Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522419/7/Br/Th

Linz, 17.12.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 16.10.2009, Zl. Linz FE-851/2009, zu Recht:

 

 

Der ausgesprochene Entzug wird behoben;

die Lenkberechtigung wird mit der Auflage erteilt, dass der Berufungswerber für die Dauer von zwölf Monaten vier mal jeweils bis Monatsmitte [beginnend mit März 2010, sowie Juni, September u. Dezember, die bei einer Toleranzfrist von sieben Tagen] der Führerscheinbehörde (Bundespolizeidirektion Linz) folgende Laborparameter:Gamma-GT, GOT, GPT, MCV, CD-Tect“ unaufgefordert vorzulegen hat.

Vor Ablauf der Frist hat eine hepatologische sowie abschließend eine amtsärztliche Kontrolluntersuchung zu erfolgen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 67d Abs.1 AVG, BGBl. I Nr. 20/2009 § 8 iVm 3 Abs.1 Z3, § 5 Abs.5 Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009 iVm § 2 Abs.5 § 14 Abs.1 u. 5 Führerscheingesetz - Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II. Nr. 64/2006.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde dem Berufungswerber unter Hinweis auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und § 24 Abs.1 iVm § 3 Abs.1 die mit Führerschein der BPD Linz, vom 22.4.2009, unter Zahl: X, für die Kl. B erteilte Lenkberechtigung ab Verkündung des Bescheides mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung, dass er wieder geeignet ist, entzogen.

Ferner wurde angeordnet, den Führerschein unter Hinweis § 29 Abs.3 FSG unverzüglich der Behörde abzuliefern. Einer Berufung wurde gem. § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.

 

1.1. Begründend wurde dies mit folgenden Ausführungen:

Gem. § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, diese unter anderem zu entziehen, wenn sie zum Lenken eines Kraftfahrzeuges gesundheitlich nicht geeignet sind.

 

Nach § 3 Abs. 1 FSG-Gesundheitsverordnung gilt zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse als gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften 1) die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt, 2) die nötige Körpergröße besitzt, 3) ausreichend frei von Behinderungen ist und 4) aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Laut amtsärztlichem Gutachten vom 5.10.2009 sind Sie derzeit gesundheitlich nicht geeignet, KFZ zu lenken.

Von Ihnen wurden mehrere Laborkontrollbefunde vorgelegt; ein weiterer Befund zeigt zwar rückläufige Werte, ist jedoch nach wie vor pathologisch, insbesondere liegt ein Kontroll CD-Tect mit 1,9 % nach wie vor oberhalb des Cut offs.

Psychiatrischerseits wird letztlich im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen für den gegenwärtigen Zeitpunkt abschlägig beantwortet - der anhaltend pathologische alkoholspezifische Kontrollwert spricht durchaus für eine Alkoholkrankheit.

In Zusammenschau der gegenwärtigen Befundlage sind Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit alkoholkrank - seit Anfang dieses Jahres gelang es Ihnen nicht, einen einzigen unauffälligen Laborbefund hinsichtlich der alkoholrelevanten Laborparameter vorzulegen, Ihre Angaben, keinen Alkohol zu trinken, ist objektiv widerlegbar, zumal Sie im September 2009 beim Facharzt für Psychiatrie Alkoholkonsum zugegeben haben.

 

Aus Gründen der öffentlichen Verkehrsicherheit war bei Gefahr im Verzug einer Berufung die aufschiebende Wirkung zu versagen.“

 

 

2. Der Berufungswerber tritt diesem Bescheid  in seiner fristgerecht erhobenen Berufung entgegen und vermeint lediglich, „gesundheitlich sehr wohl in der Lage zu sein ein Kraftfahrzeug zu lenken.“

Im Rahmen des niederschriftlich gewährten Parteiengehörs am 10.11.2009 erklärte der Berufungswerber im Ergebnis sich den klinischen Status der von der Amtsärztin diagnostizieren „wahrscheinlichen Alkoholkrankheit“ nicht erklären könne. Auch seine Mutter hätte erhöhte Leberwerte obwohl sie überhaupt keinen Alkohol zu sich nehme. Der Berufungswerber erklärte durch Vorlage eines internistischen Befundes der Gutachtenslage auf fachlicher Ebene entgegen treten zu wollen. Es wurde ihm diesbezüglich eine Frist bis zum 15.12.2009 eröffnet.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß der im Rahmen des Berufungsverfahrens beigeschafften Befunde und des darauf basierend ergänzenden amtsärztlichen Gutachtens vom 16.12.2009 und dem diesbezüglich den Parteien gegenüber gewährtem rechtlichen Gehör unterbleiben (Aä. Gutachten u. AV v. 16.12.2009).

 

3.1. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Mit dem h. Parteiengehör vom 10.11.2009, wurde dem Berufungswerber die Sach- u. Rechtslage dargelegt und insbesondere aufgezeigt, dass einem Gutachten auf gleicher fachliche Ebene entgegen zu treten wäre.  Dem hat der Berufungswerber durch Vorlage des Ambulanzberichtes vom AKH-Linz vom 14.12.2009 und einer Sonographie dieses Krankenhauses vom 3.12.2009 entsprochen.

Vom Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz wurde am 16.12.2009 eine ergänzende Stellungnahme mit fachlichen Auflagen- u. Befristungsempfehlungen erstattet. Damit wurde das negative amtsärztliche Gutachten vom 5.10.2009 zum Teil revidiert und fachlich eine bedingte Eignung mit Befristungs- u. Auflagenempfehlungen ausgesprochen.

 

4. Die Gutachtenslage:

In Vermeidung von Wiederholungen wird auf die im Akt erliegende und an sich unstrittige im Verfahrensakt dokumentierte Befundlage verwiesen.

Demnach lag dem erstinstanzlichen Bescheid sowohl gemäß der fachärztlichen Stellungnahme als auch dem amtsärztlichen Gutachten unter Hinweis auf die vorliegenden Laborparameter mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Befundlage zu Grunde von einer Alkoholkrankheit auszugehen zu müssen. In der fachärztlichen Stellungnahme ist von fortgesetzen exzessiven Alkoholkonsum die Rede.

Die Amtsärztin Dr. x – de Comtes geht im Gutachten vom 5.10.2009 von  einer tiefer liegenden Alkoholproblematik aus. Der anhaltend pathologische alkoholspezifische Kontrollwert spreche mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine Alkoholkrankheit. Der Berufungswerber sein in diesem Jahr nicht in der Lage gewesen auch nur einen einzigen unauffälligen Laborbefund vorzulegen. Seine Darstellung keinen Alkohol zu trinken sei vor diesem Hintergrund objektiv widerlegt.

Vor diesem Hintergrund wurde aus amtsärztlicher Sicht die gesundheitliche Eignung zum damaligen Zeitpunkt verneint.

 

4.1. Laut nunmehriger amtsärztlicher Ergänzung unter Einbeziehung der im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegten Befunde des AKH-Linz bestehen beim Berufungswerber seit längerem erhöhte Tranamenasewerte mit unklarer Genese, wobei bei einem rezenten Screening die Transamenasewerte, im Sinne einer entzündlichen Komponente weiterhin erhöht sind.

Das Gamma-GT als Hinweis auf eine exogene Schädigung liegt im Normbereich, ebenso das MCV.

Hinweis auf einen chronischen wiederkehrenden Alkoholabusus besteht aufgrund dieser Laborkonstellation nicht, da gemäß der De-Ritis-Quotient die GOT höher als die GPT sein müßte. Dies liegt jedoch nicht vor.

Es findet findet sich derzeit aufgrund der Leberkonstellation kein eindeutiger  Hinweis auf eine exogene ethylische Komponente.

Es wäre prinzipiell eine Leberbiopsie zur Erkennung der entzündlichen Komponente notwendig.

In Würdigung dieser Befundlage gelangt der Amtsarzt zur fachlichen Auffassung, dass auf Grund dieser geänderten Befundkonstellation - es liegen seit längerem erhöhte Transanimasewerte bei unklarer Genese vor - mit Hinweisen auf eine entzündliche Komponente seitens des begutachtenden internistischen FA kein eindeutiger Hinweis für eine exogene ethylische Komponente (Toxis nutritiv) gefunden wurde.

Somit sei amtsärztlicherseits eine befristete Erteilung der Lenkberechtigung  für 12 Monate vertretbar.

Beizubringen sind aber die alkoholrelevanten Laborparameter Gamma-GT, GOT, GPT, MCV, Cd-Tect alle drei Monaten.

Vor Ablauf der Befristung auf ein Jahr empfiehlt der Amtsarzt sowohl eine hepatologische sowie eine amtsärztliche Untersuchung zu erfolgen, dies unter dem Aspekt Klarheit über die Genese der Transaminasen-Auslenkungen zu erhalten.

Es solle aber auch eine Kontrolle im Hinblick auf den äußert im oberen Grenzbereich gelagerten  CD-Tect Wertes als Hinweis auf eine verstärkte Alkoholkonsumation erfolgen.

 

4.2. Den im Akt erliegenden Fakten und den daraus ärztlicherseits gezogenen fachlichen Schlussfogerungen der gegenwärtigen bedingten Eignung angesichts einer noch nicht hinreichend stabil beurteilbaren Abstinenzfähigkeit vermag durchaus gefolgt werden. Sie sind plausibel nachvollziehbar. Auch aus der Sicht der Berufungsbehörde scheint die Frage Trinken und Fahren ausreichend trennen zu können derzeit noch nicht hinreichend stabil.  Dies belegt nicht zuletzt der mit 1,9 immer noch überhöhte CD-Text-Wert[1] mit Blick auf die hochgradige Alkofahrt (0,81 mg/l) am 21.12.2008. Es bedarf daher durchaus einer engmaschigen Abstinenzüberprüfung mit einer abschließenden Vorlage eines hepatologischen Befundes und einer diese Befundlage abschließend beurteilende amtsärztliche Kontrolluntersuchung.

Sowohl der Berufungswerber als auch die Behörde erster Instanz traten dieser fachlichen Emfehlung im übrigen nicht entgegen.

Wenn künftig die Werte stabil bleiben und sich so kein Hinweis auf einen signifikanten Alkoholkonsum mehr einstellt würde die Lenkberechtigung fortan uneingeschränkt belassen. Widrigenfalls wäre diese jedoch wegen abermaligen Wegfalls der gesundheitlichen Eignung neuerlich zu entziehen.

Die Eignungsfrage in Verbindung mit einem Entzugsverfahren würde sich bereits bei einer binnen Jahresfrist sich einstellenden Verschlechterung eines der geforderten Parameter stellen.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen (die nachzitierten Rechtsvorschriften betreffend das Führerscheingesetz, zuletzt geändert BGBl. I Nr. 93/2009):

 

Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

         1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

         2. die nötige Körpergröße besitzt,

         3. ausreichend frei von Behinderungen ist und

         4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische  Leistungsfähigkeit verfügt.

   ...“

Gesundheit

 § 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

     ...

     4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

         a) Alkoholabhängigkeit oder ...."

Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV maßgebend:

     "§ 3.

 ...

     (5) Personen mit einer fortschreitenden Erkrankung kann eine Lenkberechtigung befristet erteilt oder belassen werden unter Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen und amtsärztlicher Nachuntersuchungen. Die Auflage kann aufgehoben werden, sobald sich die Erkrankung oder Behinderung stabilisiert hat.

     ...

Alkohol, Sucht- und Arzneimittel:

 

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

     ...

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

     ..."

 

§ 2 Abs.5 FSG-GV besagt ferner, „soweit in dieser Verordnung bestimmte Beschränkungen der Lenkberechtigung wie beispielsweise Auflagen vorgesehen sind,  dadurch das Recht der Behörde, erforderlichenfalls zusätzliche Einschränkungen, wie beispielsweise Befristungen zu verfügen, nicht berührt werden“.

Eine Befristung ist jedoch nur dann zulässig, wenn laut Gutachten mit einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes mit einer begründeten Wahrscheinlichkeit gerechnet werden muss (vgl. VwGH 20.4.2004, 2003/11/0315). Darauf ergeben sich im amtsärztlichen Gutachten jedoch keine konkretisierbaren Anhaltspunkte, sodass der ärztlichen Befristungsempfehlung letzlich nicht gefolgt werden kann (vgl. VwGH 23.1.2001, 2000/11/0258 mit Hinweis auf VwGH 27. Juni 2000, 2000/11/0057).

Der rechtlich intendierte Zweck wird nämlich auch mit der bloßen Anordnung und Kontrolle von Auflagen erziehlt. Die Behörde verpflichtet wäre nämlich verpflichtet schon bei Wegfall der Eignungsvoraussetzungen noch innerhalb der empfohlenen Befristung die Lenkberechtigung wieder zu entziehen.

Die vom Amtsarzt empfohlenen Auflage sind jedoch nicht nur zur Überprüfung des dzt. noch als instabil zu bezeichnenden Zustandes „Trinken und Fahren“  hinreichend trennen zu können, nicht nur sachgerecht, vielmehr kann dieser Maßnahme durchaus auch eine „eignungserhaltende Komponente“ zugemessen werden. Sie ist daher rechtlich im Sinne der sicheren Verkehrsteilnahme des Berufungswerbers geboten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr.  B l e i e r

 



[1] Torsten Arndt, Alkoholmissbrauch und CDT-Analytik, hohe Treffsicherheit (nur 4 falsch-positive von 100 Ergebnissen), Quelle: http://www.gtfch.org/tk/tk68_2/Arndt.pdf

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