Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164505/12/Ki/Jo

Linz, 23.12.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von X, vertreten durch Rechtsanwalt X, vom 6. Oktober 2009 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. September 2009, GZ: S-25983/09 VP, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 10. Dezember 2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.            Hinsichtlich der Punkte 1) und 2) des angefochtenen Straferkenntnis wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

       Bezüglich Punkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.        Bezüglich der Punkte 1) und 2) hat die Berufungswerberin zusätzlich zu den Verfahrenskosten I. Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von insgesamt 40 Euro, das sind jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten.

 

       Bezüglich Punkt 3) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 bzw. 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1.  Die Bundespolizeidirektion Linz hat am 22. September 2009 unter S-25983/09 VP gegen die Berufungswerberin nachstehendes Straferkenntnis erlassen:

"Tatort:            Linz, Weigunystraße, aus Richtung Wohnsiedlung kommend, im Bereich der Kreuzung Leonfeldner Straße – Weigunystraße – Linke Brückenstraße.

Tatzeit:            19.06.2009, 18:45 Uhr

Fahrzeug:         Pkw, Kz.: X

 

1)      Sie haben es als Lenker dieses Kfz unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, Ihr Fahrzeug sofort anzuhalten.

2)      Sie waren als Lenker dieses KFZ an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden beteiligt und haben somit als Person, deren Verhalten am Unfallsort mit diesem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stand, nicht sofort die nächste Sicherheitsdienststelle verständigt.

3)      Sie haben trotz des Vorschriftszeichens 'Vorrang geben' den Vorrang eines Fahrzeuges verletzt, weil dessen Lenker zu einem unvermittelten Bremsen / zum Ablenken seines Fahrzeuges genötigt wurde.

 

Verwaltungsübertretungen nach §§

 

1)      § 4/1/a StVO

2)      § 4/2 StVO

3)      § 19/7 i.V.m. § 19/4 StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in Euro        falls diese uneinbringlich ist,                Gemäß §

                                   Ersatzfreiheitsstrafe von

1) 100,--                    50 Std.                                                § 99 Abs.2 lit.a StVO

2) 100,--                    50 Std.                                                § 99 Abs.2 lit.a StVO

3) 100,--                    50 Std.                                                § 99 Abs.3 lit.a StVO

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

         30,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 15,00 angerechnet);

                     Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

330,-- Euro".

 

1.2. Die Berufungswerberin hat gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2009 Berufung erhoben, dies mit dem Antrag, der Berufung Folge zu geben und nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Beweisverfahrens und Beweisergänzung das gegen die Berufungswerberin geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit ins Treffen geführt. Im Wesentlichen werden die Kausalität im Zusammenhang mit dem Sturz des verfahrensgegenständlichen Mopedlenkers sowie auch der Umstand, dass dieser durch das Verhalten der Berufungswerberin zu unvermitteltem Abbremsen bzw. Ablenken seines Mopeds genötigt war, bestritten. Überdies wird bemängelt, dass die Erstbehörde ein mangelhaftes Beweisverfahren durchgeführt hätte.

 

2.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 13. Oktober 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle am 10. Dezember 2009. An dieser Verhandlung nahm die Berufungswerberin im Beisein ihres Rechtsvertreters teil, seitens der belangten Behörde ist – ohne Angabe von Gründen – niemand erschienen.

 

Als Zeugen wurden X, X und X einvernommen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Laut Abschlussbericht (Verkehrsunfall) der Verkehrsinspektion des Stadtpolizeikommandos Linz vom 22. Juni 2009 lenkte die Berufungswerberin am 19. Juni 2009, 18:45 Uhr, das besetzte Taxi X auf der Weigunystraße, aus Richtung Wohnsiedlung kommend, in Richtung ungeregelte und ungleichrangige Kreuzung mit der Leonfeldner Straße, die sie in gerader Richtung durchfahren wollte.

 

X lenkte sein Mofa X auf der Leonfeldner Straße, aus Richtung Kepplerstraße kommend, in Richtung Kreuzung mit der Weigunystraße, die er in gerader Richtung durchfahren wollte.

 

Weil X nach Angaben des X bei seiner Annäherung anfuhr, bremste er sein Mofa ab und stürzte auf der regennassen Fahrbahn. Am Mofa entstand leichter Sachschaden. X, die den Unfall beobachtet hatte, hielt an und sprach durch das offene rechte Seitenfenster mit X.

 

Obwohl am Mofa Sachschaden entstand und X verletzt war, setzte X, ohne die Personalien auszutauschen und ohne Erste Hilfe herbeizuholen, die Fahrt fort.

 

Zu einer Kollision oder Berührung mit dem Taxi X war es nicht gekommen.

 

In Fahrtrichtung der X ist vor der Leonfeldner Straße das Vorrangzeichen "Vorrang geben" deutlich sichtbar aufgebracht.

 

Diese Angaben in der Anzeige basieren auf Einvernahmen der Berufungswerberin, des X, des X und der X durch Organe der Verkehrsinspektion des Stadtpolizeikommandos Linz, die diesbezüglichen Niederschriften über die Vernehmungen finden sich im erstbehördlichen Verfahrensakt.

 

Laut Bericht der allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Unfallkrankenhaus Linz, vom 29. Juni 2009 wurde als Diagnose bei X "Contusio et excor. reg. gen. sin." gestellt.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz erließ gegen die Berufungswerberin zunächst wegen der Übertretungen des § 4 und in der Folge wegen einer Übertretung des § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960 Strafverfügungen (S-25983/09 VP vom 8. Juli 2009 bzw. 17. August 2009), welche jeweils beeinsprucht wurden.

 

Schließlich wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Bei ihrer Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung gab die Berufungswerberin zu Protokoll, sie sei damals mit dem verfahrensgegenständlichen Taxi unterwegs gewesen, sie habe einen  Fahrgast in der Weigunystraße abgeholt und sollte diesen über die Eisenbahnbrücke nach Linz chauffieren. Zum Vorhaltszeitpunkt habe nicht sehr starkes Verkehrsaufkommen im Bereich der gegenständlichen Kreuzung geherrscht, es habe geregnet und sie habe das Licht eingeschaltet gehabt. Sie habe sich ganz langsam der Kreuzung genähert und freie Sicht nach links ca. 50 m in die Leonfeldner Straße gehabt. Es seien im Bereich unmittelbar vor der Kreuzung keine Fahrzeuge abgestellt gewesen, sodass die Sicht eben entsprechend gegeben gewesen sei. Sie sei zunächst mit ihrem Fahrzeug bis zum Ende des Zebrastreifens (Beginn einer Radfahrerüberfahrt) gefahren und habe dort ihr Fahrzeug angehalten und gesehen, dass sich zwei Mopedlenker, welche hintereinander gefahren sind, der Kreuzung näherten. Zu diesem Zeitpunkt seien diese ca. 70 m entfernt gewesen, beide hätten die Mitte der Fahrbahn benützt.

 

Auf Vorhalt, dass sie nach Zeugenaussagen ihr Fahrzeug etwa erst in der Mitte der Fahrbahn im Bereich der Kreuzung angehalten hätte, erklärte sie, dass dies nicht der Fall war. Sie habe angehalten und die beiden Mopedfahrer passieren lassen. Sie habe dann beobachten können, wie der zweite Mopedlenker zu Sturz kam, wobei sie feststellen konnte, dass ihm das vordere Rad vermutlich wegen eines Bremsmanövers "in die Höhe gegangen ist". Dieser Sturz habe sich unmittelbar vor dem über die Leonfeldner Straße führenden Schutzweg bei  Beginn des Hauses Leonfeldner Straße Nr. X ereignet. Zu diesem Zeitpunkt sei vor dem Schutzweg eine männliche Person gestanden, welche offensichtlich überqueren wollte, offensichtlich wollte dieser jedoch zunächst den Mopedfahrer den Schutzweg überqueren lassen. Der gestürzte Mopedfahrer sei unmittelbar daraufhin aufgestanden und sie sei etwas nach rechts in die Leonfeldner Straße gefahren, habe ihr Fahrzeug angehalten, das rechte Seitenfenster herabgelassen und den gestürzten Mopedlenker befragt, ob er sich weh getan habe bzw. ob er Hilfe brauche. Der Mopedfahrer habe dagegen erwidert, dass er keine Hilfe benötige und habe mit dem Fuß gegen die Stange eines Verkehrszeichens im Bereich des Schutzweges gestoßen. Nachdem sie sich in keinster Weise an den Vorfall schuldig gefühlt habe bzw. dass sie nicht daran gedacht habe, dass sie einen Verkehrsunfall verursacht haben könnte, sei sie daraufhin weitergefahren.

 

Bezüglich vorgeworfener Tatzeit erklärte sie, dass 18.45 Uhr nicht stimme, sie habe ihren Fahrgast um ca. 17.00 Uhr abgeholt, der Vorfall habe sich ca. 17.15 Uhr ereignet. In diesem Zusammenhang gab sie auf Vorhalt, dass sie in der Niederschrift beim Verkehrsunfallkommando angegeben hätte, 17.45 Uhr, dass sie die Niederschrift so wie sie geschrieben wurde, unterschrieben habe.

 

Bezüglich eingehaltener Geschwindigkeit der Mopedlenker erklärte sie, dass ihrem Gefühl nach diese ca. 60 bis 70 km/h betragen hat, jedenfalls seien sie ihres Erachtens für die örtlichen Verhältnisse zu schnell unterwegs gewesen.

 

Die Aussage hinsichtlich Anhalten vor der Kreuzung sei aus Sicht ihrer Sitzposition zu verstehen. Die Fahrzeugvorderfront sei etwa im Bereich Höhe der in der Leonfeldner Straße geparkten Autos (Fluchtlinie) gewesen. Sie habe ihr Fahrzeug erst dann wieder in Bewegung gesetzt, als der Mopedfahrer bereits zu Sturz gekommen war.

 

Die Zeugin Frau X gab zu Protokoll, dass sie sich damals mit dem Taxi von der Berufungswerberin abholen ließ. Sie sei öfters mit dem Taxi gefahren, könne sich aber noch erinnern, dass bei der gegenständlichen Fahrt im Bereich Leonfeldner Straße/Weigunystraße ein Mopedfahrer zu Sturz gekommen sei. Sie sei glaublich von der Taxilenkerin um 18.00 Uhr abgeholt worden, es könne auch zutreffen, dass es um 17.00 Uhr gewesen sei. Sie sei in ihren Gedanken im Spital gewesen und habe im Bereich der Kreuzung nur nach rechts geschaut, weil grundsätzlich die Taxilenker sie über die Leonfeldner Straße und Nibelungenbrücke in die Stadt gefahren haben. Vom links ankommenden Verkehr habe sie überhaupt nichts gesehen.

 

Sie könne sich nicht mehr exakt erinnern, vermeine jedoch, dass aus ihrer Sitzposition gesehen, die Taxilenkerin ihr Fahrzeug ca. 20 bis 30 cm nach den Markierungen der Radfahrüberfahrt in Richtung Kreuzung zum Stillstand gebracht hat. Plötzlich habe sie dann gesehen, dass jemand beim Zebrastreifen liegt, offensichtlich habe es sich um den gestürzten Mopedlenker gehandelt. Dieser sei aufgestanden, habe sein Moped genommen und an den Fahrbahnrand gestellt und habe gegen die Stange eines Verkehrszeichens eingedroschen.

 

Ob die Taxilenkerin mit dem Mopedlenker gesprochen habe, daran könne sie sich nicht erinnern, sie seien dann weiter gefahren. Es könne aber durchaus möglich sein, dass die Taxilenkerin das Fenster öffnete und mit dem Mopedlenker gesprochen habe, jedenfalls könne sie sich nicht erinnern, was gesprochen wurde.

 

Das Taxi sei durchgehend stehen geblieben bis zum Sturz des Mopedlenkers, es sei nicht zwischendurch einmal kurz angefahren. Eine Verletzung beim gestürzten Mopedlenker habe sie nicht sehen können.

 

X gab bei seiner zeugenschaftlichen Befragung an, dass er sich noch erinnern könne, es habe ziemlich stark geregnet. An die Uhrzeit könne er sich nicht genau erinnern, es sei ca. 18.00 Uhr abends gewesen. Sie (die beiden Mopedlenker) hätten sich von der Leonfeldner Straße kommend der Kreuzung mit der Weigunystraße genähert. Er sei vorne gefahren, sie seien ca. in der Mitte des Fahrstreifens gefahren, wo sie ca. mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h unterwegs gewesen sind. X sei mit seinem Moped ca. 10 m hinter ihm gefahren. Als sie sich der Kreuzung näherten, sei die Vorderfront des Mercedes im Bereich der Kreuzung ca. 1,5 m von der Markierung der Radfahrüberfahrt entfernt gewesen, das Fahrzeug sei im Stillstand gewesen. Er habe gedacht, dass das Fahrzeug aus der Kreuzung herausfahren würde und habe deshalb ein Ausweichmanöver eingeleitet, habe aber das Taxi problemlos passieren können. Er habe geglaubt, dass die Lenkerin weiterfahren würde, tatsächlich habe sie jedoch zu dem Zeitpunkt als er ausgewichen sei, das Fahrzeug noch angehalten gehabt. Vom Sturz selbst habe er nichts mitbekommen, X habe ihm dann am Telefon den Vorfall erklärt, auch dass ihm der Fuß so weh tue. X habe ihm erklärt, dass die Taxifahrerin das Fenster heruntergelassen und ihm erklärt hätte, dass sie nicht schuld sei und dann weitergefahren sei. Im Bereich der Leonfeldner Straße unmittelbar vor dem Schutzweg seien keine Fahrzeuge abgestellt gewesen. Als er das Taxi zum ersten Mal gesehen habe, habe er sich ca. 50 m vor der Weigunystraße in Fahrtrichtung stadteinwärts befunden. Er habe zunächst sein Moped etwas nach rechts gelenkt und in der Folge wegen der Position des Taxis wieder nach links ausweichen müssen.

 

X gab bei seiner Befragung an, er könne sich an den Vorfall noch erinnern, es sei auch ein Schadenersatzverfahren vor einem Zivilgericht anhängig. Es sei festgestellt worden, dass bei seinem Moped ein Schaden von 1.300 Euro entstanden sei, außerdem habe er eine Prellung am linken Knie erlitten und deswegen ca. eine Woche nicht "gescheit gehen" können.

 

Er habe sich damals mit seinem Moped von der Leonfeldner Straße kommend der Kreuzung Leonfeldner Straße/Weigunystraße genähert. Die Geschwindigkeit habe ca. 50 bis 52 km/h betragen, sein Freund sei ca. 10 m vor ihm gefahren. Sie hätten auf der Fahrbahn eher die Mitte benützt. Er habe sich ca. 50 m von der Kreuzung entfernt befunden, als er das Taxi in der Weigunystraße bemerkte. Zu diesem Zeitpunkt sei das Taxifahrzeug mit der Front eher im Bereich des Radfahrstreifens über die Weigunystraße gestanden. Als er ca. 10 m vor der Kreuzung entfernt gewesen sei, sei die Frau, ohne dass sie in seine Richtung geschaut habe, wieder angefahren, er habe aus diesem Grunde ausweichen wollen und auch gleichzeitig gebremst. Er sei deshalb zu Sturz gekommen. Die Taxilenkerin habe daraufhin nach dem Sturz das rechte Seitenfenster ihres Fahrzeuges geöffnet. Sie habe ihm gegenüber erwähnt, was das solle und erklärt, dass sie nicht Schuld habe. Sie sei dann weitergefahren.

 

Er habe sich eben geschreckt, weil die Dame ihn offensichtlich nicht gesehen habe und es wäre zu einem Zusammenstoß gekommen, wenn er weitergefahren wäre. Der Vorfall habe sich um ca. 17.00 Uhr ereignet, er gestand jedoch zu, dass es auch stimmen könne, er habe sich um 18.45 Uhr ereignet.

 

Er sei noch vor dem Passieren des Taxis zu Sturz gekommen und sei dann weitergerutscht und im Bereich des Schutzweges liegen geblieben.

2.6. Der vorliegende Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen sowie als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 10. Dezember 2009.

 

In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass den einvernommenen Personen keine vorsätzliche falsche Angabe unterstellt werden kann. Dennoch erachtet jedoch das erkennende Mitglied, dass die Angaben des X im Zusammenhang mit der vorgeworfenen Vorrangverletzung nicht unwiderlegbar sind. Es mag wohl zutreffen, dass er subjektiv der Auffassung war, die Taxilenkerin könne bevor er diese passiert hat, noch weiterfahren und er sich somit zu einem Abbrems- bzw. Ausweichmanöver entschlossen hat, seiner Angabe stehen jedoch die Aussagen der Zeugin X bzw. des Zeugen X entgegen, aus welchen eher abzuleiten ist, dass das Taxifahrzeug vor dem Sturz nicht bewegt wurde. Es mag zwar zutreffen, dass die Berufungswerberin in Anbetracht der Gesamtsituation ein Stück in die Kreuzung eingefahren ist, daraus aber eine Vorrangverletzung derart, dass der sich im Querverkehr befindliche Lenker zu einem unvermittelten Ablenken oder Abbremsen seines Fahrzeuges genötigt wird, abzuleiten, kann nicht nachvollzogen werden.

 

Was das Verhalten der Berufungswerberin nach dem Sturz des Mopedlenkers anbelangt, so bleibt jedenfalls unbestritten, dass sie – kurzfristig – angehalten und das Seitenfenster geöffnet hat bzw. sie mit dem gestürzten Mopedlenker kommuniziert hat, wobei letztlich dahingestellt werden kann, in welchem Ausmaß diese Konversation geführt wurde. Dass der gestürzte Mopedlenker durch diesen Vorfall eine Verletzung davongetragen hat, ist aktenkundig und es ist weiters erwiesen, dass die Berufungswerberin keine weiteren Veranlassungen getroffen hat, sondern ihre Fahrt fortsetzte.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen, zu bestrafen, der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs.1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt.

 

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

 

Gemäß § 4 Abs.2 StVO 1960 haben die im Abs.1 genannten Personen, sind bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, Hilfe zu leisten; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizeidienststelle sofort zu verständigen.

 

Zunächst wird festgestellt, dass unbestritten der Lenker des Mopeds, X, im Bereich des vorgeworfenen Tatortes zu Sturz kam und er sich bei diesem Sturz auch verletzt hat. Hinsichtlich der Tatzeit wird davon ausgegangen, dass die in der Anzeige festgestellte der Richtigkeit entspricht.

 

Grundsätzlich wird weiters festgestellt, dass die Bestimmungen des § 4 sich nicht nur auf Personen, die den Unfall verschuldet oder mitverschuldet haben bezieht, sondern auch auf jene Personen, deren Verhalten mit einem Verkehrsunfall im Zusammenhang steht. Mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht auf jeden Fall das Verhalten des davon unmittelbar betroffenen Fahrzeuglenkers, aber auch Personen, die vom Unfall nicht unmittelbar betroffen sind, können mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, nämlich dann, wenn sie den unmittelbar Betroffenen zu einem Verhalten veranlasst haben, das schließlich zu einem Verkehrsunfall führte.

 

Als Verkehrsunfall ist jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat.

 

Im gegenständlichen Falle ereignete sich der Vorfall auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass, wenn es auch zu keiner unmittelbaren Kollision zwischen dem von der Berufungswerberin verwendeten Fahrzeug und dem Moped gekommen ist, der Mopedlenker wegen dem im Kreuzungsbereich angehaltenen Taxi ein Ausweichmanöver durchgeführt hat. Der Umstand, dass sich die Berufungswerberin mit ihrem Fahrzeug im Kreuzungsbereich befunden hat und dadurch, aus welchen Gründen immer, den Mopedlenker zum Ausweichen veranlasst hat, hat zur Folge, dass auch die Berufungswerberin ursächlich an diesem Verkehrsunfall mit Personenschaden beteiligt war und somit grundsätzlich auch von ihr die in § 4 StVO 1960 festgelegten Anordnungen zu erfüllen gewesen wären.

 

Zur Verletzung des § 4 Abs.1 lit.a wird festgestellt, dass das sofortige Anhalten den Zweck hat, dass der Lenker, nachdem er sich vom Ausmaß des Verkehrsunfalles überzeugt hat, die vorgeschriebenen Maßnahmen treffen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in mehreren Erkenntnissen ausgesprochen, dass der Lenker eines Fahrzeuges seinem Anhalteverzicht nicht schon dadurch nachkommt, dass er das Fahrzeug kurzfristig an der Unfallstelle zum Stillstand bringt, im Übrigen aber – ohne auszusteigen und ohne zwingenden Grund – mit dem Fahrzeug die Unfallstelle wieder verlässt (vgl. VwGH 12. September 1984, 83/03/0365 u.a.).

 

Die Berufungswerberin hat im vorliegenden Falle zwar, nachdem sie den Sturz des Mopedlenkers mitbekommen hat, ihr Fahrzeug kurzfristig angehalten und sie hat auch einen Gesprächskontakt mit dem unfallbeteiligten Mopedlenker aufgenommen, letztlich aber in der Folge die Unfallstelle verlassen, ohne den weiteren Verpflichtungen nachzukommen.

 

Voraussetzung für die Erfüllung der in § 4 StVO 1960 festgelegten Verpflichtungen ist der Eintritt eines Personen- oder Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind, oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles zu erkennen vermochte (vgl. VwGH 23. Mai 2002, 2001/03/0417).

 

Im vorliegenden Falle ist davon auszugehen, dass spätestens zum Zeitpunkt, als die Berufungswerberin mit dem Mopedlenker Kontakt aufnahm, sie auch hätte erkennen müssen, dass der Mopedlenker durch das Vorhandensein des von ihr gelenkten Fahrzeuges zu Sturz gekommen ist, weshalb dieses Vorhandensein eben kausal für den Verkehrsunfall war und andererseits auch, dass der gestürzte Mopedlenker Verletzungen davongetragen haben könnte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte sie auch die erforderliche Hilfe leisten müssen bzw. in der Folge sofort die nächste Polizeidienststelle zu verständigen gehabt. Die zur Last gelegten Tatbestände sind somit aus objektiver Sicht verwirklicht worden und es sind auch keine Umstände hervorgekommen, welche die Berufungswerberin in subjektiver Hinsicht entlasten würden. Die Schuldsprüche hinsichtlich der Fakten 1) und 2) sind somit zu Recht erfolgt.

 

3.1.2. Zur Strafbemessung wird festgestellt, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich zieht. Darüber hinaus sind gemäß § 19 Abs.2 VStG im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat in der Begründung zur Strafbemessung ausgeführt, dass erschwerend das Vorliegen einer einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkung zu werten war, mildernde Umstände würden keine vorliegen. Hinsichtlich Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei davon ausgegangen worden, dass die Berufungswerberin kein relevantes Vermögen besitze, keine ins Gewicht fallende Sorgepflichten habe und ein Einkommen von monatlich 700 Euro beziehe.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat stellt grundsätzlich fest, dass die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" keine Bagatelldelikte darstellen. Dementsprechend hat der Gesetzgeber einen auch erhöhten Strafrahmen vorgesehen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt die Auffassung, dass in Anbetracht der einschlägigen Vormerkung bzw. des Fehlens von Milderungsgründen bei dem vorgesehenen Strafrahmen in beiden Fakten die Erstbehörde das ihr bei der Strafbemessung eingeräumte Ermessen nicht überschritten hat, weshalb auch unter Zugrundelegung der – unbestrittenen – Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse eine Herabsetzung im Berufungsverfahren nicht in Erwägung gezogen wird.

 

Zu berücksichtigen waren bei der Strafbemessung überdies auch general- und spezialpräventive Überlegungen. Einerseits soll die Allgemeinheit durch die entsprechend strenge Bestrafung sensibilisiert werden und andererseits soll die betreffende Person vor der Begehung weiterer Verwaltungsübertretungen abgehalten werden.

 

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Dazu wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist, d.h., wenn die Übertretung nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden kann, ist das Verfahren einzustellen.

 

Wie bereits oben dargelegt wurde, kann im gegenständlichen Falle trotz Durchführung umfangreicher Ermittlungen im Berufungsverfahren nicht nachgewiesen werden, dass die Berufungswerberin durch ihr Verhalten im Bereich des vorgeworfenen Tatortes den Lenker des Mopeds tatsächlich objektiv zu unvermittelten Abbremsen oder Ablenken seines Fahrzeuges nötigte, indem sie eine Handlung iSd § 19 Abs.7 StVO 1960 (Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen) gesetzt hätte.

 

Aus diesem Grunde konnte hinsichtlich Faktum 3) der Berufung Folge gegeben werden, diesbezüglich war das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

 

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