Linz, 28.12.2009
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des x, x, vertreten durch Rechtsanwalt x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 31. März 2009, Zl. BauR96-64-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.
Rechtsgrundlagen:
zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24, 44a, 45 Abs. 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen x am 13. September 2008, 15.40 Uhr, die mautpflichtige A1 Westautobahn, Richtungsfahrbahn Salzburg, von Strkm 180,500 bis Strkm 183,000, Gemeinde Allhaming, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Kfz keine Mautvignette angebracht gewesen.
2. In der Berufung wird Folgendes vorgebracht:
3. Aus dem Akt ist ersichtlich:
Dem Akt liegt eine Anzeige der Autobahninspektion x vom 15. September 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine Mautvignette angebracht gewesen. Als Tatort wurde Folgendes angegeben: "Allhaming, Autobahn-Freiland, A1, km 182.500, Richtungsfahrbahn Salzburg, km 183,00, Rampe1, km 0,639".
Lt. Anzeige seien die Beamten RI x und Insp. x der Streife x dem oben angeführten Pkw auf der A1 Westautobahn, Richtungsfahrbahn Salzburg von Strkm 180,500 bis zur Ausfahrt Allhaming nachgefahren. Beim oben angeführten Tatort, STOP Tafel der Rampe, Kreuzungsbereich Weißkirchner Landesstraße, haben die Beamten festgestellt, dass keine Vignette am Pkw angebracht gewesen sei. Noch bevor dem Lenker das Anhaltezeichen gegeben werden konnte, habe dieser die Fahrt auf der Weißkirchner Landesstraße, Richtung Marchtrenk, fortgesetzt. Aus Gründen der Eigen- und Verkehrssicherheit seien die Beamten dem Pkw nachgefahren und haben diesen bei Strkm 4,820 angehalten. Der Lenker habe, angesprochen auf das Fehlen einer gültigen Autobahnvignette, angegeben: "Ich hatte eine Vignette am Pkw angebracht, die habe ich am Parkplatz heruntergelöst."
Nach Strafverfügung vom 1. Oktober 2008 bestritt der Bw die ihm zur Last gelegte Tat. In der Strafverfügung (als Verfolgungshandlung) wurde als Tatort angegeben: "Gemeinde Allhaming, A1 bei km 182.500, A1 Westautobahn, Richtungsfahrbahn Salzburg, Strkm 183,00, Rampe1, Km 0,639".
Der Stellungnahme des Bw vom 20. Jänner 2009 ist zu entnehmen, dass er derzeit über kein Einkommen verfüge, ein Einfamilienhaus, welches mit Verbindlichkeiten in Höhe des Wertes belastet sei, besitze und keine Sorgepflichten habe. Der Bw bestritt die ihm zur Last gelegte Tat und beantragte die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.
Mit Schreiben vom 24. Februar 2009 brachte der Bw vor, dass er, wie bereits gegenüber dem Meldungsleger angegeben habe, beim Befahren einer mautpflichtigen Bundesstraße sehr wohl eine Vignette angebracht gehabt hätte. Er hätte diese jedoch im Bereich des Parkplatzes Allhaming heruntergelöst, zumal diese ohnehin nicht weiter benötigt worden wäre (10-Tages-Vignette). Aus diesem Grunde sei dann auch bei der Anhaltung durch die Meldungsleger auf der Weißkirchner Landesstraße keine Vignette mehr am Pkw angebracht gewesen, wobei dort auch keine zeitabhängige Mautpflicht bestehen würde. Der Bw beantragte die zeugenschaftliche Einvernahme der Meldungsleger.
Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:
Der Einwand des Bw in der Berufung, dass die Strafverfügung (als Verfolgungshandlung) einen vom Straferkenntnis unterschiedlichen Tatort angibt, entspricht den Tatsachen. So bietet die Strafverfügung insgesamt drei unterschiedliche Tatorte an: "A1 bei km 182.500, A1 Westautobahn, Richtungsfahrbahn Salzburg, Strkm 183,00, Rampe1, Km 0,639", wobei sich die Tatortangabe im angefochtenen Straferkenntnis hinsichtlich der Kilometrierung auf "Strkm 180,500 bis Strkm 183,000" beschränkt.
Die "Standardformel" der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besagt hinsichtlich den Sprucherfordernissen des § 44a VStG, dass der Bestrafte mit der Formulierung des Tatvorwurfes in die Lage versetzt werden muss, um auf diesen konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anbieten zu können und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Diese Anforderungen werden hinsichtlich der Bezeichnung des Tatortes nicht erfüllt: Es bleibt (auch in der Strafverfügung als Verfolgungshandlung) offen, ob der Bw die Verwaltungsübertretung innerhalb der Strkm 180,500 und 183,000 oder auf der "Rampe" (Abfahrt von der Autobahn) bei km 0,639 begangen hat. Dies ist insofern von Bedeutung, als der Bw in seiner Rechtfertigung angibt, während der Abfahrt von der Autobahn die Vignette von der Windschutzscheibe entfernt und weggeworfen zu haben. Somit ist unklar, auf welchen Tatort (insbesondere in der verfolgungsverjährungsunter-brechenden Strafverfügung) sich die vorgeworfene Verwaltungsübertretung bezieht.
Schon aus Gründen der Rechtssicherheit und eines geordneten Gesetzesvollzuges wird man davon auszugehen haben, dass sich die Feststellung einer Verwaltungsübertretung u.a. auf den durch den Tatort definierten Tatvorwurf beziehen muss. Dieses Erfordernis wird gegenständlich nicht erfüllt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Ewald Langeder