Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231076/2/Gf/Mu

Linz, 04.01.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch den Verein x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 14. Dezember 2009, GZ Sich96-36-2009, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 14. Dezember 2009, GZ Sich96-36-2009, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 23 Stunden) verhängt, weil er sich zwischen dem 3. und 15. Juni 2009 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 31 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I  29/2009 (im Folgenden: FPG), begangen, weshalb er nach § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG zu bestrafen gewesen seien.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Berufung gegen den negativen, mit einer Ausweisung verbundenen Asylbescheid des Bundesasylamtes zurückgezogen habe und dieser daher am 2. Juni 2009 in Rechtskraft erwachsen sei. Da er sich in der Folge zumindest bis zum 15. Juni 2009 offenkundig ohne Einreise- bzw. Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten habe, sei er sohin zu bestrafen gewesen.

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 16. Dezember 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. Dezember 2009 – und damit rechtzeitig – per Telefax bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung.

Darin wird, soweit sich diese auf das angefochtene Straferkenntnis bezieht, eingewendet, dass die belangte Behörde einerseits jegliche – aufgrund des Umstandes, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, jedoch erforderliche – Abwägung der Beeinträchtigung seiner privaten Interessen gegenüber den durch sein strafbares Verhalten verletzten öffentlichen Interessen unterlassen habe, die eindeutig zu seinen Gunsten hätte ausfallen müssen, und andererseits auf seine Notstandssituation überhaupt nicht Bedacht genommen habe. Außerdem sei seine Verpflichtung zur Ausreise nicht schon mit dem Tag der Zurückziehung seiner Berufung eingetreten, weil ihm ein einmonatiger Vollstreckungsaufschub hätte gewährt werden müssen. Schließlich sei die seinerzeitige, mit dem negativen Asylbescheid verbundene Ausweisung infolge der FPG-Novelle BGBl.Nr. I 29/2009 ohnehin obsolet geworden.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Aussetzung des Strafverfahrens bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eine Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Eferding zu GZ Sich96-36.2009; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit den angefochtenen Straferkenntnissen eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und auch die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen schon gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis auch keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, der sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Nach § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts die zulässige Aufenthaltsdauer nicht überschreiten (Z. 1), wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation ihres Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zum Aufenthalt berechtigt sind (Z. 2), wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind (Z. 3), wenn und solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt (Z. 4), wenn sie nicht auf Grund eines Rückübernahmeabkommens, einer Durchbeförderungserklärung oder einer Durchlieferungsbewilligung eingereist sind (Z. 5), wenn sie über eine Beschäftigungsbewilligung, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung oder eine Anzeigebestätigung verfügen (Z. 6) oder wenn sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen ergibt (Z. 7).

3.2. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass in diesem Zusammenhang dem aus § 44a Z. 1 VStG resultierenden Konkretisierungsgebot nur dann entsprochen ist, wenn im Spruch des Straferkenntnisses sämtliche der in § 31 Abs. 1 Z. 1 bis 7 FPG angeführten Alternativen – in verneinender Weise – angeführt sind (vgl. z.B. statt vieler VwGH v. 30. Mai 2001, Zl. 2000/21/0009, m.w.N.).

Davon ausgehend hat der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 4. September 2009, GZ VwSen-231058/2/Gf/Mu/Bu, das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 20. August 2009, GZ Sich96-36-2009, deshalb aufgehoben, weil der Spruch dieses Straferkenntnisses nicht sämtliche der in § 31 Abs. 1 Z. 1 bis 7 FPG angeführten Alternativen enthielt; gleichzeitig wurde jedoch – weil zum damaligen Zeitpunkt noch keine Verfolgungsverjährung eingetreten war – festgestellt, dass die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen hat, ob bzw. in welchem Umfang sie das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Rechtsmittelwerber weiterführt.

In der Folge hat die Erstbehörde den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. September 2009, GZ Sich96-36-1-2009, (lediglich) davon informiert, dass beabsichtigt ist, dieses Strafverfahren gegen ihn weiterzuführen; gleichzeitig wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen "eine Stellungnahme – insbesondere, ob neue, berücksichtigungswürdige Umstände zu Tage gekommen sind – abzugeben"; zusätzliche (externe) Verfahrensschritte wurden hingegen nicht gesetzt.

Da das nunmehr angefochtene Straferkenntnis dem Rechtsmittelwerber jedoch erst am 16. Dezember 2009 zugestellt wurde (s. schon oben, 1.2.), wurde somit aber im Ergebnis innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG, die dem Tatvorwurf entsprechend jedenfalls mit dem Ablauf des 15. Dezember 2009 endete (vgl. § 32 Abs. 2 VStG), keine den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG genügende Verfolgungshandlung gesetzt.

Obwohl der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses in seiner nunmehrigen Fassung dem § 44a Z. 1 VStG genügt, war dieses dennoch – nämlich wegen Verfolgungsverjährung – aufzuheben.

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen.

3.4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f


Rechtssatz:

VwSen-231076/2/Gf/Mu vom 4. Jänner 2010:

§ 44a Z. 1 VStG; § 31 Abs. 2 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG;

Aufhebung des (zweiten) Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, wenn die belangte Behörde das Verfahren nach der innerhalb offener Verjährungsfrist (ohne gleichzeitige Einstellung) erfolgten Aufhebung des (ursprünglichen) Straferkenntnisses fortgeführt, aber objektiv besehen innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist keine dem § 44a Z. 1 VStG genügende Verfolgungshandlung gesetzt hat.

 

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