Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522450/2/Ki/Jo

Linz, 22.12.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von X, vertreten durch X, vom 7. Dezember 2009 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 28. November 2009, GZ 09/433651, betreffend Einschränkung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben,

der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 8, 24 Abs.1 FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid vom 26. November 2009, GZ 09/433651, hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung der Berufungswerberin die Lenkberechtigung für die Klasse B, ausgestellt am 27. Juli 2005, unter folgenden Auflagen, Befristungen und Beschränkungen eingeschränkt:

 

-        Befristung bis 26. November 2010

 

-        Code 104 – Vorlage von Befunden, sie habe in 3-monatigen Intervallen aktuelle Harnbefunde auf THC einzuholen und jeweils am 26. Februar 2010, am 26. Mai 2010, am 26. August 2010 und am 26. November 2010 der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vorzulegen. Zur Nachuntersuchung in einem Jahr habe sie einen aktuellen Harnbefund auf THC beizubringen.

 

Begründet wird diese Maßnahme damit, dass aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens insbesondere eines amtsärztlichen Gutachtens vom 26. November 2009 die Behörde zum Ergebnis komme, dass die Berufungswerberin unter der/den im Spruch genannten Beschränkung/en/Bedingung/en zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich bedingt geeignet sei.

 

1.2. Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2009 erhobene Berufung, es wird beantragt den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung ersatzlos aufzuheben. Auf eine mündliche Verhandlung wurde verzichtet.

 

Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass ein einmaliger Suchtmittelmissbrauch im Jahre 2005 und vier- bis fünfmalige Suchtmittelmissbrauch im Sommer 2009 im Hinblick darauf, dass es sich bei der Berufungswerberin jedenfalls nicht um eine an Suchtmittel gewöhnte Person handelt, die Anwendung der §§ 8 und 24 FSG nicht zu rechtfertigen vermag.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 9. Dezember 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung kann entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

2.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Laut Abschlussbericht der Polizeiinspektion X vom 11. Oktober 2009 ist die Berufungswerberin nach eigenen Angaben verdächtig, von Mitte Mai 2005 bis 12. September 2009 drei bis viermal je 1 g Marihuana zum Grammpreis von 6 bis 7 Euro von unbekannten Personen im Stadtgebiet Linz angekauft und im Zimmer ihres Elternhauses in X konsumiert zu haben. Ein polizeiärztlich durchgeführter Drogentest im Harn, vermutlich am 14. September 2009, verlief jedoch negativ.

 

Am 26. November 2009 wurde die Berufungswerberin einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen und sie wurde vom Amtsarzt befristet für ein Jahr bei gleichzeitiger Erteilung einer Auflage einer dreimonatlichen Vorlage eines aktuellen Harnbefundes auf THC gemäß Code 104 zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B für geeignet befunden.  Weiters wurde vom Amtsarzt festgestellt, dass eine Nachuntersuchung mit aktuellem Harnbefund auf THC in einem Jahr erforderlich sei.

 

In der Begründung wird ausgeführt, dass aus amtsärztlicher Sicht unter Einbeziehung obigen Befundes X befristet für ein Jahr geeignet sei, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 Klasse B zu lenken. Die Befristung erkläre sich aufgrund des SM-Deliktes (mehrmaliger Cannabiskonsum im Sommer 2009, 2005 Anzeige nach dem SMG wegen Cannabiskonsum), weshalb zur weiteren Überprüfung der derzeit angegebenen und auch durch unauffällige Laborbefunde untermauerten Drogenabstinenz die dreimonatliche zu erfolgende Harnuntersuchung auf den Drogenmetabolit THC gemäß Code 104 für ein Jahr vorgeschrieben werde. Festgestellt wurde auch, dass der klinische Gesamteindruck grobklinisch unauffällig ist, weiters findet sich ein Hinweis auf einen Laborbefund (x vom 12. November 2009) wonach ein negativer Harnbefund auf THC festgestellt wurde.

 

3. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Eine der Voraussetzungen für die Erteilung bzw. den Behalt einer Lenkberechtigung bildet die gesundheitliche Eignung iSd § 8 FSG.

 

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht soweit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG ist Personen, die alkohol-, suchmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wieder zu erteilen.

 

Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung auf das oben erwähnte amtsärztliche Gutachten vom 26. November 2009.

 

Dazu stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zunächst fest, dass es, um eine bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen anzunehmen, auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsdarstellungen darüber bedarf, dass die gesundheitliche Eignung, und zwar in ausreichendem Maß, für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. Erkenntnis VwGH vom 15. September 2009, 2009/11/0084 u.a.).

 

Im zu beurteilenden amtsärztlichen Gutachten findet sich außer der Feststellung der Tatsache, dass die Berufungswerberin im Sommer 2009 bzw. 2005 mehrmals Cannabis konsumiert hatte, kein Hinweis, dass die Berufungswerberin jemals drogenabhängig gewesen wäre oder gehäuft Missbrauch betrieben hätte, von einer aktuellen Drogenabhängigkeit oder von einem aktuellen gehäuften Missbrauch ist ohnedies nicht die Rede. Auch lässt sich aus dem amtsärztlichen Gutachten in keiner Weise schlüssig ableiten, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung bestehen würde, nach deren Art und Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden müsse.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in mehreren Judikaten zur Suchgiftproblematik im Zusammenhang mit der Lenkberechtigung artikuliert und es ist im Ergebnis abzuleiten, dass ein gelegentlicher Konsum von Cannabis die gesundheitliche Eignung nicht berührt (vgl. VwGH 24. April 2001, 2000/11/0231 u.a.).

 

Im vorliegenden Falle steht zwar aufgrund eines Geständnisses der Berufungswerberin fest, dass sie, wie oben angeführt wurde, Cannabis konsumiert hatte, letztlich ist aber auch zu berücksichtigen, dass sowohl anlässlich der polizeilichen Überprüfung (siehe Abschlussbericht) als auch bei der amtsärztlichen Untersuchung nur negative Harnbefunde festgestellt werden konnten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt daher unter Berücksichtigung der konkreten Gesamtumstände die Auffassung, dass im vorliegenden Falle die Voraussetzungen für die Einschränkung der Lenkberechtigung der Berufungswerberin nicht gegeben sind und die Berufungswerberin durch die erstbehördliche Entscheidung daher in ihren Rechten verletzt wurde. Der Berufung konnte daher Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

Beschlagwortung:

Gelegentlicher Cannabiskonsum bewirkt grundsätzlich keine Verkehrsunzuverlässigkeit;