Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281128/18/Re/Rd/Sta

Linz, 18.12.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz  vom 30. September 2008, GZ: 0113134/2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Kinder- und Jugendlichenbe­schäftigungsgesetz – KJBG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 11. September 2009  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben. Das angefochtene        Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass

-        die verletzte Verwaltungsvorschrift  iSd § 44a Z2 VStG zu lauten    hat: "§ 30 Abs.1          und 2 Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 (KJBG), § 6 Abs.1 Z9 Verordnung über Beschäftigungsverbote und –beschränkungen für Jugendliche (KJBG-VO)".

-        die Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG zu lauten hat: "§ 30 Abs.1 und 2     KJBG; §§ 9, 16 und 19 VStG".             

 

II.     Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum           Berufungsverfahren in Höhe von 100 Euro, ds 20% der verhängten   Geldstrafe, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm   §§  24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30.9.2008, GZ: 0113134/2007, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 77 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 30 Abs.3 KJBG iVm § 6 Abs.1 Z7 der Verordnung über Beschäftigungsverbote und –beschränkungen für Jugendliche (KJBG-VO) iVm § 30 Abs.1 KJBG verhängt.

Nachstehender Sachverhalt wurde dem Beschuldigten im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

"Der Beschuldigte, Herr x, geboren am x, wohnhaft: x, hat folgende Verwaltungsübertretung als gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der x mit dem Sitz in x, welche persönlich haftende Gesellschafterin der x ist, für die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen für alle Betriebsstätten und Baustellen zu vertreten:

Am 9.8.2007 wurde der jugendliche Lehrling, x, geb. am x, in der Werkstätte der x in x, x, nach einer Woche Ausbildung an der Rundbiegemaschine (RAS 40.91, Bj. 2007, Arbeitsmittel mit Fang- und Einzugsstellen durch rotierende Teile, Walzen, Bänder udgl.) beschäftigt. Die Unfallgefahren der Maschine waren nicht durch geeignete Maßnahmen, etwa durch Zweihandschaltung, Lichtschranken oder andere trennende Schutzeinrichtungen oder Schutzvorrichtungen, beseitigt."   

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungs­strafverfahrens beantragt.

Begründend hiezu wurde ausgeführt, dass der verunfallte Lehrling eine Woche vor dem Unfall vom Werkstattleiter x ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass er nur an handbetriebenen, nicht jedoch an motorisch betriebenen Geräten arbeiten dürfe und dieser entgegen dem Verbot – ohne jedwede Aufforderung – aus Eigenem die Rundbiegemaschine betätigt habe. Vom Berufungswerber werde nicht bestritten, dass der Jugendliche Arbeiten an der Rundbiegemaschine durchgeführt habe, doch werde die Beschäftigung des Jugendlichen an der Rundbiegemaschine ausdrücklich bestritten. Der Tatbestand des § 6 Abs.1 Z9 KJBG setze aber in objektiver Hinsicht eine Beschäftigung des Jugendlichen voraus.

 

Hätte die belangte Behörde die beantragten Zeugen sowie den Berufungswerber gehört, wäre hervorgekommen, dass einerseits der Lehrling an der gegenständlichen Rundbiegemaschine nicht beschäftigt gewesen sei und damit ein Verstoß gegen § 6 Abs.1 Z9 KJBG in objektiver Hinsicht nicht vorliege, andererseits dem Berufungswerber kein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden könnte.

 

Den Ausführungen der belangten Behörde hinsichtlich des Verschuldens des Berufungswerbers wird entgegnet, dass es einem verantwortlichen Beauftragten nicht zumutbar sei, persönlich zu jedem Zeitpunkt jeden Arbeitsplatz der Werkstättenleiter und Lehrlinge zu überwachen. Es müsse daher ausreichend sein, wenn er alle ihm zumutbaren Maßnahmen für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschrift ergreife. Dabei könne auch von einem sorgfältigen verantwortlichen Beauftragten nicht verlangt werden, mehr zu tun, als die Werkstättenleiter dazu zu verhalten, dass sie die Lehrlinge beaufsichtigen und ausdrücklich darauf hinweisen, dass nur handbetriebene Maschinen von ihnen in Betrieb genommen werden dürfen und sie zum Arbeiten auf Maschinen mit Motorantrieb keine Berechtigung haben. Von der belangten Behörde werde in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass das behauptete Verbot zur Verhinderung einer Verletzung einer Verwaltungsvorschrift für sich alleine nicht geeignet sei. Nicht ausgeführt werde hingegen, zu welchem Verhalten der Berufungswerber nach Ansicht der Behörde eigentlich verpflichtet gewesen wäre und wie die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften entsprechend zu überprüfen wäre. Für den Berufungswerber sei auch nicht ersichtlich, wie er die Einhaltung einer eine Woche zuvor erteilten Anweisung – außer durch zusätzliche Beaufsichtigung des Lehrlings  - überprüfen hätte können.

 

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass der Berufungswerber durch das vom Werkstättenleiter erteilte Verbot betreffend die Durchführung von Arbeiten auf Maschinen mit Motorantrieb sowie durch die Beaufsichtigung der Lehrlinge durch Werkstättenleiter sämtliche notwendigen und auch möglichen Vorkehrungen getroffen habe, weshalb ihn an der Verletzung der Arbeitnehmerschutz­vorschriften durch den Lehrling kein Verschulden treffe.

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das Arbeitsinspektorat Linz wurde am Verfahren beteiligt. In der Stellungnahme vom 25.11.2008 verweist das Arbeitsinspektorat auf das Erfordernis eines funktionierenden Kontroll- und Überwachungssystems. Dem Berufungswerber sei ein Sorgfaltsmangel anzulasten, zumal er weder behauptet noch nachgewiesen habe, dass er Maßnahmen gesetzt habe, die die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erwarten lassen. 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.9.2009, zu welcher die Verfahrensparteien sowie x, x und x als Zeugen geladen und einvernommen wurden. Der Berufungswerber ist nicht erschienen. Eine Akteneinsichtnahme erfolgte auch in dem von der Staatsanwaltschaft Linz zu 44BAZ/951/08i beigeschafften Akt.

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat nachstehenden Sachverhalt erhoben:

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung gab x zeugenschaftlich an, dass er am Tattag vor Ort Werkstättenleiter gewesen sei und er den Lehrling x – gemeinsam mit einem Kollegen –mit dem Zusammenbauen von Blechstücken für eine Lüftungsanlage beauftragt habe. Trotz einer vor vielen Jahren abgelegten Prüfung sei ihm jedoch nichts bekannt gewesen, dass er als Lehrlingsbeauftragter für den Lehrling x zuständig gewesen sei. Er sei jedenfalls Vorarbeiter gewesen. Der Lehrling sei zum Tatzeitpunkt seit ca. einer Woche in der Werkstätte beschäftigt gewesen. Zum Unfallzeitpunkt sei er mit einer anderen Aufgabe, bei der ihm der Lehrling nicht helfen konnte, beschäftigt gewesen. Er sei im selben Raum – unweit des Lehrlings und des Kollegen - beschäftigt gewesen. Er habe jedoch nicht gesehen bzw. übersehen, dass der Lehrling zur Rundbiegemaschine gegangen ist. Erst als der Lehrling um Hilfe geschrien habe, sei dies von ihm bemerkt worden. Der Lehrling sei Anfang der Woche von ihm unterwiesen worden, dass er an elektrisch betriebenen Maschinen nicht arbeiten dürfe. Der Sicherheitsbeauftragte habe ihn (den Zeugen) diesbezüglich persönlich informiert. Diese Aufgabe zur Information habe der Sicherheitsbeauftragte und nicht der Berufungswerber persönlich wahrgenommen. Er habe sich zwar als Ausbildner für den Lehrling gefühlt, er wisse aber nicht, ob dies auch wirklich der Fall war. Er kenne die gesetzlichen Bestimmung hinsichtlich der Beschäftigung von Jugendlichen an Rundbiegemaschinen. Er gehe grundsätzlich  davon aus, dass bei solchen Arbeiten Schutzhandschuhe getragen werden sollen; eine entsprechende Aufschrift sei auch auf der Maschine angebracht. Das Tragen von Handschuhen  sei aber umständlich und gefährlich, da die Gefahr bestehe, dass der Handschuh in die Rollen gerate und so die Hand mitgezogen werde. Das Tragen von Handschuhen beim Hantieren mit Blech sei aber  zweckmäßig.

Er habe den anderen Mitarbeiter, zu dem er den Lehrling geschickt habe, nicht angewiesen, dass der Lehrling nicht befugt sei die Rundbiegemaschine zu bedienen. Der Lehrling habe sich mit dem Blechstück vom Mitarbeiter entfernt und sei eigenständig zur Rundbiegemaschine gegangen.

 

Anlässlich der bei der Polizeiinspektion Nietzschestraße am 8.10.2007 aufgenommenen Niederschrift gab der Zeuge an, dass in der Firma x eine andere Person für die Lehrlingsausbildung zuständig sei, da dieser aber an diesem Tag auf Montage war, habe er die Aufsicht über die Lehrlinge übernommen. Der Lehrling x sei mit einem langjährigen Mitarbeiter zum Zusammenbau von Lüftungskanälen eingeteilt gewesen. Der Lehrling habe die Woche über zugesehen, wie man einen nicht passenden Teil mit der Biegemaschine in die richtige Form bringe. Da ein Teil nicht genau stimmte, sei der Lehrling alleine ohne jede Anweisung zur Maschine gegangen und habe versucht, den Teil zu biegen. Er sei ca 3 Meter von der Maschine entfernt gestanden, als er bemerkte, dass der Lehrling an der Maschine stand. Er wollte dies dem Lehrling untersagen, als es bereits zu spät war und der Lehrling in die Maschine geriet. Er habe es übersehen, dass der Lehrling zur Maschine ging. Zu seiner Entschuldigung gab er an, das er mit einer anderen Arbeit beschäftigt war und aus diesem Grund nicht sofort bemerkt habe, dass der Lehrling etwas machte, was er gar nicht gedurft hätte. 

 

Der Lehrling x gab zeugenschaftlich einvernommen an, dass er nach wie vor im Unternehmen  beschäftigt sei und er seine Lehre am 6.8.2007 begonnen habe. Er könne sich an den Unfall noch erinnern. Er habe von Mitarbeitern Teile eines Lüftungsbogen bekommen, um diese zusammen zu bauen. Dabei handle es sich um Blechteile, die grundsätzlich schon gebogen waren. Seine Aufgabe war, diese zusammen zu bauen.  Er habe festgestellt, dass ein Teil nicht richtig gebogen war und sei er daher zur Rundbiegemaschine gegangen, um diesen Teil richtig zu biegen. Er habe Handschuhe getragen, um sich nicht bei einem Bleichteil zu schneiden. Beim Manipulieren sei er abgerutscht und mit der rechten Hand in die Walze gekommen. Die Rolle habe zunächst den Handschuh erwischt und wurde in weiterer Folge die Hand hineingezogen. Er habe zwar noch den Retourgang einlegen und die Hand befreien können, der rechte Ringfinger war aber so schwer verletzt, dass in letzter Konsequenz die letzten zwei Teile amputiert werden mussten. Er habe nicht gewusst, ob er bei der Maschine Handschuhe tragen dürfe oder nicht. Ihm sei jedoch von x am ersten Lehrtag gesagt worden, dass er als Lehrling zunächst mit elektrisch betriebenen Maschinen nicht arbeiten dürfe, sondern nur mit handbetriebenen Maschinen. Eine derartige Unterweisung habe er ausschließlich von Herrn x bekommen. Der Berufungswerber habe ihm gegenüber keine derartigen Aussagen getätigt. Herr x habe ihm am ersten Arbeitstag bei einer Führung durch die Werkstätte alle Maschinen gezeigt und auch gesagt, bei welchen Maschinen er nicht arbeiten dürfe. Er habe vorher noch nie mit dieser Rundbiegemaschine gearbeitet.  Er sei ein eifriger Arbeiter und komme von einer Landwirtschaft, weshalb er sehr an Maschinen interessiert sei. Er habe sich daher an die Anweisung von Herrn x nicht mehr erinnert. Herr x habe sich zum Unfallzeitpunkt an der gegenüberliegenden Seite der Werkstätte, ca 4 bis 5 m mit Blickrichtung zur Mauer, befunden. Er habe sonst nichts mit Herrn x zu tun gehabt, außer dass er von ihm den Auftrag erhalten habe, gemeinsam mit einem zweiten Mitarbeiter die Lüftungsteile zusammenzuschrauben. Bei dem zweiten Mitarbeiter habe es sich auch um einen Lehrling gehandelt. Er habe zum Unfallzeitpunkt, somit nach drei Lehrtagen, Herrn x als Werkstättenleiter und Herrn x als Abteilungsleiter für Lüftungen gekannt. Ein konkreter Lehrlingsbeauftragter sei ihm bis zu diesem Tage nicht vorgestellt worden bzw habe er einen solchen auch nicht gekannt. Der zweite Lehrling habe am gleichen Tag wie er im Unternehmen angefangen und hätte auch er zu diesem Zeitpunkt nicht an der Rundbiegemaschine arbeiten dürfen. Er hätte eigentlich zu Herrn x gehen müssen, als er festgestellt habe, dass das konkrete Werkstück falsch gebogen war. Dies sei ihm aber nicht konkret von Herrn x gesagt worden. Die Rundbiegemaschine sei ihm nicht vorgeführt worden. Die Rundbiegemaschine verfüge über zwei Pedale, nämlich eines zum Gas geben und eins zum Umschalten vom Vorwärts- auf den Rückwärtsgang. Er habe Vorkenntnisse mit Blech, da er vorher in einer Landwirtschaftsschule auch mit dem Werkstoff Blech gearbeitet habe. Er habe aber noch nicht genaue Kenntnisse, ob unter welchen Bedingungen bzw ab wann er selbständig mit dieser Maschine arbeiten dürfe, sondern lediglich, dass er derzeit nicht arbeiten dürfe.  

 

Anlässlich der Niederschrift vom 20.11.2007, aufgenommen auf der Polizeiinspektion Bad Leonfelden, gab x an, dass er zum Unfallzeitpunkt an einem Bogen für einen Lüftungskanal gearbeitet habe. Ein Teil des Bogens wurde jedoch vorher von einem anderen Mitarbeiter seiner Meinung nach falsch bearbeitet, weshalb er versucht habe, den Bogen richtig zu verarbeiten. Dazu wäre es aus seiner Sicht notwendig gewesen, ein Blechteil neu zu biegen. Diese Tätigkeit sei ihm von keinem Vorgesetzten aufgetragen worden, sondern habe er selbständig versucht, die Arbeit zu machen. Am Beginn der Lehrzeit sei ihm von seinem unmittelbaren Chef x gesagt worden, dass er am Anfang nur an den handbetriebenen Maschinen arbeiten dürfe. Auf Maschinen mit Motorantrieb hätten Lehrlinge wie er, keine Berechtigung zum Arbeiten. Die Maschine, bei der der Unfall passierte, sei jedoch mit einem Motorantrieb ausgestattet und hätte er ohne Genehmigung nicht damit arbeiten dürfen. In diesem Moment habe er einfach die Arbeit richtig machen wollen und habe nicht mehr an das Verbot gedacht.    

    

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 Abs.1 Z9 der Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegen­heiten und des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr über Beschäftigungsverbote und –beschränkungen für Jugendliche (KJBG-VO) sind Arbeiten mit Arbeitsmittel, an denen durch bewegte Werkzeuge und Werkstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugsstellen bilden, oder durch andere Gefahrenstellen eine besondere Gefahr von Verletzungen gegeben ist, verboten, sofern an den Arbeitsmitteln bestehende Unfallgefahren nicht durch geeignete Maßnahmen beseitigt sind, etwa durch Zweihandschaltung, Lichtschranken oder andere trennende Schutzeinrichtungen oder Schutzvorrichtungen. Verbotene Arbeitsmittel und Arbeiten sind insbesondere Arbeitsmittel mit Fang- und Einzugsstellen durch rotierende Teile, Walzen, Bänder oder dergleichen, ausgenommen Bogendruckmaschinen und Drehmaschinen; erlaubt nach 18 Monaten Ausbildung, mit Gefahrenunterweisung im Rahmen des Berufsschulunterrichts nach zwölf Monaten, unter Aufsicht; Rollen-Rotationsdruckmaschinen erlaubt für alle Jugendliche ab dem vollendeten 17. Lebensjahr.

 

Gemäß § 1 Abs.1 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen – KJBG gilt dieses Bundesgesetz für die Beschäftigung von

1.      Kindern mit Arbeiten jeder Art und

2.      Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die in einem     Dienstverhältnis, einem Lehr- oder sonstigen Ausbildungsverhältnis   stehen.

 

Gemäß § 30 Abs.1 leg.cit. ist, wer den Bestimmungen des Abschnittes 2 dieses Bundesgesetzes zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.090 Euro, im Wiederholungsfall von 218 Euro bis 2.180 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 30 Abs.2 leg.cit. sind Dienstgeber und deren Bevollmächtigte ebenso zu bestrafen, die den Bestimmungen der Abschnitte 3 und 4 dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme des § 27 Abs.1 oder einer aufgrund einer Bestimmung dieser Abschnitte erlassenen Verordnung zuwiderhandeln.

 

5.2. Als erwiesen steht fest, dass am 9.8.2007 der Lehrling x im Betrieb der x, in x verunfallte, in dem er beim Manipulieren mit dem zu biegenden Blechstück abrutschte und der rechte Arbeitshandschuh in die Walze eingezogen wurde. Der Lehrling konnte noch selbst den Retourgang einlegen und die Hand befreien. Zu diesem Zeitpunkt war der Lehrling 15 Jahre und 4 Monate alt und erst seit 6.8.2007, sohin drei Tage, im Betrieb beschäftigt. Der Lehrling wurde vom Werkstättenleiter Herrn x dahingehend belehrt, dass er nur an handbetriebenen Maschinen, nicht jedoch an elektrisch betriebenen Maschinen arbeiten darf. Zum Zeitpunkt des Unfalls arbeitete der Lehrling jedoch ohne Aufsicht an der Maschine. Dies geht sowohl aus den glaubwürdigen und schlüssigen Zeugenaussagen des Lehrlings x als auch des x anlässlich der Berufungsverhandlung zweifelsfrei hervor und wird auch nicht bestritten. Der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter der x mit dem Sitz in x, welche persönlich haftende Gesellschafterin der x ist, erfüllt sohin den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung, zumal der Lehrling nach drei Tagen Ausbildung an der gegenständlichen Rundbiegemaschine, ohne dass bestehende Unfallgefahren durch geeignete Maßnahmen beseitigt worden sind, arbeitete.

 

Diese Verwaltungsübertretung hat der Berufungswerber aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Dem Berufungswerber ist es mit seinem Berufungsvorbringen nicht gelungen, sich von seinem schuldhaften Verhalten zu befreien. Vom Berufungswerber wurde eingewendet, dass das konkrete "Arbeiten" an der Maschine nicht bestritten werde, zumal dies ohne Aufforderung durch den Werkstättenleiter, sohin aus eigenen Stücken durch den Lehrling erfolgte. Bestritten werde hingegen die "Beschäftigung" durch Anordnung.

 

Einer Unterscheidung zwischen eigenmächtigem Handeln und weisungsge­bundenem Handeln, wie dies vom Berufungswerber darzustellen versucht wurde, um sich dadurch vom schuldhaften Verhalten zu befreien, wird vom Oö. Verwaltungssenat nicht beigepflichtet. So gelten alle Personen, die in Betrieben im Rahmen eines Beschäftigungs- oder Ausbildungs­verhältnisses tätig sind, als Arbeitnehmer. Wesentliche Merkmale für die Eigenschaft einer Person als Arbeitnehmer sind ihre persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit, ihre Eingliederung in den Betrieb, zeitliches Verpflichtungsverhältnis, persönliche Arbeitspflicht, Weisungsgebundenheit und Kontrollunterworfenheit. Dazu zählen unter anderem auch Lehrlinge, so auch der verunfallte Lehrling x.

Wenn daher im Straferkenntnis von "beschäftigt wurde" gesprochen wird, so ist insbesondere in Bezugnahme auf die Textierung der zur Last gelegten verletzten Vorschrift als auch auf die zur Last gelegte Schuldform der Fahrlässigkeit davon auszugehen, dass die Person als Arbeitnehmer bzw. Lehrling an der Maschine tätig war, gearbeitet hat und somit beschäftigt war. Die zitierte Schutzvorschrift verbietet jedoch ein "Arbeiten mit gefährlichen Arbeitsmitteln" und liegt ein solches im gegenständlichen Fall jedenfalls vor. Ein bewusstes und somit vorsätzliches "Beschäftigen" in dem Sinne, als dem Lehrling quasi befohlen wird, an der gefährlichen Maschine zu arbeiten, wird dem Berufungswerber hingegen nicht vorgeworfen und kommt dies letztlich auch aus der Begründung betreffend die fahrlässige Begehungsform zum Ausdruck.

 

Es wäre somit am Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten gelegen gewesen, das eigenmächtige Handeln des Lehrlings, mittels eines effizienten und effektiven Kontrollsystems zu unterbinden. Diesbezüglich hat auch der Verwaltungsgerichtshof in einer Vielzahl von Entscheidungen ausgesprochen, dass das Kontrollsystem auch für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Vorschriften verstoßen, Platz zu greifen hat und den Arbeitgeber nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit (vgl. VwGH 26.1.1996, 95/02/0603, 19.10.2001, 2000/02/0228, 23.7.2004, 2004/02/0002, 5.9.2008, 2008/02/0129).

 

Der Berufungswerber verteidigt sich weiters damit, dass es einem verantwortlichen Beauftragten nicht zumutbar sei, persönlich zu jedem Zeitpunkt jeden Arbeitsplatz der Werkstättenleiter und Lehrlinge zu überwachen. Es müsse daher ausreichend sein, wenn er alle ihm zumutbaren Maßnahmen für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschrift ergreife.

Dieser Ansicht ist dem Berufungswerber insofern beizupflichten, als die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zu lässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt. Es ist dem Unternehmer vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegen­heiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Der Unternehmer ist dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er  Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der den Unternehmer nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person – hier des Werkstättenleiters - übertragen worden ist. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person  Vorsorge getroffen worden ist. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (vgl. VwGH vom 5.9.2008, 2008/02/0129 uva).

 

Der Berufungswerber beschränkt sich in seinen Berufungsausführungen damit, dass er zumutbare Maßnahmen zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutz­vorschriften gesetzt habe. Er lässt sich aber im Konkreten nicht darüber aus, wie sich diese Maßnahmen gestalten. Dass das vom Berufungswerber eingewendete Kontrollsystem unzureichend ist, geht auch schon dadurch hervor, dass der Werkstättenleiter x zwar aufgrund einer vor vielen Jahren abgelegten Prüfung grundsätzlich als Lehrlingsbeauftragter fungieren darf, jedoch vom Berufungswerber hinsichtlich des Lehrlings x im Unklaren darüber belassen wurde, ob er auch tatsächlich als Lehrlingsbeauftragter anzusehen ist und auch dies auch zu verantworten hat. Darüber hinaus wurde Herr x vom Sicherheitsbeauftragten und nicht vom Berufungswerber dahingehend instruiert, dass der Lehrling nur auf handbetriebenen Maschinen arbeiten dürfe, nicht jedoch auf elektrisch betriebenen. Der Berufungswerber hat sich sohin eines weiteren Angewiesenen bedient, ohne genau darzulegen, wie die Angewiesenen auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften durch ihn kontrolliert werden.  

 

Bei einem hierarchisch aufgebauten Kontrollsystem hat der Verantwortliche aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet ist, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die Rechtsvorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, dh sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Rechtsvorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt würden (vgl. VwGH vom 9.9.2005, 2005/02/0018).

 

Vom Berufungswerber wurde zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens dargestellt, ob, durch wen und in welchem Ausmaß Kontrollen der Angewiesenen stattgefunden haben, weshalb von keinem – wie vom Verwaltungsgerichtshof  in ständiger Rechtsprechung  geforderten – ausreichenden, oben dargestellten, Kontrollsystem gesprochen werden kann und daher den Berufungswerber auch nicht zu entlasten vermag.

 

Weiters ist es auch nicht Aufgabe der Behörde, ein abstraktes Modell eines den Anforderungen entsprechendes Kontrollsystems zu entwerfen, wie dies vom Berufungswerber in seiner Berufung gerügt wurde (vgl. VwGH 25.7.2007, 2004/11/0100). Zweckmäßiger erscheine diesbezüglich die Zusammenarbeit mit dem zuständigen Arbeitsinspektorat, dem auch eine beratende Funktion hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu kommt.

 

5.3. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (Abs.2).

 

Von der belangten Behörde wurde über den Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 500 Euro bei einem normierten Strafrahmen von 72 Euro bis 1.090 Euro, verhängt. Weiters hat die belangte Behörde den Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, strafer­schwerend keinen Umstand gewertet. Den von der belangten Behörde geschätzten persönlichen Verhältnissen, und zwar ein monatliches Netto­einkommen von 2.000 Euro sowie  keinen Sorgepflichten, ist der Berufungswerber nicht entgegengetreten, weshalb der Oö. Verwaltungssenat von der Richtigkeit selbiger auszugehen hatte und der nunmehrigen Strafbemessung zugrunde gelegt werden konnten.

 

Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorgelegen ist; die absolute verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers alleine kann noch nicht die Anwendung des § 20 VStG begründen.

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. So ist der Berufungswerber seiner Verpflichtung zur Sorgfalt und Bedachtnahme auf die Gesundheit und den Schutz von Jugendlichen bei weitem nicht hinreichend nachgekommen. Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, können Jugendliche meist die drohenden Gefahren weder abschätzen noch verfügen sie naturgemäß über eine ausreichende Erfahrung. Darüber hinaus sind auch die Folgen der Tat nicht unbedeutend geblieben, ist es doch zu einem Arbeitsunfall gekommen, bei dem sich der Jugendliche eine beträchtliche Verletzung  mit bleibender Behinderung an der Hand zugezogen hat. Es war daher auch von der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG Abstand zu nehmen.

 

5.4. Die Spruchberichtigung hinsichtlich der Zitierung der verletzten Übertretungs- und Strafnorm erschien gesetzlich geboten und war der Oö. Verwaltungssenat diesbezüglich auch hiezu berechtigt. Sie ist darin begründet, dass die belangte Behörde bei der übertretenen Verwaltungsvorschrift zwar inhaltlich die richtige Norm zitiert, jedoch diese unzutreffend als § 6 Abs.1 Z7 der erwähnten Verordnung bezeichnet hat (richtig: Z9).

Auch bedurfte die Strafnorm insoweit einer Berichtigung, als § 30 Abs.1 und 2 KJBG die zutreffenden Rechtsgrundlagen darstellen und nicht der – nichtexistente - Absatz 3 dieser Bestimmung. 

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger