Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252279/7/Py/Hu

Linz, 16.12.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die auf die Strafhöhe eingeschränkte Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 29. Juli 2009, GZ: Sich96-183-2007, wegen Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben und die Höhe der verhängten Geldstrafen auf je 500 Euro (insgesamt somit 1.000 Euro) die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 34 Stunden herabgesetzt.

 

II.     Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde verringert sich auf 100 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 29. Juli 2009, GZ: Sich96-183-2007, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl.Nr. 218/1975 idgF zwei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 135 Stunden verhängt.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 200 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben am 10.05.2007 um 9.40 Uhr die polnischen Staatsbürger Herrn x, geb. x, und Herrn x, geb. x, auf Ihrer Baustelle in x mit der Montage von Rigipsplatten an die Mauer beim Gasthof x unberechtigt beschäftigt, da weder Ihnen für diese Beschäftigung eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, noch der Beschäftigt selbst eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besaß."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass der festgestellte Sachverhalt vom Bw grundsätzlich nicht geleugnet wurde. Für die Beurteilung des vorliegenden Beschäftigungsverhältnisses und damit für die Bewilligungspflicht nach dem AuslBG sei - unabhängig davon, ob Gewerbescheine vorliegen oder nicht - der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform zu beurteilen. Aufgrund des erhobenen Sachverhaltes sei im vorliegenden Fall von einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass als strafmildernd die Unbescholtenheit des Bw gewertet werde, straferschwerende Umstände würden nicht vorliegen.

 

2. Dagegen wurde vom Bw mit Schreiben vom 23. September 2009 Berufung erhoben und vorgebracht, dass die beiden polnischen Staatsangehörigen dem Bw von einem Bekannten empfohlen worden seien und sich der Bw vor Aufnahme der Tätigkeit deren Gewerbescheine zeigen ließ. Auch seien dem Bw von den Ausländern Rechnungen gelegt worden, weshalb er immer davon ausgegangen sei, dass sein Vorgehen rechtmäßig ist.

 

3. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist dieser durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Dem Finanzamt Braunau Ried Schärding wurde mit Schreiben vom 10. November 2009 als am Verfahren beteiligte Organpartei im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit gegeben, zu den Berufungsausführungen Stellung zu nehmen. Die dazu mit Schreiben vom 23. November 2009 übermittelte Stellungnahme wurde dem Berufungswerber mit Schreiben vom 26. November 2009 zur Kenntnis gebracht. Am 4. Dezember 2009 teilte der Bw dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates in einem Telefonat mit, dass das Tätigwerden der beiden Ausländer unter den von der belangten Behörde angeführten Umständen grundsätzlich nicht bestritten werde und sich die Berufung auf die verhängte Strafhöhe beziehe.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

5.2. Von der Erstbehörde wurde über den Bw die im Gesetz vorgesehene Mindeststrafe verhängt und ausgeführt, dass als strafmildernd dessen Unbescholtenheit gewertet werde. Im Rahmen des Berufungsverfahrens traten jedoch weitere Milderungsgründe zutage, die zu einem Überwiegen der Milderungsgründe führen und somit eine Anwendung des § 20 VStG im gegenständlichen Verfahren rechtfertigen.

 

So ist neben der bereits von der belangten Behörde gewerteten Unbescholtenheit des Bw auch die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens als strafmildernd zu werten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates 2 ½ Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Zudem ist dem Bw als Verschuldensform leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen und wird ihm im angefochtenen Straferkenntnis nur ein kurzer Tatzeitraum zur Last gelegt. Auch wirkte der Bw an der Aufklärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mit und setzte keine Verschleierungshandlungen, ein Umstand, der ihm im Rahmen der Strafbemessung ebenfalls zugute zu halten ist.

 

Da auch im Berufungsverfahren keine Erschwerungsgründe zutage traten konnten unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung des § 20 VStG die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen entsprechend herabgesetzt werden. Eine Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe) war jedoch nicht möglich, da die dafür im Gesetz erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist mit den nunmehr verhängten Strafen eine ausreichende Sanktion gesetzt, um den Bw die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

 

6. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Andrea Panny