bestrafen.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist.

 

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Im Hinblick auf das auch subjektiv rechtswidrige Verhalten des Bw hat die belangte Behörde mit der von ihr erteilten Ermahnung ohnehin die Besonderheiten des Einzelfalls - für den Bw günstig – berücksichtigt und abwägend entschieden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 64 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtig­ten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Ein­gabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 


Rechtssatz:

VwSen-300913/2 vom 26. November 2009

 

(Oö. PolStG § 5 Abs. 1, 2 und 3, § 8)

 

Eine unzumutbare Lärmerregung durch Haustiere wegen des Sachzusammenhanges mit der Tierhaltung ist als mangelhafte Verwahrung oder Beaufsichtigung zu betrachten.

 

Eine Aufzucht von Pfauen für einen Tierpark ist (noch) nicht als landwirtschaftliche Produktion anzusehen.