Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200379/6/Kü/Ba

Linz, 22.12.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, vom 28. Juli 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9. Juli 2009, Agrar96-13-2008, wegen Übertretung des Oö. Bodenschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9. Juli 2009, Agrar96-13-2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Oö. Bodenschutzgesetz iVm § 49 Abs.1 Z 5 und Z 8 Oö. Bodenschutzgesetz eine Geldstrafe von 600 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er es als Pächter der x am x zu verantworten hat, dass in der Zeit von 20.8.2007 bis 11.10.2007 Fäkalienkompost im Nahbereich der x am x, Gemeinde x, entgegen dem Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Gmunden, Zahl: Agrar01-125-1998, vom 14.1.2000, Pkt. I., Auflagenpunkt 4. ausgebracht wurde, ohne vorher die unter Auflagenpunkt 4. vorgeschriebene Untersuchung (Analyse) durchgeführt zu haben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit der das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wurde.

 

Mit Schriftsatz vom 5. November 2009 wurde die Berufung wie angekündigt entsprechend begründet. Gegen den Beschuldigten sei seitens der Staatsan­waltschaft x Strafantrag erhoben worden, der den Vorwurf beinhaltet habe, dass in der Zeit von 20.8.2007 bis 11.10.2007 in x der Bw als Pächter der x fahrlässig entgegen dem behördlichen Auftrag, nämlich dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft x, Zahl: x vom 28.9.2000, Punkte 7, 8 und 9 durch mangelnde Betreuung der Kläranlage auf der x durch die Versickerung von teilweise unvollständig geklärtem, mit Coliformen Keimen, Escherichia-Coli und Enterokokken verunreinigtem Abwasser, sowie durch Ausbringen von Fäkalienkompost im Nahbereich der x ohne vorherige Analyse entgegen dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft x, Zahl: x vom 14.1.2000, Punkt 4 das Trinkwasser der Gemeinde x derart verunreinigt habe, dass dieses lebensmittelgenussuntauglich bzw. gesundheitsschädlich gewesen sei, sodass dadurch eine Gefahr durch Leib oder Leben einer größeren Anzahl von Menschen entstehen habe können.

 

Mit Urteil vom 10.6.2008 sei der Bw von dem gegen ihn erhobenen Strafantrag freigesprochen worden.

 

Im Gegenstandsfall handle es sich um den gleichen Vorwurf und sei diesbezüglich festzuhalten, dass gemäß dem zitierten Bescheid Rückstände aus den Auffangbehältern der Trockenaborte jeweils vor Beginn der Sommer­öffnungszeit der x auf Zwischenlagerflächen auszubringen und unter Zugabe von Stroh oder gleichwertigem Material mindestens ein Jahr lang zwischen zu lagern seien, bevor der Kompost ausgebracht werden dürfe.

 

Unter Punkt 3. des Bescheides sei festgehalten, dass auf dem Kompostsubstrat im ersten Jahr der Ausbringung keine für den Rohverzehr bestimmte Pflanzen und Früchte angebaut werden dürften. Unter Punkt 4. sei ausgeführt, dass der Kompost jährlich vor Ausbringung einer Untersuchung auf pathogene Keime zu unterziehen sei. Eine solche Ausbringung sei nie erfolgt, sondern lediglich die (vorgeschriebene) Zwischenlagerung. Diese Bescheidauflagen seien auf Grundlage des § 7 Oö. Bodenschutzgesetz ergangen.

 

Der Freispruch sei deshalb erfolgt, zumal das Gericht eine Verletzung dieser Schutznorm nicht habe feststellen können, zumal die Auflagen seitens des Bw befolgt würden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Schreiben vom 4. August 2009 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 7 Abs.1 Oö. Bodenschutzgesetz 1991 ist die Ausbringung von Senkgrubeninhalten und von Klärschlamm aus Kläranlagen bis 50 Einwohnerwerte (Kleinkläranlagen) auf Böden verboten. Ausgenommen ist die Ausbringung auf bewirtschaftete landwirtschaftliche Kulturflächen von

1.    häuslichen Abwässern und

2.    Klärschlamm aus Kleinkläranlagen mit biologischer Abwasserreinigung, der ausschließlich aus der Reinigung von häuslichen Abwässern stammt.

 

Nach § 7 Abs.4  Oö. Bodenschutzgesetz 1991 dürfen Senkgrubeninhalte (Abs. 1 Z. 1) und Klärschlamm (Abs. 1 Z. 2) nicht ausgebracht werden:

1.    auf verkarstete Böden;

2.    auf Almböden;

3.    auf wassergesättigte oder durchfrorene Böden sowie auf Böden mit geschlossener Schneedecke;

4.    auf Gemüse-, Beerenobst- oder Heilkräuterkulturen;

5.    auf hängige Böden mit Abschwemmgefahr.

 

Gemäß § 7 Abs.5 Oö. Bodenschutzgesetz 1991 hat die Behörde auf begründeten Antrag die Ausbringung von Senkgrubeninhalten (Abs. 1 Z. 1) und Klärschlamm (Abs. 1 Z. 2) auf Almböden und/oder verkarsteten Böden zu bewilligen, wenn

1.    die Senkgrubeninhalte und der Klärschlamm aus Kleinkläranlagen auf Almen und verkarsteten Böden anfallen,

2.    eine nachhaltige Beeinträchtigung der Bodengesundheit nicht zu erwarten ist und

3.    die Verfrachtung der Senkgrubeninhalte oder des Klärschlamms aus Kleinkläranlagen nur mit hohem technischen Aufwand möglich ist.

Die Bewilligung ist befristet zu erteilen; die Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen ist zulässig.

Gemäß § 49 Abs.1 Z8 Oö. Bodenschutzgesetz 1991 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den in Verordnungen oder Bescheiden, die auf Grund des II. Abschnittes dieses Landesgesetzes erlassen wurden, enthaltenen sonstigen Geboten oder Verboten zuwiderhandelt.

 

4.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

 

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

 

2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

4.3. Dem Bw wird angelastet, im Nahbereich der x am x Fäkalienkompost entgegen der behördlichen Auflage ausgebracht zu haben, ohne die vorgeschriebene Untersuchung durchgeführt zu haben.

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 14. Jänner 2000, Agrar01-125-1998 der OEAV x x gemäß § 7 Oö. Bodenschutzgesetz das Recht zur Ausbringung von Senkgrubeninhalten unter Einhaltung von Bedingungen, Auflagen und Fristen genehmigt wurde. Als Auflagen wurden folgende Punkte vorgeschrieben:

 

"1. Die Rückstände aus den Auffangbehältern der Trockenaborte sind jeweils vor Beginn der Sommeröffnungszeit der x auf Zwischenlagerflächen auszubringen und unter Zugabe von Stroh oder gleichwertigem Material mindestens ein Jahr lang zwischen zu lagern, bevor der Kompost ausgebracht werden darf.

2. Die Ausbringung soll auf Flächen erfolgen, von denen eine Abschwemmung des aufge­brachten Materials nicht zu befürchten ist. Insbesondere ist die Ausbringung in der Nähe von Dolinen zu vermeiden.

3. Auf dem Kompostsubstrat dürfen im ersten Jahr der Ausbringung keine für den Rohver­zehr bestimmten Pflanzen und Früchte angebaut werden.

4.  Der Kompost ist jährlich vor Ausbringung einer Untersuchung auf pathogene Keime zu unterziehen. (Parameter wie bei Trinkwasserroutineuntersuchung). Die Untersuchungser­gebnisse sind zu obiger Bescheidzahl der BH. Gmunden vorzulegen. Entsprechend be­lastetes bzw. kontaminiertes Substrat darf nicht ausgebracht werden bzw. ist einer geeig­neten Hygienisierung zu unterziehen."

 

Bereits im erstinstanzlichen Verfahren wurde vom Bw festgehalten, dass er in der genanten Zeit Fäkalkompost auf einer Zwischenlagerfläche im Nahbereich der Hütte zur Stabilisierung ausgebracht hat und damit Auflagepunkt 1. erfüllt hat. Die Analyse laut Bescheid habe erst nach Stabilisierung (ein bis zwei Jahre später) zu erfolgen und kann erst dann der Fäkalkompost als Endgut am gewünschten Ort ausgebracht werden.

 

Dieser Sachverhalt sei laut Angaben des Bw bereits von Herrn Dipl.-Ing. Dr.techn. x, welcher mit der Anlage, den Bescheiden und den Gegebenheiten seit vielen Jahren vertraut ist, vor Gericht erklärt und bestätigt worden und habe daraus ein schneller Freispruch resultiert.

 

Dem Vorbringen des Bw ist insofern zu folgen, als sich aus dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht ergibt, dass der Bw  Fäkalkompost, der zuvor unter Zugabe von Stroh oder gleich­wertigen Materialien mindestens ein Jahr lang zwischengelagert war, ausgebracht hat. Insofern kann dem Vorbringen des Bw, wonach er lediglich vor Beginn der Sommeröffnungszeit die Rückstände aus den Auffangbehältern der Trockenaborte auf die Zwischenlagerflächen ausgebracht hat, nicht entgegengetreten werden. Zudem ist festzuhalten, dass sich im gegenständlichen Verfahrensakt kein stichhaltiger Beweis dafür findet, dass vom Bw die Auflagen des Bescheides vom 14.1.2000 nicht eingehalten worden seien. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist dem Bw die Tat nicht hinsichtlich aller notwendigen Tatumstände angelastet worden und entspricht der Spruch des Straferkenntnisses somit nicht den Vorgaben des § 44a VStG. Aufgrund dieser Umstände war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungs­strafverfahren einzustellen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger