Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164549/5/Br/Th

Linz, 14.12.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RA Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 25.09.2009, Zl. VerkR96-5345-2009, am 14.12.2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung und  Einschränkung auf den Strafausspruch, zu Recht:

 

 

I.     Die Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 250 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 100 Stunden ermäßig wird.

 

II.   Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 25 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt der Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – VStG.

Zu II.: § 65  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber, wegen einer Übertretung nach § 46 Abs.4 lit.a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro und im Nichteinbringungsfall 144 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Es wurde ihm zur Last gelegt, er habe die Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung befahren, obwohl sich dies aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen nicht ergeben habe.

Tatort: Gemeinde Pichl bei Wels, Autobahn Freiland, Nr. 8 bei km 19.500, Abfahrt Pichl bei Wels in Fahrtrichtung Graz.

Tatzeit: 12.05.2009, 11:00 Uhr.

Fahrzeug: Kehnzeichen X, PKW, Mercedes Benz S 600, schwarz.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz traf nachfolgende Erwägungen:

Die vorliegende Verwaltungsübertretung wurde der Behörde mit Anzeige der Autobahnpolizeidirektion Wels (gemeint wohl: Autobahnpolizei) vom 22.6.2009, GZ AI/20595/01/2009 vorgelegt. Demnach haben Sie als Lenker des Kfz X dieses Fahrzeug am 12.5.2009 gegen 11.00 Uhr auf der A 8 Innkreis Autobahn, km 19,500, bei der Abfahrt Pichl bei Wels auf einer Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung befahren, obwohl sich dies aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen nicht ergeben hat.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde mit Strafverfügung vom 25.6.2009 eine Geldstrafe (für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe) über Sie verhängt. Dagegen haben Sie innerhalb offener Frist Einspruch erhoben. Sie erklärten, dass Sie damals die Übertretung unmittelbar bemerkt hätten und versuchten, umzudrehen. Wegen des schlechten Wetters sei die angrenzende Wiese matschig gewesen, die Reifen hatten keinen Grip mehr. Die Polizei konnte ihrer Meinung nach feststellen, dass keine Gefahr mehr für die übrigen Verkehrsteilnehmer bestanden hätte.

 

Daraufhin wurde der Meldungsleger aufgefordert, zu diesen Einspruchsangaben eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. In dieser am 10.8.2009 ausgefertigten Stellungnahme erklärte der Polizist, dass Sie den Pkw 600 Meter entgegen der Fahrtrichtung gelenkt hatten, an zwei Tafeln "STOP FALSCH" vorbeigefahren waren und erst nach 50 Metern zu wenden versuchten, was aber schließlich nicht gelungen war. Dieser Stellungnahme legte der Meldungsleger weiters eine Handskizze bei, auf welcher er das angezeigte Fahrmanöver darstellte.

 

Diese Stellungnahme samt Skizze wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit einer abschließenden Stellungnahme dazu eingeräumt. In der Niederschrift vom 7.9.2009 widersprachen Sie hier den Angaben des Polizisten insofern, als die gegen die Fahrtrichtung befahrene Strecke weniger als 600 m betragen habe. Sie waren damals durch ein Telefonat abgelenkt, hätten die eigentlich geplante Abfahrt übersehen und hätten dann diesen Fehler begangen, den Sie im Grunde nach gar nicht bestreiten. Allerdings seien Sie nicht als klassischer Geisterfahrer anzusehen und es gehe Ihnen vielmehr um Ihren Führerschein.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat hierzu folgendes erwogen:

 

Gemäß § 46 Abs. 4 lit. a StVO 1960 ist auf der Autobahn verboten, eine Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung zu befahren, sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt.

Sie haben am 12.5.2009 gegen 11.00 Uhr die A 8 Innkreis Autobahn, Abfahrt Pichl im Gemeindegebiet Pichl bei Wels, RFB Graz, bei km 19,500, entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung befahren.

 

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens ist diese Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen. Die im Verfahren hervorgekommenen Umstände waren nicht geeignet, ein anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen, oder ein Verschulden am Zustandekommen der Verwaltungsübertretung auszuschließen. Dem Grunde nach wurde die Übertretung auch von Ihnen nicht bestritten, vielmehr kann aus Ihren Aussagen der Schluss gezogen werden, dass Sie durch Ihr Verhalten, nämlich anstatt die korrekte Abfahrt von und Auffahrt zur anderen Richtungsfahrbahn zu benutzen, einfach das ganze abkürzen und Zeit sparen wollten. Auch sind Sie an zwei Verkehrsschildern "STOP FALSCH" vorbeigefahren sind, und erst später nach 50 Metern zu wenden versuchten, was schließlich misslang. Somit ist von der Verschuldensform des Vorsatzes auszugehen.

 

Zum Unrechtsgehalt der Tat wird ausgeführt, dass der Beschuldigte durch die von ihm begangene Übertretung ein Verhalten gesetzt hat, dass eine große Gefährdung von Leib und Leben der übrigen ordnungsgemäß am Autobahnverkehr teilnehmenden Menschen darstellt. In der Vergangenheit ist es oftmals schon durch derartige solche Übertretungen zu katastrophalen Unfällen mit schlimmsten denkbaren Folgen gekommen. Daraus ist abzuleiten, dass der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ein erheblicher Unrechts- und Schuldgehalt zugrundeliegt.

 

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Im ordentlichen Verfahren (§ 40 bis 46) sind gemäß § 19 Abs. 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtssprechung des VwGH ist es nicht rechtswidrig, wenn die Behörde ein nicht unerhebliches Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung bzw Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, annimmt, soll die verhängte Strafe doch einen spürbaren Nachteil darstellen, um Sie in Hinkunft zur Aufbringung jener Sorgfalt zu ermahnen, die im Straßenverkehr erforderlich ist.

 

Bei der Strafbemessung im Sinne des § 19 VStG wurden die vom Beschuldigten bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zugrunde gelegt. Strafmildernd wirkte ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit im ha. Verwaltungsbezirk, straferschwerend war kein Umstand zu werten.

 

Die verhängte Geldstrafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld- und unrechtsangemessen.

 

Die Höhe der Geldstrafe scheint ausreichend, um Sie in Hinkunft von der Übertretung dieser Normen abzuhalten.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle.“

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht per Fax übermittelten Berufung folgenden Inhaltes:

Im Straferkenntnis vom 25.09.2009, VerkR96-345-2009 verhängt die Bezirkshaupt­mannschaft Wels-Land über mich eine Geldstrafe von € 365,-- mit dem Vorwurf, dass ich am 12.05. um 11.00 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen X im Gemein­degebiet von Pichl bei Wels die A8 bei km 19.5, Abfahrt Pichl bei Wels in Fahrtrich­tung Graz entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung befahren habe, obwohl sich dies aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen nicht ergeben hat.

 

Gegen diesen Strafbescheid erhebe ich nachstehende

 

BERUFUNG

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Mein Verteidiger hat letzten Freitag den 09.10.2009 bei der Bezirkshauptmannschaft; Wels-Land die Bevollmächtigung angezeigt und einen Antrag auf Aktenübersendung gestellt.

Da heute die Berufung gegen das Straferkenntnis zur Fristwahrung eingebracht werden, muss, bleibt die Ergänzung des Rechtsmittels nach Einlangen der Verwaltungsstrafakte bei meinem Verteidiger vorbehalten.

 

Auf der Autobahn ist es verboten, eine Richtungsfahrbahn entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung zu befahren, sofern nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt (§ 46 Abs. 4 lit.a StVO).

 

Der Begriff „Autobahn" wird in § 2 Abs. 1 StVO nicht legal definiert.

 

Zum Zweck der Erleichterung oder Beschleunigung des Verkehrs, insbesondere des Durchzugsverkehrs, hat die Behörde durch Verordnung Bundesstraßen, die das Bundesstraßengesetz 1971 BGBl Nr. 2 286, als Bundesautobahn bezeichnet sowie Straßen ohne Überschneidungen mit anderen Straßen, sofern sie sich für den Schnell­verkehr (§ 46 Abs- 1) eignen und besondere Anschlussstellen für die Zu- und Abfahrt vorhanden sind einschließlich der Zufahrt- und Abfahrtsstraßen zu Autobahnen zu erklären (§ 43 Abs. 3 lit.a StVO).

 

Bundesstraßen, die nach den Bestimmungen des Bundesstraßengesetzes Autobahnen sind, sind auch straßenpolizeilich als Autobahn zu erklären, andere Straßen nur dann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (Anm. 32 zu § 43 StVO in Pürstl, StVO12).

 

Der Begriff „Autobahn" ist Tatbestandsmerkmal der mir zur Last gelegten Verwal­tungsübertretung nach § 46 Abs. 4 lit.a StVO, welches nach der zitierten Bestimmung aber nur dann vorliegt, wenn es die dort genannte Verordnung tatsächlich gibt und diese gesetzesgemäß kundgemacht wurde.

 

Die in § 43 bezeichneten Verordnungen sind - sofern sieb aus den folgenden Absät­zen nichts anderes ergibt - durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit Anbringung dieser Zeichen in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten. Parteien iSd § 8 AVG ist Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu; gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie Hinweiszeichen „Autobahn“ , „Ende der Autobahn“ in Betracht (§ 44 Abs. 1 StVO).

 

Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der über mich verhängten Bestrafung ist somit'. die Existenz einer Verordnung nach § 43 Abs.3 lita StVO und deren ordnungsgemäße Kundmachung nach § 44 Abs. 1 leg.cit.

 

Um das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmales .Autobahn'' feststellen zu können, wird es der Beischaffung der Verordnungsakte sowie der Dokumentation deren Kundmachung (Aktenvermerk über die erfolgte Anbringung der Vorschrifts- und Hinweiszeichen nach § 16 AVG) bedürfen, was hiermit beantragt wird.

Stellt sich im Zuge dieser Ermittlungen heraus, dass es für die gegenständliche Straßenstelle, km 19,5 dieser Abfahrt, keine Verordnung gibt bzw. diese nicht gesetzesgemäß kundgemacht wurde, ist eine Bestrafung nach § 46 Abs. 4 lit.a StVO nicht möglich.

 

Im letzten Absatz auf Seite 2 der Begründung des Strafbescheides fuhrt die Bezirks-hauptmannschaft Wels-Land aus, dass ich an zwei Verkehrsschildern „Stop falsch“ vorbeigefahren bin und erst nach 50 Metern zu wenden versucht habe, was schließlich misslang. Somit sei von der Verschuldensform des Vorsatzes auszugehen.

 

Die Annahme vorsätzlicher Tatbegehung ist unberechtigt, vielmehr liegt fahrlässige Tatbegehung vor.

 

­Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, ge­nügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei den sogenannten Un-gehorsamsdelikten dann ohne weiteres anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs. 1 VStG).

 

Als ich bemerkt habe, dass ich falsch aufgefahren bin, dies war auf Höhe der laut Bescheidbegründung zweiten Verkehrstafel, wollte ich sofort wenden, was aber aufgrund der Länge des Pkw und der dortigen Leitschienen nicht ging, weswegen ich noch einige Meter ganz vorsichtig und langsam nach vorne gefahren bin und zwar bis zur nächsten Wendemöglichkeit bei einer Wiese, wobei ich aber im Zuge des Wendens außerhalb der Fahrbahn in der Wiese stecken blieb, was auch der Grund dafür war, dass mich der Meldungsleger dort stehen sah und den Sachverhalt aufgenommen hat. . Die erste Tafel habe ich übersehen, was zweifelsfrei eine Fahrlässigkeit meinerseits ist. keineswegs habe ich aber vorsätzlich gehandelt, weswegen die Verschuldensform der Fahrlässigkeit vorliegt.

 

Aus den genannten Gründen wird höflich der

 

ANTRAG

 

gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge dieser Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Erörterung der bean­tragten Beweise dieser Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Wels-Land vom 25.09.2009 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

Mattighofen, am 12.10.2009                                                                               X“

 

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war ob des gesonderten Antrages zwingend durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. Anlässlich der Berufungsverhandlung wurde die Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt. Der Berufungswerber wurde zum Vorfallsablauf befragt. Die Behörde erster Instanz nahm an der Verhandlung nicht teil.

Ergänzend wurde Luftbildmaterial aus dem System DORIS zum Akt genommen.

 

5. Zur Strafzumessung hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

Das Ergebnis des Beweisverfahrens lässt sich dahin zusammefassen, dass der Berufungswerber laut eigenen Angaben  wegen Telefonieres - wenn auch legal mit Freisprecheinrichtung - im Bereich des Knotens Wels eine  Ausfahrt in Richtung Marchtrenk verpasste. Bei der nächst sich bietenden Auffahrt (Pichl) erwischte er dann beim Umkehren offenbar die für den Verkehr aus Richtung Suben komende Abfahrt. Jedoch noch vor Erreichen der eigentlichen Autobahn erkannte er seinen Fehler, wollte umdrehen und blieb dort wegen des aufgeweichten Erdreiches und dem Hinterradantrieb des KFZ an der Böschung hängen.

Durch ein zufällig vorbeifahrendes Polizeifahrzeug gelangte diese sogenannte Falschfahrt auf einer Autobahnabfahrt - durch Befahren in Gegenrichtung auf eine Distanz von über 400 m -  zur Anzeige (siehe Polizeiskizze oben). Beim
12. Mai 2009 handelt es sich um einen Dienstag. Um 11:00 Uhr kann auf dem Zubringer in Richtung Schallerbach von einem durchschnittlichen Verkehrsaufkommen ausgegangen werden. Geht man vom Befahren dieser Strecke in Gegenrichtung mit einer Fahrgeschwindigkeit von nur 50 km/h aus, befand sich der Berufungswerber etwa 30 Sekunden als Falschfahrer auf den Gegenverkehrsbereich der Autobahnabfahrt. Durch die Straßenbreite von knappen fünf Metern[1] in dem unübersichtlichen Kurvenbereich des Ausfahrtbogens kann, neben den an sich schwerwiegenden Regelverstoß, konkret aber kein unmittelbares Gefährdungspotenzial anderer Verkehrsteilnehmer festgestellt werden.

Dem bislang völlig unbescholtenen und bisher offenbar unauffällig im Straßenverkehr teilnehmenden Berufungswerber kann durchaus in seiner recht lebensnah und glaubwürdig vorgetragenen Verantwortung dahingehend gefolgt werden, dass er keinesfalls grob fahrlässig oder gar vorsätzlich diese Falschfahrt gesetzt hätte. Er legte überzeugend seine in einem wichtigen Telefonat gründenden Ablenkung und den dadurch unterlaufenen Abbiegefehler dar.  Dies vermag weder sein Verhalten zu rechtfertigen noch zu entschuldigen. Sehr wohl könnte durch widrige Umstände ein derartiges Fehlverhalten aber durchaus einmal jedem wertverbundenen Autofahrer passieren. Immerhin ist hier zu bemerken, dass der Berufungswerber die gefährlichen Folgen der Falschfahrt noch rechtzeitig erkannte und sofort – noch ehe er dann faktisch auf die Autobahn gelangte – durch den Versuch auf der Ausfahrt umzukehren, abwandte. Daher liegt hier ein doch graviered anders zu beurteilender Sachverhalt vor als er mit einer klassischen „Geister- oder Falschfahrt“ in typischer Weise verbunden ist.

 

5.1. Zweifelsfrei hat hier der Berufungswerber diese Übertretung, selbst wenn sie noch vor der Autobahn im engeren Sinne abgewendet wurde, in einer auf zumindest leichter Fahrlässigkeit beruhenden Weise verschuldet.

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten (§ 5 VStG). Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25.3.1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980). 

Das der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich nicht vorgemerkt ist, lässt den Schluss auf sein bislang tadelloses Verkehrsverhalten zu. Zu Recht hat dies daher die Behörde erster Instanz bei der Strafzumessung als mildernd gewertet. Unter Bedachtnahme auf den bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmen erscheint daher die trotzdem von der Behörde erster Instanz verhängte Geldstrafe als überzogen und offenbar den spezifischen Fall, die in der Geisterfahrt gründende Gefährlichkeit durch Umkehren vor der Auffahrt doch selbst verhindert zu haben, nicht hinreichend berücksichtigend.

Die Berufungsbehörde sieht sich hier abschließend zur Feststellung veranlasst, dass vor dem Hintergrund des Sachlichkeitsgebotes nicht jeder Verstoß an dessen Auswirkungen des Regelfalles, sondern an den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen ist.

Vor diesem Hintergrund war daher das zuletzt nur mehr berufungsgegenständliche Strafausmaß schuld- und tatfolgenspezifisch angemessen zu reduzieren. Wie der Berufungswerber durch das Bedauern seines Fehlers bekannte, wird auch diese Strafe der Gerneralprävention gerecht.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 



[1] lt. Luftbildauswertung

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