Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522403/7/Br/Th

Linz, 16.12.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 16. September 2009, Zl. VerkR21-482-2008, nach der am 18.11.2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird im Punkt

1.          mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die  ausgesprochene Entzugsdauer auf 4  (vier) Monate – ab Zustellung dieses Bescheides -  ermäßigt wird;

2.          die Anordnung vor Ablauf der Entzugsdauer ein amtsärztliches Gutachten zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung beizubringen wird ersatzlos behoben. 

  3.    Der Führerschein ist nach Zustellung dieses Bescheides bei der        Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck oder bei der   Polizeiinspektion Ottnang a. H. abzugeben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – AVG iVm § 7 Abs.3 Z12 u. § 24 Abs.4 u. § 29 Abs.3 Führerscheingesetz 1997, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 93/2009 – FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid hat die Behörde erster Instanz als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in erster Instanz dem Berufungswerber

I. die Lenkberechtigung für die Klasse(n) B, C, E und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von 15 Monaten ab Rechtskraft des Bescheides entzogen.

Gleichzeitig wurde angeordnet, der Berufungswerber habe  vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen.

Gestützt wurde die Entscheidung auf § 24 Abs. 1 Ziffer 1 und Abs. 4, § 3 Abs, 1 Ziffer 2 und 3, § 7 Abs. 1 Ziffer 2 und Abs. 3 Ziffer 11 FSG, § 25 Abs. 3 FSG und  § 24 Abs. 3 FSG, sowie § 14 Abs. 3 FSG - Gesundheitsverordnung – FSG-GV.

Zuletzt wurde ihm aufgetragen, er habe den Führerschein nach Rechtskraft bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck oder bei der Polizeiinspektion Ottnang a. H. abzuliefern.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

Gemäß § 24 Abs. 1 Führerscheingesetz (FSG) ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr verkehrszuverlässig ist.

 

§ 24 Abs. 4 Führerscheingesetz (FSG):

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 2 FSG darf nur Personen eine Lenkberechtigung erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind und gemäß Ziffer 3 FSG. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Nach § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

2) sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Z. 11 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs. 2 bis 5 oder 31 Abs. 2 Suchtmittelgesetz - SMG, BGBl. I Nr. 112/1997, begangen hat.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Nach Abs. 3 ist bei Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§4) oder wegen einer Übertretung nach § 99 Abs.1 oder 1a StVO.1960 erfolgt. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO. 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit

bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.

 

Gemäß § 14 Abs.3 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung (FSG-GV) darf Personen, die ohne abhängig zu sein, in einem durch Sucht- oder Arzneimittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt haben, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, es sei denn, sie haben ihre Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme nachgewiesen.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 10.12.2008,12 Hv 156/08z, wurden Sie rechts­kräftig verurteilt, da Sie in der Zeit von 2006 bis 2008 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die 25fache Grenzmenge übersteigenden Menge gewerbsmäßig anderen überließen und als Mittäter ca. 11 kg Cannabisharz aus Spanien durch Frankreich und Italien und nach Österreich eingeführt haben. Sie wurden deshalb zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach

§ 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall und Abs. 4 Ziffer 3 Suchtmittelgesetz sowie des Ver­brechens des Suchtgifthandels nach § 28 Abs. 1 fünfter Fall Suchtmittelgesetz verurteilt. Mit Schreiben vom 8.6.2009 der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wurde Ihnen mitgeteilt, dass die Behörde ein Führerscheinentzugsverfahren wegen der Verurteilungen einleitet, somal  auf Grund der Verurteilung die geforderte Verkehrszuverlässigkeit derzeit nicht vorliegt. Anlässlich Ihrer Vorsprache am 18.6.2009 teilten Sie mit, dass Sie bereits vom Gericht Ihre Strafe erhalten haben. Es war eine einmalige Verfehlung und sehen Sie nicht ein, dass Ihnen die Lenkberechtigung entzogen werden soll. Sie haben keinerlei Vorverurteilung und keine Vorstrafen. Aus gesundheitlichen Gründen müssen Sie ständig zum Arzt und benötigen daher dringend Ihre Lenkberechtigung.

 

Die Behörde hat hiezu erwogen:

Die ausgesprochene Entzugszeit von 15 Monaten erscheint auf Grund der Schwere der Tathandlung unbedingt erforderlich um Sie in Hinkunft von derartigen Taten abzuhalten. Gerade der Handel mit Suchtgift zählt wohl zu den verwerflichsten Übertretungen. Mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 10.12.2008,12 Hv 156/08z, wurden Sie verurteilt. Besonders erschwerend war in Ihrem Fall zu berücksichtigen, dass Sie Ihre Lenkberechti­gung dazu missbrauchten Suchtgift einzuführen und damit sich einer strafbaren Handlung schuldig zu machen. Der Gesetzgeber hat den Tatbestand des § 28a Abs. 1, zweiter und dritter Fall, nicht ausdrücklich in § 7 im Führerscheingesetz erwähnt. Ihr Verhalten ist jedoch der Schwere und Verwerflichkeit mit dem Tatbestand des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 Suchtmittelgesetz vergleichbar und liegt somit eine bestimmte Tatsache nach § 7 Führerscheingesetz vor.

 

Sie haben durch Ihr Verhalten in Kauf genommen, dass die Gesundheit zahlreicher Menschen gefährdet wird. Es geht die Behörde deshalb davon aus, dass Sie derzeit ver­kehrsunzuverlässig sind. Auf Grund der Schwere und Verwerflichkeit der Tat sowie auf Grund Ihrer Vorverurteilung gelangt die Behörde zur Auffassung, dass es der ausge­sprochenen Zeit bedarf bis Sie die geforderte Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen.

 

Private und berufliche Umstände haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses unter anderem verkehrsunzuverlässige Lenker von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen und außer Betracht zu bleiben (VwGH. 24.8.1999, 99/11/0166.

 

Im Führerscheinverfahren ist die Behörde an die Rechtskraft des erlassenen Gerichts­urteiles gebunden (VwGH. 20.2.2001, 98/11/0317).

 

Mit der Rechtskraft der Bestrafung steht bindend fest, dass Sie die Ihnen angelasteten Straftaten in deren Strafurteil dargestellten und umschriebenen Weise begangen haben. Im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung wegen § 28 a Suchtmittelgesetz haben Sie unbestritten eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Ziffer 11 Führerscheingesetz verwirklicht, welche bei Ihnen die Verkehrszu­verlässigkeit ausschließt. Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz stellen eine besondere Form der Kriminalität dar. Sie haben nicht nur Suchtgift erworben und besessen sondern auch selber konsumiert und wiederholt in Verkehr gesetzt und damit anderen den Konsum von Suchtmitteln ermöglicht. Die Begehung von Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz wird logischerweise durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert. Es kommt daher nicht darauf an und ist rechtlich völlig bedeutungslos, ob Sie bei der Begehung der Straf­taten tatsächlich Kraftfahrzeuge verwendet haben oder nicht (VwGH 7.10.1997, 96/11/0357).

 

Bei der Bemessung der Entzugsdauer ist für Sie zu werten, dass Sie in der Vergangen-heit nicht im Strafregister evident sind.

 

Seit der Beendigung des strafbaren Verhaltens haben Sie sich der Aktenlage nach offenbar wohlverhalten und sind nicht negativ in Erscheinung getreten. Die Verkehrsunzuverlässig­keit war daher mit 30 Monaten ab Beendigung der strafbaren Handlung zu bemessen und geht die Behörde davon aus, dass nach fünfzehn Monaten ab Rechtskraft des Bescheides die Verkehrszuverlässigkeit - bei künftigem Wohlverhalten - wieder hergestellt sein wird.

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes und dessen Wertung gelangt die Behörde zur Auffassung, dass Sie derzeit die ausreichende gesundheitliche Eignung nicht besitzen und zudem auch nicht verkehrszuverlässig sind.

 

Es ist Ihnen daher aus Gründen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Da die Entziehung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in suchtmittelbeeinträchtigtem Zustand erfolgt, ordnet die Behörde die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 an.

 

Die Verpflichtung, den Führerschein nach Rechtskraft der Behörde bzw. der zuständigen Polizeiinspektion abzuliefern, ist in der im Spruch angeführten Gesetzesstelle festgelegt.“

 

2. Der Berufungswerber wendet sich in der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung.

Im Wesentlichen vermeint er darin, seit 26 Jahren nie Alkohol oder Drogen konsumiert zu haben. Für dieses Fehlverhalten sei er verurteilt worden und habe Strafe bezahlt. Die Tat bereue er zu tiefst und er verspreche sich künftig wohl zu verhalten. Die Gefahr einer Wiederholung sei seiner Ansicht nach nicht gegeben. Der Haupttäter, der übrigens konsumiert haben soll, hat seiner Information nach den Führerschein sofort wieder bekommen.

Unter Hinweis auf seine Therapiemaßnahme wegen seiner Hepatitis C, die für ihn lebensnotwendig sei, benötige er den Führerschein und ersuche er daher vom Entzug abzusehen.

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Verfahrensakt am 13.10.2009 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat durch  das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

Die Durchführung einer öffentliche mündliche Berufungsverhandlung schien mit Blick auf das Berufungsvorbringen geboten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Dieser beinhaltet die Anzeige der Polizeiinspektion Vöcklabruck, dessen Abschlussbericht an das Gericht v. 3.9.2009, GZ B5/24144/2008-Kun und das aus Anlass dieser Anzeige gg. den Berufungswerber u. Andere ergangene Urteil des LG Wels vom  10. Dezember 2008, 12 Hv 156/08z.

Dem Akt findet sich ferner eine ZMR-Anfrage, ein Auszug aus dem Führerscheinregister und die noch jüngst abgefragten Verwaltungsstrafvormerkungen beigeschlossen.

 

3.1.1. Der Berufungswerber wurde gemäß dem obzitierten Urteil wegen des Verbrechens nach § 28a Abs.1 u. 2. und 3. Fall und Abs.4Z3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt, wobei davon 14 Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Laut dem Gerichtsurteil ist der 53-jährige Berufungswerber bisher kriminalrechtich unbescholten gewesen. Gegen ihn sind jedoch seit dem Jahr 2004 25 Verwaltungsstrafen vorgemerkt.

Sämtliche wegen Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung und das Kraftfahrgesetz. Neun der Vormerkungen betreffen Geschwindigkeitsüberschreitungen.

Der  Berufungswerber kaufte  und verkaufte mit und von Mitverurteilten etwa Mitte 2006 bis etwa Anfang Juni 2008 eine den Grenzwert weit überschreitende Menge Cannabisharz an weitere drei namentlich benannte Personen, welches er  teils gemeinsam mit Mitangeklagten aus Spanien eingeführt hatte (S 2 des Gerichtsurteils, AS 29). Der Berufungswerber verfolgte offenbar das Ziel durch Ein- u. Verkauf dieses Suchtmittels im Kilogrammbereich seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er mietete zu diesem Zweck sogar ein Fahrzeug und Wohnmobil an um nach Spanien zu fahren und von dort gemeinsam mit den Mitangeklagten im Mai 2006 etwa 4 kg Cannabisharz von Spanien über Frankreich nach Österreich einzuführen. Ebenfalls im Jahr 2006 wurde dann nochmals auf diesem Weg 11 kg und im Herbst nochmals 7 kg Cannabisharz beschafft. Insgesamt betrug das Suchtgift eine um das 25-fache die Grenzmenge übersteigendes Ausmaß. Dieses gelangte dann auch durch den Berufungswerber in der gesamten Menge von einem Kilogramm zum Verkauf, wobei er laut Urteil aber nicht selbst konsumierte. Insgesamt soll er von Mitte 2006 bis Anfang Juni 2008 an drei namentlich genannte Personen 800 g und je 100 verkauft haben.

Bei Berufungswerber wurde das Geständnis und seine bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd und erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen gewertet.

 

4. Im Rahmen der Berufungsverhandlung am 18.11.2009 legte der Berufungswerber eingangs einen Kurzbefund des gerichtsmedizinischen Institutes welcher die Wirkstoffe „Benzodiazepine, Cannabinoide, Cocain, und Opiate als negativ und das Kreatinin mit 153 mg als OK ausweist.

Er zeigt sich hinsichtlich seiner Straftat abermals reuig und einsichtig und vermeint im Ergebnis da irgendwie hineingerutscht zu sein. Er verweist insbesondere auf seine in Folge einer Viruserkrankung bestehende Leberzirrhose, welche dzt. noch wöchentlich in einem Krankenhaus in Linz behandelt werden müsse. Nach einer Bandscheibenoperation befinde er sich mit einem Monatseinkommen von 790 Euro im Frühpensionierungsstadium. Abschließend vermeint er, dass in seiner Person von einer Verkehrsunzuverlässigkeit daher nicht mehr ausgegangen werden möge. Wenn doch, wolle die Entzugsdauer auf die rechtlich mögliche Dauer reduziert und die ärztliche Auflage aufgehoben werden. Letztere beantragte selbst die Behörde erster Instanz in der Mitteilung vom 10.11.2009.

 

4.1. Die Behörde erster Instanz begründet im Ergebnis den und die Dauer des ausgesprochenen Entzug(es) mit der Abhaltung des Berufungswerbers  von der Begehung weiterer Straftaten. Als besondere zu berücksichtigen befand sie den Umstand, dass ein Auto für die Beschaffung des Suchtmittels verwendet wurde. Insgesamt vermeinte die Behörde erster Instanz angesichts der Schwere des begangenen Deliktes und dessen Wertung eine Verkehrsunzuverlässigkeit von insgesamt 30 Monate nach Ende der strafbaren Handlungen bzw. ab Erlassung des Entzugsbescheides noch weitere 15 Monate, prognostizieren zu können.

Dem kann aber, wie unten darzulegen sein wird, nur zum Teil gefolgt werden.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung darf eine solche im Sinne des § 3 Abs.1 FSG nur Personen erteilt (und daher auch nur belassen) werden, die:

     ...

     2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

     ...

     § 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand

         ...

     (3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.2 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

     ...

Z11 eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 Sucht-mittelgesetz - SMG, BGBl. I Nr. 112/1997, begangen hat;

     ...

     (4) Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

     ...

     Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

     Allgemeines

     ...

     Dauer der Entziehung

     § 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

     ...

     (3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.     

 

5.1. Vorweg ist festzustellen, dass die Behörde erster Instanz offenbar die ausgesprochene Entzugsdauer hier als zusätzliches Präventsionsinstrument gegen die Begehung weitere derartiger Straftaten zu sehen geneigt ist. Damit entfernt sie sich vom Rechtsbereich des Führerscheinrechts welches, anlässlich einer Straftat vorzunehmenden Wertung dieser im Führerscheingesetz normierten „bestimmten  Tatsache“ ausschließlich auf die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit abzustellen hat. Die strafrechtliche Prävention ist mit der gerichtlichen Verurteilung erledigt. Andererseits vermeint die Behörde erster Instanz, dass ab Ende des gerichtlich strafbaren Verhaltens  eine  30 Monate währende Verkehrsunzuverlässigkeit angemessen wäre.

Nicht erkennbar ist einerseits, dass der Berufungswerber je Suchtgift konsumiert hätte und er in dieser Richtung nach Ablauf der reduzierten Entzugsdauer nochmals rückfällig werden sollte. Mit der nachgereichten Mitteilung vom
10. November, worin sich die Erstbehörde wegen der Nichtteilnahme an der Berufungsverhandlung entschuldigte, wird auf den Irrtum eines vermeintlichen Suchtgiftkonsums hingewiesen und um Behebung dieses Punktes ersucht.

Die Ausführungen zur Dauer der Prognose über die Verkehrs(un)zuverlässigkeit können jedenfalls mit der jüngsten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Einklang gebracht werden!

Dieser folgt nämlich, dass es bei der Wertung dem Zeitfaktor und dem Verhalten des Berufungswerbers während dieses Zeitlaufes für eine positive Prognosebeurteilung entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. VwGH 14.5.2009, 2009/11/0048).

Diesen Aspekt nicht hinreichend berücksichtigend und bei einem weitgehend identen Sachverhalt wurde eine Verkehrsunzuverlässigkeit mit dem zuletzt genannten VwGH-Urteil eine Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose in der Dauer von 22 Monaten (das h. Erkenntnis  vom 10.12.2008, VwSen-522116 betreffend) als rechtswidrig behoben.  

Im h. Erstbescheid wurde auf die wohl reichhaltige und kaum noch überblickbare Judikatur hingewiesen, etwa darauf, dass es selbst bei Aggressionsdelikten für die Prognosebeurteilung einer Verkehrs(un)zuverlässigkeit, Zeithorizonte für ein Wohlverhalten des Betroffenen im Bereich von bis zu zwei Jahren anzulegen gelte (Grundner / Pürstl, Kurzkommentar zum FSG, 2. Auflage, Seite 85, E28 u.29 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0168).

Mit Blick auf die Beurteilung des erstinstanzlich ausgesprochenen Entzuges wurde im h. Erkenntnis etwa auch darzulegen versucht, dass vor dem Hintergrund des bereits gesühnten Verhaltens des Berufungswerbers keine gesetzliche Grundlage dafür bestehen würden, noch für weitere dreizehn Monate – insgesamt demnach 35 Monate – dessen Verkehrs­unzu­verlässigkeit zu prognostizieren.

Ebenfalls wurde auf die jüngere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die darin vertretene Auffassung eingegangen, wonach etwa auch die bedingte Strafnachsicht zwar für sich allein noch nicht zwingend dazu führe, dass der Betreffende bereits als verkehrszuverlässig anzusehen sei, weil sich die bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit zu berücksichtigenden Gesichtspunkte nicht zur Gänze mit jenen decken, die für das Gericht betreffend die bedingte Strafnachsicht nach den Bestimmungen des StGB von Bedeutung wären. Ebenso darauf, dass nach diesen Bestimmungen die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen sind und es sich dabei im Einzelfall durchwegs um Umstände handeln könne, die für die im § 7 Abs. 4 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sind (VwGH 22.2.2007, 2005/11/0190 mit Hinweis auf VwGH vom 18.12.2006, Zl. 2006/11/0076 mwN).

Hier liegt dem Verfahren  jedoch ein graviererendes Delikt des Suchtgifthandels in größereren Mengen und über einen längeren Zeitraum zu Grunde. Der Berufungswerber wurde zu einer teilweise unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Der Berufungswerber ist auch verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten, sondern hat vor dem Entzug oft gegen verkehrs- u. kraftfahrrechtliche Bestimmungen verstoßen. Seit Abschluss des strafbaren Verhaltens ist er aber nicht mehr mit Verkehrsübertretungen auffällig geworden.

Er zeigte sich reumütig und einsichtig und beteurt sich künftig hin nichts mehr zu schulden kommen zu lassen.

Vor diesem Hintergrund kann nach der zwischenzeitig verstrichenen Zeit (Ende der Straftat im Juni 2008), die gesamte Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit mit insgesamt 22 Monaten prognostiziert werden.  Die Beurteilung hat folgelogisch ab Ende der Straftat zu erfolgen.

Dem Berufungswerber ist aber dennoch mit seinen Ausführungen nur teilweise zu folgen gewesen. Seine Krankheit ist gemäß der Judikatur für die Wertung der Tatsache nicht von Bedeutung, kann aber bei der Progenosebeurteilung ebenfalls auf sein zukünftiges Wohlverhalten schließen lassen.

Die späte Kenntnis einer solchen Wertungstatsache (Inhalt eines Gerichtsurteils) und folglich die erst sehr späte Einleitung eines Entzugsverfahrens darf im Ergebnis jedenfalls nicht zu einem „Nachtragsentzug“ und damit zu einer Nebenstrafe führen.

Hier hat die Behörde erster Instanz in sachgerechter Weise dem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt.

 

5.2. Die belangte Behörde hat hier wohl grundsätzlich zutreffend im Rahmen der Wertung der bestimmten Tatsache die besondere Verwerflichkeit von Suchtgiftdelikten und vor allem die große Menge des Suchtmittels aufgezeigt (hier in Bereichen von insgesamt vierzehn Kilogramm), welche hier vom Berufungswerber  importiert und in den Verkehr gebracht wurde. Dies im Gegensatz zum h. aufgezeigten Verfahren anlässlich dessen sich selbst die Entzugsdauer von 22 Monaten noch als überhöht erwies. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Verbrechen nach § 28 SMG wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen wohl als besonders verwerflich für die Wertung nach § 7 Abs.4 FSG einzustufen (vgl. VwGH 25. Mai 2004, 2003/11/0291, mwN).

In diesem Fall scheint daher eine Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose von insgesamt 22 Monaten sehr wohl rechtlich geboten.

Grundsätzlich gilt es aber immer ein Ergebnis zu vermeiden, dass ein Entzug zur zusätzlichen Strafe umfunktionieren würde bzw. dieser letztlich nur mehr als solcher zur Wirkung gelangt und so mit dem Schutzbereich der EMRK in Konflikt geriete (s. VwGH 25.5.2004, Zl. 2003/11/0291).

Wenn die Behörde erster Instanz den Entzug ausdrücklich damit begründet den Berufungswerber vor weiteren „derartigen Taten abzuhalten“ würde sich dies zumindest teilweise mit dem gerichtlichen Strafzweck vermischen und das Führerscheinrecht in verfehlter Weise als Strafmittel wirksam.

Im Lichte der Judikatur und vor dem Hintergrund des bereits gesühnten Verhaltens besteht jedenfalls keine gesetzliche Grundlage dem Berufungswerber noch insgesamt weitere dreizehn Monate dessen Verkehrsunzuverlässigkeit zu prognostizieren und damit – folgte man der erstinstanzlichen Begründung – die strafrechtliche Prävention zu unterstützen und letztlich den Berufungswerber damit etwa eineinhalb Jahre nach Tatende durch einen lange nach der Tat noch ausgesprochenen Entzuges gleichsam nochmals zu bestrafen. Noch weitere vier Monate sind jedoch angesichts der Schwere des Deliktes, wobei letztlich in der Substanz die Verwendung eines Kraftfahrzeuges die Deliktsbegehung ermöglichte.

Hinzuweisen ist der Berufungswerber abschließend noch, dass persönliche und berufliche Interessen der betreffenden Person am Besitz der Lenkberechtigung – und damit auch nicht die vom Berufungswerber ins Treffen geführten Therapiemaßnahmen – bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses, u.a. verkehrsunzuverlässige Lenker von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, außer Betracht zu bleiben müssen (VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

 

5.2.1. Für die Festsetzung der Entziehungsdauer ist die unter Berücksichtigung der Wertungskriterien gemäß einer iSd § 7 FSG 1997 zu erstellende Prognose maßgebend, wann der Betreffende die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen werde; also wann er die Sinnesart gemäß § 7 Abs.1 Z11 u. Abs.4 FSG 1997, derentwegen die Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen ist, überwunden haben wird (VwGH 6.7.2004, 2002/11/0130 mit Hinweis auf VwGH 20.9.2001, 2001/11/0119) m.a.W).

Auch dieser Ansatz bietet keine sachliche Grundlage insgesamt eine Verkehrsunzuverlässigkeit von 30 Monaten (demnach bis Dezember 2010), wohl aber eine solche von insgesamt 22 Monaten anzunehmen. Zu beachten ist, dass  der Berufungswerber seit dem zu seiner Verurteilung führenden Verhalten auch im Straßenverkehr nicht mehr durch Verstöße gegen Vorschriften negativ in Erscheinung getreten ist.

 

Zur Anordnung nach § 24 Abs.3 FSG:

Es gibt, wie auch die Behörde erster Instanz in deren Mitteilung vom 10.11.2009 letztlich einräumt, keine wie immer geartete objektive Anhaltspunkte für einen Suchtmittelkonsum seitens des Berufungswerbers. Daher erübrigt sich die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung nach Ablauf des hier ausgesprochenen Entzuges. Aus dem Verfahrenakt finden sich auch sonst keine Anhaltspunkte welche iSd § 24 Abs.3 FSG – etwa wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 Ziffer 3 -  oder des § 14 Abs.3 FSG-GV – der Berufungswerber ohne abhängig zu sein, in einem durch Sucht- oder Arzneimittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt hätte, auf einen Suchtgiftkonsum und damit Umtände schließen ließe - welche die gesundheitliche Eignung zum Lenken in Frage zu stellen geeignet wären. Dieser Spruchpunkt war daher ersatzlos zu beheben.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r